Sonntag, 21. April 1918
Die Schüler des Städtischen Gymnasiums und Realgymnasiums haben bei der achten Kriegsanleihe durch eigene Zeichnung und Werbung 710.365 M. aufgebracht.
Königliches Gymnasium. Die Schüler des Königlichen Gymnasiums haben durch Zeichung und Werbung 429.085 M. für die 8. Kriegsanleihe aufgebracht.
Petroleum zu Leuchtzwecken darf vom 1. Mai bis 16. September nicht abgesetzt werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

Die Fleischverteilung in Bonn hat unsere Hausfrauen am Wochenschluß bitter enttäuscht. Aus zahlreichen Zuschriften ersehen wir, daß man ausnahmsweise einmal auf unseren geschätzten Nahrungsmittel-Direktor recht ungehalten ist. Während in der vergangenen Woche noch 120 Gramm Fleisch zur Verteilung gelangten, konnten die Metzger für die kommende Woche aus der städtischerseits zugewiesenen Menge nur 30 Gramm auf den Kopf der Familien zum Verkauf bringen. Unsere Hausfrauen geben uns hierüber betrübende Schilderungen. Sie erklären uns, daß es sich überhaupt nicht mehr verlohne, das bißchen Fleisch in den Topf zu tun. Einer unserer verehelichen Leser macht uns auf einen Artikel der Frankfurter Zeitung vom 19. April aufmerksam, in welchem sich die Frankfurter darüber aufregen, daß sie demnächst nur noch 200 Gramm Fleisch bekommen sollen.
Da bei uns schon seit langem keine 200 Gramm mehr zur Verteilung gelangt sind, so ist wohl die Frage berechtigt, auf welche Umstände diese ungleiche Verteilung der Fleischmengen in den verschiedenen Städten des Vaterlandes zurückzuführen ist. Die Stadt Frankfurt a. M. scheint überhaupt zu den ganz bevorzugten Städten zu gehören ... […]
Wenn die Frankfurter Zeitung mit allem Nachdruck für eine gleichmäßige Belieferung der Städte eintritt, so können wir unserm vielerprobten Herrn Beigeordneten Piehl im Namen aller Hausfrauen und deren fleischtopffrohen Ehemänner nur die Bitte warm ans Herz legen, auch seinerseits eine kräftige Lanze für diese Forderung einzulegen.
Fußballsport. Nachdem in zahlreichen Meisterschaftsspielen die drei Gruppensieger der Kriegsspielgemeinschaft Köln-Bonn ermittelt worden sind, beginnen mit dem heutigen Sonntag die Entscheidungsspiele. Als erste Gegner treffen sich die Sieger der Gruppen I und III. Kölner Sport-Club 1899 und Siegburger Sport-Verein, auf dem Sportplatz des Bonner Fußball-Vereins an der Richard-Wagnerstraße. Beide Vereine werden in stärkster Aufstellung spielen, sodaß mit einem sehr spannungsvollen Verlauf des Kampfes zu rechnen ist.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kartoffelverkauf. In der Woche vom 22. bis 28. April d. J. werden auf Warenkarte Nr. 47 7 Pfd. Kartoffeln in den städtischen Kartoffelverkaufsstellen verkauft.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Montag, 22. April 1918
Professor Fritz Ohmann. Am 20. d. M. erhielt der Rektor der Universität folgenden Brief, der auf dem Schlachtfeld mit Bleistift auf erbeutetem australischen Briefpapier geschrieben ist. Er hat folgenden Wortlaut: „Schlachtfeld an der Lys, 14.4.1918. An den Rector magnificus der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Euerer Magnifizenz mache ich die traurige Mitteilung, daß der Leutnant d. R. im Feldartillerie-Regiment … Ohmann, Privatdozent an der Friedrich-Wilhelms-Universität, gestern früh den Heldentod gestorben ist. Er war – als mein Ordonnanzoffizier – zur Feststellung der vorderen Linie während siegreichen Angriffsgefechts vorgeschickt. Sein Tatendrang trieb ihn zu Pferde bis in die Schützenlinie, wo ihn die feindliche Maschinengewehrkugel traf. Mit ihm hat die Division einen schweren Verlust erlitten. Er war ein Mann von reichen Gaben des Verstandes und des Herzens, ein prächtiger Soldat, tapfer, umsichtig, zäh, arbeitsfreudig und von rascher Entschlußkraft. […] Er war ein fröhlicher Kamerad, stets lustig und guter Dinge, stets Optimist, niemals Spielverderber. Wir hatten ihn alle sehr gern und werden sein Andenken treu im Herzen bewahren. […]“ Auch die Universität wird sein Andenken treu bewahren, diesen Brief hüten als wertvollen Schatz und als ein kostbares Denkmal der Zeitgeschichte. […]
Städtisches Lyzeum. Die Schülerinnen des städtischen Lyzeums und der mit ihm verbundenen Studienanstalt haben zur achten Kriegsanleihe durch eigene Zeichnungen und Werbunden 720.775 Mark aufgebracht. Als Anerkennung ihrer wertvollen vaterländischen Arbeit erhalten die Schülerinnen am morgigen Dienstag einen schulfreien Tag.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Godesberg, 21. April. Die Schülerinnen und Schüler des Evangelischen Lyzeums zu Godesberg haben auf die achte Kriegsanleihe 210.000 M. gezeichnet (gegen rund 12.000 M. auf die dritte bis sechste und 24.500 M. auf die siebente Kriegsanleihe).
