Montag, 3. Januar 1916

    

Der Jahreswechsel hat sich, dem Ernst der Zeit entsprechend, verhältnismäßig ruhig vollzogen. Als die Kirchenglocken mit ihrem feierlichen Geläut den Beginn des neuen Jahres verkündeten, rief man sich in den Straßen wohl das übliche „Prosit Neujahr“ zu, hier und da wurde auch geschossen, doch nach wenigen Minuten war es still wie vorher. Etwas lauter wurde es für kurze Zeit noch einmal um 1 Uhr, als die meist sehr gut besuchten Wirtschaften infolge der Polizeistunde ihre Gäste entlassen mußten.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 3. Januar 1916Die Neujahrsnacht wurde durch Glockengeläute eingeleitet und trotz des allgemeinen Verbots setzten auch mit dem Glockenschlag zwölf heftige Böllerschüsse und Schüsse aus Handwaffen ein. Im großen Ganzen war es auf den Straßen ziemlich ruhig, was wohl hauptsächlich auf den starken Regen, der schon gegen 10 Uhr am Silvesterabend einsetzte, zurückzuführen ist. Auch die beiden ersten Tage im neuen Jahre brachten uns zeitweise heftige Regengüsse und mancher Ausflügler, der sich durch das sommerlich schöne Wetter am gestrigen Mittag zu einem Ausflug in die Berge verleiten ließ, kehrten am Abend durchnäßt hierher zurück. Unsere Vorortbahnen sowohl als auch unsere Straßenbahn machten dabei ein gutes Geschäft, denn die einzelnen Züge wurden von den Ausflüglern förmlich gestürmt. Nach dem hohen Barometerstand zu schließen, hätte man an beiden Tagen das herrlichste Wetter erwarten dürfen und dabei stieg das Thermometer auf 12½ Grad Celsius über Null, eine Weitterung, wie wir sie nicht oft im Frühjahr zu verzeichnen haben.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Godesberg, 3. Jan. Von Neujahrsbesuchen und Neujahrswünschen hatten sich zu Gunsten des „Eisernen Kreuzes von Godesberg“ zum Besten der Hinterbliebenen gefallener Krieger aus der Bürgermeisterei Godesberg 41 Familien mit einem Beitrage von drei Mark (drei mit fünf Mark) losgekauft und dadurch die gute Sache mit 127 Mark unterstützt.

Godesberg, 31. Dez. Wir erhalten folgende Zuschrift: „Die diesjährige Gemeinderatswahl hat einen wichtigen erfreulichen Fortschritt gebracht. Sämtliche gewählten Gemeindevertreter, haben sich verpflichtet, an den zeitgemäßen Bestrebungen für unsere Gartenstadt auch endlich städtische Rechte zu erwerben, nach Kräften teilzunehmen. Das Hauptverdienst nach dieser Richtung hin, die Wähler der I. und II. Klasse in einer ernsten Zeit entsprechenden ruhigen Weise unter einen Hut gebracht zu haben, gebührt dem Haus- und Grundbesitzerverein. Das Fehlen irgend welcher Gegenkandidaten in allen drei Klassen hat gezeigt, daß in Godesberg nunmehr die ganze Bürgerschaft, arm und reich, vollständig einig ist, betreffs der Gemeindeverwaltung das Joch der veralteten Landgemeindeordnung abzuschütteln.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 3. Januar 1916Im Lese- und Schreibzimmer für verwundete Soldaten, Poststraße 9, veranstaltete der Freiwillige Hülfsausschuß für Truppen am Freitag nachmittag um 5 Uhr eine stimmungsvolle Jahresabschlußfeier. Außer den Herren, die seit Kriegsbeginn die Aufsicht und die Auskunftserteilung übernommen haben, hatten sich über 60 Verwundete unter dem Christbaum eingefunden, so daß alle Plätze besetzt waren. In einer kurzen Ansprache gab der Vorsitzende, Dr. Krantz, seiner Freude Ausdruck, daß die Lesehalle trotz der Einfachheit ihrer Ausstattung einen immer steigenden Zuspruch gefunden habe. Jeder Soldat könne hier für sich sein und ungestört lesen und schreiben, auf Wunsch aber finde er jederzeit Rat und Hülfe. Weiter erinnerte der Redner daran, daß wir heute am Jahresschluß uns bewußt sein müssen, wie dieser gewaltige Krieg bei aller seiner Not auch eine Quelle des reichsten Segens für uns alle geworden wäre. Noch niemals sei die Vaterländische Einigung so selbstverständlich und stark gewesen, noch niemals die Opferfreudigkeit so allgemein, die Kraft unserer Heere so unwiderstehlich wie jetzt.
   Alle unsere feldgrauen Kameraden, die im Kampf für Deutschlands Schutz und Ehre ihr Leben eingesetzt haben, müsse es mit Stolz und Befriedigung erfüllen, persönlichen Anteil gewonnen zu haben an der Erreichung dieser hohen vaterländischen Ziele. Ein brausendes Hurra auf den obersten Kriegsherrn, unseren geliebten Kaiser, gab der allgemeinen Stimmung begeisterten Ausdruck. Frisch und herzlich dankte ein Unteroffizier im Namen seiner Kameraden. Ein gemeinsam gesungenes Weihnachtslied schloß die kleine Feier, von der jeder Soldat noch ein kleines Päckchen mit Gebäck und Zigarren heimnehmen konnte.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)