Samstag, 1. Juli 1916
Sammlung von Obstkernen zur Oelgewinnung. Der dem Reichskanzler unterstellte Kriegsausschuß für Oele und Fette hat eine umfassende Sammlung der ölhaltigen Obstkerne in die Wege geleitet und ihre Ausführung dem Vaterländischen Frauenverein übertragen. Der Stadt-Bonner Zweigverein hat nun im Verein mit dem Ausschuß für hauswirtschaftliche Kriegshilfe in allen Schulen und in der Verkaufsstelle des Ausschusses für hauswirtschaftliche Kriegshilfe Am Hof 1 Sammelstellen für Obstkerne eingerichtet und bittet alle, recht eifrig zu sammeln, damit es durch die Hilfe jedes einzelnen ermöglicht wird, dieser bedeutungsvollen vaterländischen Aufgabe im weitesten Maße zu genügen. Es sollen gesammelt werden: Die Steine von süßen und sauren Kirschen, Pflaumen und Zwetschen, Mirabellen, Reineklauden und Aprikosen, außerdem die Kerne von Kürbissen und Trauben. Es ist nötig. Daß die Kerne von reifem Obst stammen, weil die des unreifen Obstes wenig und schlechtes Oel enthalten. Jedoch können auch die Kerne von gekochtem und gedörrtem Obst verwendet werden. Die abgelieferten Kerne müssen gut gereinigt und getrocknet sein, und vor allem dürfen die Kernarten nicht vermischt werden, dies würde den Zweck der Sammlung schädigen. Anhängende Reste von Fruchtfleisch setzen den Wert der Kerne sehr herab, deshalb ist es nötig, die Kerne im warmen Wasser zu reinigen und vorsichtig in der Sonne zu trocknen. Andere Obstarten als die genannten sind nicht zu sammeln.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ein angeblich taubstummer junger Mann besuchte in diesen Tagen die an der Rheinuferbahn gelegenen Ortschaften unseres Landkreises und suchte da in den bessern Famlien auf Grund „amtlich beglaubigter“ Ausweispapiere Unterstützungen zu erbetteln. Durch diese Schriftstücke wies er nach, daß er aus Bayern stamme, im Krieg verschüttet worden sei und sich dabei sein schweres Uebel zugezogen habe. Vor wenigen Tagen sei er aus der Arbeit in einer Geschoßfabrik entlassen worden und deshalb auf die Mildtätigkeit des Nächsten angewiesen. – Er übernachtete auf dem Felde in Strohschobern und sprach tagsüber stark dem Alkohol zu, und einige Leute wollen ihn in berauschtem Zustande sprechen gehört haben. Die milden Gaben flossen dem „armen Krieger“ überall reichlich zu, weil jedermann ihn bedauerte.
Dem Bonner Wehrbund gehören jetzt vor allem die Schüler der hiesigen Fortbildungsschule an, aber wie sich an seinen Uebungen zuerst die bereits oder noch dienstpflichtigen Jünglinge und Männer beteiligten, so sollten das auch jetzt in viel größerem Umfange als es zur Zeit geschieht, diejenigen tun, die demnächst zur Fahne einberufen werden. Sie würden davon nicht nur den Vorteil haben, daß sie, wie die frühern Mitglieder des Wehrbundes, die Ausbildung und später der Dienst im Felde weniger anstrengt und schneller voranbringt, sondern sie werden auf Grund eines Erlasses des Kriegsministeriums vom 29. Januar 1916 schon vorher gefragt, in welchen Truppenteil der Waffen, für die sie ausgehoben sind, sie eingestellt werden möchten. Allerdings können diese Wünsche nicht immer berücksichtigt werden, aber schon daß sie geäußert werden dürfen, ist offenbar eine große und wichtige Vergünstigung. Die demnächst oder in Bälde einzuberufenden Jungmannen sind in besondern Abteilungen vereinigt, die Sonntags für sich üben und in der Woche Dienstags und Freitags abends von 8 ½ (oder 9) bis 10 Uhr an folgenden Stellen und unter nachstehenden Leitern turnen: in der Turnhalle der Stiftsschule unter Herrn Peter Lanser, in der Turnhalle der Nordschule unter Herrn Lehrer Ruster, in der Turnhalle in Kessenich unter Herrn Ferd. Büttinghausen, in der Turnhalle in Poppelsdorf unter Herrn Turnwart Bauer. An all diesen Stellen werden zu der angegebenen Zeit Neumeldungen entgegengenommen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Lindenblütentee. Berechtigungsscheine zur Entnahme von Lindenblüten (Tee-Ersatz) aus den städtischen Anlagen werden von der städtischen Garten-Verwaltung, Rathausgasse 16 an Interessenten unentgeltlich verabfolgt.
Kartoffelbeschlagnahme im Stadtkreise Bonn. Im Stadtkreise Bonn sind sämtliche Kartoffeln, alte wie neue, für den Kommunalverband beschlagnahmt. Gestattet sind nur Verkäufe an den Kommunalverband Stadtkreis Bonn oder an einen von diesem bestellten Ankäufer, welcher mit einer entsprechenden Ausweiskarte versehen ist.
Städtischer Kartoffelverkauf. In der Woche vom 2.- 8. Juli 1916 können bei den städtischen Verkaufsstellen nicht mehr wie 2 Pfund Kartoffeln für den Kopf und die Woche verabfolgt werden. Der Kartoffelpreis beträgt für die Woche vom 2. bis 8. Juli 1916 für Abteilung A Pfund 5 Pfg., für Abteilung B Pfund 6 Pfg., für Abteilung C Pfund 10 Pfg. Die Kartoffeln werden an allen Tagen ausgegeben.
Lebensmittel-Verkauf. In einer Anzeige dieser Nummer sind die Lebensmittel angegeben, die in der Zeit vom 2.-8. Juli in denjenigen Geschäften, die als Verkaufsstellen städtischer Lebensmittel bezeichnet sind, abgegeben werden und zwar mit Angabe der Preise. Plock- und Mettwurst gelangt in Metzgereien und anderen einschlägigen Geschäften zum Verkaufe, Speck und Schmalz nur in Metzgereien. Den Lebensmittelgeschäften werden genügend Vorräte der bezeichneten Lebensmittel zur Verfügung gestellt, sodaß jeder die ihm zustehende Menge bestimmt erhalten kann. Jeglicher Andrang, besonders an den ersten Verkaufstagen ist daher vollständig überflüssig.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 2. Juli 1916
Die Kriegsküchen an der Sandkaule und in Poppelsdorf an der Klemens-August-Straße werden am übermorgigen Dienstag eröffnet. Die Anmeldungen zur Teilnahme werden Sandkaule 15 und Klemens-August-Straße 50 Montag nachmittag von 4 bis 8 Uhr entgegengenommen. Dabei sind Brot- und Fleischkarten mitzubringen. Die Speisen müssen mittags zwischen 11½ und 1½ Uhr abgeholt werden. Der Preis beträgt für Unterstützte und Wenigerbemittelte weiterhin 30 Pfg. für das Liter, für Wohlhabende ist er auf 40 Pfg. festgesetzt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Glück hatte ein Arbeiter, der wegen Hausfriedensbruchs, Bettelei und Landstreicherei gestern vor dem Schöffengericht stand. Er war in Geislar in einem Stall aufgegriffen worden, wo er sein Nachtquartier gesucht hatte. Seine Barschaft bestand aus 12 einzelnen Pfennigen. Der Angeklagte konnte aber durch seine Papiere nachweisen, daß er in der letzten Zeit mit ganz geringen Unterbrechungen gearbeitet hatte. Der Staatsanwalt beantragte selbst, ihn nur wegen Hausfriedensbruchs, nicht wegen Bettelei und Landstreicherei zu verurteilen. Das Gericht erkannte wegen des Hausfriedensbruchs auf drei Monate Gefängnis. Als erschwerend kam in Betracht, daß der Angeklagte früher schon wegen Hausfriedensbruchs bestraft war.
Untaugliches Schuhwerk. In der vorliegenden Nummer unseres Blattes ist eine Bekanntmachung erlassen, wonach ledernes Straßenschuhwerk, dessen Absatz oder Laufsohle ganz oder teilweise, oder dessen Brandsohle oder Hinterkappe ganz oder zum größeren Teil aus Pappe oder anderen ungeeigneten Stoffen besteht, gewerbsmäßig nicht hergestellt und feilgehalten werden darf. Absätze mit Gummibeschlag und Sohlen aus Gummi, Balata oder Holz werden durch diese Vorschrift nicht betroffen. Die Verordnung tritt am 10. Juli in Kraft. Zu dieser Verordnung sind Ausführungsbestimmungen ergangen, die ebenfalls in der heutigen Nummer abgedruckt sind.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 1. Juli. Als Bedarf an Einmachzucker waren auf dem hiesigen Bürgermeisteramte in etwa 7000 Eingaben 2000 Zentner angemeldet worden. Insgesamt stehen jedoch nur 300 Zentner zur Verfügung. Die prozentuale Verteilung wird dementsprechend gering ausfallen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Montag, 3. Juni 1916
Kriegsküchen. Unsere erste Kriegsküche am Fuhrpark hat ihre Probewoche hinter sich. Die Frau Köchin und alle, die mit ihr tätig waren, dürfen mit dem Erfolg durchaus zufrieden sein. Es hat vorzüglich geschmeckt! In der ersten Woche hatte die Küche durchschnittlich 1000 Gäste täglich. Man durfte annehmen, daß diejenigen, die aus der Mitte der Altstadt und aus Poppelsdorf kamen, wegen der Einrichtung weiterer Küchen in der Sandkaule und in Poppelsdorf abwandern und dadurch die Zahl der Gäste im Fuhrpark herabsetzen würden. Aber nach Poppelsdorf und zur Sandkaule sind viele abgegangen, und doch hat sich bei der Kartenausgabe am Fuhrpark am Samstag die Zahl der Bezieher von 1000 auf 1200 gesteigert. Ein Beweis, daß die Einrichtung ein Bedürfnis war, daß die erste Küche ihre Probe gut bestanden und daß es allen gut gemundet hat. Möge die Gemeinschaftsspeisung zur Befriedigung der Gäste und zum Segen unserer Stadt sich in der begonnenen Art weiter ausbauen!
Zur Beschlagnahme aller Kartoffeln im Stadtbezirke Bonn macht der Oberbürgermeister noch bekannt, daß alle Vorräte von alten und neuen Kartoffeln, den den eigenen notwendigen Bedarf bis zum 15. August übersteigen, abgeliefert werden müssen.
Palasttheater. In der Meckenheimer Straße ist jetzt die Rheinische Lustspielgesellschaft eingezogen und erfreut ein nach anderer Kost verlangendes Publikum durch kräftige Possen. Am Eröffnungsabend gab es gleich zwei von der bewährten Sorte: „Papas Schwiegersohn“, eine Burleske, durch die man von den Verwicklungen erfährt, die entstehen, wenn einer seines eigenen Vaters Schwiegerpapa oder umgekehrt seines Sohnes Schwiegersohn wird. Werden soll ; denn am Schluß findet sich doch jung zu jung und alt notgedrungen zu alt. Im zweiten Schwank, dem „Möblierten Herrn“, begeht eine Zimmervermieterin die Unklugheit, ihr an eine Bardame vermietetes Zimmer für die Nacht nochmals an einen Pantoffelhelden zu vermieten; Voraussetzung: die Bardame hat ja doch Nachtdienst. Konflikt: sie hat ausnahmsweise keinen Nachtdienst, hingegen einen eifersüchtigen Verehrer, ebenso wie der Pantoffelheld und zeitgemäße Margarinefabrikant eine eifersüchtige Gattin. Die hieraus entstehenden Verwicklungen seien der Einbildungskraft des einzelnen überlassen; genug, daß sich am Ende alles in Wohlgefallen und drei glückliche Paare auflöst. (...)
Die freiwillige Jugendwehr von Hamborn hat Samstag und gestern Bonn und Umgebung besucht. Die jungen Leute kamen in sehr großer Anzahl Samstag nachmittag mit der Eisenbahn in Bonn an. Mit einer eigenen Musikkapelle an der Spitze und mehreren Trommler- und Pfeifertrupps im Zuge zogen sie nach dem Kaiserplatz, wo ein Parademarsch gemacht wurde, auf den Alten Zoll zu einer vaterländischen Kundgebung und weiter zur Artilleriekaserne, wo sie verpflegt und einquartiert wurden. Gestern früh 5 Uhr ging es zum Gottesdienst in die Münsterkirche und dann über den Venusberg nach Godesberg. Die Jugendwehr kehrte auf einem Schiff nach Bonn zurück, wurde in der Kaserne wieder gespeist und kehrte gegen Abend mit der Bahn heim.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Anweisung zur Behandlung der Wäsche im Kriege. Da in den gegenwärtigen Zeitverhältnissen die Seife immer schwieriger zu haben ist und immer teurer wird, empfiehlt es sich, an Seife zu sparen und dafür andere Waschmittel zu benützen. Als ein solches Waschmittel kommt vor allem Soda in Betracht. Bei ausschließlicher Verwendung derselben wird aber erfahrungsgemäß die Wäsche gelb. Um dieses zu vermeiden, verwendet man gleichzeitig bleichend wirkende Substanzen. Hierzu eignet sich Natriumperoxyd und Natriumperborat. Ersteres verlangt bei seiner Verwendung etwas mehr Vorsicht als letzteres, ist aber ausgiebiger. Für die Verwendung von Soda und Natriumperoxyd als Waschmittel kann folgendes Rezept dienen: Die Wäsche wird in Wasser eingeweicht, dem zur Enthärtung einige Gramm Soda zugesetzt worden sind. Nach genügendem Einweichen wird sie mit etwas Seife durchgebürstet und alsdann gekocht. Zum Kochen verwendet man eine Brühe, die man durch Auflösen von 50 Gramm Kristallsoda oder 20 Gramm kalzinierter Soda, sowie von 40 Gramm Natriumperoxyd in 50 Liter Wasser (das ist etwa die für einen Waschkessel notwendige Menge) erhält. Nach mindestens einhalbstündigem Kochen wird die Wäsche gerieben und in das Wasser gebracht. Sie wird dadurch nicht nur sauber, sondern auch blendend weiß, und man hat dabei mindestens 2 Drittel an Seife gespart. Natriumperoxyd ist in größeren Drogenhandlungen zu haben, und diese geben auch Anweisung über die bei seiner Anwendung zu beachtenden Vorsichtsmaßregeln.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Bonner Fleischer-Innung ersucht die Bürgerschaft, die Eintragung in die Kundenlisten bis Dienstagabend vornehmen zu lassen, da bei späterer Eintragung nicht auf eine Fleischzuteilung für diese Woche gerechnet werden kann. Der Verkauf von Speck, Fett, Schmalz und Dauerwurst findet Mittwochs, von frischem Fleisch u. frischer Kochwurst Samstags statt. An den übrigen Wochentagen bleiben die Fleischerläden geschlossen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 4. Juli 1916
Fahrpreisermäßigungen zum Besuch der Kriegsgefangenen in der Schweiz. Amtlich wird berichtet: Nach Mitteilung von deutschen, in der Schweiz internierten Kriegsgefangenen werden ihren Angehörigen, wenn sie zu ihrem Besuch in die Schweiz reisen wollen, in den Heimatorten vielfach Schwierigkeiten bereitet. Deshalb wird darauf hingewiesen, daß die Angehörigen der Internierten diese jederzeit besuchen können. Als Ausweis für die Reise ist ein Auslandspaß erforderlich und genügend. Die Angehörigen (Eltern, Geschwister, Ehefrau und Verlobte) der Internierten werden auf den deutschen Bahnen zum halben Fahrpreis befördert und erhalten die Fahrkarten von den Fahrkartenausgaben aufgrund des vorgeschriebenen Ausweises der Ortspolizeibehörde, der den Namen des Reisenden, Anfangs- und Endstation der Reise, Reiseweg und die mit Stempel und Unterschrift versehene Bescheinigung enthalten muß, daß die Reisenden Angehörige der in der Schweiz internierten Kriegsteilnehmer sind. Auch entferntere Verwandte erhalten diese Fahrpreisermäßigungen, wenn der Ausweis die polizeiliche Bescheinigung enthält, daß die nächsten Angehörigen nicht mehr leben oder aus Alters-, Gesundheits- oder ähnlichen Rücksichten nicht reisefähig sind.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Barfußgehen und Flaschenscherben. Die Schulbehörde hat die Lehrer darauf hingewiesen, daß das Barfußgehen der Kinder nicht zu verbieten ist. Eine sehr verständige Verfügung, zumal schon in Friedenszeiten das Barfußlaufen in zahlreichen Kuranstalten üblich war, weil gesundheitlich vorteilhaft, Dazu treten jetzt die hohen Leder-, Woll- und Baumwollpreise, die den Eltern eine derartige Ersparnis sehr wünschenswert machen. Aber, - man braucht nur einmal irgend einen Feld- oder Waldweg zu betreten, um schwere Bedenken gegen diese Uebung zu erkennen. Lichtsinnige und gewissenlose Menschen haben überall leere Flaschen zertrümmert, deren Scherben und Splitter nun eine große Gefahr für bloße Füße bilden. Es ist eine Schande mit diesem groben Unfug, der außerdem einen Diebstahl darstellt in der Vernichtung der Flaschen, die den Brauereien und Weinverkäufern gehören und jetzt nicht leicht zu ersetzen sind. W.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Ausschuß für hauswirtschaftliche Kriegshilfe. Am Mittwoch abend wird in der Germaniahalle der bereits angezeigte Vortrag über das „Einmachen ohne Zucker“ stattfinden. Da voraussichtlich zum Einmachen nur wenig Zucker abgegeben werden wird, ist es ratsam, sich in diesem Vortrag zu unterrichten, wie man auch ohne Verwendung von Zucker gut und haltbar einmachen kann. Herr Gartenbauschuldirektor Lange wird in der nachfolgenden Diskussion auf alle Fragen Antwort erteilen, sodaß sich alle Frauen eingehend über das ihnen wünschenswerte erscheinende unterrichten können.
Das Aehrenlesen durch Schulkinder in der vergangenen Ernte hat einen Geldwert von 230.000 Mark ergeben, der zu einem großen Teile dem Roten Kreuz und anderen wohltätigen Zwecken zugeführt worden ist. Auch in diesem Jahre wieder soll das Aehrenlesen durch die Schulkinder weiterhin gefördert werden.