(Bonner Zeitung, Rubrik „Rheinland und Nachbargebiete“)
Die Höchstpreise für Wurst hatte eine Frau von hier überschritten, indem sie Wurst, die ihr Mann aus dem Felde geschickt hatte, verkaufte. Ein gegen sie erlassener Strafbefehl wurde zurückgezogen, dagegen setzte das Schöffengericht wegen Uebertretung in drei Fällen eine Geldstrafe von 45 Mark fest.
Milch, Gerste und andere Lebensmittel hatte eine verkrüppelte Frauensperson, die von der Armenverwaltung unterstützt wird, ihrem Hund verfüttert. Wegen dieser Uebertretung hatte sie einen Strafbefehl über 30 Mk. erhalten. Ihr Einspruch hiergegen wurde am Samstag vom Schöffengericht zurückgewiesen. Der Vorsitzende riet der Verurteilten, den Hund abzuschaffen und sagte ihr, eigentlich hätten Sie ins Gefängnis gemußt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Frost der letzten Nächte hat den Obstbäumen empfindlichen Schaden zugefügt. Strichweise wird ein großer Teil der Ernte dahin sein. Zumal die Kirsch- und Pflaumenbäume, die in diesem Jahre so üppig blühen, haben arg gelitten. Die Blüten sehen vielfach braun aus. Besonders schlimm war der Regen, der am Donnerstagabend wahrscheinlich im gesamten Westen niederging. Der nächtliche Frost setzte in vielen Blüten kleine Eiskristalle an. Es ist gut, daß die Spätbirnen- und Apfelbäume in der Blüte noch weiter zurück sind. In der Eifel und andern Gegenden ist vorgestern sogar Schnee gefallen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Dienstag, 23. April 1918
Ein Vertreter des Kriegsernährungsamtes sprach gestern abend im hiesigen Kriegsausschuß für Konsumenten-Interessen über die öffentlich-rechtliche Lebensmittelversorgung und die Aussichten der Volksernährung im laufenden Wirtschaftsjahre. Er schilderte die Schwierigkeiten der Kriegsernährung, die sich aus der fehlenden Einfuhr, die vor dem Kriege jährlich 3½ Milliarden Mark Wert hatte, und dem Rückgang der einheimischen Erzeugung ergeben, so daß wir nur 80 bis 70 v. H. der im Frieden verbrauchten Waren besitzen. Dazu kommt, daß die Bedarfsgebiete sich vermehrt haben, ein großer Teil, der früher auf dem Wasserwege versorgt werden konnte, jetzt auf die Eisenbahnen angewiesen ist, daß aber die Eisenbahnen ungeheuer überlastet sind und daß die Vorratswirtschaft große Ansprüche an die Lagerung der Lebensmittel stellt. Die Erzeugnisse „restlos zu erfassen“ ist überhaupt nicht möglich, eine gleichmäßige Verteilung, die gar keine Rücksicht nimmt auf Kräfteverbrauch, Gesundheit, Lebensgewohnheit usw., wäre ungerecht. Der freie Handel könnte die Verteilung bestimmt nicht besser regeln. Ueber die Aussichten in den nächsten vier Monaten bis zur neuen Ernte sagte der Redner: Das Kriegernährungsamt hofft, die Kartoffeln in der bisherigen Menge von sieben Pfund auch bis zur neuen Ernte geben zu können, eine feste Zusage kann es aber noch nicht machen. Unsere Getreideversorgung ist mit einer ansehnlichen Menge aus Rumänien unterstützt worden, daher konnte die Brotration bisher
