Freitag, 8. September 1916

     

„Groß-Bonn“. Unter diesem Namen ist vor einigen Tagen am Markt in dem Saale des früheren Varietétheaters zur Sonne eine neuartige Vergnügungs- und Erholungsstätte eröffnet worden, die bisher großen Anklang gefunden hat. Der Saal ist geschmackvoll neu eingerichtet und durch Hinzunahme des früheren Wirtschaftsraums vergrößert worden. Die Bühne befindet sich nicht mehr im Hintergrund des Saales, sondern an der Längswand, so daß die Vorträge auf allen Plätzen gleich gut verstanden werden können. Die Besucher sitzen in Gruppen an kleinen Tischen beim Glase Bier oder Schoppen Wein und plaudern zwanglos miteinander, wenn ihre Aufmerksamkeit nicht durch die Vorgänge auf der Bühne in Anspruch genommen wird. Die Vortragsordnung ist aus mehreren Konzert- und „bunten“ Teilen vermischt; haben die Musiker einen ihrer Teile erledigt, so räumen sie die Bühne für die folgenden „bunten“ Nummern. Die Kapelle bietet unter der Leitung des Herrn Willy Menden nur gute Musik bedeutender Komponisten. Den bunten Teil beherrscht Frl Gretchen Fluß aus Köln, die mit ihrem echt rheinischen Humor die Besucher schnell in fröhliche Stimmung zu versetzen versteht. In ihrem Fach Tüchtiges leisten auch die Rogges mit ihrem Doppelkugelakt, ein Verwandlungs- und zwei Fangkünstler sowie eine Lidersängerin.

Das Metropol-Theater bietet in dem Ausstattungsstück „Kadra Safa“ mit Grete Wiesenthal, der entzückenden, graziösen Tänzerin in der Titelrolle ein Drama mit allem Zauber orientalischen Haremslebens. Nur findet man es in unserer Zeit nicht ganz angebracht, für Filmstücke Motive zu wählen, die unsere heutigen Verbündeten, die Türken, als blutgierige Christenverfolger zeigen, besonders, da die eigentliche Handlung des Dramas ganz gut ohne jeglichen politischen Hintergrund ausgekommen wäre.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Flaggenschmuck. Daß das verräterische Rumänien durch die Erstürmung der Donaufestung Tutrakan den ersten schweren Hieb erlitt, hat auch in Bonn große Freude ausgelöst. Viele Häuser legten Flaggenschmuck an. Die inzwischen eingetroffenen bulgarischen Meldungen lassen erkennen, daß die Siegesbeute noch größer ist als zuerst berichtet wurde. Ein ganzes rumänisches Armeekorps ist mit diesem Siege außer Gefecht gesetzt. Da der Vormarsch in der Dobrudscha vorwärts geht und auch im Westen bei Orsova die Rumänen starke Verluste erlitten, werden wir hoffentlich bald abermals Gelegenheit haben, die Siegesglocken vom hohen Münster zu hören.

Einschränkung des Fahrradverkehrs. Aus den beim stellvertretenden Generalkommando eingereichten Anträgen auf Zulassung von Fahrrädern zum Verkehr ist festgestellt worden, daß in vielen Fällen die Notwendigkeit zur Benutzung des Fahrrades nicht vorliegt. Die Polizeibehörden sind deshalb angewiesen worden, nur solche Anträge zu befürworten, in denen die Notwendigkeit der Benutzung eines Fahrrades unbedingt nachgewiesen ist. Anträge, die direkt an das Generalkommando gehen, also nicht vorher bei der Polizeibehörde eingereicht werden, bleiben unberücksichtigt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Fürsorge für die Kriegsversehrten. Wir hatten schon Gelegenheit, unseren Leserkreis darauf hinzuweisen, daß eine Fürsorge auf dem Wege der Kriegs-Unfall-Versicherung entstanden ist, welche es jedem Heeresangehörigen ermöglicht, derart Vorsorge zu treffen, daß ihm im Falle einer erheblichen körperlichen Beschädigung ein sofort nach Beendigung des Heilverfahrens fälliger Geldbetrag zukommt; unabhängig von den Leistungen des Reiches, die nach Lage der Sache einzutreten haben. Da diese Versicherung auch von jeder beliebigen Person zugunsten von Kriegsteilnehmern abgeschlossen werden kann, liegt es nahe, daß Unternehmer von Betrieben ihre sämtlichen im Heere stehenden Angestellten und Mitarbeiter in eine solche Kriegs-Unfall-Versicherung einschließen. Wie uns von der Geschäftsstelle der Kriegs-Unfall-Versicherung in München, Rindermarkt 9, Providentia (österreich.) allgemeine Versicherungsgesellschaft mitgeteilt wird, treten für derartige Gesamtversicherungen (Korporativversicherungen) besondere Vergünstigungen in Kraft. Auch wird die Leistung auf das Doppelte erhöht, wenn a) eine Korporativversicherung sich auf mindestens 100 Versicherte erstreckt, b) für jeden Versicherten mindestens 24 Mk. Prämie bezahlt werden, c) die Korporativversicherung sämtliche zur Dienstleistung beim Heere oder der Marine eingezogenen Leute eines Betriebes ohne jede Ausnahme umfaßt, d) der Versicherungsnehmer sich verpflichtet, Leute, die später noch zum Heeresdienst einberufen werden, zu denselben Bedingungen nachzuversichern. Es können also für 24 Mark jährlich 2000 Mark, für 48 Mark jährlich 4000 Mark usw. versichert werden.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)