Dienstag, 27. Oktober 1914

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 27. Oktober 1914Ehrung unserer in Bonn verstorbenen Krieger. Kurz nach der Mobilmachung hatte die zuständige Kommission auch für einen Ehrenplatz zur Beerdigung unserer hier verstorbenen Krieger Sorge getragen. Der schönste Teil, rechts und links des Hauptweges, im neuen Teil des Nordfriedhofs, wurde dafür ausersehen. Es sind bis heute 44 Deutsche und 3 Franzosen bestattet worden. Nach Beendigung des Krieges soll dieser Ehrenfriedhof unserer Vaterlandsverteidiger eine besondere in sich abgeschlossene gärtnerische Ausgestaltung erfahren. Sogar der Platz für ein künftiges gemeinsames Kriegerdenkmal ist bereits bestimmt. Für Allerheiligen ist die städtische Gartenverwaltung mit der vorläufigen Ausschmückung der Kriegsgräber beauftragt. Wie wir hören, erhält jedes Grab ein einfaches schlichtes Holzkreuz mit Aufschrift, das noch mit einem kleinen Lorbeerkranz versehen wird. Die rohe Erde wird mit Immergrün abgedeckt und mit Rosen geziert. Bei Eintritt der Dunkelheit werden schwelende Feuer angebrannt, die leuchtend die letzten Ruhestätten der für ihr Vaterland gestorbenen Helden verkünden sollen.
   Ein Ausschuß für die Unterstützung der evangelischen Militärfürsorge im Felde hat sich gebildet. Dem geschäftsführenden Ausschuß gehören aus Bonn Pastor Lorenz, als Beauftragter des evang. Feldpropstes der Armee, und Pastor Kremers an. Zweck des Ausschusses, der mit einem Aufruf an die Öffentlichkeit tritt, ist es, die Tätigkeit der Feldprediger in jeder Weise zu unterstützen. (Ausführliche Meldung folgt.)

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 27. Oktober 1914Bei der allgemeinen Empörung über die englische Roheiten gegen unsere Landsleute bleibt es eine merkwürdige Tatsache, daß die hiesige englische Teestube noch immer von einem nicht geringen Teil der Bonner Gesellschaft besucht wird. In dieser Teestube werden englische Erzeugnisse verkauft!
   Ließe sich in Bonn nicht eine deutsche Teestube einrichten?
   Meines Erachtens würde manche Dame, die durch den Krieg der Möglichkeit beraubt worden ist, ihr Brot wie bisher durch Beköstigung von Pensionären zu verdienen, die Gelegenheit freudig ergreifen, sich auf diese Weise ein neues Feld des einträglichen Verdienstes zu schaffen. Dsch.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Eingesandt“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 27. Oktober 1914Liebesdienst für unsere Truppen. Selten hält einer der Züge an der Kaiserstraße; wenn es aber mal geschieht, so sind die Anwohner auch bei der Hand, unseren Soldaten Erfrischungen zu reichen. So auch am Sonntag Nachmittag. Im Augenblick war von den an der Bahnlinie wohnenden Bürgern der Schumannstraße und der Kaiserstraße ein Hilfsdienst eingerichtet. Was nur das Haus bot an Rauch- und Essbarem wurde durch einen Bahnbeamten den Soldaten überreicht, die dankend quittierten und bei der Weiterfahrt allen ein „Wiedersehen“ zuriefen.

Zur Förderung der Nutz-Geflügelzucht gibt die Zentral-Geflügel-Zucht- und Lehranstalt in Neuß noch eine Anzahl Zuchthähne ab. Das von dort gelieferte Zuchtmaterial hat sich bisher sehr bewährt und es dürfte sich empfehlen, noch in diesem Herbst dort zu bestellen.

Zwei jugendliche Ausreißer. Bürschlein im Alter von 12 und 14 Jahren aus Köln, sind hier festgenommen worden. Sie hatten ihrem Vater 114 Mark gestohlen und damit eine Vergnügungsreise angetreten. Inzwischen hat der Vater seine hoffnungsvollen Sprößlinge in Bonn abgeholt und ihnen seinen Dank für die Reise auf väterliche Weise abgestattet.

Auswärtswohnen der Lehrer. Der Unterrichtsminister hat zum Auswärtswohnen der Lehrer durch Erlaß vom 17. Oktober Stellung genommen. Die Annahme, daß dem Auswärtswohnen der Lehrer in der Regel keine schuldienstlichen Interessen eintgegenstehen, sei nicht zutreffend. Es sei im Gegenteil wünschenswert, daß der Lehrer dort wohne, wo die Schüler wohnten, dann habe er Gelegenheit, die Schüler auch außerhalb des Unterrichts zu beobachten; auch werde auf diese Weise die Verbindung zwischen Schule und Elternhaus leichter aufrecht erhalten, und die Lehrer seien imstande, an der Lösung der sozialen Aufgaben erfolgreicher mitzuwirken. Das Auswärtswohnen könne nur mit Rücksicht auf besondere Verhältnisse gestattet werden.

Ein Fliegerpfeil, wie sie von den Franzosen zum Abwurf aus den Flugzeugen benutzt werden, ist uns von einem Bonner freiwilligen Flieger zugesandt worden. Der Pfeil ist etwas 12 Zentimeter lang und hat ein Gewicht von 18 Gramm. Die Spitze ist gleich einem Geschoß; durch Ausfräsen der Enden ist der Schwerpunkt nach vorne verlegt, wodurch das Ding von etwa 2000 Metern mit unglaublicher Geschwindigkeit absaust. Wir haben den Fliegerpfeil in unserem Schaufenster ausgestellt.

