Dienstag 8. Februar 1916

     

Anzeige im General-Anzeiger vom 8. Februar 1916Arndt-Eiche in Eisen. In der vergangenen Woche ist das Kriegswahrzeichen wiederholt von verschiedenen Schulen, Gymnasien und Körperschaften besucht worden.
   Am 4. Februar erschienen die Kinder der Poppelsdorfer evangelischen Kinderschule und von Marthas Hof.
   Der Handels- und Gewerbeverein in Bonn und die Handelskammer in Bonn hatten erhebliche Beträge für das Bonner Kriegswahrzeichen gestiftet, sie nahmen die Nagelung der gestifteten Schilder am Samstag vor.
   Am selben Tage besuchten 100 Kinder des evangelischen Kinderhorts der Karlschule unter Leitung von Fräulein Oelbermann die Arndt-Eiche. Es wurden mehrere Lieder gesungen und verschiedene Gedichte vorgetragen, von denen besonders „Die Landwehr kommt!“ allgemein Beifall hervorrief.
   Außerdem nagelte ein Eichenblatt der Lazarett-Nähverein unter dem Vorsitz von Frau Baurat Schultze.
   Etwa 30 Kinder vom altkatholischen Kindergottesdienst erschienen ebenfalls zur Nagelung der Eiche. Es wurden Ansprachen gehalten und Lieder gesungen.
   Daneben wird die Nagelung durch die höheren Schulen und die Volksschulen von Bonn eifrig fortgesetzt.
   Am Samstag wurde wiederum ein Betrag von 100 Mk. von einer liebenswürdigen Wohltäterin gestiftet, um damit 300 unbemittelten Schulkindern die Freude zu bereiten, sich mit ihren Mitschülern an der Nagelung zu beteiligen. Dieses schöne Beispiel findet hoffentlich noch mehr Anklang und Nachahmung.
   Der Umtausch von Gold an der Arndt-Eiche ist auch reger geworden. Wie bekannt, erhält man bei Nagelung eines Nagels im Werte von mindestens 1 Mk. das geschmackvolle, in Altsilber hergestellte Abzeichen umsonst, wenn man mit Gold im Mindestbetrage von 10 Mark bezahlt. Die Abzeichen, die sonst 1 Mk. kosten, finden im übrigen einen guten Absatz.

„Mandelmilch“ in Kaffeehäusern. Zu dem Verbot des Gouverneurs der Festung Köln, Mandelmilch zu verabreichen, wird uns noch geschrieben: Es ist festgestellt worden, daß in Kaffeehäusern und Konditoreien nach 10 Uhr vormittags nicht nur Mandelmilch, sondern auch andere Milch verabreicht wurde. Der Herr Gouverneur hatte ursprünglich die Verwendung von Mandelmilch als Beigabe zu Getränken gestattet, diese Ausnahme nun aber zurückgezogen, weil sie vielfach dazu benutzt worden ist, das frühere Milchverbot zu umgehen. Auch wird durch die neue Bekanntmachung verboten, von den Gästen in Kaffeehäusern usw. mitgebrachte Milch zu verwenden. Derartigen Umgehungen des Milchverbots muß gesteuert werden, weil es sich hier um eine bedauerliche Erscheinung handelt, daß man trotz des Krieges nicht gewillt ist, auf entbehrliche Lebensgewohnheiten im Vorteil der Allgemeinheit zu verzichten.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Anzeige im General-Anzeiger vom 8. Februar 1916Ein Soldatenheim ist am Sonntag nachmittag im katholischen Gesellenhaus an der Kölnstraße mit einer schlichten Feier eröffnet worden. Der Vorsitzende des Ausschusses, Kaplan Rütters, Dechant Böhmer, Erz. General v. Bötticher und der altkatholische Pfarrer Prof. Mülhaupt hielten Ansprachen an die zahlreich erschienenen Krieger. Das neue Heim soll allen Soldaten der Garnison Bonn Unterhaltung und Belehrung bieten. Mit dem Heim ist auch ein Lese- und Schreibzimmer verbunden.

Der Eifelverein führte gestern eine stattliche Schar Wanderfreunde, Damen und Herren, in das Talgebiet der Sülz und in den Königsforst. Von Troisdorf aus ging es an Burg Wissen, an den Waldvillen Manstaedt vorbei über den östlichen Teil der Wahner Heide. Von einem beherrschenden Hügel, dem Kaiserberg, wurde ein Blick in das Wandergebiet geworfen, das freundlich im sonnigen Wintermorgen sich weithin zog; im fernen Norden funkelte die Sonne in den Fenstern von Schloß Bensberg; im Westen ragten hoch aus Dunst und Nebel die Spitzen der Kölner Domtürme; Wald und Heide und braune Ackerschollen, Täler und Hügel reichten da einander die Hand. Am Güldenberg vorbei, wo unter hohen Buchen unter der roten Blätterdecke das weite vorzeitliche germanische Gräberfeld liegt, wurde das wildromantische Aggerufer gewonnen; auf schmalen Saumpfaden die Einmündung der Sülz erreicht, auf wilden Stiegen das Sülztal aufmarschiert, bis sich bei Ramrücken das Tal verflacht und zu einem lieblichen Wiesental wird. Dann begann der Aufstieg auf die Höhe, die in bester Kultur liegt, auf denen wie gesät die freundlichen bergischen Höfe sich streuen, alle schwarz-weiß gestrichen, alle umschlossen von Obsthainen. Weit reicht der Blick von diesem Höhenzug über das bergische Land, in die Rheinebene über das Häusermeer von Köln; er bleibt haften am dunklen Wall des Vorgebirges. Wieder tritt Wald an den Weg, das einsame Wirtshaus von Durbusch, wo einst wie die Kosaken die Kroaten hausten, wird passiert, und über Bleifeld der höchste der bergischen Berge, der sagenreiche Löderich (258 Meter) leicht erstiegen. Wieder aus einer Lichtung prächtige Fernblicke, und steil stürzt der Weg hinunter ins Sülztal. Kaffeepause, kriegsmäßig einfach, in Leinbach und über Forstbach zur idyllischen Forstbacher Mühle, wo Kölner in Hemdsärmeln beim Kaffee saßen und draußen die Zeitung lasen.
  