Fürsorge für Schulkinder während der Ferien. Die Verhältnisse erfordern es, daß eine besondere Fürsorge für Schulkinder während der Ferien einsetzt. Der Unterrichtsminister weist darauf hin, die Fürsorgetätigkeit angelegentlich zu fördern. Zu turnerischen Ferienwanderungen und Ferienspielen können sogar mäßige staatliche Beihilfen gewährt werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 5. Juli 1916
Die bevorstehende allgemeine Bestandsaufnahme. Die Beratungen über eine allgemeine Bestandsaufnahme, die einige Mitglieder des Beirats des Kriegsernährungsamtes mit Vertretern der großen Kommunen und Verbrauchergruppen sowie Fachstatistikern dieser Tage im Kriegsernährungsamt gehabt haben, führten zu folgenden Ergebnissen: Die Erhebung soll sich erstrecken auf Fleisch, Fleischwaren, Fleischkonserven und gemischte Konserven, ferner auf Eier. Allgemein war man der Ansicht, daß in Privathaushalten nur die besonders wichtigen Nahrungsmittel zu erfassen seien, in der Gewerbe- und Handelsbetrieben, in den Kommunen, Einkaufs- und Kriegsgesellschaften aber eine möglichst eingehende Aufnahme der einzelnen Lebensmittel erfolgen soll. Ueber die Frage, ob gewisse Mindestmengen allgemein oder nur im Privathaushalt von der Meldepflicht befreit bleiben sollten, kam die Mehrheit zu der Ansicht, daß, wenn überhaupt eine Bestandsaufnahme erfolge, sie jede Menge von Vorräten erfassen müßte, um sonst leicht entstehende Fehlerquellen zu vermeiden und ein genaues, statistisch brauchbares Material zu beschaffen. Bezüglich des Zeitpunktes der Erhebung entschied man sich für Ende August – Anfang September, da zu dieser Zeit ohnehin eine landwirtschaftliche Erhebung vorgesehen ist. Natürlich ist nicht beabsichtigt – und das kann zur Beruhigung der Vorratbesitzer gesagt werden -, die Vorräte zu beschlagnahmen, höchstens wird man da, wo in sinnloser Weise und zu gewinnsüchtigen Zwecken gehamstert worden ist, oder Vorräte leicht verderblicher Waren gestapelt sind, die Vorräte in gewissem Umfang der Allgemeinheit zur Verfügung stellen. Dagegen wird man wohl bei der in Aussicht genommenen Verteilung neuer Vorräte den Haushaltungen ihre Vorratsmengen in Anrechnung bringen müssen. Es wird bei der Bestandsaufnahme vorgesorgt werden, daß jeder die Vorratsmengen, die er nicht braucht oder die verderben könnten, dem Kommunalverband in bestimmten Teilmengen, die er selbst festsetzen kann, abliefert und sie so der Allgemeinheit nutzbar macht. Die Beratungen und ihr Ergebnis dienen als Grundlage für die späteren endgültigen Beratungen und Entscheidungen des Vorstandes des Kriegsernährungsamtes.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Ordensschwindler aus Siegburg wurde hier von der Polizei in der Uniform eines Feldwebels festgenommen. Er trug das Eiserne Kreuz Erster und Zweiter Klasse, den türkischen Halbmond sowie verschiedene hohe Kriegsauszeichnungen. Der Verhaftete war Anfang des Krieges als Freiwilliger eingetreten und hatte sich in verschiedenen Lazaretten aufgehalten. Er gestand zu, daß er die Auszeichnungen gekauft habe, u. a. den türkischen Halbmond für 27 Mark. Da sich Anzeichen ergaben, daß der Verhaftete für seine Taten nicht zurechnungsfähig ist, wurde er vom Gericht wieder auf freien Fuß gesetzt.
Für Eifelwanderer. Das stellvertretende Generalkommando des 8. Armeekorps hat den Vertrieb des vom Eifelverein herausgegebenen Verzeichnisses der Sommerfrischen und der Kur- und Badeorte in der Eifel, ferner des Vulkanwegführers Andernach-Gerolstein und 180 Tageswanderungen freigegeben.
Mangel an Gemüsesetzlingen. Zum ersten Male haben in diesem Jahr Großgrundbesitzer im Landkreise Bonn mit rheinischen Sauerkraut- und Konservenfabriken Abschlüsse auf die Lieferung von Weiß- und Rotkohl, Wirsing und Blumenkohl und Blattgemüse gemacht. Für Weißkraut sollen bei erstklassiger Ware 3 bis 3,50 M., für Rotkraut 4 M. pro Zentner, für die übrigen Gemüsearten entsprechend höhere Preise bezahlt werden. Auch für die Lieferung von Möhren und Erdkohlrabien wurden schon zeitig im Frühjahr Preise vereinbart. Da zur Kohlpflanzung etwa 8000 Setzlinge für einen preußischen Morgen erforderlich sind, so kamen viele Züchter zur jetzigen Pflanzzeit in Verlegenheit. Es fehlte fast überall an den nötigen Setzlingen und wiewohl man schon 1,50 M. für 100 Stück zahlte, weiß man sie nicht in der erforderlichen Zahl herbeizuschaffen, sodaß ein Teil für die Kohlpflanzung bestimmten Flächen anderweitig bestellt werden muß. Einzelne Gutsbesitzer haben sich verpflichtet, acht bis zehn Morgen Kohl zu bauen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zwei weitere Kriegsküchen, eine in der Eintracht, und die zweite in dem Gasthaus Vianden in Poppelsdorf wurden gestern vormittag eröffnet. Wir hatten Gelegenheit, die Küche in der Eintracht in Augenschein zu nehmen. Die Einrichtung ist aufs praktischte durchgeführt. Der Küchenraum selbst ist sehr geräumig, äußerst sauber, luftig und hell. Es stehen vier große Kochkessel für je 500 Portionen bereit. Der Eingang sowie der Ausgang sind so eingerichtet, daß kaum ein größerer Andrang zu befürchten ist. Am heutigen Eröffnungstage war die Küche noch nicht so überaus stark in Anspruch genommen worden, da aber in der Küche in der Ellerstraße mehr Anmeldungen vorlagen als Portionen hergestellt werden konnten, wurde ein Teil der Gäste von dort der Küche in der Eintracht überwiesen. Das heutige Gericht, Weiße Bohnensuppe, war sehr gut zubereitet und mundete bestens. Wir können der Bürgerschaft nur dringend empfehlen in immer stärkerem Maße an der Gemeinschaftsspeisung teilzunehmen, die großen Vorteile derselben werden alsbald in jeder Haushaltung wahrgenommen werden.
Das Soldatenheim im Gesellenhause bot seinen zahlreichen Besuchern an den beiden letzten Sonntagen wieder einige recht angenehme Stunden. Die Unterhaltung war an beiden Tagen in der Hauptsache musikalischer und gesanglicher Art. Fräulein Gördes, die Herren Borgmeyer und Kölper, deren Sangeskunst wir schon oft zu würdigen Gelegenheit hatten, boten einige Proben ihres Könnens und ernteten reichen Beifall, desgleichen Herr Linsel mit seinen Geigensolis. Am letzten Sonntag wurde den Soldaten ein sogenannter Künstlerabend geboten, dessen Programm im gesanglichen Teile der Bonner Männer-Gesangverein Apollo, Konzertsängerin Frau W. Schmitt und im musikalischen Teil Herr Musikdirektor W. Heinemann und Tochter Frl. Elfriede Heinemann in bester Weise bestritten, während Frl. Fey einige sehr gute Rezitationen darbot. An beiden Sonntagen bildete ein von Mitgliedern des Gesellenvereins flott gespieltes Theaterstück den Schluß der Darbietungen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 6. Juli 1916
Ueber die Taten unserer Luftfahrer wird fast täglich von der Obersten Heeresleitung berichtet. Aus allen diesen Nachrichten geht hervor, daß unsere Luftflotte der unserer Gegner nicht nur ebenbürtig, sondern bereits weit überlegen ist. Sie nicht nur auf diesem Standpunkt zu erhalten, sondern sie immer weiter auszubauen, das ist das Bestreben des Deutschen Luftflotten-Vereins von jeher gewesen und wird es auch fernerhin sein. Ein jeder Deutsche sollte an diesem Werke tatkräftig mitwirken! Ferner betrachtet es der Deutsche Luftflotten-Verein als eine Ehrenpflicht des deutschen Volkes, den Hinterbliebenen gefallener Lufthelden durch Gewährung von Unterstützungen zu helfen und ermatteten Luftfahrern Erholung zu bieten. Jedermann sollte sein Scherflein zur Erreichung dieser Ziele dadurch beitragen, daß er diesem nationalen Verein als Mitglied beitritt. Der jährliche Mindestbeitrag beträgt nur 3 Mark. Die Beitrittserklärung kann auf der Karte erfolgen, die einem heute zur Verteilung gelangenden Werbeblatt angefügt ist.
„Wandervögel“. Von amtlicher Seite wird mitgeteilt: In letzter Zeit ist wiederholt die Beobachtung gemacht worden, daß Abteilungen sogenannter Wandervögel beiderlei Geschlechts, namentlich wenn sie von ihren Wanderungen zurückkehren, durch ein dem Ernst der Zeit nicht entsprechendes Benehmen sowie durch ihre oft karnevalistische Kleidung bei einem großen Teile der Bevölkerung Aegernis erregen. Besonders mehren sich die Klagen über vielfach unanständige Gesänge dieser Ausflügler in den Eisenbahnen.
Es handelt sich bei diesen Ausschreitungen natürlich nicht um wirkliche Wandervögel; denn die Wandervogel-Bewegung pflegt das Wandern, um Körper und Geist zu kräftigen und die freie Natur zu genießen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ueber das Obsteinkochen ohne Zucker sprach gestern abend im dichtgefüllten unteren Saale der Germaniahalle Herr Gartenbaulehrer Lange von der Landwirtschaftlichen Akademie in Poppelsdorf vor einer vom Hauswirtschaftlichen Ausschuß einberufenen Versammlung. Er führte aus, daß in diesem Sommer zu Einmachzwecken nur geringe Zuckermengen zur Verfügung ständen und daß dadurch altbewährte Einkochrezepte ihre Gültigkeit verlören. Aber auch ohne Zucker würden Früchte durch Erhitzen in luftdicht schließenden Gläsern, Krügen und Flaschen haltbar. Die Früchte müßten gewaschen, gekocht und in die Gläser oder Krüge gefüllt werden, die man mit einem Stopfen und einer darüber gebundenen Schnur verschließt. 25-35 Minuten müßten die Gefäße dann in heißem Wasser, das bis zum Sieden erhitzt wird, stehen, und dann müßte der Kork fest in den Hals gedrückt werden, der darauf mit Pech, Harz, Siegellack verdichtet wird. Auch Obstmus lasse sich ohne Zucker einkochen. Bedingung bei dem ganzen Einkochen ist peinlichste Sauberkeit. In luftdicht verschlossenen Flaschen halten sich auch Obstsäfte. Im weiteren Verkaufe seines Vortrages führte Herr Lange aus, wie man Aepfel, Birnen und Pflaumen durch einfaches Dörren haltbar machen könne. Obstkraut würde unter Verwendung von Süßapfel usw. ohne Zucker hergestellt. Alle ungezuckerten Obstarten und Obstsäfte würden vor dem Gebrauch beim Wiedervorhandensein größerer Zuckermengen nach Belieben nachgesüßt.
An den sehr lehrreichen Vortrag schloß sich eine längere Erörterung, in der eine ganze Anzahl von Damen Fragen stellte und ihre Erfahrungen mitteilte.
Der Vorsitzende dankte dem Redner und der Versammlung zum Schluß und teilte mit, daß demnächst ein besonderes Schriftchen über den Gegenstand des Vortrages zu haben sein werde.
Brotmehl mit Holzmehl. Dem Warenagenten Hermann Jakob Spanier hat die Behörde die Ausübung seines Gewerbes als Handelsagent mit Lebensmitteln untersagt. Spanier hat, wie dem Düsseld. Gen.-Anz. von seinem Bonner Berichterstatter gemeldet wird, an den Bäckermeister Rott, dessen Geschäft geschlossen worden war, Mehl geliefert, das zum großen Teil aus Strohmehl, Holzmehl und Gips bestand.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Ansammlung vor den Geschäften. Obwohl die Behörde fortgesetzt erklärt, da Waren in genügender Menge in den einschlägigen Geschäften zu haben sind, und daher Ansammlungen zwecklos seine, findet man immer noch vor einzelnen Geschäften Frauen in hellen Scharen stehen und geduldig warten, bis die Reihe an sie kommt. An einem Buttergeschäft in der Altstadt stand gestern früh 6 Uhr bereits ein Dutzend Leute, die auf Butter warteten. Gegen 11 Uhr standen noch weit über 100 Frauen dort, obwohl in der Zwischenzeit flott verkauft worden war. An keinem der vielen anderen Geschäfte war auch nur annähernd ein solcher Andrang, und mehrfach konnte man beobachten, daß in einzelnen Verkaufsstellen nur eine oder zwei Personen waren, die Butter verlangten und natürlich auch gleich ohne langes Warten erhielten. Man fragt sich unwillkürlich, weshalb die Frauen immer dorthin gehen. Wo der meiste Andrang ist. Besser ist die von der Stadt gelieferte Butter dort auch nicht. Es hat den Anschein, als ob vielen Frauen das Herumstehen zur lieben Gewohnheit geworden ist. Da sollte doch die Behörde einschreiten und die Kundenliste der einzelnen Geschäfte auf ein zulässiges Maß einschränken. Ein Familienvater.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Frühkartoffeln zum Preise von 15 Pfg. das Pfund werden am Donnerstag vormittag an den städtischen Verkaufsstellen auf dem Markte und in der Maxstraße abgegeben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 7. Juli 1916
Brot ohne Kartoffelzusatz. Der Oberbürgermeister macht bekannt: Durch die Bundesratsverordnung vom 20. Juni 1916 ist die Brotstreckung durch Weizenschrot zugelassen worden. In Abänderung der bisherigen Backvorschriften in meiner Verordnung vom 31. März 1916 und der Verfügung vom 17. April 1916 bestimme ich daher, daß bei der Herstellung von Schwarzbrot und Feinbrot statt der vorgeschriebenen 10 Gewichtsanteile Kartoffelflocken, Kartoffelwalzmehl oder Kartoffelstärkemehl die gleiche Menge Weizenschrot verwendet werden darf. Der Verkauf des Weizenschrotes beginnt in den nächsten Tagen im städtischen Lebensmittelamt, Zimmer 7.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Das Bonner Licht- und Luftbad ist jetzt wieder in vollem uneingeschränkten Betrieb und während des ganzen Tages geöffnet. Es bildet namentlich für Kinder einen angenehmen Ferienaufenthalt.
Die echten und die falschen Wandervögel. Ein echter Wandervogel schreibt uns: Ein Mitglied des Eltern- und Freundesrates des Bonner Wandervogels e.V. schreibt uns zu unserer gestrigen Pressenotiz „Wandervögel“: Die organisierten Wandervogelbünde, die seit längerer Zeit gegen den Wandervogelunfug Stellung genommen haben, begrüßen es, daß von „amtlicher“ Seite darauf aufmerksam gemacht wird, daß die zur Landplage gewordenen Pseudowandervögel nicht mit den der eigentlichen Wandervogelbewegung angeschlossenen Wandervögeln zu verwechseln sind. Die äußerlich Nachäffung manches Wandervogelmäßigen, verbunden mit Geschmacklosigkeiten und taktloser Unkultur haben den eigentlichen Wandervögeln viele Unannehmlichkeiten gebracht, und es ist nötig geworden, immer wieder darauf hinzuweisen, daß die echten Wandervögel nicht weniger den Mißton dieses falschen Wandervogeltums zu dem Verhalten empfinden, das das Erleben der Natur und der Heimat jedem mit Stilgefühl begabten Deutschen zumal in gegenwärtiger Zeit auferlegt. Wir Wandervögel freuen uns darüber, daß das Wandern im deutschen Land immer mehr Freunde findet, aber gegen die eben gekennzeichneten Fahrtgenossen müssen wir energisch Front machen. In Zweifelsfällen weise man die sich „wandervogelmäßig“ gebärdenden Stadtflüchtlinge zurecht und vergewissere sich, daß sie nicht dem Wandervogelbund angehören. Kennzeichen aller echten Wandervögel ist der silberne Greif im blauvioletten Rechteck oder die Schneegans im grünen Feld.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Dörren von Obst und Gemüse. Im dritten Kriegsjahr wird sich die Ernährung, da es an Fleisch fehlt, zum großen Teil auf pflanzliche Kost beschränken, Es muß deshalb das Ziel jeder Hausfrau sein, beizeiten vorzusorgen und Obst und Gemüse für den kommenden Winter haltbar zu machen. Jetzt ist dazu die richtige Zeit, da Obst und Gemüse in Hülle und Fülle vorhanden sind. Die Hausfrau kann, entsprechend der Jahreszeit, Obst und Gemüse billig einkaufen, es dann sachgemäß für die Aufbewahrung behandeln und es später zum Mittagstisch verwenden. Die einfachste Methode, Obst und Gemüse zu konservieren, ist das Dörren. Besonders zweckmäßig ist das Dörren in diesem Jahr für Obst, da Zuckerknappheit herrscht und das Dörrobst erst beim endgültigen Verbrauch, also von Fall zu Fall, gesüßt zu werden braucht.
Zur Sterilisation, durch die das Obst und das Gemüse so erhalten werden, wie sie nachher ohne Weiteres oder auch angewärmt auf den Tisch kommen, bildet das Dörren des Obstes einen gewissen Gegensatz. Durch das Dörren wird den Pflanzen der Wassergehalt durch Verdampfen entzogen. Durch die Entziehung der Feuchtigkeit und durch die hohe Temperatur wird jeglichen Bakterien die Lebenskraft geraubt. Wenn früher das Dörren meist in primitivster Weise erfolgte und daher auch nicht immer mit so großem Erfolg, so bietet uns heute die moderne Technik bessere Möglichkeiten. In hygienisch einwandfreier Weise können die Gemüse besonders in dem Gasbratofen gedörrt werden. Er ist außerordentlich leicht regulierbar, und das Dörren geschieht schnell und billig. [...] Der Betrieb eines solchen Ofens ist sehr einfach, und jede Hausfrau, die das Dörren mit einem Gasbratofen versucht hat, wird es vorziehen, ihre Früchte und Gemüse, die im Winter besonders gut munden, immer selbst auf diese wohlfeile Art zu dörren. Es sind im Handel auch Dörrapparate zu haben, die sich auf jeden gewöhnlichen einfachen Gasherd aufsetzen lassen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 8. Juli 1916
Die drei Kriegsküchen im Fuhrpark, in der Sandkaule und in Poppelsdorf liefern diese Woche für rund 8000 Personen das Mittagessen. Am stärksten wird die Küche im Fuhrpark in Anspruch genommen, nämlich von 1900 Personen, während die Poppelsdorfer Küche diese Woche erst rund 900 , die in der Sandkaule nur etwa 800 Teilnehmer hat. Die stärkere Benutzung der Küche im Fuhrpark ist wohl darauf zurückzuführen, daß die beiden anderen Küchen erst am Dienstag den Betrieb aufnehmen konnten, sodaß aus der Mitte der Altstadt und aus Poppelsdorf sich viele Leute noch im Fuhrpark angemeldet haben. Nächste Woche werden voraussichtlich viele Teilnehmer der Küche im Fuhrpark zu den anderen Küchen abwandern. Um die Ausgabe der Wochenkarten zu erleichtern, sollen die Karten nicht nur Samstags, nachmittags von 4 bis 7 Uhr, ausgegeben werden, sondern auch Sonntags vormittags soll die Kartenausgabe in den Küchen eine Stunde geöffnet sein. Es sollen hinfort keine Tageskarten, sondern nur Wochenkarten verkauft werden, dadurch ist es den Küchenverwaltungen möglich, die nötige Speisemenge genau zu berechnen und jeden Bezieher seine bestellte und bezahlte Ware zu sichern. Ferner ist beabsichtigt, auch Sonntags zu kochen und sobald wie möglich eine vierte Kriegküche in Poppelsdorf einzurichten. Es ist zu hoffen, daß der Betrieb der Bonner Kriegsküchen sich nach diesen Verbesserungen noch glatter als bisher vollziehen wird und daß Unregelmäßigkeiten, die sich in den ersten Tagen natürlich nicht vermeiden ließen, nun vollständig beseitigt sind.
