Montag, 1. Mai 1916

      

Anzeige im General-Anzeiger vom 1. Mai 1916Wegen der Einnahme von Kut el Amara durch die Türken ist heute auch in den Bonner Schulen der Unterricht ausgefallen. Die öffentlichen Gebäude tragen Fahnenschmuck.

Von einem Güterzuge überfahren und getötet wurden vorige Nacht auf dem Personenbahnhof zwei Soldaten, ein Unteroffizier und ein Wachtposten. Der Unteroffizier war mit einem Zuge angekommen und sollte von dem Posten zu der Roten-Kreuz-Baracke geführt werden. Beim Ueberschreiten der Geleise wurden beide von einem Güterzuge erfaßt.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Weißer Sonntag, der Tag der ersten heiligen Kommunion. Nach langer Wintersnot klangen vor acht Tagen die Osterglocken durch das frühlingsduftende Land. Gestern jubilierten wieder die Glocken von den Türmen über Stadt und Land, flatterten Fahnen aus den Fenstern, waren Häuser und Türen mit Blumen und Kränzen geschmückt. Seit Jahren ist der weiße Sonntag zum bedeutungsvollsten Tage für die heranwachsende katholische Jugend, zum Tag der ersten heiligen Kommunion geworden. Deshalb das festliche Geläute und der frohe, sinnige Schmuck der Häuser.
   Früh schon riefen gestern die Glocken ernst und feierlich zur hehren, kirchlichen Feier; von allen Türmen der Stadt klang es und von draußen aus dem Lande rief es und noch waren die Töne nicht verklungen, da öffneten sich die Türen und geleitet von Vater und Mutter und den Geschwistern traten die Kleinen, die zum ersten Male zum Tisch des Herrn sollten, den Gang zur Kirche an. Schwarz die Buben, weiß die Mädchen, alle geschmückt mit den Zeichen der Unschuld und Reinheit, mit Kränzchen und Sträußchen; in den Händen die Kerze als Opfergabe für die Kirche und das schlichte Gebetbuch. So zogen sie zum Gotteshause, das mit weit geöffneten Pforten sie empfing. Und drinnen brausten die vollen Orgeltöne, rollten Weihrauchwolken durch die hohen Hallen, klangen feierliche Gesänge und fromme Gebete stiegen auf. Mit hoher Befriedigung sieht der Pfarrer seine kindliche Schar in ernster Ergriffenheit zum ersten Male sich dem Tische des Herrn nahen. Reinheit und Unschuld und heißes Verlangen auf den jugendlichen Gesichten sagen ihm, daß die Mühen der Vorbereitung nicht umsonst gewesen, daß sein Werk würdige Mitglieder der katholischen Gemeinde zuführen wird. Niemals klang das Gotteslob inbrünstiger im mächtigen Liede und die Danksagung wahrhaftiger, wie zur Feier der ersten heiligen Kommunion. Unvergeßliche Eindrücke begleiten von dieser heiligen Feier den jungen Katholiken bis in seine fernsten Tage.
   Die Zeiten sind ernst, und schlecht angebracht sind üppige weltliche Feiern; doch keine Familie, auch in dieser Kriegsnot, die nicht ein klein wenig den Kindern ein festlich Heim bot. Das gehört zum Tage. Den meisten der Erstkommunikanten steht der Vater im Felde, viele hat der Krieg zu Waisen gemacht. Da springt christliche, hilfreiche Liebe ein und verhilft auch den Aermsten zu einem Licht- und Freudentag. Die Pfarrer wußten schon, selchen geholfen werden mußte, im Verein mit edelmütigen Menschen sorgten sie auch, daß diese nicht zurückzustehen brauchten vor den glücklichern Andern. Vielen mußte daheim der Tisch gedeckt werden, vielen der festliche Anzug von Kopf bis zu den Füßen beschafft werden.
   Mit den Kleinen und den Eltern feierte gestern die Natur; ein herrlicher, blütenduftender Frühlingstag, goldigster Sonnenschein woben um Stadt und Land ein Festgewand. Hoffnung auf allen Enden.
   Aus der Zahl der Erstkommunikanten, die die einzelnen Pfarreien aufweisen, lassen sich interessante Schlüsse auf die Wohndichte unserer Stadt ziehen. Abgesehen von der Elisabethkirche, deren Pfarrbezirk noch der Ausbauung harrt, zeigen die Zahlen, daß die alte Geschäftsstadt mit Münster- und Remigiuspfarre die wenigsten Bewohner haben, während die Stiftspfarre, die die alte Wohnstadt und die Marienpfarre gar, die die neue Wohnstadt umfaßt, dreifach und vierfach so hoch mit Bevölkerung belegt sind.

Der Wonnemonat Mai hat seinen Einzug gehalten und zwar – laut behördlicher Anordnung – eine Stunde früher als in den Vorjahren. Während die öffentlichen Uhren gestern abend punkt 11 Uhr um eine Stunde vorgerückt wurden, zogen die Familienväter es vor, diese Versetzung schon früher vorzunehmen, um zu verhüten, daß man erst nach Mitternacht zur Ruhe kommen würde. Und doch sind ihrer nicht wenige gewesen, die in vergangener Nacht eine Stunde Schlaf eingebüßt haben, denn man wollte bei dem historischen Moment der Uhrenvorrückung dabei gewesen sein. Vor dem Bahnhofsgebäude hatte sich kurz vor 11 Uhr eine große Menschenmenge eingefunden, und als der Zeiger der Uhr, von unsichtbarer Hand gestellt Schlag 11 Uhr auf 12 vorrückte, wurde dies mit kräftigem Hurra begrüßt. Auch in den verschiedensten Gastwirtschaften wurde der vorzeitige Wirtschaftsschluß mit Humor aufgenommen, und vielfach hörte man schon kurz nach 11 Uhr mitteleuropäischer Zeit den alten trauten Sang „Der Mai ist gekommen“. Und heute früh geht alles seinen gewohnten Gang!

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

     

Das neue Studentinnenheim wurde in vergangener Woche durch den Herrn Weihbischof Dr. Lansberg kirchlich eingeweiht. Zahlreiche geladene Gäste und Studentinnen nahmen an der Feier teil, bei welcher der Bischof eine längere Ansprache an die Versammelten richtete. Zweifellos wird das Heim durch seine herrliche Lage (Baumschulenallee) und seine vornehm gediegene Einrichtung bald große Anziehungskraft auf die studierende Frauenwelt der rheinischen Alma Mater ausüben.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)