Sonntag, 23. Dezember 1917

      

Weihnachtsfeier in der Beethovenhalle. Unter großer Teilnahme von Freunden und Gästen fand gestern nachmittag in der Beethovenhalle die Weihnachtsfeier für die dort untergebrachten Verwundeten statt. Nach dem Orgelspiel des Königl. Musikdirektors Sauer und einem von Schülerinnen der Klostermannschen Schule gesungenen Weihnachtslied hielt Oberstabsrat Professor Dr. Schmidt eine herzliche Ansprache, in der er auf die Bedeutung dieser vierten Kriegsweihnacht hinwies. Er erinnerte an die erste Kriegsweihnacht vor drei Jahren, als die Beethovenhalle unter dem Eindruck der gewaltigen Hindenburgsiege in Ostpreußen ihre Weihe als Lazarett erhielt. Nun habe auch das treulose Italien kräftige Schläge erhalten, und die verheißungsvollen Friedensverhandlungen mit Rußland ließen die Herzen höher schlagen. Mit warmen Dankesworten an die Schwestern und vielen Spendern, die die Tische wieder mit reichen Gaben gefüllt hatten, und Segenswünschen für die Kameraden schloß die Ansprache. Es folgten Chorlieder und Gedichtvorträge von Schülerinnen der Klostermannschen Schule. Besonders feierlich klangen die beiden Weihnachtslieder von Humperdinck und Cornelius, die von Schwester Sophie Sauer vorgetragen wurden, und ein Violinsolo von Frl. Lemmerz. Mit dem gemeinsamen Choral Von Himmel hoch schloß die schöne Feier. Es wurden 106 Verwundete beschert, deren Gaben die lange Festtafel im Saale füllten.

Die Eisenbahn weist wieder darauf hin, daß Lokomotiven und Wagen für die Zwecke der Kriegswirtschaft und der Volksernährung gebraucht werden und darum auch zu Weihnachten die Eisenbahn nur der benutzen soll, der unbedingt reisen muß.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

    

Die Kriegsküche Poppelsdorf steht immer noch auf der Stufe guten Kochens. Das uns verabreichte Essen in der Zeit vom 17. bis 22. Dezember war schmackhaft und auch für einen Nörgler geeignet. Daß die Verteilung von Tageskarten „auf Gunst“ beruht, wie dies im Sprechsaal Nr. 9105 dieses Blattes diese Woche behauptet wurde, bedarf dringend der Widerlegung. Schaffnerinnen, denen man mit einem gewissen Recht Tageskarten überläßt, haben diese „Gunst“ wohl verdient. Wir würden es nicht begrüßen, wenn die Küchenverwaltung Schaffnerinnen bei der Verteilung der Tageskarten unberücksichtigt ließe, zumal deren Wartezeit sehr knapp bemessen ist. W.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

    

Katholischer Meisterverein. In der Mitgliederversammlung am 12. Dezember sprach Herr Stadtv. Thomas Esser aus Euskirchen über das Thema: „Der Wiederaufbau des Handwerks nach dem Kriege“. In seinen überaus gehaltvollen Darlegungen wies er einleitend auf die durch den Krieg hervorgerufene Notlage des Handwerks hin, dem Staatshülfe und Selbsthülfe zum Wiederaufbau unbedingt nötig sind. In wirtschaftlicher Beziehung erwartet das Handwerk vom Staat die Wiedereröffnung der stillgelegten Betriebe, Bereitstellung von Mitteln zur Entschuldung des Handwerks und zur Wiederaufnahme der Betriebe und die Versorgung mit Arbeit und Rohstoffen. In geistiger und religiös-sittlicher muß das Handwerk sorgen für die Heranziehung eines besseren Nachwuchses, ein gedeihliches Verhältnis zwischen Meister und Gesellen herbeizuführen suchen und den Meisterstand selbst sittlich heben und schulen. Diese letztere Aufgabe hat der Katholische Männerverein besonders zu fördern. Die Ausführungen des Herrn Redners zeichneten sich vor allem durch die Fülle praktischer Vorschläge aus. Der Vortrag fand starken Beifall.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)