Um die Massenspeisung weiter zu verbessern und dadurch den Aushungerungsplan unserer Feinde noch erfolgreicher bekämpfen zu können, haben der städtische Lebensmittelausschuß und der Kriegsküchenausschuß eine Sammlung eingeleitet. Sie wendet sich besonders an die wohlhabenderen Bürger mit der Bitte, auch diesen Zweig der Kriegswohlfahrt nach Kräften zu unterstützen. In unserer kleinen Nachbargemeinde Bad Godesberg beispielsweise sind in der letzten Zeit viele tausend Mark für die Massenspeisung gestiftet worden, in Köln haben einzelne Bürger sehr große Summen für diesen wohltätigen Zweck gegeben. Auch in Bonn wird, so hoffen wir, der Opfersinn besonders der gutgestellten Bürgerschaft sich wieder bewähren und der Aufruf der beiden Ausschüsse guten Erfolg haben.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Vaterländische Festspiele. Die Vaterländischen Festspiele sollen dieses Jahr auf dem städtischen Spielplatze an der Kölnstraße abgehalten werden. Vorgesehen ist der 6. August. Alle in Betracht kommenden Vereine sind gebeten, Vertreter zu der am 11. Juli, abends 9 Uhr, im Hotel Vater Arndt unter Vorsitz des Herrn Beigeordneten Dr. V. Gartzen und Leitung des Herrn Prof. Dr. Schmidt stattfindenden Besprechung zu entsenden. Auch Vereine, die durch irgend einen Zufall keine besondere Einladung erhalten haben, wollen ihre Mitwirkung nicht versagen und Vertreter entsenden.
Die Höchstpreise für Fleisch und Fleischwaren sind für den Stadtkreis Bonn bis auf Weiteres wie folgt festgesetzt: Rindfleisch kostet das Pfund 3 Mk., Kalbfleisch 2,70 Mk., Leberwurst 1,50 Mk,, Blutwurst 80 Pfg. und Fleischwurst das Pfund 2,60 Mk. Die Höchstpreise gelten sowohl für Fleisch mit als auch ohne Knochen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zigarettensteuer-Kriegsaufschlag. Nach dem Gesetz über die Erhöhung der Tabakabgaben vom 12. Juni 1916 haben Hersteller und Händler die am 1. Juli 1916 in ihrem Besitz oder Gewahrsam befindlichen versteuerten Vorräte an Zigaretten, Zigarettentabak und Zigarettenhüllen innerhalb einer Woche dem zuständigen Zollamte nach Zahl, Inhalt und Steuerklasse der Packungen schriftlich anzumelden. [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 9. Juli 1916
Ihre Königliche Hoheit Frau Prinzessin zu Schaumburg-Lippe und seine Durchlaucht der Fürst zu Schaumburg-Lippe besuchten gestern mittag 12 Uhr die städtische Kriegsküche in der Sandkaule. Sie besichtigten unter der Führung des Oberbürgermeisters Spiritus die Einrichtungen, die geräumige Küche und ließen sich auch eine Kostprobe des gestrigen Mittagessens – Erbsensuppe und Schweinefleisch – geben. Der Besuch der Fürstlichkeiten dauerte über eine halbe Stunde.
Der Bonner Lazarettzug K1 hat seine Verwundeten von der 36. Fahrt nach Köln-Deutz und von der 37. Fahrt nach Neuß und Krefeld gebracht.
Da der Lazarettzug in der letzten Zeit einen beschleunigten Betrieb erfahren hat, sind die Vorräte an Zigaretten, Zigarren, Tabak, Wein, Kognak, Mineralwasser, Schokolade, Marmeladen, Kompott und konserviertem Obst so gut wie ganz aufgezehrt. Wir bitten daher, den Lazarettzug jetzt durch Ueberweisung von derartigen Liebesgaben zu unterstützen. Die Gegenstände sind abzugeben Bahnhofstraße 40. [...]
Der Bonner Männer-Gesang-Verein Apollo wird am heutigen Sonntag wieder bei dem städtischen Konzert in der Stadthalle mitwirken. Bei dem Konzert wird ein der Kriegszeit entsprechendes Programm aufgeführt. Unter den Männerchören befinden sich u. a. „Der Deutschen Kriegslied“ von H. Sauer und Steineckes „Hinter Metz, bei Paris und Verdun“. Beide Chöre wird der Apollo zum erstenmal öffentlich aufführen. Den instrumentalen Teil des Konzertes hat die Kapelle de Bonner Landsturm-Inf.-Bataillons (Leiter Herr John).
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zuckerrüben. Nachdem jetzt die Arbeiten auf den Zuckerrübenfeldern erledigt sind und der Boden gelockert wurde, haben sich die jungen Pflänzchen zusehends entwickelt, weil es ihnen jetzt ja auch an der nötigen Feuchtigkeit nicht fehlt. Feuchtigkeit von unten und Wärme von oben – da kann man sehen, wie sie größer werden. Auf etlichen Grundstücken, auf denen die Rüben ausgesät wurden, ehe der Boden genügend abgetrocknet war, standen die Rüben von vornherein schlecht und ganze Reihen waren ausgeblieben. Da hat man kurzen Prozeß gemacht und neugesät und hat jetzt die Genugtuung, daß die zweite Aussaat rasch und lückenlos aufging und unter Umständen die andere noch einholen kann. – Auf gutgepflegten Aeckern und in begünstigter Lage bedecken die jungen Rüben mit ihrem saftig grünen Laub vollständig den Boden, und man darf kühn behaupten, daß sie auch vor dem Kriege niemals günstiger gestanden haben.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kriegswohlfahrts-Stiftung. Das 8. Reserve-Korps hat mitgeteilt, daß bei ihm eine Stiftung besteht, aus der notleidende Familien Gefallener oder durch Verletzung im Felde erwerbsunfähig gewordenen Unteroffiziere und Mannschaften des 8. Reservebataillons und diese selbst unterstützt werden können. Begründete Anträge von Hinterbliebenen Gefallener, Verwundete usw. – ehemals zu 8. Reservekorps gehörig – sind an den Truppenteil, dem der Betreffende zuletzt angehörte, unter Beifügung der behördlichen Bescheinigung über Würdigkeit und Bedürftigkeit zu senden. Zwecks beschleunigter Erledigung ist den Anträgen jedes Mal die Bescheinigung über Würdigkeit und Bedürftigkeit beizufügen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 10. Juli 1916
Zum Tode des Prinzen Adolf zu Schaumburg-Lippe. Oberbürgermeister Spiritus hat dem Kaiser gestern im folgenden Telegramm die Anteilnahme der Stadt Bonn zum Tode des Prinzen Adolf ausgedrückt.
An Seine Majestät den Kaiser und König
Großes Hauptquartier
Eure Kaiserliche und Königliche Majestät wollen wir allergnädigst gestatten, die tiefempfundene Anteilnahme der Bürgerschaft der getreuen Stadt Bonn aus Anlaß des Ablebens Seiner Durchlaucht des Prinzen Adolf zu Schaumburg-Lippe alleruntertänigst zum Ausdruck zu bringen.
Oberbürgermeister Spiritus.
Es ist darauf folgendes Antworttelegramm des Kaisers eingetroffen:
Großes Hauptquartier, den 9.7.1916
Herr Oberbürgermeister Spiritus, Bonn.
Seine Majestät der Kaiser und König lassen für die treue Anteilnahme der Bonner Bürgerschaft an dem Hinscheiden Allerhöchstihres Schwagers des Prinzen Adolf zu Schaumburg-Lippe herzlich danken.
Geh. Kabinettsrat von Valentini
Prinz Adolf entschlief sanft und friedlich um 12.45 Uhr in der Nacht zum Sonntag. Der Prinz war vor etwa vier Wochen aus dem Felde zurückgekehrt und hatte sich in die Schorlemmscher Heilanstalt in Bad Godesberg begeben, um sich von seiner starken allgemeinen Erschöpfung zu erholen. Schon nach wenigen Tagen entwickelte sich noch eine Lungenentzündung, die die Herztätigkeit stark beeinflusste. Schon vor 14 Tagen war der Zustand des Prinzen einmal sehr ernst, es trat jedoch eine vorübergehende Besserung ein. Samstag abend nahm die Herztätigkeit schnell immer mehr ab, bis das Herz um 12 ¾ Uhr ganz versagte.
Das Rathaus und alle anderen städtischen Gebäude, die Universität, die Schulen und sämtliche staatliche Gebäude haben wegen des Todes des Prinzen Adolf halbmast geflaggt. Auch die Brückenpfeiler, die Rheinbadeanstalten und sehr viele Privathäuser haben Trauerfahnen aufgezogen.
Die Leiche des Prinzen wird nach einer Trauerfeier im Bonner Palais nach Bückeburg überführt und dort in der neuen Fürstengruft beigesetzt. Die Zeit der Trauerfeier, der Ueberführung zum Bahnhof und der Beisetzung in Bückeburg war heute vormittag noch nicht bestimmt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Straßenhandel mit Kornblumen und Klatschmohn ist vom Gouverneur der Festung Köln verboten worden. Der Wortlaut dieser Verordnung ist in der heutigen Nummer des Blattes abgedruckt.
Die Regelung des Verkehrs mit Eiern. An maßgebender Stelle soll die Absicht bestehen, die Versorgung der Eier einheitlich für das Deutsche Reich zu regeln, vielleicht am zweckmäßigsten durch die Einführung von Eierkarten. Auch die Festsetzung von Höchstpreisen für Eier wird sich kaum noch länger hinausschieben lassen.
Die Ernte reift. Aengstliche Gemüter befürchten immer wieder von den häufigen Regengüssen eine ernste Gefahr für die diesjährige Ernte. Daß diese Besorgnis jedoch völlig unbegründet ist, kann man tagtäglich von jedem erfahrenen Landwirte hören. Nachdem jetzt die sehr reiche Heuernte glücklich unter Dach gebracht ist und durchschnittlich das 1½ fache des vorigen Jahrgangs ergeben hat, sieht der Landwirt den Regenschauern ohne sonderliche Kopfschmerzen entgegen, denn der Blick auf alle Feldfrüchte zeigt, wie dort alles nach Herzenslust gedeiht. Die Fruchtkörner schwellen zu immer größerem Umfange an, Hafer und Gerste recken sich so kräftig, daß sie den hochgeschossenen Roggenhalmen fast Konkurrenz machen, und die Wiesen und Kleefelder versprechen schon jetzt einen zweiten Schnitt, der hinter dem ersten kaum zurückbleiben dürfte. Während die Größe im Jahre 1915 kaum kniehoch gediehen war, hat sie heute die Höhe mittlerer Roggenfelder erreicht. Dabei sind die Aehren so kräftig entwickelt, daß eine Vollernte zu erwarten ist. Alte Landwirte versichern, daß ihnen kein solch herrlicher Stand der gesamten Getreidefelder bekannt sei wie in diesem Jahre. Man findet beispielsweise Kornähren, die über hundert Körner Frucht enthalten. Das stellt einen selten erlebten Erfolg dar. Dabei steht der Roggen durchweg sehr dicht bei ganz außergewöhnlicher Höhe der Halme. Der Strohertrag ist dementsprechend in diesem Jahre geradezu riesig. Mit dem ersten Roggenmehl dürfte schon Anfang August zu rechnen sein, da wegen der in Aussicht gestellten Druschprämien für frühzeitig gelieferten Roggen schon jetzt Vorkehrungen getroffen werden, daß die Dreschmaschinen sofort ihre Arbeit beginnen können.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Vaterländischer Frauenverein. Die Verwaltung der Drachenburg im Siebengebirge hat dem Vaterländischen Frauenverein Stadtkreis Bonn in hochherziger Weise ein nordisches Sommerhaus für seine Schwestern als Erholungsheim in den Sommermonaten zur Verfügung gestellt. Das schöngelegene Blockhaus enthält Schlafzimmer für vier Schwestern nebst Wohnräumen, gedeckter Veranda, Badezimmer und Küche. Für die Verpflegung der Schwestern sorgt der Vaterländische Frauenverein, er wird hierbei durch das liebenswürdige Entgegenkommen der Besitzerin des Belgischen Hofes in Köln, Frau P. J. Thelen, Pächterin der Wirtschaft auf dem Drachenfels unterstützt.
Drei unerschrockene Gefreite. Am 1. April lag die Stellung der 6. Kompagnie 9. Rhein. Infanterie-Regiments Nr. 160 im heftigen Artillerie- und Minenfeuer des Gegners. Plötzlich wurde das Feuer auf die rückwärtigen Gräben verlegt, und die französische Infanterie ging zum Angriff vor. An einem weit vorgeschobenen Sappenkopf standen die Gefreiten Brombach (Beuel, Kreis Bonn) Derkum (aus Bonn) und Weinberger (aus Bonn) auf Leitern und warfen eine Handgranate nach der anderen in den Feind. Mehrmals gelang es den Franzosen, bis zur Sappe vorzudringen, aber jedes Mal mußten sie vor der verheerenden Wirkung der wohlgezielten Handgranaten weichen. Mit unerschütterlicher Ruhe standen die drei Gefreiten im feindlichen Infanteriefeuer und schleuderten ihre todbringenden Geschosse. Von den zum Sturm vorgegangenen Franzosen konnten sich nur wenige in den eigenen Graben retten; die anderen lagen tot oder verwundet vor dem Sappenkopfe.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 11. Juli 1916
Zum Tode des Prinzen Adolf zu Schaumburg-Lippe. Die Leiche des Prinzen Adolf ist gestern eingesargt und von Godesberg in das hiesige Palais gebracht worden. Mittwoch vormittag 11 Uhr findet im Palais eine kurze Trauerfeier und im Anschluß daran die Ueberführung zum Bahnhof statt. In Bückeburg wird die Leiche noch an demselben Abend bei Fackelbeleuchtung in die neue Fürstengruft gebracht. Donnerstag mittag findet dort noch eine größere Trauerfeier statt, alsdann erfolgt die Beisetzung. (...)
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die echten und falschen Wandervögel. Man schreibt uns: „Dem so überschriebenen Artikel im Bonner Generalanz. Vom 7.7.16 kann, soweit dies das Verhalten der „Pseudo“-Wandervögel betrifft, nur zugestimmt werden. Jedoch durfte der Einsender nicht vergessen, daß auch minderbemittelte Bürger den Reiz und die Schönheiten der Natur kennen und schätzen gelernt haben und sich veranlaßt sahen, sich zu kleinen Wandervereinigungen zusammenzuschließen. Welche Gründe bei diesen Vereinen vorliegen, um den organisierten Wandervogelbünden nicht beizutreten, soll hier nicht erörtert werden. Aber das Recht einer jeden Wandervereinigung muß dennoch gewahrt bleiben, und es ist nicht angebracht, auch den nicht-„organisierten“ Vereinen einen ungerechtfertigten Vorwurf zu machen.“
Die Bonner Kriegsküchen. Von geschätzter Seite wird uns geschrieben: In den Bonner Kriegsküchen werden zur Streckung der Kartoffeln, die ja nur noch in knappen Mengen zur Verfügung stehen, Kartoffelschnitzeln mit verwendet. Sie sind im rohen Zustand ungeschält getrocknet. Nach mehrmaligem Waschen und Abbrühen wohlschmeckend und rein, aber die kleinen Schaleteilchen an den oberen Enden der Schnitzel sind manchen Gästen anstößig gewesen. Sie lassen sich unmöglich aus der Suppe entfernen. Es verhält sich damit also nicht anders wie mit ungeschälten Birnen im Dörrobst, an die wir doch alle gewöhnt sind. Daher liegt kein Grund vor, sich über das Essen und seine Zubereitung zu beklagen, wie das hie und da geschehen ist, vielmehr sind die verwendeten Stoffe durchweg gut und ihre Zubereitung geschieht mit der größten Sorgfalt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Schonung der Lindenbäume. Es dürfte sich empfehlen, daß die Stadt jemand beauftragt, ein wenig aufzupassen, wenn die Lindenblüten von den Kindern von den Bäumen gepflückt werden. Gerade meinem Fenster gegenüber – Am Hof – habe ich diese schönen Bäume stehen. Nun klettern oft 20 Jungen auf den Bäumen herum. Wenn sie nur die Blüten pflückten, ginge das ja an, aber sie reißen die Aeste mit herab. Wenn das so weitergeht, stehen bald nur noch die Baumstämme dort. Frl. Sch.