Alle Benzinvorräte, die von der Heeresverwaltung nicht vertraglich sichergestellt oder angekauft sind, werden laut Bekanntmachung des Gouverneurs der Festung Köln vom Kriegsministerium freigegeben.
   Benzol ist im Bezirk des stellv. General-Kommandos des 8. Armeekorps ohne Freigabeschein für landwirtschaftliche, staatliche und kommunale Zwecke und für gewerbliche Betriebe als Motor-Betriebsstoff freigegeben.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 27. Oktober 1914Sonntagsruhe. In den Kreisen der Gewerbetreibenden herrscht anscheinend Unklarheit über die Regelung der Sonntagsruhe und des Achtuhrladenschlusses. Lediglich den ersten Sonntag nach der Mobilmachung war die Sonntagsruhe aufgehoben, um den einberufenen Kriegern den Einkauf ihrer Bedürfnisse zu erleichtern. Da hierzu ein Bedürfnis aber nicht mehr vorliegt, ist die Sonntagsruhe und der Achtuhrladenschluß wieder genau zu beachten. Wie uns aus zuständiger Quelle mitgeteilt, werden für die Folge die Bestimmungen seitens der Behörde wieder streng gehandhabt werden. Jeder Geschäftsinhaber wird daher im eigensten Interesse gut tun, die Sonntagsruhe und den Achtuhrschluß gewissenhaft zu beachten, um unliebsamen Bestrafungen aus dem Wege zu gehen.

Von der Universität. (...) Am schwarzen Brett hängt folgender Anschlag. Die Herren Studierenden mache ich aufmerksam, daß nach den während der jetzigen Kriegstage geltenden Bestimmungen jegliches Waffentragen – z.B. Revolver, Stockdegen, Dolch, Schlagring - ohne Erlaubnis der zuständigen Behörde – Oberbürgermeister, Landrat – sowie jede Widerstandsleistung gegen die zur Aufrechterhaltung der Ordnung berufenen Polizei- oder Militärbehörden zur Aburteilung vor die Kriegsgerichte gehört. Es kann für die gedachten Handlungen nur auf Gefängnisstrafe erkannt werden und hat das Kriegsgericht in seiner letzten Sitzung als mildeste Verurteilung eine Gefängnisstrafe von 3 Wochen festgesetzt. Die vormalige mildere Bestrafung der gedachten Straftaten durch die Zivilgerichte ist also infolge der Zeitverhältnisse ganz erheblich verschärft. Aus diesem Grunde ermahne ich die Herren Studierenden angelegentlich zur Vorsicht.

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 27. Oktober 1914Redet nicht zuviel – seid vorsichtig mit Euren Worten! Unsere Feinde, besonders die Engländer, haben auch jetzt noch Horcher und Späher unter uns. Dafür ein Beispiel. Die Londoner „Daily Mail“, die noch giftiger als die „Times“ gegen Deutschland hetzt, bringt einen Aufsatz über die Stimmung in Berlin, der zu sehr ernstem Nachdenken anregt. Der Verfasser, Stefan Black in Rotterdam, behauptet, daß ihm der Inhalt von einem Gewährsmann erzählt worden sei, der unter erheblicher Gefahr für seine Person in Deutschland gewesen sei, um die Wahrheit zu ergründen. Der Gewährsmann sei kein Engländer und habe ausgezeichnete Gelegenheit gehabt, sich in allen Schichten der Bevölkerung zu bewegen. Daß das letztere wahr ist, beweist der Aufsatz, der mit erschreckender Treue Gespräche und Aeußerungen wiedergibt, die man täglich von gedankenlosen Leuten hören kann. Man sieht so recht deutlich, wie berechtigt die Warnung vor Spionen in Deutschland ist. Wer seines Vaterlandes Wohl will, sollte Dinge, die anderen Quellen als den Zeitungen entspringen und die ihm zufällig zu Ohren kommen, nie weiter erzählen und insbesondere allen Ausländern und irgendwie verdächtigen Personen gegenüber größte Zurückhaltung beobachten. Politische Unterhaltungen in öffentlichen Oertlichkeiten müssten geradezu durch das Publikum selbst verhindert werden.

Sammelfässer. Bis gestern abend wurden abgeliefert 40.750 Zigarren, 27.784 Zigaretten, Tabak und viele Gaben an Pulswärmern und Strümpfen, sogar ein wollenes Hemd. Es fanden sich auch noch vor 1 Damenuhr, 1 goldener Ring und 1 Paar Ohrringe. Allen Gebern herzlichen Dank. Zur Aufklärung diene die Nachricht, daß die Geldbeträge, welche in den von Anfang an aufgestellten gelben Holzfässern vorgefunden werden (bis jetzt 1.776,38 Mark) ausschließlich zum Ankauf von Zigarren usw. verwendet werden, wie die Aufschrift auf den Fässern es auch sagt.
   Die von anderer Seite aufgestellten Schilderhäuschen usw. dienen anderen Zwecken.
   Zigarren usw. sind nach wie vor die begehrtesten Liebesgaben unserer Helden im Felde, also bitte die Herzen, die Geldbeutel und Zigarrentaschen für diesen Zweck auf.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)