Samstag, 21. Oktober 1916

      

Anzeige im General-Anzeiger vom 21. Oktober 1916In der Stadtverordnetenversammlung berichtete Oberbürgermeister Spiritus gestern wieder über den gegenwärtigen Stand der Lebensmittelversorgung. Er drückte zum Schluß seines Berichts die Hoffnung aus, daß es mit Hilfe der städtischen Kriegsküchen, der erheblichen Vorräte in den städtischen Lagern und der zu erwartenden Zufuhren gelingen werde, in künftige bessere Zeiten hinüberzukommen. Die Stadtverordneten stimmten dann einem vom Stadtverordneten Dr. Krantz Einspruch gegen die Schädigungen der Stadt durch die Reichsstellen einstimmig zu. Die übrige Tagesordnung wurde verhältnismäßig schnell erledigt. U. a. wurde beschlossen, den zum Heeresdienst einberufenen Bürgern mit einem Einkommen bis zu 3000 Mark die Einkommenssteuer zu erlassen. Für drei Volksunterhaltungsabende wurde ein Zuschuß von 600 Mark, für die Weihnachtsliebesgaben an rheinische Truppen 30.000 M., an die einberufenen städtischen Beamten, Angestellten und Arbeiter 6400 M. bewilligt. Oberbürgermeister Spiritus teilte auf eine Anfrage des Stadtverordneten Kalt mit, er habe gegen die Stellungnahme der Kölner Handelskammer, daß Königswinter als Haltestelle der D-Züge 57 und 58 Beuel gegenüber zu bevorzugen, beim Regierungspräsidenten Einspruch erhoben.

Kartoffelverkauf. Den neuen, für das ganze Reich gültigen Bestimmungen entsprechend, werden auch in Bonn nur noch sieben Pfund Kartoffeln für den Kopf und die Woche abgegeben.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Zur Beschlagnahme von Fischen. In der Auslegung einer Verfügung über die Beschlagnahme von Fischen walten bei manchen Händlern Irrtümer ob. Tatsächlich handelt es sich bei der Beschlagnahme aber nur außer um die bisher schon der Beschlagnahme unterworfenen , aus dem Ausland eingeführten Salzheringe, Salzfische, Klippfische, Fischrogen, um die Beschlagnahme der aus dem Ausland eingeführten Salzmakrelen, geräucherten und marinierten Fische, Kräuterheringe, Rollmöpse, Stockfische und Fischkonserven. Alle im Inland gefangenen Fische, bzw. aus frischen Fischen im Inland hergestellten Fischkonserven, können nach wie vor frei gehandelt werden, so daß der Verbraucher durch die neue Verordnung wenig berührt werden wird.

Wegen schwerer Beleidigung eines Inhabers des Eisernen Kreuzes verurteilte das Schöffengericht gestern eine Frau von hier zu 50 Mk. Geldstrafe. Sie hatte der Frau des Beleidigten vorgeworfen, ihr Mann sei ein Leichenräuber, er habe ihr aus dem Feld 880 Mark geschickt, die er einem Gefallenen abgenommen habe und er habe das Eiserne Kreuz als „Liebesgabe“ erhalten. Das Schöffengericht rechnete der Verurteilten zugute, daß die Beleidigung in einem Streit gefallen sei, der sie sehr aufgeregt habe.

Eine zweite Kinderlesehalle. Wie wir hören, beabsichtigt die Frauengruppe für Volksbildung noch eine zweite interkonfessionelle Kinderlesehalle und zwar in Poppelsdorf (alte kath. Volksschule) zu errichten. Es werden viele schöne Bilderbücher, Märchen-, Sagen und andere Unterhaltungsbücher ausgelegt. Diese gute Einrichtung dürfte bei den Schulkindern in Poppelsdorf ebensoviel Anklang finden, wie in Bonn in den vier Jahren ihres Bestehens.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

     

Bonner Stadttheater. Am kommenden Dienstag geht Franz Lehars bestes Werk, die romantische Operette „Zigeunerliebe“ in Szene. Das liebenswürdige, poesievolle Werk, welches auf das sorgfältigste von Hofrat Remond und Kapellmeister Gaertner einstudiert wurde und in allen seinen Partien von 1. Mitgliedern der Kölner Oper dargestellt wird, dürfte eine willkommene Bereicherung des Opernspielplans bieten.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)