Teurer Lindenblütentee. Unsere städtische Gartenbau-Verwaltung erteilt auf Antrag die Erlaubnis, von den Lindenbäumen der öffentlichen Anlagen die Blüten abzunehmen, eine Erlaubnis, wovon unsere Schuljugend recht reichlichen Gebrauch macht. In den letzten Tagen konnte man im Hofgarten, auf dem Münsterplatz usw. viele Jungens beobachten, die die Lindenblüten dort säckeweise abschleppten. Leider ist es dabei unvermeidlich, daß die Bäume beschädigt werden. Da den Jungen keine Leitern zur Verfügung stehen, springen sie von der Erde aus nach den Aesten, reißen diese herunter und bemächtigen sich auf diese Weise der Blüten. Durch dieses Vorgehen sind verschiedene Lindenbäume naturgemäß bereits stark beschädigt worden. Es empfiehlt sich daher, der Gartenbauverwaltung anheimzugeben, in der Erlaubniserteilung recht sparsam vorzugehen, damit die jung angepflanzten Lindenbäume des Münsterplatzes usw. nicht gänzlich ruiniert werden. Vor allem aber sollte die Abnahme der Lindenblüten nicht ohne Aufsicht erwachsener Personen geschehen. Ein Steuerzahler.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Soldatenheim. Trotz des schönsten Sommerwetters war der große Saal im Gesellenhause am letzten Sonntag dich von Feldgrauen besetzt. Allerdings kündigte das Tagesprogramm auch einen sehr unterhaltenden Nachmittag an, nämlich drei Theaterstückchen ernsten und heiteren Inhalts, welche von der Bonner Bühnengesellschaft gegeben wurden. Die Mitglieder dieser durch den Krieg ebenfalls sehr in Mitleidenschaft gezogenen Gesellschaft, Frau Kleinherr und die Herren Kleinherr, Küpper, Buchholz, Pinsdorf und Schnitzler machten ihre Sache recht gut und erzielten durch ihr tadelloses Spiel und ihre gute Mimik reichen Erfolg. Ebenso wohlgelungen waren die Rezitationen der Frau Kleinherr und des Herrn Schnitzler. In den Pausen zwischen den einzelnen Aufführungen warteten die Geschwister Lommerzheim mit einigen hübschen Einlagen für Klavier und Gesang auf und ernteten damit vielen Beifall – Das Soldatenheim ist – das zeigt der starke, immer mehr zunehmende Besuch – eine Notwendigkeit geworden für unsere Feldgrauen, die sich die Woche über schon sehnen nach dieser angenehmen und abwechslungsreichen Unterhaltung, die ihnen hier geboten wird. Wer einmal im Soldatenheim war, kehrt immer wieder.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 12. Juni 1916
Zum Tode des Prinzen Adolf zu Schaumburg-Lippe. [...] Die Leiche des Prinzen Adolf wird, wie schon berichtet, heute vormittag 11 Uhr nach einer kurzen Trauerfeier im Palais zum Bahnhof übergeführt werden. Der Trauerzug geht die Koblenzer Straße bis zum Koblenzer Tor, an der Universität entlang durch den Hofgarten, Kaiserplatz, Bahnhofstraße. Durch den Eingang neben dem Fürstenzimmer wird der Sarg auf den Bahnsteig getragen werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Abgefaßter Kartoffeldieb. Gestern morgen in der Frühe wurden in Grau-Rheindorf in der Nähe der Landstraße drei Männer aus Bonn beim Kartoffeldiebstahl getroffen. Der Eigentümer des Ackers hielt einen der Diebe fest und verabfolgte ihm mit einem Eichenknüppel eine gehörige Tracht Prügel. Auf dem Grundstück fand man einen neuen Sack mit etwa 50-60 Pfund Kartoffeln.
Schließung eines Geschäftes. Der Oberbürgermeister macht bekannt, daß die Schließung der Geschäfte des Bäckermeisters Josef Kohlhaas, Markt 34 und Bonngasse 28 von Montag den 17. d. M. ab wegen Nichtbefolgung der diesbezüglichen Bundesratsverordnung bis auf weiteres angeordnet worden ist.
Die Vaterländischen Wettspiele werden nach einem Beschluß, der gestern abend in einer Versammlung gefaßt wurde, in der unter dem Vorsitz des Herrn Prof. Dr. Schmidt eine Anzahl von Turnvereinen und Fußballvereinen Bonns vertreten war, am 13. August d. J. auf dem großen Spielplatz an der Kölner Chaussee stattfinden. Die Spiele werden in einem gegen die früheren Jahre beschränkten Umfange abgehalten werden und sich auf Fußballspiele, Faustball- und Schlagballspiele sowie leichtathletische Uebungen beschränken. Die ursprünglich geplante Verbindung der Wettspiele mit dem Fahnenweihfest der Fortbildungsschule hat sich als nicht angängig erwiesen. Zur Regelung der Einzelheiten des geplanten Festes wurde ein technischer Ausschuß unter dem Vorsitz des Herrn Turninspektor Schroeder gewählt.
Einschränkung des Fahrradverkehrs. In der heutigen Nummer unseres Blattes ist eine Bekanntmachung betr. Beschlagnahme und Bestandserhebung der Fahrradbereifung veröffentlicht. Danach werden alle nicht zur gewerbsmäßigen Weiterveräußerung vorhandenen Fahrraddecken und Fahrradschläuche, die sich im Gebrauch befinden, oder für den Gebrauch bestimmt sind, beschlagnahmt. Nur für bestimmte Fälle wird der zuständige Militär-Befehlshaber die Erlaubnis zur weiteren Benutzung der beschlagnahmten Fahrradbereifungen erteilten. Um eine Erlaubnis zur weiteren Benutzung der Fahrradbereifungen zu erhalten, ist ein Antrag bei der für den Wohnort des Antragstellers zuständigen Polizeibehörde unter Beifügung der vorgeschriebenen Radfahrkarte auf einem amtlichen Vordruck zu stellen. Es wird dringend empfohlen, die Anträge unverzüglich zu stellen, da die Verordnung bereits mit Beginn des 12. August 1916 in Kraft tritt und nach diesem Tage die Benutzung der Fahrradbereifungen ohne besondere Erlaubnis strafbar ist.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 11. Juli. Den Marktfrauen wurde gestern morgen durch einen Polizisten die Weisung, daß sie für ihre Johannisbeeren den Höchstpreis mit 30 Pfennig nicht übersteigen dürften [, überbracht]. Höchst entrüstet über diese unerhörte Zumutung stellten sie sofort den Verkauf damit ein und nahmen die Ware wieder mit nach Hause.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Donnerstag, 14. Juli 1916
Der Bäckermeister F. Roth in Bonn, seine Frau und seine Tochter waren von der hiesigen Strafkammer zu 500 M., 300 M. und 100 M. Geldstrafe verurteilt worden, weil sie von Oktober 1915 bis Februar 1916 über tausend Brote ohne Brotbuch verkauft hatten. Die Strafkammer hatte ihre Entschuldigung, daß sie ihrer aus den ärmeren Kreisen bestehenden Kundschaft zur besseren Ernährung Brot ohne Brotkarte abgegeben haben, da die festgesetzte Menge nicht ausreiche, nicht gelten lassen, vielmehr festgestellt, daß der Verkauf in gewinnsüchtiger Absicht und zur Erzielung eines größeren Umsatzes geschehen sei. Die Angeklagten hatten gegen das Urteil Revision eingelegt. Diese ist, wie uns aus Leipzig geschrieben wird, Dienstag vom Reichsgericht verworfen worden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Prinz Adolfs letzter Weg. Gestern gaben sie ihm das letzte Geleite, wurde der tote Fürstensprößling aus der Stadt geführt, die er so geliebt, in der er Jahrzehnte gewohnt, mit dessen Bürgern er sich eins gefühlt, mit der er gelebt, wie sonst nicht Fürstenart ist. Wie die Bürgerschaft ihn verehrte, zeigte der gestrige Tag: Halb Bonn war auf den Beinen. [...]
Nach dem religiösen Trauerakt formierte sich der Trauerzug. Soldaten und Bürger, Fürsten und Gelehrte setzten ihn zusammen. Der verstorbene Prinz war General, da hatte das Militär den Vorrang: Husaren, frisch flatterten ihre Lanzenfähnlein im Wind, Gewehre schulternde Musketiere, ordenbeladene Offiziere. Der Prinz lebte unter uns, wie ein Bürger; seinen Leichenzug füllte das feierliche Schwarz des bürgerlichen Festkleides und unzählige Fahnen und Banner der Vereine unserer Stadt. Lebhafte Beziehungen unterhielt er zur Universität und studierenden Jugend; Studenten in Wichs und Studentinnen folgten seinen sterblichen Ueberresten. Die Leichenparade kommandierte der Kommandeur des Ers.-Batl. 160, Oberstleutnant Schmelting. [...]
Dem Leichenwagen schloß sich das Trauergefolge an, das Pfarrer Lorenz als amtierender Geistlicher eröffnete. [...] Dann zog die bunte, mittelalterlich anmutende Schar der Studentenverbindungen in vollem Wichs mit wehenden Fahnen und blitzenden Schlägern vorbei. Bescheiden schlossen sich ihnen studierende junge Damen an. Ihnen folgten die Hausangestellten und Beamten des Verstorbenen und zahlreiche Bürger unserer Stadt.
Würdigen und wirkungsvollen Beschluß des Trauerzuges machten die Vereine unserer Stadt. Militär- und Turnvereine, Vereine, die das deutsche Lied auf ihre Fahnen geschrieben und die deutsche Kraft pflegten. Allen war der Prinz zugetan gewesen und alle hatten ihn im Leben verehrt und liebgewonnen und gaben ihm nun mit ihren prächtigen Fahnen und Standarten und starken Abordnungen das letzte Geleit.
Fast eine Viertelstunde zog das Trauergefolge vorbei, und wo der Leichenwagen ankam, entblößten sich die Häupter. Auch die Sonne, die seltene, gab dem toten Prinzen den letzten Gruß mit aus der Stadt, die er geliebt hatte; kaum daß der Trauerzug sich in Bewegung gesetzt, so durchbrach sie siegreich das düstere Gewölk und vergoldete die Wipfel des Hofgartens und zeigte ein sommerlich freundliches Straßenbild dem Toten zum Abschied.
Unzählige Menschen säumten die Straßen, die der Zug passierte, bis zum Bahnhof. Schulkinder bildeten im Hofgarten Spalier. Unzählige harrten dann noch des Zuges, der den Toten weit fort in sein Heimatland zur Gruft seiner Ahnen tragen sollte.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Verwundetenfürsorge. Am Freitag, den 7. ds. [Monats] folgten die Verwundeten des Bonner Mutterhauses einer Einladung des Vaterländischen Frauenvereins Landkreis Bonn, zu einer Rheinfahrt nach Neuwied., die sehr angeregt und fröhlich verlief. Auf dem Schiff wurde der Kaffee eingenommen, und nach Ankunft in Neuwied der Schloßpark besichtigt, wo Ihre Königliche Hoheit die Frau Fürstin zu Wied, die Verwundeten in huldvoller Weise mit Wein und Zigarren bewirten ließ. Nach einem Rundgang durch den Park durfte das schöne Schloß, mit seinen kostbaren Gemälden und vielen interessanten Erinnerungen an berühmte Persönlichkeiten, besichtigt werden. Bei herrlichem Sonnenschein wurde die Rückfahrt unter fröhlichem Gesang angetreten, während verschiedene Wohltäter den Verwundeten Bier spendeten. Allen Teilnehmern werden die am gastlichen Rhein verlebten Stunden unvergeßlich bleiben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 14. Juli 1916
Die Musikvereine am Städtischen und am Königlichen Gymnasium veranstalten am 22. Juli, abends 8 Uhr, im großen Saal der Lese ein Wohltätigkeitskonzert. Die Oberleitung über die beiden Vereine hat Herr Kapellmeister Sauer. Karten sind bei Sebesse (Neutor) zu haben. Da der Abend dank der Vorbereitung Gutes verspricht und der Reinertrag der Bonner Volksspende zufließt, ist ein guter Besuch zu wünschen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Bier nur gegen Brotkarte. In einem von Sanitätsrat Dr. Bonne (Klein-Flottbeck) an Herrn v. Bethmann Hollweg gerichteten, von 80.000 Guttemplern Deutschlands unterstützten „Offenen Brief“ wird auf die „ungeheure Verschwendung von Brotgetreide“ hingewiesen, die darin besteht, daß gewaltige Mengen Gerste zur Herstellung von Bier verwendet werden. Herr Dr. Bonne schreibt:
Ew. Exzellenz Regierung hat es ja freilich durchgesetzt, daß das Braukontingent zurzeit bis auf 48 Prozent der normalen Menge in Friedenszeiten herabgesetzt worden ist. Aber noch werden tagtäglich 4.200.000 Pfund Brotkorn, mit dem täglich zehn Millionen Menschen gesättigt werden könnten!
Es dürfte Ew. Exzellenz bekannt sein, daß zur Herstellung von 1 Liter Bier 230 Gramm Gerste nötig sind, während die täglich Brotmenge nur 220 Gramm beträgt. Gerste aber ist Brotgetreide., genau wie Roggen oder Weizen. Würde daher die Regierung an dem bisherigen Grundsatz festhalten, selbst in dieser schweren Zeit weiterhin dieses Brotgetreide zu Bier verbrauen zu lassen, so verlangt die soziale Gerechtigkeit unbedingt, daß das Bier ebenfalls nur gegen Brotkarte abgegeben wird.
Verlangt wird „ein schleuniges absolutes Brenn- und Brauverbot, soweit es sich nicht um notwendige Heeresbedürfnisse handelt.“
Eine große Freude wurde gestern nachmittag vier hiesigen Kriegerfrauen durch zwei unbekannte Damen bereitet. Die Damen hatten am unteren Rheinwerft spielende Kinder beobachtet, die Holzschuhe an den Füßen trugen. Nach einiger Zeit riefen sie vier der Kinder, kleine Mädchen, zu sich und nahmen sie mit in ein Schuhgeschäft an der Josefstraße, wo sie jedem der Mädchen ein Paar neue Schuhe kauften. Die Freude der Kriegerfrauen kann man sich vorstellen, als ihre Kinder mit neuen Schuhen an den Füßen und den alten „Klumpen“ in der Hand zu Hause ankamen. Da die Frauen sich bei den Damen bedanken wollten, begaben sie sich in das betreffende Schuhgeschäft, konnten jedoch dort keinerlei Auskunft erhalten, da die Damen der Geschäftsinhaberin nicht bekannt waren. Sie konnten nur feststellen, daß die hochherzigen Spenderinnen mit der elektrischen Bahn nach Beuel gefahren waren. Der Bitte der Kriegerfrauen, auf diesem Wege den Geschenkgeberinnen Dank zu sagen, kommen wir gerne nach.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kartoffelbeschlagnahme. Die Kartoffelerzeuger werden von amtlicher Stelle nochmals dringend gewarnt, Kartoffeln zu verfüttern oder unter der Hand zu verkaufen, da sonst schwere Bestrafung eintreten muß.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 15. Juli 1916
Neue Bekanntmachungen zur Lebensmittelversorgung in Bonn. Der Oberbürgermeister macht im Anzeigenteil dieser Zeitung bekannt, daß nächste Woche fünf Pfund Kartoffeln – neue oder alte – auf die Person abgegeben werden. Mit dieser Erhöhung der Kartoffelmenge fällt jedoch das Viertelbrot, das als Ersatz für die fehlenden Kartoffeln bisher gegeben wurde, fort. Die Brotzusatzkarten über ein Viertelbrot für jede Person sind danach ungültig.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Schwere Strafen für Garten- und Felddiebstähle. Der Gouverneur der Festung Köln macht in der heutigen Nummer unseres Blattes bekannt, daß im Interesse der öffentlichen Sicherheit diejenigen Personen, die Garten- oder Feldfrüchte oder andere Bodenerzeugnisse aus Gärten oder Feldern entwenden oder zu entwenden versuchen, mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 1500 Mark bestraft werden. Die gleiche Strafe trifft denjenigen, wer den zum Feldschutz bestellten Beamten oder anderen zum Feldschutz bestellten Personen oder den zum Feldschutz dienstlich befohlenen Militärpersonen bei der Ausübung des Feldschutzdienstes Widerstand leistet. Die Verordnung gilt für den ganzen Bezirksbereich der Festung Köln und tritt sofort in Kraft.
Eine weitere Erhöhung der Zigarrenpreise ist, wie der Deutsche Tabakverein mitteilt, unvermeidlich geworden. Den Ausschlag dafür gibt in der großen Hauptsache die starke Erhöhung der Rohtabakpreise, die seit dem 1. August 1914 auf das Dreifache bis Fünffache für ausländische und auf das Fünf- bis Sechsfache für deutsche Tabake, die wegen der Knappheit aller Tabakarten heute stärker zu Zigarren mitverarbeitet werden als in Friedenszeiten, gestiegen sind.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Höchstpreise für Fleisch und Fleischwaren. Auf Grund des Gesetzes betreffend Höchstpreise sind für den Stadtkreis Bonn bis auf weiteres folgende Höchstpreise festgesetzt worden: Rindfleisch das Pfd. zu 3,20 Mk., Kalbfleisch das Pfd. zu 2,70 Mk., Hammelfleisch das Pfd. zu 3,20 Mk., Leberwurst das Pfd. zu 1,30 Mk., Blutwurst das Pfd. zu 0,80 Mk., Fleischwurst das Pfd. zu 2,60 Mk.
Milchziegen. Der Stadt Bonn steht eine Anzahl Schweizer Milchziegen (Sahnerasse) zur Verfügung, die an Interessenten zum Selbstkostenpreise abgegeben werden. Anträge auf Zuweisung von Ziegen sind umgehend an das städtische Lebensmittelamt zu richten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 16. Juli 1916
Meldepflicht der Ausländer. Es wird nochmals darauf hingewiesen, daß Angehörige verbündeter und neutraler Staaten beim Wechsel ihres Aufenthaltsortes sich sowohl bei ihrer Abreise wie bei ihrer Ankunft bei der Polizeibehörde innerhalb der vorgeschriebenen Frist zu melden haben und diese An- und Abmeldung auf den Pässen vermerkt sein muß. In Zukunft werden alle Personen, die hiergegen verstoßen oder die ohne Pässe angetroffen werden, sofort in Haft genommen werden.
Der Bonner Vereinslazarettzug K. 1 hat seine Verwundeten von der 38. Fahrt nach Aachen, Düren, Euskirchen, Bonn, Godesberg, Rolandseck und Neuenahr gebracht und von der 39. Fahrt nach Weimar.
Da der Lazarettzug in der letzten Zeit einen beschleunigten Betrieb erfahren hat, sind die Vorräte an Zigarren, Zigaretten, Tabak, Wein, Kognak, Mineralwasser, Schokolade, Marmeladen, Kompott und konserviertem Obst so gut wie ganz aufgezehrt. Wir bitten daher, den Lazarettzug jetzt durch Ueberweisung von derartigen Liebesgaben zu unterstützen. Die Gegenstände sind alle abzugeben Bahnhofstraße 40. [...]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Godesberg, 15. Juli. Zu Zwecken der Speisegemeinschaft sind in der letzten Zeit der hiesigen Verwaltung weiterhin folgende Stiftungen zugewiesen worden: Von Frau Geheimrat von Stein 1500 Mark, Herrn P.J. Ringsdorff 1000 Mark [...],Frau Kommerzienrat Otto Deichmann 1000 Mark [...] und Herrn Dr. Rudolf Schorlemmer 1000 Mark. Ein Teil dieser zur Verfügung gestellten Beträge soll verwendet werden, um einer Anzahl von stillenden Müttern aus dem Kreise der Kriegsunterstützten und Armen eine Portion Suppe aus der Volkskriegsküche zuzuwenden.