Dann Eintritt in den Königsforst, der sich an Ausdehnung mit unserem Kottenforst messen kann, auch vielleicht mit seinem Baumbestand und den Wegen, nimmermehr aber mit des Kottenforstes Freiheit. Wo ein Weg zur echten, rechten Walseinsamkeit führt, wo er rasig und weich wie Sammt wird, prangte ein Verbot an langer Stange – just wie auf dem Ennert. Und auch der Königsforst ist staatlich wie unser Kottenforst. Vielleicht sind die Kölner, die den Wald geradezu überschwemmen, nicht so lieb und brav wie die Bonner Waldfreunde. Im sinkenden Abend wurde der letzte Teil des Waldes durchwandert; bei völliger Nacht über Eil nach Porz-Urbach zum Bahnhof gewandert. Da gab dann noch zum Schluß die Großstadt Köln dem Wanderer ihr nächtliches Feuerwerk, das den ganzen Nordhimmel überzog, das über den aufgezogenen Wolken wie Feuerglut lag, das hüben und drüben aufblitzte, das in Perlenkränzen der Straßenbeleuchtung den Horizont säumte. Die sehr schwierige Führung hatte Herr Berghoff.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Eine vaterländische Volksfeier des Bonner Wehrbundes fand gestern abend im Bonner Bürgerverein statt. Sie hatte sich eines außerordentlich zahlreichen Besuches zu erfreuen. Nach einem gemeinsamen Liede trug ein Mitglied des Wehrbundes, Herr Mecklenbeck, einen sinnreichen Vorspruch vor, der die Bestrebungen und Ziele des Wehrbundes darlegte. Herr Professor Schmidt brachte alsdann das Kaiserhoch aus. In mehr als einem Vierteljahrhundert habe der Kaiser die Friedensgüter gefördert, dabei aber auch die starke Waffe der deutschen Volkswehr scharf gehalten, um im Notfalle das von den Vätern neu geschaffene Vaterland zu verteidigen. Der Erfolg sei daher auf unserer Seite, dank der glänzenden Taten unserer Heere und ihrer Führer, mit dem Kaiser an der Spitze. Mit Stolz könnten wir auf unseren Kaiser und im Vertrauen auf ihn auch vertrauensvoll in die Zukunft blicken. Das dreifache Kaiserhoch wurde von der Versammlung mit großer Begeisterung aufgenommen. Nach der gemeinsam gesungenen Nationalhymne brachten die Herren Landgerichtsrat Bücheler, Berghäuser und Kirchmayer Haydns D dur-Trio in schön ausgeglichenem Zusammenspiel zu Gehör. Dann trug ein Mitglied des Wehrbundes, Herr Math. Acker, zwei Dichtungen in bester Weise vor. Auch die Bonner Liedertafel wirkte bei der Feier mit. Unter Werths meisterhafter Leitung brachte die erprobte Sängerschar zunächst den Rebbertschen Chor Heil Kaiser und Reich und dann Langers Am Ammersee sehr schön zum Vortrag. Der Leiter des Wehrbundes, Herr Geheimrat Brinkmann, erfreute die Gesellschaft alsdann mit einem Vortrag über die Durchbruchsschlacht in Galizien und brachte am Ende ein dreifaches Hurra auf unser Heer aus. Die Bonner Liedertafel sang noch einige der ernsten Zeit angepaßte Chöre, zuletzt das niederländische Dankgebet, dann schloß die würdige Feier mit dem gemeinsamen Gesang von Deutschland über alles.

Märchenspiel. Daß trotz der rauhen Wirklichkeit des Krieges das Interesse für unsere herrlichen deutschen Märchen nicht im geringsten geschwunden ist, konnte man gestern abend im großen Saale des Bonner Bürgervereins sehen. Eine stattliche Zahl von Zuschauern hatte sich dort eingefunden, um sich für einige Stunden an dem Zauber des allgemein beliebten Loreley-Märchens zu berauschen. Man war nicht wenig gespannt auf die Aufführung „Rheinmärchen“, welche das Kölner Märchentheater angekündigt hatte. Im allgemeinen muß man zugeben, daß die jungen Darstellerinnen ihre Rollen geschickt gespielt haben. Besonderes Lob verdient das kleinste Pärchen, das durch sein graziöses Tanzen und seine allerliebsten Gesten allgemeine Bewunderung erregte. Von den ernsten Rollen hatte Jutta, die Gräfin und Prinzessin Ilse meisterhaft gespielt. Die Gräfin Mutter hätte sich dagegen an dem Spiel der Königin Lorelei ein Beispiel nehmen können, die ihre königliche Würde zu wahren und durch Liebreiz zu entzücken wußte, eine Lorelei, wie sie sich die jugendliche Fantasie vorstellt. Sehr erheiternd wirkte der Akt, wo die alte Hexe von Bacharach mit dem possierlichen Treiben ihrer Zwerge auftrat. Die ganze Handlung des Stückes wurde durch ihrem Charakter entsprechende Musik begleitet. Die Aufführung überhaupt verdient vollste Anerkennung und ihr Besuch kann für jung und alt nur empfohlen werden.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)