Samstag, 14. Oktober 1916

      

Wegen übermäßiger Preisforderung hatten sich gestern der Obst- und Gemüsehändler Adolf Blatzheim und seine Frau aus Godesberg vor der Strafkammer zu verantworten. Der Ehemann Blatzheim hatte im Mai für ein Pfund Zwiebeln 1 M. verlangt und sich geweigert, ein Viertelpfund zu verkaufen, er war deswegen vom Schöffengericht zu 150 M. Geldstrafe verurteilt worden. Die Strafkammer als Berufungsinstanz sprach ihn frei, weil seine Angabe, er habe auf dem Bonner Markt selbst 90 Pfg. bezahlen müssen, durch das Zeugnis eines Marktpolizeibeamten bestätigt wurde, obwohl ein Sachverständiger erklärte, der Großhandelspreis habe damals 27 bis 30 M. für den Zentner betragen. Frau Blatzheim hatte für das Pfund Erdbeeren 30 Pfg. über den Richtpreis gefordert und war deshalb vom Schöffengericht zu 100 Mark Strafe verurteilt worden. Sie wurde von der Strafkammer freigesprochen, weil sie die Früchte vor dem Inkrafttreten des Richtpreises selbst teurer gekauft hatte. Dagegen wurde sie zu 100 M. Geldstrafe verurteilt, weil sie für ein halbes Pfund Käsequark 60 Pfg. gefordert hatte. Das Schöffengericht hatte für diesen Fall auf drei Wochen Gefängnis erkannt. In den schöffengerichtlichen Urteilen wurde gesagt, die Eheleute Blatzheim seien in Godesberg wegen ihres unkulanten Geschäftsgebarens und als Preistreiber berüchtigt.

Als „holländisches Speisefett“ war vor einigen Monaten in vielen hiesigen Geschäften Butter zu viel höheren Preisen als dem Butterhöchstpreis verkauft worden, bis die Polizei einschritt, die Butter beschlagnahmte und die Geschäftsinhaber zur Anzeige brachte. In zwei besonderen Sitzungen am 19. und am 26. Oktober wird die Strafkammer des Landgerichts gegen die Geschäftsinhaber verhandeln.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Kriegsblindenhunde. Vor dem Kriege sind in einzelnen Fällen schon Hunde zum Führen Erblindeter verwendet worden. Der Deutsche Verein für Sanitätshunde, Schutzherr Se. Kgl. Hoheit Großherzog Friedrich August von Oldenburg, hat vor einiger Zeit eine besondere Abteilung eingerichtet, um Hunde auszubilden, die den Offizieren und Mannschaften, die im Kriege ihr Augenlicht verloren haben, als Führer dienen sollen. Die angestellten Versuche haben gute Resultate ergeben, sodaß nunmehr diese segensreiche Einrichtung erweitert werden kann. Vor allen Dingen gilt es dabei Erfahrungen zu sammeln, um auch die Ausbildung der Hunde zu diesem edlen Zweck zu vervollkommnen. Die Blindenhunde sollen diesen Schwergeprüften nicht allein als Führer dienen, sondern sie sollen auch im Falle der Not deren Beschützer sein. – Die hiesige Sanitätshundemeldestelle wird ebenfalls neben der Ausbildung von Führern und Sanitätshunden eine Abteilung einrichten, um Blindenhunde auszubilden. Sie sucht hierzu geeignete Personen, die freiwillig diese Ausbildung übernehmen. Anfragen und Anmeldungen sind an den Leiter der Meldestelle, Herrn Polizeikommissar Flaccus, Kirschallee 23 wohnhaft, zu richten, der auch die Anmeldung von Hunden entgegennimmt, die zur Ausbildung als Blindenhund zur Verfügung gestellt werden.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Unterhaltung für Verwundete. Am Dienstag nachmittag kamen einige junge Damen aus Köln hierher nach Bonn, um die Verwundeten des Johannes-Hospitals durch Musikvorträge und Gesang zu erfreuen. Die Verwundeten spendeten den Darbietungen der jungen Damen reichen Beifall. Im Interesse der Verwundeten wäre es wünschenswert, wenn auch junge Damen aus Bonn sich bereit finden würden, den Verwundeten unserer Lazarette durch Lieder oder Musikvorträge die langen Stunden zu kürzen. Die Verwundeten des Johannes-Hospitals.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

     

Vier jugendliche Verbrecher standen heute an der Strafkammer unter der Anklage des schweren Diebstahls bezw. der Hehlerei. Drei von ihnen waren in mehrere Häuser eingebrochen und hatten Sachen von erheblichem Werte entwendet. Beim Verkaufe war ihnen der vierte behilflich. Das Gericht verurteilte zwei von ihnen zu einer Gefängnisstrafe von je einem Jahre und zwei Monaten, den dritten zu einem Jahre Gefängnis und den Hehler zu vier Monaten Gefängnis.

In eine stillstehende Fabrik war ein jugendlicher Nichtstuer eingestiegen, hatte von den Maschinen Messingteile abgetrennt und verkauft. Die Strafkammer verurteilte ihn zu einer Woche Gefängnis. Die Strafe soll bei guter Führung erlassen werden.

Eine Uhr hatte ein Dienstmädchen einem anderen Dienstmädchen, das neben ihr wohnte, entwendet, nachdem sie das Zimmer der Nachbarin mit einem falschen Schlüssel geöffnet hatte. Sie wurde von der Strafkammer wegen schweren Diebstahls zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. Der Angeklagten wurde Strafaufschub gewährt.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)