Godesberg, 15. Juli. Mit Rücksicht auf die dringende Notwendigkeit der Lederersparnis und um der ärmeren Bevölkerung die jetzt so schwierige Anschaffung und Ausbesserung der Fußbekleidung zu erleichtern, wird der Ausschuß für hauswirtschaftliche Kriegshilfe im Einvernehmen mit der Behörde nach dem Vorbild anderer Städte auch hier in Godesberg eine Flickschusterei einrichten. Mit Hilfe alter Sachen sollen Schuhe aller Art ausgebessert und angefertigt werden. Es werden daher alle irgendwie kräftige und haltbare Stoffe, die zu diesem Zwecke verwendbar sind, gegenwärtig in den Häusern gesammelt, und zwar alte Lederkoffer, Täschchen, Ledergürtel, Riemen, Schulranzen, Mappen, alte Schuhe und Stiefel und dergleichen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Kriegsgefangenen-Spende. Das Ergebnis der unter dem Allerhöchsten Schutz Ihrer Majestät der Kaiserin stehenden Spende für die deutschen Kriegs- und Zivilgefangenen in Feindesland ist jetzt bereits als ein gutes zu bezeichnen. Fast alle Bonner Mitbürger haben sich, mit Beiträgen von 5.000 Mk. bis zu 10 Pfennigen beteiligt. Die Oberfreudigkeit Bonns hat sich auch hier wieder herrlich bewährt. Der Schlußtag der Sammlung rückt immer näher. Alle noch Ausstehenden werden deshalb gebeten, ihre Zeichnungszettel den Einnehmern der Bonner Volksspende mitzugeben. Zeichnungen und Zahlungen nehmen ferner entgegen: Die Bonner Volksspende im Rathaus, Ecke Stockenstraße und die Rheinisch-Westfälische Diskonto-Gesellschaft, Münsterplatz 1-3.
[...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 17. Juli 1916
Butter und Speisefett. Die Menge der auf die Butter- und Speisefettkarte zu beziehenden Ware beträgt diese Woche bis auf weiteres nur 40 Gramm Butter und 40 Gramm Fett.
Zur Bekämpfung der Preistreibereien auf dem Gemüsemarkt hat der Reichskanzler auf Vorschlag des Präsidenten des Kriegsernährungsamts verboten, daß bis 1. August Gemüse gedörrt und Sauerkraut hergestellt wird, ferner den Abschluß langfristiger Gemüse- und Obstkaufverträge untersagt. Pflaumen dürfen bis auf weiteres nur zur Lieferung bis zum 1., anderes Obst, sowie Gemüse nur zur Lieferung bis zum 15. August verkauft oder erworben werden. Durch diese Verbote soll einmal erreicht werden, daß kein Frischgemüse jetzt dem sofortigen Verbrauch entzogen wird, und ferner dem wilden, preissteigernden Abschluß von Verträgen auf spätere Lieferung von Gemüsen, besonders von Dauergemüsen, entgegengetreten werden. Gleichzeitig ist eine Anzeigepflicht für Vorverkäufe von Obst, Gemüse und Dörrgemüse, die bereits getätigt sind, vorgeschrieben, damit ein Ueberblick über diesen Teil des Marktes gewonnen werden kann. Die Maßnahmen sind vorläufige, weitere Anordnungen zur Verringerung von Preistreibereien sind in Vorbereitung. Inwieweit unter solchen Bestimmungen Höchstpreisfestsetzungen nötig sein werden, steht noch nicht fest. Es wird aber, wenn die Preistreibereien fortdauern, auch zu dem Mittel der Höchstpreisfestsetzung trotz aller ihm bekanntlich anhaftenden Mängel gegriffen werden, und zwar in einer Form, die den ganzen Schaden der Preisänderung auf die preistreibenden Elemente wälzt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Eine wüste Schlägerei entspann sich in vergangener Nacht in einer Wirtschaft an der Wenzelgasse, nahe am Markt. Ein Soldat wurde von der herbeigerufenen Brückenwache nach der Kaserne abgeführt, während ein Zivilist und zwei Frauenspersonen zur Polizeiwache gebracht wurden. Durch den Auftritt entstand in der Wenzelgasse selbst und in den benachbarten Straßen ein großer Menschenauflauf.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Dienstag, 18. Juli 1916
Auskunft über Vermißte. Die Norddeutsche Allgemeine Zeitung schreibt: Es ist häufig die Erfahrung gemacht worden, daß Personen, veranlaßt durch Pressenachrichten, sich an eine in Madrid befindliche Stelle gewandt haben, um Nachrichten über Vermißte zu erhalten. Im allgemeinen aber werden deutsche Familien leichter zu ihren Ziele gelangen, wenn sie nicht an Madrid, sondern an die für derartige Anfragen zuständigen deutschen Stellen herantreten. In dieser Beziehung wird indes vermerkt, daß die Anfragen nicht an das Zentralkomitee der deutschen Vereine vom Roten Kreuz zu richten sind, das für die Ermittlungen von deutschen Vermißten nach den jetzigen Vereinbarungen nicht zuständig ist; vielmehr ist den Angehörigen zu raten, daß sie sich an den für ihren Bezirk zuständigen Landes – und Provinzialverein oder die nächste „Hilfe für kriegsgefangene Deutsche“, wie solche in zahlreichen Städten bestehen, wenden. Soweit derartige Einrichtungen nicht vorhanden oder nicht bekannt sind, erteilt der Verein vom Roten Kreuz, Ausschuß für deutsche Kriegsgefangene, Frankfurt a. M., Zeil 114, die gewünschte Auskunft.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die gemeinnützige Flickschusterei der Hauswirtschaftlichen Kriegshilfe ist nunmehr eröffnet und nimmt Reparaturen aller Art an. Mögen alle diejenigen fleißig davon Gebrauch machen, denen die Instandhaltung ihres Schuhwerks allmählich Sorgen macht. Es wird ihnen ihr Schuhzeug hier gut und preiswert ausgebessert. Es wird um die Zuwendung von alten Lederbeständen, Stoffen, getragenen Schuhen usw. gebeten.
550 Mark in Gold sandte uns Herr Dentist D. Ballani zur Weiterbeförderung an die Reichsbank. Herr Ballani hat die Goldstücke bei seinen Patienten durch Bewilligung von 10 Prozent der Zahlungssumme gesammelt. Diese patriotische Handlung verdient allseitige Nachahmung.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Ihre Königliche Hoheit Frau Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe wird bis zum 20. Juli, dem Geburtstage ihres verstorbenen Gemahls, in Bückeburg bleiben und danach nach Bonn zurückkehren. Die Frau Prinzessin wird voraussichtlich ihren Wohnsitz in Bonn behalten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 19. Juli 1916
Zum silbernen Amtsjubiläum des Oberbürgermeisters Spiritus hatten gestern das Rathaus und alle städtischen Gebäude geflaggt. Das Oelbildnis des Oberbürgermeisters, ein Werk des Düsseldorfer Malers Reusing, wird voraussichtlich am Freitag in dem für Ausschußsitzungen benutzten Zimmer neben dem Sitzungssaale des Rathauses aufgehängt werden.
Der Oberbürgermeister hat zu seinem Jubiläum eine große Anzahl von Glückwunschtelegrammen erhalten. Vom Kaiser ist folgendes Telegramm eingetroffen:
„In dankbarer Erinnerung an die glücklichen Jugendjahre, die ich einst als akademischer Bürger der schönen rheinischen Musenstadt verleben durfte, sende ich dem hochverdienten Oberhaupte Bonns zum 25jährigen Bürgermeisterjubiläum herzlichen Glückwunsch. Wilhelm“
Ferner sind Glückwunschtelegramme eingetroffen vom Fürsten Adolf zu Schaumburg-Lippe [Neffe des Verstorbenen], von dem Präsidenten der Rheinprovinz, dem Regierungspräsidenten von Köln und Düsseldorf, dem Provinzialausschuß und der Provinzialverwaltung, dem kommandierenden und vielen anderen.
Das Metropol-Theater kündigt für diese Woche die vieraktige romantische Tragödie „Die Wunderlampe des Hradschin“, das vieraktige Drama „Ein Opfer der Nacht“ und außer kleineren Filmen das Lustspiel in drei Aufzügen „Der Hahn im Korbe“ an.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Gemeinnützige Flickschusterei, die von der Hauswirtschaftlichen Kriegshilfe im Universitätsgebäude Am Hof eingerichtet wurde, hatte bereits am gestrigen Eröffnungstage großen Zuspruch. Gegen 10 Uhr vormittags waren schon 32 Paar flickbedürftige Schuhe eingeliefert worden und immer neue Kunden fanden sich dort ein. Drei Räume stehen dem Unternehmen zur Verfügung, und zwar ein gleich rechts am Haupteingang gelegenes Aufnahmezimmer, ein größeres Zimmer als Werkstelle und ein Raum, in dem Arbeitsmaterialien aufgestapelt liegen. Außer neuem Abfall-Kernleder und Sattlerleder, das für Sohlen Verwendung findet, liegen dort noch lederne Koffer, Taschen, Linoleumstücke, Filz- und sogar Strohhüte, die als Einlegesohlen Verwendung finden können. Der volle Betrieb kann erst in einigen Tagen aufgenommen werden, da noch einige Schuhmacher eingestellt werden müssen. Nach Anschaffung einer Stanzmaschine sollen auch Filzschuhe zu billigen Preisen angefertigt werden, die voraussichtlich in den kommenden Wintermonaten flotten Absatz finden. Der weniger bemittelten Bevölkerung wird die gemeinnützige Flickschusterei hoffentlich gute Dienste leisten, da sich die Reparaturkosten auf ungefähr die Hälfte des sonst üblichen Preises stellen. Entspricht die Qualität des verwandten Materials ebenfalls „billigen“ Anforderungen, dann kann man dieser Flickschusterei im Universitätsgebäude nur ein „Blühen, Wachsen und Gedeihen“ wünschen.
Ein Geschenk von 1000 Mark hat Herr Dr. med. P. Simrock der Stadt Bonn mit der Bestimmung überwiesen, daß der Betrag vorwiegend zur Unterstützung von Armen der Stadt Bonn verwendet werden solle, die infolge der Lebensmittel-Teuerung in Not geraten sind. Der Unterstützungs-Ausschuß empfiehlt die Annahme der Zuwendung, worüber die Stadtverordnetenversammlung am Freitag beschließen wird.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Universität. Die Ehrentafel der im Dienst des Vaterlandes gefallenen Universitätsangehörigen ist neu gedruckt und im würdigen Rahmen eines einfachen, nur mit schwarz-rot-goldenen Schleifen geschmückten Eichenkranzes wieder in der Eingangshalle des Universitätsgebäudes Am Hof ausgehängt worden. Der Rektor bringt darauf, „von Stolz und Trauer zugleich bewegt“, den Kommilitonen die bisher bekannt gewordenen Namen der Dozenten, Assistenten und Studenten, die im gegenwärtigen Kampfe für das Vaterland den Heldentod erlitten, zur Kenntnis. Die neue Ehrentafel, die auch in der landwirtschaftlichen Akademie Bonn-Poppelsdorf ausgehängt ist, enthält die Namen von drei Dozenten, sieben Assistenten, 278 Studenten und einem Angestellten.
An den Obstbäumen fällt auf, daß die Belaubung trotz der außerordentlichen reichlichen Niederschläge und sonstige günstige Umstände nicht das gesunde Aussehen zeigt, wie es die Jahreszeit erwarten lassen sollte. Die Blätter aller Steinobstsorten sind vielfach gekräuselt und bei näherem Zusehen entdeckt man, daß die Unterseite von Blattläusen bedeckt ist. Die winzigen Insekten, die sich vom Saft der Bäume ernähren, schaden dem Baume sehr. Im Garten vertilgt man die Insekten durch die Bespritzung mit Quassia-Brühe. Im Felde verschwindet der Schädling rasch, wenn die Witterung ihm ungünstige Lebensbedingungen schafft. Vielfach zeigen sich an Stein- und Kernobstbäumen auch die Räupchen der Gespinstmotten. In früheren Jahren brannte man die Nester mit der Raupennadel aus. Da Spiritus zur Fackel fehlt, so empfiehlt es sich, die Zweige mit den Raupennestern abzuschneiden und die Raupen zu zertreten. An den Apfelbäumen tritt der bekannte Schädling, die Blutlaus, auf, auf deren Vertilgung wir schon hingewiesen haben. Hier sind die befallenen Triebe abzuschneiden und zu verbrennen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 20. Juli 1916
An vielen Tausenden Wehrfähiger des Stadt- und Landkreises Bonn hat Geheimer Sanitätsrat Dr. Tilger, unser früherer Konsul in Tripolis, zurzeit in Bonn, nicht die geringste Schädigung der Gesundheit oder Leistungsfähigkeit durch die Kriegsernährung feststellen können. Er berichtete darüber ausführlich in der Köln. Ztg. (Abendausgabe vom Dienstag), verweist alsdann auf die Bonner Kriegsküchen und veröffentlicht den Speisezettel der ersten Woche, damit das feindliche Ausland ihn weitergeben kann.
Wichtig für Radfahrer. Die Formulare, auf denen die Erlaubnis zur weiteren Benutzung der Fahrräder beantragt werden kann, sind nunmehr bei der Polizei-Verwaltung eingetroffen. Den Fahrradbesitzern wird geraten, die Anträge unverzüglich bei den zuständigen Polizeirevieren unter Beifügung der Radfahrkarte zu stellen. Die Bekanntmachung tritt am 15. August in Kraft, nach diesem Tage ist die Benutzung der Bereifungen ohne die Erlaubnis der Militärbehörde verboten, sie wird mit schweren Strafen geahndet.
Die Feuerwehr wurde gestern vormittag nach der Sandkaule gerufen, um in der „Eintracht“ einen Kaminbrand zu löschen. Der Betrieb der Kriegsküche wurde durch den Kaminbrand nicht gestört.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Eine abermalige Verteuerung der Zigarren. Man schreibt uns: Wie aus Holland gemeldet wird, hat England seine Aufsicht über die holländische Wareneinfuhr nunmehr auch auf den amerikanischen Tabak ausgedehnt. Es wird eine Einfuhr nur noch so weit zugelassen, als Sicherheit dafür geleistet wird, daß der amerikanische Tabak nicht nach Deutschland zur Ausfuhr gelangt. Die Folge davon ist, daß der deutsche Fabrikant nur noch über die nicht erheblichen Vorräte an amerikanischem Tabak wird verfügen können, die sich bei Erlaß dieser Sperrmaßnahmen bereits in Holland befanden. Diese Vorräte werden nun jedenfalls nur zu abermals wesentlich erhöhten Preisen nach Deutschland verkauft werden. Die deutschen Fabrikanten sind infolgedessen gezwungen, die Preise, die erst kürzlich auf Grund der Mehrbelastung durch die neue Tabakabgabe festgesetzt worden waren, wiederum zu erhöhen. Es wird aber auch zweifellos eine Einschränkung in der Erzeugung eintreten, da die in Zukunft fehlenden Brasiltabake, die in unserer Zigarrenproduktion bekanntlich eine große Rolle spielen, nicht ohne weiteres durch andere Tabake ersetzt werden können. An überseeischen Tabaken werden wir in Zukunft nur solche aus holländischen Kolonien beziehen können.
(Wir hoffen, daß unsere U-Frachtflotte uns „am Qualmen“ halten wird. Red.)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Handels- und Gewerbeverein. Die Hauptversammlung am Dienstag war wieder außerordentlich gut besucht. Herr Hubert teilte mit, daß der Verein Herrn Oberbürgermeister Spiritus zu seinem Jubiläum telegraphisch beglückwünscht habe. Die vorgesehene Besprechung über wichtige Tagesfragen des Bekleidungsgeschäftes leitete Herr Kalt mit der Mitteilung ein, daß nächste Woche drei Beauftragte der hiesigen Preisprüfungsstelle in den einschlägigen Geschäften eine Prüfung vornehmen würden. Es dürften bis 1. August nur 20 v. H. der am 16. Juni festgestellten Warenmengen frei verkauft werden. Diese 20 v. H. dürften auch dann nicht überschritten werden, wenn der Geschäftsinhaber nach dem 16. Juni noch größere Warenmengen bezogen habe. Nach dem 1. August dürfe nur noch gegen Bezugsschein verkauft werden. [...] Mehrere Redner wünschten, es möchten in Bonn mehrere Bezugsschein-Ausgabestellen eingerichtet werden. Herr Kalt versprach, diesen Wunsch bei den zuständigen Stellen zu vertreten. Er und Dr. Uhlitzsch betonten aber die Schwierigkeiten und Unzuträglichkeiten, die sich daraus ergeben könnten, wenn in einer Stadt mehrere Ausgabestellen eingerichtet würden. Uebrigens werde das Geschäft in den ersten Wochen nach dem 1. August so ruhig sein, wie es jetzt lebhaft sei.
Die Versammlung ging dann zu den wichtigen Tagesfragen der Lebensmittelgeschäfte über. Mehrere Kolonialwarenhändler wiesen auf die Schwierigkeiten hin, die ihnen durch die drei Preisstufen bei den sogen. Städtischen Lebensmitteln entstehen, und wünschten, es möchten die niedrigen A-Preise beibehalten, für die Abteilungen B und C aber gemeinsame Preise festgesetzt werden. Auf Klagen über die Warenzuteilung erwiderte Herr Kalt, die Verwaltung komme den Gewerbetreibenden nach Möglichkeit entgegen, alle Wünsche könnten aber bei bestem Willen nicht erfüllt werden. Man müsse berücksichtigen, daß die Stadt bei ihrem Lebensmittelgeschäft in den letzten vier bis fünf Wochen einen Umschlag von 2⅛ Millionen Mark gehabt habe. Syndikus Dr. Uhlitzsch hielt auch zwei Preisklassen für genügend. Die niedrigen Preise für Kriegerfamilien und andere Unterstützte müßten natürlich bleiben. Wenn aber die Klasse C für die gleichen Waren erheblich mehr bezahlen müsse, wie die Klasse B, verursache das berechtigten Aerger, und dieser Aerger mache sich, so unschön und tadelswert das auch sei, am ehesten in geringeren Leistungen für die Kriegswohlfahrtspflege Luft. Die Versammlung beschloß einstimmig, den städtischen Lebensmittelausschuß in einer beschleunigten Eingabe zu ersuchen, daß die Preisklassen B und C zu einer Preisklasse vereinigt werden. [...]
Zum nächsten Punkt, Einschränkung der Verkaufszeit an Sonn- und Werktagen, regte Herr Kalt an, die Inhaber der Bekleidungsgeschäfte sollten sich freiwillig verpflichten, Sonntags ganz geschlossen zu halten und an Wochentagen abends eine Stunde früher zu schließen. Für die Lebensmittelgeschäfte wurde eine derartige Einschränkung der Verkaufszeiten nicht für wünschenswert erachtet, weil dadurch vor allem den erwerbstätigen Hausfrauen das Einkaufen erschwert werden würde, ein Geschäftsschluß für eine bestimmte Mittagspause wurde aber auch befürwortet. Die Ansicht der überwiegenden Mehrheit der Versammlung ging dahin, an Werktagen die Verkaufszeiten nicht einzuschränken, daß aber an Sonntagen vor 11½ Uhr die Geschäfte geschlossen bleiben könnten. [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 21. Juli 1916
Kriegsküchen der Stadt Bonn. Von Sonntag, 29. Juli, ab wird fortan an allen Sonn- und Feiertagen gekocht. Die Abgabe des Essens erfolgt erstmalig nur an die Teilnehmer der letzten Woche. Der Preis für eine Wochenkarte, die zur Entnahme von sieben Mittagessen berechtigt, beträgt für die Lebensmittelkarten A und B 2,10 M. und für die Lebensmittelkarten C 2,80 M. Die halbe Menge kostet die Hälfte. Den Teilnehmern der Kriegsküchen werden von den Lebensmittelkarten die wöchentlichen Fleisch- und Fettmengen und die Hälfte der Kartoffelmenge in Abzug gebracht. Außer den bereits bestehenden Kriegsküchen im Fuhrpark (Ellerstraße), Sandkaule 15 und Klemens-August-Straße in Poppelsdorf wird am 1. August eine weitere Kriegsküche in Kessenich, Burbacherstraße 19, eröffnet. Die Zubereitung der Speisen wird in der nächsten Woche erheblich verbessert, so daß die Eintopfgerichte nicht mehr den Charakter von Suppen haben werden.
Eier dürfen nach der Verordnung des Präsidenten des Kriegsernährungsamtes, die der Oberbürgermeister im Anzeigenteil dieser Zeitung veröffentlicht, in den Wirtschaften nur noch zwischen 12 und 2 Uhr mittags und von 6 bis 10 Uhr abends verabreicht werden.
Soldatenheim. Den Besuchern des Soldatenheims (Kölnstraße) wurde letzten Sonntag mit den Musikstücken der Bonner Landsturmkapelle, den Liedern eines Damenchores aus Köln, Gedicht- und humoristischen Vorträgen wieder reichlich Abwechselung geboten. Ein Unteroffizier dankte im Namen aller Besucher für die Darbietungen und versprach,, nicht nur wiederzukommen, sondern noch andere Kameraden mitzubringen.
Das Metropol-Theater führt seinen Besuchern u. a. auch die Filmaufnahme der Trauer- und Beisetzungsfeierlichkeiten für den Prinzen Adolf zu Schaumburg-Lippe in Bonn und Bückeburg vor.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Musikvereine am Städt. und Kgl. Gymnasium. Wir machen nochmals auf das Konzert zu Gunsten der Bonner Volksspende am 22. Juli im großen Saale der Lese aufmerksam. Für ein reichhaltiges, klassisch gewähltes Programm ist gesorgt.
Der Preis für neue Kartoffeln wird in der nächsten Woche erheblich herabgesetzt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kriegsvortrag. Der zu Beginn des Krieges zur Pflege des Patriotismus und der Kriegwohlfahrt gegründete „Deutsche Krieger-Dank“ läßt durch Offiziere, Lehrer und höhere Beamte Kriegsvorträge halten. Am Montag, den 24. Juli, abends 8½ Uhr findet im großen Saale des Bürgervereins ein Vortrag mit Bildern, insbesondere auch kinematographischen Kriegsbildern statt, gehalten von Herrn Oberstleutnant Zwenger. Herr Oberstleutnant Zwenger hat seine Erlebnisse zum Teil durch eigene Photographien im Bilde festgehalten. Sein Vortrag, der „Technik und Menschenkraft im Kampf fürs Vaterland behandelt, wurde einige Male bei großem Beifall in der „Urania“ in Berlin gehalten. Einlasskarten werden zu 2, 1 und 0,50 Mk. ausgegeben. Die Einnahmen werden zum Teil hiesigen und zum Teil anderen Wohlfahrtseinrichtungen überwiesen. Der Vortrag verspricht jedenfalls auf dem Gebiete der Kriegswissenschaft sehr interessant zu werden. – Für Schüler findet nachmittags 5 Uhr eine besondere Veranstaltung statt, Eintrittspreis hierfür 15 Pfg.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 22. Juli 1916
Das Nachmittagsheim für Verwundete, Koblenzer Straße 90, hält seine Räume und seinen Garten von jetzt ab von 1 bis 6½ Uhr geöffnet. Da die Lazarettverwaltungen die Ausgehzeit der Verwundeten neuerdings verlängert haben, können unsere genesenden Krieger nun auch im Nachmittagsheim länger verweilen und vor allem den Aufenthalt in dem schönen Garten des Heims ausgiebiger genießen.
Die Wettkämpfe im Wetturnen, die auf Anordnung des Kriegsministeriums in diesem Jahre abzuhalten sind, beginnen für Bonn am morgigen Sonntag früh auf dem städtischen Spielplatze an der Kölnstraße. Sie bestehen für einzelne in einem Dreikampfe, der sich wieder aus Hinderniskauf, Weitsprung und Werfen von Handgranaten zusammensetzt, und aus Einzelwettkämpfen, nämlich Schnellauf und Hochsprung. Gruppen werden einen Eilbotenlauf ausführen sowie Barlaufen, Schlag- und Fußball spielen. Alle Freunde der militärischen Ertüchtigung werden zur Besichtigung dieser Wettkämpfe eingeladen. Die Wettkämpfe werden am folgenden Sonntag fortgesetzt, dann soll auch die Preisverleihung stattfinden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Fliegerpost. Gestern nachmittag warf ein Flieger auf das Dach des Hauses Louis David, Bahnhofstraße, ein Paket. Es handelt sich um ein in eine schwarz-weiß-rote Flagge eingewickelte Brieftasche, die einen Brief an eine Dame in der Gerhard v. Arestraße enthielt. Der Flieger hatte also die Adresse seiner Sendung ziemlich zielsicher erreicht.
In den Kriegküchen unserer Stadt pulsiert überaus frisches Leben, das jedem Einsichtigen Freude erweckt und die beste Gewähr dafür ist, daß man mit der Schaffung solcher Kriegsküchen einen überaus guten Griff tat. Wenn nach dem anerkannten Sprichwort „Die Liebe geht durch den Magen“ in diesem Falle der Nagel auf den Kopf getroffen wird, da doch die Kriegsküchen in erster Linie zur Befriedigung des Magens dienen, so ist es nicht verwunderlich, daß sich in unseren Kriegsküchen die Liebe unserer Bürgerschaft in steigendem Maße zuwendet Vergleicht man die Einrichtung dieser Kriegsküchen in den verschiedensten Bezirken des Reichs, so kann man mit gutem Gewissen die Bonner Einrichtung, - obschon sie noch jung – doch eine Musterküche hinstellen. Sowohl in den freundlichen Räumen des Fuhrparks in der Ellerstraße als auch in den Sälen der Eintracht in der Sandkaule und in der Klemens-Auguststraße spielt sich in den Morgenstunden (wie das an dieser Stelle bereits des öfteren geschildert) ein frisches Tun und Treiben ab. Hilfsbreite Damen der Stadt schalten und walten hinter mächtigen Speisekesseln. Pünktlich zur Mittagsstunde steigt verlockender Duft der fertigen Speisen in die Nase. Hübsch säuberlich, in Reih und Glied ohne Gedrängel empfangen die Bürger das Essen und zwar für diese Kriegszeiten so reichlich, daß jedem, der eine Portion verdaut hat, die Katze den Magen nicht wegschleppt. So gab es gestern eine treffliche Freitagskost: frische Kartoffeln mit Petersilie und Kabeljau, darüber ein pikante Tunke. Wie Schreiber dieser Zeilen an eigenem Leibe erfahren, war dieses Mittagessen überaus schmackhaft zubereitet, was übrigens von allen Abnehmern bestätigt wurde.
Wenn hier und da ein Mittagessen nicht ganz so mundgerecht nach dem Geschmack Einzelner ausfällt, so ist das nicht immer zu vermeiden, wenn man die Schwierigkeiten der Nahrungsmittelbeschaffung zum ersten und zum zweiten die ungeheuren Kosten bedenkt, die eine solche Massenspeisung verursacht. Nichts ist leichter als nörgeln und kritisieren (es gibt Leute, die bringen das zur Genialität). Besser machen aber ist die Kunst; und besser wird’s schon, da sich täglich Lehren aus dem Bestehenden ergeben.
Als besonders vorteilhaft möchten wir die Einrichtung bezeichnen, wie sie im Eintrachtsaale der Sandkaule besteht. Dort ist jedermann Gelegenheit geboten, das Mittagessen an Ort und Stelle an weißgedeckten Tischen zu verzehren. Bunte Blumen auf den Tischen geben dabei dem Speiseraum ein trauliches, anheimelndes Gepräge.
Wer diese Küchen besucht? Das ist ein großer Kreis Arbeiter, Beamte jeglicher Berufe, Studenten und Studentinnen, vor allem aber unsere Bürgerfrauen, deren Männer im Felde stehen.
Wie sehr die Einrichtung sich in des Wortes wahrster Bedeutung dem „Geschmack“ der Bürger angepaßt hat, beweist die stets steigende Benutzung. Ja, man hat sich sogar veranlaßt gesehen, für die Folge auch an Sonn- und Feiertagen zu kochen. Wenn erst Anfang August die weitere Kriegsküche in Kessenich eröffnet ist, wird die Stadt Bonn tagtäglich etwa 7000 Personen mit ausreichender und kräftiger Mittagskost versorgen können.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Gemeinnützige Schreibstube des Vereins zur Beschäftigung Arbeitsloser e. V. ist durch den Krieg sehr in Mitleidenschaft gezogen. Während sie in Friedenszeiten täglich durchschnittlich 18 Stellenlose mit Anfertigung von Reklamearbeiten (Adressenschreiben und Vervielfältigung von Briefen für Fabriken und kaufmännische Betriebe) beschäftigte, ließen solche Arbeiten seit Kriegsbeginn fast sämtlich nach. Indes konnte die Schreibstube als Ersatz für diesen Ausfall eine Anzahl Stellenlose außerhalb ihrer Geschäftsräume bei kaufmännischen Firmen vorübergehend beschäftigen. Wenn auch hierdurch ein großer Teil Stellenloser so lange versorgt ist, bis sie in längere oder dauernde Arbeit kommen, so bleibt der Schreibstube doch immer ein wesentlicher Teil bedürftiger Leute übrig, die selbst in Aushilfeposten schwer unterzubringen sind und für die sie in anderer Weise besorgt bleiben muß. Es sind dieses hauptsächlich die über 55 Jahre alten stellenlosen Kaufleute und Schreiber, sowie bedürftige schwächliche Kriegerfrauen und Töchter von gefallenen Kriegern, die sich durch einfache schriftliche Arbeiten noch einen kleinen Nebenverdienst sichern wollen. Die Schreibstube kann aber all diesen Personen nur dann etwas Beschäftigung geben, wenn sie, wie in Friedenszeit, seitens der kaufmännischen Firmen durch Ueberweisung schriftlicher Arbeiten unterstütz wird. Darum sei auch an dieser Stelle auf die gemeinnützige Einrichtung erneut hingewiesen, die Schreibstube befindet sich Bonn, Münsterstraße 28.
Das städtische Gaswerk hat besondere Maßnahmen getroffen, um den Gasbezug weiter zu erleichtern. Um Hausbesitzern, die noch nicht mit Gas versehen sind und nicht für Gas-Automatik-Anlagen, sondern gewöhnliche Gasabnahme in Frage kommen, die Herstellung der Zu- und Innenleitungen zu erleichtern, wird das Gaswerk auf Antrag die Leitungen solcher Häuser auf eigene Kosten herstellen lassen und die vorgelegten Beträge ratenweise nach Friedensschluß einziehen. Anträge wolle man an das städtische Gaswerk oder an einen der zugelassenen Installateure richten, wo die näheren Bedingungen zu erfahren sind. Hierzu sei auch auf die Bekanntmachung im Anzeigenteil verwiesen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 23. Juli 1916
Die Freie Bonner Fleischer-Innung des Liberalen Bürgervereins hat Oberbürgermeister Spiritus zum silbernen Bürgerjubiläum eine Mappe mit einem gedichteten Glückwunsch überreichen lassen. Die vierte der sechs Strophen lautet:
Unsere Innung will in Treue
Immer gehen Hand in Hand –
Dies gelobt sie heut aufs neue -
Mit dem Kommunalverband.
Wenn es klingt nicht zu verwegen,
Grüßt sie in dem Haupt der Stadt
Ihren Meister und Kollegen,
Der die größte Schlachtung hat.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zur Theaterfrage. Wie uns Herr Stadtverordneter Oskar Simon mitteilt, ist vor einiger Zeit in einer geheimen Sitzung der Stadtverordneten der Beschluß gefaßt worden, für den kommenden Winter abermals mit Herrn Hofrat Rémond von den Vereinigten Kölner Stadttheatern einen Vertrag ähnlich dem bisherigen zu tätigen, wonach die Kölner Bühne im kommenden Winter wiederum in Bonn allwöchentlich Gastvorstellungen geben wird. Herr Oskar Simon hat dem Beschluß widersprochen, da er nach wie vor für ein eigenes Theater-Unternehmen eintritt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Ueber die neue Kleiderkarte herrschen noch vielfach falsche Vorstellungen. Daher sei darauf hingewiesen, daß die sich nicht in den allerbilligsten Preislagen bewegende Kleidung der Bevölkerung nach wie vor ohne Bezugsschein käuflich erworben werden kann. Die minderbemittelten Kreise werden auf Grund der sehr entgegen kommend gehaltenen Ausführungsbestimmungen leicht sich die erforderlichen Bezugsscheine beschaffen können.
Petroleum. Bekanntlich darf gemäß einer Bekanntmachung des Reichskanzlers, Petroleum zu Leuchtzwecken in der Zeit vom 1. Mai bis einschließlich 31. August 1916 nicht verabfolgt werden. Dieses Verbot aber findet keine Anwendung auf den Absatz von Petroleum für Positionslaternen, sowie für die im Interesse der öffentlichen Sicherheit polizeilich angeordnete Beleuchtung. Darunter gehört auch das Beleuchten der fahrenden und über Nacht an Straßen usw. stehenden Fuhrwerke, Haufen von Baumaterialien usw. Auch in anderen äußerst dringlichen Fällen kann die Behörde eine Ausnahme machen, z. B. um in Krankheitsfällen das allernötigste Licht zu schaffen, sofern andere Lichtquellen nicht zur Verfügung stehen. Man wende sich mit diesbezüglichen Anträgen an die zuständige Behörde. In vielen Städten ist dies das Gewerbeamt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 24. Juli 1916
Esperanto. Ein kostenloser brieflicher Unterrichtslehrgang zur Erlernung der „verbesserten Esperanto-Weltsprache“ wird, wie man uns mitzuteilen bittet, demnächst beginnen. Leser unserer Zeitung, die an dem Lehrgang teilzunehmen wünschen, wollen ihre Adresse an Herrn Gefr. Kurt Haeseker, Bonn, Reservelazarett II, Abt. I, Venusberg, senden.
Palast-Theater. Seit Freitag bringt der Spielplan der Rheinischen Lustspiel-Gesellschaft die beiden Possen „Um ein Weib“ und „Sein Schwindelkind“. In der ersten ist die Schwester eines jungen Ehemannes in der üblen Lage, für eine liebenswürdige Freundin gehalten zu werden, bis sich die Geschichte aufklärt. Es entstehen dabei die spaßigsten Begebenheiten, zu denen Herr Direktor Enger als Rentner Pinneberg seine Witzschlager in reicher Fülle spendet. Noch toller sind die Vorkommnisse in „Sein Schwindelkind“. Hier ist der Gatte Anton Brüller in größter Verlegenheit wegen der Ankunft seines Pflegesohnes, den er so geheim gehalten hat, daß er ihn selbst nicht einmal kennt. So entwickeln sich viele lustige Verwechselungen. Auch in diesem Stück weiß Herr Direktor Enger als Anton Brüller immer neuen Stoff zum Lachen zu geben. Die übrigen Mitwirkenden verdienen ihres flotten Spiels wegen gleichfalls Anerkennung.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Uebermäßige Preissteigerungen bei Tabakerzeugnissen. Man schreibt uns: Die Bundesratsverordnung vom 23. Juli d. Js. richtet sich gegen die übermäßige Preissteigerung beim Handel mit Nahrungsmitteln und Gegenständen des täglichen Bedarfs Sie enthält Strafvorschriften gegen Erzeuger und Händler, die für solche Gegenstände Preise fordern, die einen übermäßigen Gewinn enthalten. In den Kreisen des Kleinhandeln mit Tabakerzeugnissen besteht nun vielfach die Ansicht, daß Zigarren und Zigaretten nicht als Gegenstände des täglichen Bedarfs im Sinne der Verordnung anzusehen seien und daß infolgedessen sich die Verordnung nicht auf die Preisfestsetzung für diese Erzeugnisse beziehe. Diese Auffassung ist nach einer Reichsgerichtsentscheidung unzutreffend. Nach Ansicht des Reichsgerichts beschränkt sich die Verordnung nicht nur auf Nahrungsmittel im engeren Sinne, sondern auch auf reine Genußmittel, sofern diese nur Gegenstände des täglichen Gebrauchs geworden sind. Die Gegenstände müssen nur solche sein, für die in der Gesamtheit des Volkes täglich ein Bedürfnis vorliegen kann, das Befriedigung heischt. Im selben Sinne hat auch die Reichsprüfungsstelle entschieden, nachdem die Frage in Beratungen mit Sachverständigen erörtert und bejaht worden ist. Auch der Ernährungsbeirat des Reichtages hat die gleiche Auffassung vertreten. Die Preisprüfungsstellen haben infolgedessen ihre Tätigkeit der Ermittlung von Preisen für Gegenstände des täglichen Bedarfs auch auf Tabakerzeugnisse ausgedehnt. Zur Klärung der Frage, was in der gegenwärtigen Zeit unter einem übermäßigen Gewinn für Gegenstände des täglichen Bedarfs zu verstehen sei, hat ein süddeutsches Landespreisamt Gutachten von Sachverständigen eingeholt, und ist daraufhin zu der Auffassung gekommen, daß in der jetzigen Kriegszeit der Kleinhandel über einen Zuschlag von 15 bis 20 v. H. zu dem Einkaufspreis und den Betriebsunkosten nicht hinausgehen dürfe. Dabei ist zu berücksichtigen, daß ein solcher Aufschlag bei den infolge des Krieges wesentlich höheren Einkaufspreisen jetzt auch einen größeren Nutzen verursacht, als er bei den niedrigen Friedenspreisen erzielt wurde. Auch Tabakerzeugnisse in den höheren Preislagen, die vorwiegend von den begüterten Kreisen begehrt werden, dürfen nicht mit einem höheren Gewinnaufschlag verkauft werden, wie die in niedrigen Preislagen, denn Preiswucher ist nach dem Urteil des Reichsgerichts gegen Arme und Reiche in gleicher Weise verboten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Ausfuhr von Vieh. Der Herr Oberpräsident hat die sämtlichen Güterstellen anweisen lassen, daß nur von solchen Personen Vieh zur Verladung angenommen wird, die sich durch Bescheinigungen des Viehhandelsverbandes ausweisen.
Bonner Kriegsküchen. Im Anzeigenteil ist eine neue Liste der Namen von Personen veröffentlicht, die Beiträge zum Besten der Kriegsküche gestiftet haben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 25. Juli 1916
Ihre Königliche Hoheit Frau Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe ist gestern abend aus Bückeburg nach Bonn zurückgekehrt.
Die Zusicherung unverkürzbarer Kriegsrenten betrifft eine neue Verfügung im Armee-Verordnungsblatt. Es heiß darin: Auf Antrag des Versorgungsberechtigten ist den aus Anlaß des gegenwärtigen Krieges aufgrund einer Kriegsdienstbeschädigung zu versorgenden Personen, bei denen nach der Art des Versorgungsgrundes ein späteres Herabsinken der Erwerbstätigkeit unter 10 Prozent nicht zu erwarten ist, eine Bescheinigung auszustellen, daß ein gänzlicher Fortfall der Rente später nicht mehr eintritt, die Kriegszulage also nie fortfallen kann. Ist bei Empfängern der Verstümmelungszulage nach der Art der Verstümmelung auch der Fortfall der Verstümmelungszulage nicht zu erwarten, so ist die Bescheinigung nach dieser Richtung hin zu ergänzen. Die Rentenliste oder Rentennachliste erhält einen dem Vorstehenden entsprechenden Vermerk in Spalte 10. Für das geschäftliche Verfahren gelten die für die Festsetzung von Versorgungsgebührnissen maßgebenden Vorschriften. Vorstehendes findet auch auf die bereits erfolgten Rentenfeststellungen Anwendungen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ueber Technik und Menschenkraft im Kampf fürs Vaterland sprach gestern abend Oberstleutnant Hans Zwenger im Saale des Bonner Bürgervereins. Der heutige Krieg beweist, daß die Technik ungeahnte Triumphe feiert. Wieso und warum das geschieht, erläuterte der Vortragende an Hand vieler Lichtbilder vom östlichen und westlichen Kriegsschauplatz. Geschütze, Brückenbaus, Verwendung der Automobile, Wasserversorgung, Scheinwerfer, Fernsprecher, Funktelegraphie und viele andere Dinge wurden eingehend beleuchtet und daran spannende Schilderungen angeknüpft. Wenn aber die Technik auf solcher Höhe stehe, so sei das nur möglich durch den bedienenden Menschengeist. Technik und Menschengeist gehen in diesem Kriege zusammen und mit beiden werde Deutschland den Krieg zum guten Ende führen. Bis dahin aber gelte immer wieder das eine: Durchhalten!
Der Vortrag war gut besucht und fand, ebenso wie der Nachmittags-Vortrag vor den Schülern hiesiger Schulen, Dank und Anerkennung. Der Erlös aus den Eintrittsgeldern ist zum Besten der Kriegswohlfahrt bestimmt. Bei Nachmittagsvortrag fehlte es an Aufsicht. Viele Knaben benahmen sich sehr ungehobelt.
Ein russischer Flüchtling festgenommen. Am Samstag gegen Abend bemerkte Herr Blömer, wie ein Mann aus dem Walde in ein Roggenfeld auf Paulshof [Venusberg] lief. Herr Bitzer, der gerufen wurde, folgte der Spur und fand bald einen russischen Gefangenen, der sich schlafend stellte. Nachdem Herr Bitzer ihm seinen Stock weggenommen hatte, nahm er den Ausreißer mit. Unterwegs versuchte der Russe in den Wald zu entweichen, wurde jedoch mit Hilfe des Hundes wieder eingefangen und der Militärwache auf dem Exerzierplatz übergeben.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kinderpflege auf dem Lande. Die Provinzialabteilung Rheinprovinz des Deutschen Vereins für Wohlfahrts- und Heimatpflege Bonn, Endenicher Allee 60, hat vor einigen Wochen ein Flugblatt verbreitet und sich bereit erklärt, geeignete Mädchen aus der Stadt zur Kinderpflege während der Ernte auf das Land zu vermitteln. Bedingung war, daß den Helferinnen freie Wohnung und Verpflegung zugesichert wurden. Es haben sich eine große Anzahl geeignete, teilweise sogar besonders in der Kinderpflege vorgebildete Kräfte zur Verfügung gestellt. Die Anzahl der Landgemeinden jedoch, die eine Einrichtung zur Pflege und Wartung der Kleinen einzurichten gedenken, ist bisher noch sehr gering. Dort, wo sie bereits zustande gekommen sind, erfreuen sie sich lebhaften Zuspruchs und großer Beliebtheit.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 26. Juli 1916
Das Schwein des kleinen Mannes ist nicht gefährdet, es unterliegt nicht der Beschlagnahme, wie ungeachtet aller Versicherungen von zuständiger Stelle in den Kreisen der Kleinviehhalter noch immer befürchtet wird. Daß dem Züchter das für seine Eigenversorgung bestimmte Schwein belassen wird, haben erst vor kurzem noch der preußische Minister des Inneren und die Minister für Handel und Gewerbe sowie für Landwirtschaft angeordnet. Es ist ausdrücklich bestimmt worden, daß die zur notwendigen Versorgung der Haushaltsangehörigen bestimmten Tiere dem Viehhalter zu belassen sind, daß sie ihm auch dann nicht zu nehmen sind, wenn es sich darum handelt, den Bedarf des Heeres, der Marine oder der Zivilbevölkerung zu decken. Die erwähnte Bestimmung des Erlasses lautet wörtlich, „daß im Falle der Enteignung der unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Versorgungsverhältnisse zur Erhaltung der Haushaltsangehörigen notwendige Bestand an Schweinen jedem Viehhalter zu belassen ist. Bei Bemessung der hiernach dem einzelnen Viehhalter zu belassenen Schweine wird davon auszugehen sein, daß dem Selbstversorger für jeden Wirtschaftsangehörigen eine Fleischmenge von bis zu 500 Gr. die Woche zugestanden werden müsse.“
Das Metropol-Theater bringt diese Woche die Filmtragödie in vier Abteilungen „Du sollst nicht richten“, das dreiaktige Drama „Der Peitschenhieb“ sowie die Lustspiele „Eine uhr-komische Geschichte“ und „Wie man seinen Mann kuriert“.
In den Bonner Lichtspielen wird in diesen Tagen als Stuart Webbs letztes Abenteuer das Detektivschauspiel „Der Amateur“ aufgeführt. Der Spielplan kündigt weiter an das dreiaktige Drama „Der dritte Akt“, das Lustspiel in drei Akten „Die sieben Frechdachse“ und andere kleine Filme.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ein Schaffell, frisch abgezogen, wurde gestern morgen von einem Feldhüter auf einem Fruchtfeld unterhalb der Gronau gefunden. Der dazugehörige Hammel fehlte natürlich. Er scheint wohl in den falschen Kochtopf geraten zu sein. Der Eigentümer des Hammels konnte bisher nicht ermittelt werden; auch von dem Spitzbuben hat man noch keine Spur.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Lindensamen reifen bald heran, und das gibt uns Anlaß, darauf hinzuweisen, daß sie 58 Prozent fettes, feines Oel enthalten, also mehr als alle anderen deutschen Oelsamen. Es wäre zu wünschen, wenn allerwärts eingesammelt werden würden. Bei dem bedeutenden Anbau des Baumes in Deutschland könnte eine Masse Lindensamen zur Oelgewinnung herangebracht werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Das städtische Bekleidungsamt wird in den nächsten Tagen auch in Tätigkeit treten; es ist untergebracht im Gebäude der Universität, deren nördlicher Teil damit vollständig vom städtischen Lebensmittel- und Bekleidungsamt belegt ist. Infolge der Rationierung der Web-, Wirk- und Strickwaren ist der Kauf von Bekleidungsstücken bekanntlich ab 1. August nur noch gegen Bezugsscheine möglich. Diese Bezugsscheine liegen in den betreffenden Geschäften aus, sie müssen vom Käufer entsprechend ausgefüllt werden und vom Bekleidungsamt abgestempelt werden, das über die Bedürfnisfrage vorher entscheidet. Natürlich wird hier keine hochnotpeinliche Untersuchung über das Bedürfnis angestellt, aber durch eine genaue Kartothek wird nach und nach eine sorgfältige Uebersicht über dem Bedarf jedes einzelnen geschaffen. Bekanntlich unterliegen ja auch die teureren Bekleidungstücke nicht dem Bezugschein.
Eine Kommission wir in Geschäften die Preise der Web-, Wirk- und Strickwaren daraufhin prüfen, ob diese nicht durch eine unberechtigte Preiserhöhung der Bezugscheinpflicht entzogen werden. [...]
„Der Streik der Bonner Ehrendamen“. Unter dieser Ueberschrift veröffentlicht die Rheinische Zeitung folgendes:
Am Samstag hat der Beigeordnete Piehl, der Leiter des städtischen Lebensmittelamtes, die Vertreter der Bonner Presse zu einer Besprechung eingeladen. Er kam auch auf die Kriegsküchen zu sprechen, wozu er unter anderem folgendes ausführte: Die vorgebrachten Klagen über die Art der Tätigkeit und Ungehörigkeiten einzelner ehrenamtlich wirkender Damen soll genau geprüft werden. Sofern die ehrenamtlichen Damen sich nicht bewähren, werden ausschließlich bezahlte Kräfte angestellt werden. Es ist das Bestreben der Stadtverwaltung, die Kriegsküchen mustergültig zu organisieren.“
Jeder rechtlich denkende Mensch konnte sich über diese Worte, die eine Gewähr dafür geben sollen, daß die Kriegsküchen mustergültig organisiert werden sollten, nur freuen. Anders aber die Ehrendamen in der Kriegsküche in Poppelsdorf. Die Bonner Presse berichtete in den Sonntagsausgaben über die Besprechung und über die eventuelle Absicht der Beseitigung der Ehrendamen durch die Stadtverwaltung. Dieses schlug bei den in der Poppelsdorfer Kriegsküche tätigen Ehrendamen den Boden aus dem Faß. Im größten Andrang verließen sie den Schauplatz ihrer Tätigkeit und stellten mit seltener Einmütigkeit ihre Arbeit ein. Sie kümmerten sich nicht darum, wie der Koch und die Arbeiterfrauen mit der Ausgabe des Essens fertig werden konnten.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Donnerstag, 27. Juli 1916
Der Bonner Lazarettzug K.1 hat seine Verwundeten von der 40. Fahrt nach Brackwede, Hannover, Hildesheim und von der 41. Fahrt nach Brühl, Bonn, Remagen und Neuenahr gebracht und befindet sich wieder auf der Ausfahrt.
Da der Lazarettzug in der letzten Zeit einen beschleunigten Betrieb erfahren hat, sind die Vorräte an Zigarren, Zigaretten, Tabak, Rot- und Weißwein, Schokolade, Marmeladen in Eimern, Kompotts in Büchsen, Himbeer- und Zitronensäften so gut wie ganz aufgezehrt. Wir bitten daher, den Lazarettzug jetzt durch Ueberweisung von derartigen Liebesgaben, besonders Zigaretten und Rotwein, zu unterstützen. Die Gegenstände sind alle abzugeben Bahnhofstraße 40. [...]
Die Schuhmacher, die eine Lederkarte beanspruchen, müssen sich beim Oberbürgermeister anmelden und dabei die Art und Größe ihres Betriebes angeben. Die Anmeldungen werden dann gesammelt an die Bezirkskommission für die Verteilung von Bodenleder im Bezirk der Handwerkskammer Köln und von ihr aus nach Berlin weitergegeben. Die Lederkarten werden in Berlin ausgestellt. Unter Vorlage dieser Lederkarten müssen die Schuhmacher sich in der Zeit vom 7. bis 12. August bei einem Lederhändler oder einer Rohstoffgenossenschaft in die Kundenliste eintragen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Kartoffelkrankheit. Aus Hersel schreibt man uns: In einzelnen Kartoffelfeldern zeigen sich die Anfänge der von den Landleuten gefürchteten Kartoffelkrankheit. Sie wird durch einen unscheinbaren Pilz hervorgerufen und dieser befällt nach einer langen Regenperiode zunächst die Blätter, auf denen er anfangs gelbliche, dann aber braune und schwarze Flecken erzeugt. Die kranken Blätter rollen sich von unter nach oben kahnförmig zusammen und fallen rasch ab, sodaß nach wenigen Tagen nur noch die Stengel dastehen, während die Blätter am Boden vermodern und dem Pilz dadurch die Möglichkeit verschaffen, sich leicht auf die Knolle in der Erde zu verpflanzen und da die „Stockfäule“ hervorzurufen. – Einstweilen sind die Kartoffeln noch gesund und bis jetzt sind faule oder auch nur angefaulte noch nicht gefunden worden, doch soll es nach dem Urteil bewährter Fachleute nicht ratsam sein, mit der Ernte noch länger zu zögern. Auch dürfen diese Kartoffeln niemals in größeren Mengen zusammen lagern, weil sie sonst rasch dem Verderben ausgesetzt sind. Als Saatgut können sie unter keinen Umständen dienen. Sorten mit dünnschaliger haut unterliegen erfahrungsgemäß dem Kartoffelpilz viel leichter als rote mit rauher und widerstandsfähiger Haut.
Fallobst. Man schreibt uns: In vielen Gärten sieht man sich jetzt veranlaßt, die fruchtbeladenen Obstbäume mit Stützen zu versehen oder wenigstens einzelne fruchtbeladene Aeste aufzubinden. Es ist ernste Pflicht, den Obstsegen nach Möglichkeit zu schützen und einzusammeln. Das Fallobst aber mehr sich, denn die wurmstichigen Früchte müssen abfallen, sollen aber niemals längere Zeit unter den Bäumen liegen bleiben, weil sonst die darin sitzenden Maden ausschlüpfen und sich im Boden oder hinter dem Rindenschorf des Baumes verpuppen, um als Schmetterling im nächsten Jahre ihre Eier wieder an die Früchte zu legen. Viele der abfallenden Kernobstfrüchte sind jetzt so weit entwickelt, daß sie sich ganz gut im Haushalt wie in der Küche zu mancherlei wirtschaftlichen Zwecken wie beispielsweise zur Herstellung von Kompott, Gelee, Mus und Pasten benutzen lassen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Hohes Alter. Am 26. Juli beging unser Mitbürger M. Appel aus Endenich seinen 90. Geburtstag in körperlicher und geistiger Rüstigkeit. Der Jubilar ist einer der letzten Mitkämpfer von 1848. Er stand in einem Deutzer Dragonerregiment in Baden. Noch viele Episoden dieses Kampfes erzählt er im Kreise seiner zahlreichen Enkel. Vor Jahresfrist feierte er das seltene Fest der diamantenen Hochzeit. Das älteste Kind ist 62 Jahre alt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 28. Juli 1916
Die vierte Kriegsküche der Stadt Bonn wird nächsten Montag in Kessenich, Burbacherstraße 19 (Wirtschaft Lindenhof) eröffnet. Die Wochenkarten für diese neue Küche werden zuerst Samstag von 4 bis 7 Uhr und Sonntag von 11 bis 1 Uhr ausgegeben, im übrigen können die Wochenkarten zur Teilnahme an der Massenspeisung von jetzt ab an jedem Tage zwischen 11 und 1 Uhr in der betreffenden Küche gekauft werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Städtisches Bekleidungsamt. Am 1. August d. J. wird am Hof Nr. 14, Eingang Römerplatz, das städtische Bekleidungsamt eröffnet. Eine weitere Kriegsmaßnahme. Von diesem Tage ab können nämlich der größte Teil der Web-, Wirk- und Strickwaren nur gegen Bezugsschein gekauft werden. [...]
Wie erhält der Kunde nun seine Waren mit einem Bezugsschein?
1) Er holt sich einen Bezugsschein im städtischen Bekleidungsamte oder im städtischen Verkehrsamte, Poststraße 27 oder in allen einschlägigen Geschäften.
2) Er füllt diesen Bezugsschein aus, oder läßt ihn durch die Geschäfte selbst ausfüllen. Dabei ist darauf zu achten, daß für jeden Gegenstand ein besonderer Bezugsschein ausgestellt werden muß. Es dürfen daher nicht auf einen Bezugsschein z. B. 6 Paar Strümpfe und 7 Meter Wäsche- oder Futterstoff aufgeschrieben werden, sondern für die 6 Paar Strümpfe und 7 Meter Wäschestoff muß je ein besonderer Bezugsschein ausgestellt werden.
3) Nach Ausfüllen des Bezugsscheines muß dieser dem städtischen Bekleidungsamte am Hof Nr. 14 zur Prüfung vorgelegt werden.
4) Der geprüfte Bezugsschein berechtigt dann zum Einkauf in jedem beliebigen Geschäft und hat im ganzen Reich seine Gültigkeit. Hierbei ist darauf zu achten, daß nur der Bezugsschein gültig ist, der am Ort des Wohnsitzes von der betreffenden Prüfungsstelle abgestempelt ist, d. h. ein Bonner Einwohner kann niemals einen Bezugsschein auf dem städtischen Bekleidungsamt in Cöln oder Coblenz erhalten.
5) Nach Abgabe der Waren auf dem Bezugsschein haben die Geschäftsinhaber den Bezugsschein durch Lochen, durch Durchstreichen, oder durch andere Maßnahmen zu entwerten und diese Bezugsscheine zu sammeln und am 1. jeden Monats dem städtischen Bekleidungsamt abzuliefern.
[...]
Die Prüfung der Bezugsscheine auf dem städtischen Bekleidungsamt hat den Zweck, den Verbrauch zu regeln und auf das notwendige Maß einzuschränken. Deshalb erhält dort jeder Familienvorstand ein bestimmtes Kartenblatt, aus dem alle Kleidungsstücke und Waren, die er für sich und seine Familien-Angehörigen nach dem 1. August d. J. bezogen hat unter entsprechender Zeitangabe ersichtlich werden.
[...]
Dem städtischen Bekleidungsamt wird eine ungeheure Arbeitslast aufgebürdet, wenn man bedenkt, daß voraussichtlich täglich 9-10.000 Bezugsscheine durchschnittlich geprüft werden müssen. Eine Zahl, die sich z. B. zu Weihnachten usw. noch erheblich steigern wird. Die Einrichtung ist aber von Reichs wegen getroffen und an für sich eine recht umständliche Geschichte. Aber die Prüfung der Bedürftigkeit in unserm städtischen Bekleidungsamt soll durchaus nicht engherzig vorgenommen werden. Man wird vielmehr nur dort eingreifen, wo das Einkaufsgesuch dem Bedürfnis offenkundig nicht entsprechen kann.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Stellenwechsel von polnischen Arbeitern. Das Kaiserl. Deutsche Polizei-Präsidium in Lodz macht in einer Zuschrift vom 5. ds. Mts. auf eine in deutscher und polnischer Sprache verfaßte Bekanntmachung aufmerksam, worin den in letzter Zeit verschiedentlich beobachteten falschen Vorstellungen der russischen Arbeiter über die Ernährungsverhältnisse in Polen entgegengetreten wird. In der Bekanntmachung wird insbesondere darauf hingewiesen, daß auch in Polen keineswegs ein Ueberschuß an Nahrungsmitteln vorhanden sei, sondern im Gegenteil allenthalben die äußerste Sparsamkeit geübt werden müsse. Die Bekanntmachung fährt dann fort: „Die in Deutschland beschäftigten, von hier stammenden Arbeiter können mit der ihnen in Deutschland gebotenen Verpflegung somit durchaus zufrieden sein.“ Weiterhin werden die in Deutschland beschäftigten Arbeiter eindringlich vor dem Stellenwechsel, insbesondere vor dem unerlaubten Stellenwechsel und seinen Folgen verwarnt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 29. Juli 1916
Höchstpreise für Gemüse. Auf Anordnung des Regierungspräsidenten hat der Oberbürgermeister wieder Richtpreise für Gemüse festgesetzt. Sie treten am 1. August in Kraft. Es sind Erzeuger-, Groß- und Kleinhandelspreise vorgeschrieben. Hoffentlich wiederholen sich diesmal nicht die üblen Erfahrungen, die die Stadt Bonn im Juni mit den Gemüserichtpreisen machen mußte.
Militärische Jugendübungen werden am morgigen Sonntage die städtischen Fortbildungsschulen auf dem städtischen Spielplatze an der Kölnstraße vor geladenen Gästen ausführen. Die Uebungen beginnen um 4½ Uhr. Um 5½ Uhr findet die Enthüllung der neuen, den Fortbildungsschulen von der Bonner Fahnenfabrik geschenkten Fahne statt. Die Bonner Liedertafel wird bei der vaterländischen Feier Männerchöre vortragen. Die Musik ist vom hiesigen Landsturm-Bataillon zur Verfügung gestellt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Pützchensmarkt. Der Beueler Gemeinderat hat in seiner letzten Sitzung beschlossen, in diesem Jahr den Markt in Pützchen wieder abzuhalten.
Zwei Russen, die vor einiger Zeit aus dem Dresdener Gefangenenlager flüchteten, kamen in der Nacht zum Donnerstag gegen 4½ Uhr in Godesberg an. Als sie das Bahngeleise an der Plittersdorfer Straße überschreiten wollten, wurden sie von dem Bahnwärter Friedrich Prinz angehalten. Dem Bahnwächter gelang es, einen der Flüchtlinge dingfest zu machen, während der zweite in der Richtung auf Bonn zu weiter lief. Er kam jedoch nicht weit. Hier in Bonn wurde der Russe auf dem Bahnkörper zwischen Weber- und Lessingstraße von den Schrankenwärtern in dem Augenblick erwischt, als er über die Mauer eines Gartens an der Schumannstraße klettern wollte. Er wurde der militärischen Wache übergeben. Die beiden Ausreißer steckten noch in ihrer Gefangenenkleidung; sie hatten Beine und Schuhe mit Sackleinen bewickelt. In einem Sack führten sie Brot und Aepfel mit sich.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Städtischer Kartoffelverkauf. Bei den städt. Verkaufsstellen werden in der Zeit vom 30. Juli bis 12. August 7 Pfund Kartoffeln für den Kopf und die Woche abgegeben. Es ist den Verbrauchern freigestellt, den ganzen Bedarf für diese zwei Wochen auf einmal zu entnehmen. Dies wird von der Verwaltung dringend empfohlen, da mit Eintritt der Kornernte die Zufuhr der Kartoffeln ungenügend werden könnte und alsdann keine Gewähr für eine ausreichende Versorgung gegeben werden kann. Der Kartoffelpreis beträgt für die Abteilung A 9 Pfg., Abteilung B 11 Pfg., und Abteilung C 12 Pfg. das Pfund. Die Kartoffeln werden an allen Wochentagen in den in der heutigen Nummer unseres Blattes angegebenen 57 Verkaufsstellen abgegeben. Es empfiehlt sich, die heute veröffentlichte Bekanntmachung auszuschneiden, da für die Folge nur die neu hinzugekommenen oder fortfallenden Verkaufsstellen veröffentlicht werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 30. Juli 1916
Arndt-Eiche in Eisen. Der Verkehr an der Arndt-Eiche war in den letzten Wochen und Monaten weniger lebhaft. Die wirtschaftlichen Verhältnisse und die Sammlungen für andere Wohlfahrtszwecke haben die Eingänge bei der Arndt-Eiche geringer werden lassen. Trotzdem dürfte es wünschenswert sein, daß auch die Zwecke der Arndt-Eiche weiter unterstützt werden; besorgt diese Sammlung doch insbesondere die Unterstützung der Witwen und Waisen von Bonner Kriegern.
Im Monat Juli haben u. a. feierlich genagelt der Verein Frauenbildung – Frauenstudium, der Verein deutscher Spülwaren- und Sanitäts-Geschirr-Fabriken in Bonn und der Evangelische Frauenverein in Kessenich. Mitte des Monats erschienen zur Nagelung etwa 100 Kinder des städtischen Pflegehauses; der hierfür erforderliche Geldbetrag war von wohltätiger Seite zur Verfügung gestellt worden.
Auch für die nächste Zeit steht die Nagelung durch mehrere Vereine und Verbände in Aussicht. [...]
Nachdem auch der jüngste Jahrgang der Volksschüler sich an der Nagelung beteiligt hat, ist nunmehr der obere Stamm der Eiche selbst vollständig benagelt. Im übrigen weist die Eiche eine Reihe eigenartiger und künstlerischer Zierate auf, die mit sinnigen und vaterländischen Sprüchen versehen sind; schon jetzt lohnt sich eine nähere Besichtigung der Eiche, die immer mehr eine Sehenswürdigkeit der Stadt Bonn wird. Vielfach wird neuerdings wieder die Anbringung von Adlerfedern oder Eisenplatten dazu benutzt, den Namen gefallener Angehöriger oder Freunde zu verewigen.
Hoffentlich tragen diese Zeilen dazu bei, unsere Mitbürger, die ein Herz für die Not der Witwen und Waisen unserer gefallenen Bonner Krieger haben, zu bestimmen, nach ihrem Vermögen größere oder kleinere Beiträge zu spenden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Vaterländische Festspiele. Heute Sonntag findet auf dem Sportplatz an der Richard-Wagnerstraße ein Ausscheidungsspiel für die Endrunden am 13. August 1916 zwischen Borussia-Bonn und Bonner Turnverein statt. Bei der Gleichwertigkeit der beiden Mannschaften steht ein spannendes Spiel in Aussicht.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Billige Frühkartoffeln. Das städtische Lebensmittelamt verkauft von heute nachmittag an, soweit der Vorrat reicht, an der Verkaufsstelle in der Maxstraße und auf dem Stiftsplatze an der Ecke der Sandkaule nicht besonders haltbare Frühkartoffeln zum Preise von 5 Pfg. das Pfund ohne Kartoffelkarte.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 31. Juli 1916
Fahnenweihe der Fortbildungsschule. Der Bonner Fortbildungsschule ist bekanntlich vor einiger Zeit von Herrn Dr. Meyer, dem Inhaber der Bonner Fahnenfabrik, eine Fahne geschenkt worden. Gestern nachmittag ist die Fahne auf dem städtischen Spielplatze an der Kölnstraße eingeweiht worden. Vorher zeigten die etwa 800 Schüler dem Garnisonältesten, Generalleutnant Exzellenz v. Boetticher, und einer größeren Anzahl Offiziere, ferner dem Oberbürgermeister, den Vertretern der Handelskammer, des Handwerks, den Stadtverordneten, dem Schulvorstand und zahlreichen anderen Zuschauern den Stand ihrer Ausbildung in den vorgeschriebenen militärischen Jugendübungen. Unter der Leitung von Offizieren und Unteroffizieren wurden Bewegungs- und Freiübungen vorgeführt, Hindernisse überwunden, das Kriechen mit möglichst flach ausgestrecktem Körper, Speer- und Handgranatenwerfen geübt, auch Lauf- und andere Spiele wurden veranstaltet. Als alle Abteilungen besichtigt worden waren, sammelten sich die Ehrengäste und die jungen Leute um die noch verhüllte neue Fahne zu einer kurzen vaterländischen Feier. Nach einem Musikstück der Landsturmkapelle und dem Vortrag der Wacht am Rhein durch die Bonner Liedertafel nahm Oberbürgermeister Spiritus das Wort. Er habe soeben den Eindruck gewonnen, daß die jungen Leute ganz hervorragend gelernt haben, ihren Körper zu stählen und sich in Mannszucht zu festigen. Ihren fröhlichen Mienen sei es anzusehen, daß die militärischen Uebungen ihnen kein lästiger Zwang, sondern Vergnügen seien. So solle und müsse es auch sein. In dieser großen und ernsten Zeit habe jeder gern das Seine zu tun für des Vaterlandes Wohl, und auf die Jugend als die Zukunft müsse das Vaterland ganz besonderes Vertrauen setzen. Für jeden gesunden Deutschen sei es ja eine Selbstverständlichkeit, daß er auch Soldat werde und das Vaterland verteidigen helfe. Zu den besten Soldaten gehörten aber die, die schon vorher in den Jugendorganisationen vorgebildet worden seien. Nun habe ein edelmütiger Gönner der Fortbildungsschule für ihre militärische Jugendausbildung eine künstlerisch schöne Fahne geschenkt. Die Fahne sei dem Deutschen und insbesondere dem Soldaten das Sinnbild der Pflicht und der Treue gegen das Vaterland, das jeder mit schützen wolle, und gegen den Kaiser, der selbst ein Vorbild der Pflichttreue und des Gottvertrauens sei. Oberbürgermeister Spiritus ließ die Fahne enthüllen und brachte ein dreifaches Hurra auf den Kaiser aus. Die Anwesenden , vor allem die in guter Ordnung aufgestellten Jünglinge, stimmten begeistert in die Hurras ein und sangen Deutschland über alles. Fortbildungsschuldirektor Bins übernahm dann die neue Fahne. Er dankte dem Stifter der Fahne, den erschienenen Ehrengästen und den ausbildenden Offizieren und Unteroffizieren und gelobte im Namen der Schüler seiner Schule, daß sie, wie unsere tapferen feldgrauen Krieger, ihre Fahne stets hoch in Ehren halten und dem Vorbild unserer Kämpfer in Ost und West, Süd und Nord stets nachzueifern bestrebt sein würden. Der Redner schloß mit einem Hoch auf unser Heer und unsere Flotte.
Der Ausschuß für hauswirtschaftliche Kriegshilfe hat den Verkauf von Marmelade einstellen müssen, da die Vorräte ausverkauft sind und infolge der herrschenden Zuckerknappheit auf neue Zufuhr einstweilen nicht zu rechnen ist. Fast ein ganzes Jahr lang waren die Damen des Ausschusses und ihre Helferinnen unablässig bemüht, der minderbemittelten Bevölkerung durch Bereitstellung billiger Marmeladen den Fettmangel weniger fühlbar zu machen. Da sämtliche Hilfskräfte ehrenamtlich, d. h. ohne jede Vergütung, ihre Zeit und Kräfte dem guten Zweck zur Verfügung stellten, war es dem Ausschuß für hauswirtschaftliche Kriegshilfe möglich, die Marmeladen zum Selbstkostenpreis abzugeben. Obgleich der Andrang oft kaum zu bewältigen war und daher an die Ausdauer der bedienenden Damen hohe Anforderungen gestellt wurden, walteten sie bis zuletzt mit immer gleicher Freudigkeit ihres Amtes. Sie bedauern aufrichtig, durch die Umstände gezwungen, den Marmeladenverkauf aufgeben zu müssen. Da es durch Vermittlung der Stadt den hiesigen einschlägigen Geschäften jetzt wieder möglich ist, billige Marmelade zu verkaufen, dürfte auf diesem Wege den Bedürfnissen der Bevölkerung vorläufig genügt werden.
Der Verkauf von Kindermilchmehl und einigen anderen Nährmitteln bleibt in den gleichen Räumen Am Hof weiter bestehen, ebenso wie die Beratungsstelle, die auch fernerhin auf regen Zuspruch hofft.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Godesberg, 30. Juli. Ein Schauturnen und ein Schaurudern des Evangelischen Pädagogiums hatte sich gestern eines äußerst regen Besuches und der allgemeinen freudigen Zustimmung zu erfreuen. Bis vor zwei Jahren hatte die Anstalt bekanntlich unausgesetzt um diese Zeit gewissermaßen als Schlußstein ihres Schullebens für das Sommerhalbjahr ein großes Turnfest abgehalten, das am Abend bei der Rückkehr der Schülerschar mit einem feierlichen Fackelzug durch das geschmückte und beleuchtete Godesberg abschloß. Durch den Krieg waren bis jetzt diese Festveranstaltungen zweimal ausgefallen. Der diesmal nun wieder aufgenommene Schulschlußakt, zu welchem auch die abkömmlichen „Ehemaligen“ in großer Anzahl erschienen waren, entsprach vollkommen dem Ernst und Geist unserer Zeit. Herr Dr. Lohmann brachte als Vorsitzender der „Besdep“ den Gruß und die Gefühle der Anhänglichkeit der ehemaligen Schüler zum Ausdruck. Der aus dienstlichen Gründen an der Teilnahme der Schulfeier verhinderte Fliegerleutnant Rübsamen erschien während des Schauturnens am Vormittag plötzlich mit seinem Flugzeug über dem Schulhofe bis zu einer beträchtlichen Tiefe und warf einen Brief und einen Kranz als Festgruß herab. Das von Herrn Oberlehrer Endemann am Vormittage vorgeführte Schauturnen übertraf wiederum alle gehegten Erwartungen und riß die Zuschauermenge vielfach zu Beifallskundgebungen hin, ebenso das am Nachmittag in der Nähe von Dreesen vorgeführte Schaurudern, das mit einer Auffahrt der ganzen Flotte des Godesberger Schüler-Rudervereins mit 25 Booten und 65 Ruderern abschloß. Herr Direktor Professor D. Kühne brachte in seiner Schlußansprache ein Hoch auf Kaiser und Vaterland aus.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Rheinland und Nachbargebiete“)
Die Bonner Kriegsküchen. Eine sachverständige Hausfrau sendet uns über die Poppelsdorfer Kriegsküche, die namentlich in den letzten drei Tagen unter Kontrolle gehalten hat, die nachfolgende Beurteilung.
Freitag, 28. Juli. Graupen mit Backobst. War sehr kräftig, auch vollständig hinreichend zum Sattessen. Wünschenswert wäre gewesen, wenn das Backobst entweder durch das bei Hausfrauen übliche vorherige Einweichen (24 Stunden) oder durch längeres gelindes Kochen weicher, aufgequollener und deshalb auch bekömmlicher gewesen wäre. Dieses wäre ohne direkte Mehrausgaben zu erreichen. Eine geringe Erhöhung des Etats würde wohl vonnöten sein, um das ganze Gericht ein wenig süßer zu machen. Es wäre dann leichter, die zum Sattwerden nötige Portion zu verzehren, auch der Nährwert erführe eine kleine Steigerung.
Samstag, 29. Juli. Erbsensuppe mit Kartoffeln und Fleischeinlage. War zu wenig konsistent, um selbst bei Verzehren des ganzen Quantums einen Arbeiter wirklich zu sättigen. Die Erbsen waren so hart, wie es in keinem einfachen Haushalt üblich ist, sie zu verabfolgen, schon allein weil der Verdauungsapparat das Gebotene so nicht ausnutzen kann. Gewürzt war in sehr gutem Mittelmaß. Also: Hülsenfrüchte unbedingt einweichen.
Sonntag, 30. Juli. Dicke Bohnen mit Speck und Kartoffeln. Das erste meiner Ansicht nach völlig verfehlte Essen, das eigentlich als unumstößlicher Beweis dafür dienen kann, daß zur Massenspeisung sich nur Eintopfgerichte oder Hülsenfrüchte eignen. Dem sehr zu respektierenden Wunsch, die Eintönigkeit der Eintopfgerichte einmal durch ein fast hausmütterliches Mittagessen zu unterbrechen, stehen in der heutigen Entwicklung der Volksküchen so große Mängel in der Einrichtung entgegen, daß man lieber ein gutes Eintopfgericht als ein nur gut gemeintes Mittagessen geben sollte. Man würde das sicher auch richtig zu würdigen wissen. Die Dickbohnen waren nicht ganz gar geworden und hatten durch die für dieses Gericht zu kleine Fleischbeigabe weder genug Gewürz, noch genug Kraft bekommen. Die Kartoffeln waren häßlich und nicht gut im Geschmack. Beides nicht etwa Schuld der Köchin. Es ist besonders bei neuen Kartoffeln der Hausfrau Sitte, sie in der Schale zu kochen, dann abzuziehen und noch einmal schnell durchdampfen zu lassen. Das kann die Volksküche mit ihren Einrichtungen nicht machen. Sie schält – leider – die Kartoffeln und kocht sie. Im Wasser müssen dann die Kartoffeln bleiben, bis sie abgeholt werden, schon allein, weil man sie nicht anders heiß halten kann. So entsteht die häßliche graue Farbe der jetzt doch so schönen Erdäpfel, und wenn man Pech hat, bekommt man sie auch noch recht auseinandergekocht auf seine Portion Dickbohnen gelegt.
Der Ausflugsverkehr war am gestrigen Sonntag recht lebhaft. Die am Nachmittag rheinaufwärts fahrenden Schiffe waren mit Ausflüglern dicht besetzt und auch unsere Vorortbahnen hatten starken Verkehr. Mit dem Eintreten des warmen Wetters hat auch unsere Jugend das Baden im offenen Rhein wieder aufgenommen, und gestern nachmittag konnte man rechts- und linksseitig eine ganze Anzahl Knaben beobachten, die, nur mit einer Badehose bekleidet, die Leinpfade entlang liefen und sich auch dort, unbekümmert um die Spaziergänger, aus- und ankleideten. Abgesehen davon, daß das Baden im offenen Rhein wegen der damit verbundenen Lebensgefahr behördlich verboten ist, macht es einen unangenehmen Eindruck, wenn sich die Knaben in ihrem Badekostüm ganz ungeniert zwischen den Spaziergängern bewegen. In den verschiedenen geschlossenen Freibädern ist der Jugend reichlich Gelegenheit geboten, sich nach Herzenslust in den Wellen des Rheines zu tummeln. Wünschenswert wäre es, wenn jetzt zur Eröffnung der Badezeit gegen das Baden im offenen Rhein energisch eingeschritten würde; es könnten dann manche Unglücksfälle durch Ertrinken vermieden werden. Die nahenden Schulferien lassen diese Anregung ganz besonders geboten erscheinen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Eine patriotische Pflicht. Amtlicherseits wird erneut darauf hingewiesen, daß es Pflicht jedes Deutschen ist, Fluchtversuche, Diebstähle, Brandstiftungen, Beschaffung von Zivilkleidern und sonstige Verstöße von Kriegsgefangenen zu verhindern, die Wachtkommandos und Polizeibeamten hierin zu unterstützen und alle bekannt werdenden Verfehlungen von Kriegsgefangenen ungesäumt dem nächsten militärischen Posten oder den nächsten militärischen Dienststellen oder dem nächsten Polizeibeamten zur Kenntnis zu bringen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)