beibehalten werden. Man hofft, sie auch weiter beibehalten zu können, es muß aber immerhin mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß in der letzten Zeit vor der neuen Ernte doch etwas weniger gegeben werden muß. Ob das geschehen muß, wird vom Ergebnis der Bestandsaufnahme am 15 Mai abhängen. Etwas mehr Nährmittel werden in der nächsten Zeit gegeben werden können. Die bisherige Fleischversorgung wird beibehalten werden können, ebenso die Versorgung mit Marmelade. Die Eierversorgung wird hinter dem Vorjahre zurückbleiben, auch der Kaffee-Ersatz muß gestreckt werden. Im allgemeinen steht es mit unserer Ernährung in diesem Jahre besser wie im vorigen; denn im vorigen Jahre mußte die Brotration gekürzt werden, wir hatten für die fehlenden Kartoffeln nur ganz ungenügenden Kohlrübenersatz. Im nächsten Wirtschaftjahr wird es dagegen bestimmt besser werden. Die schlimmste Zeit haben wir hinter uns, auch wenn der Krieg noch in das neue Wirtschaftsjahr hinein andauern sollte; denn wir sind nach unserem Frieden im Osten nicht mehr eingekreist.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Die Fleischversorgung in Bonn. Die Ungleichheit in der Verteilung der Fleischmengen, wie sie in letzter Zeit immer schärfer in den einzelnen Städten unseres gemeinsamen Vaterlandes zutage tritt, hat bekanntlich in der vergangenen Woche in Bonn zu der unleidlichen Tatsache geführt, daß wir mit 80 Gramm für den Kopf abgespeist werden mußten, während u. a. die lieben Frankfurter ein volles Pfund bekamen und auch weiterhin noch erhalten werden. [...] Inzwischen hören wir, daß auch in Wiesbaden und Düsseldorf noch 200 Gramm zur Verteilung gelangen, und Berlin wohl auf seinem halben Pfund bestehen wird.
Von unserer Nachbarstadt Köln erfahren wir, daß diese sich in der Fleischfrage auch weit besser steht als Bonn. Wie wir der amtlichen Bekanntmachung des Kölner Oberbürgermeisters vom 18. April entnehmen, ist der Kölner Bürgerschaft sogar für den Monat Mai bereits eine Fleischmenge von einem halben Pfund gesichert. [...]
Da von den Ortsverwaltungen der kleineren Städte gegen diese offensichtliche Benachteiligung offenbar schwer anzukämpfen ist, sucht das Bonner Lebensmittelamt zunächst auf andere Weise einen gewissen Ausgleich zu schaffen. Wie Beigeordneter Piehl heute amtlich bekannt gibt, wird „mit Rücksicht auf die geringe Fleischzuteilung in der vergangenen Woche“ am morgigen Mittwoch Speck zur Verteilung gelangen, und zwar soll jede berechtigte Person 50 (fünfzig) Gramm erhalten. Das ist zwar kein Ausgleich gegenüber der Fleischmenge, die in den genannten Großstädten zur Verteilung gelangt, man erkennt aber aus dieser Anweisung aus dem „Speckkämmerchen“, daß unsere Stadtverwaltung ehrlich bemüht ist, die an die Oeffentlichkeit tretenden berechtigten Wünsche der Bürgerschaft nach bestem Vermögen zu befriedigen.
Die Reichsfleischstelle wird es aber der Bonner Bürgerschaft nicht verargen können, wenn sie trotz dieses schmerzlindernden Speckstückchens auf ihrem Schein beharrt und für alle deutschen Städte, die gleichmäßig zum Durchhalten verpflichtet sind, auch eine gleichmäßige Verteilung der jeweiligen Fleischvorräte fordert, soweit sich dieses verkehrstechnisch und aus sonstigen sachlichen Gründen irgendwie durchführen läßt.
Rauchverbot für Jugendliche. Die Verordnung des Gouverneurs vom 27. November 1916 betreffend Jugendfürsorge tritt, soweit sie das Rauchen Jugendlicher betrifft, außer Kraft, weil an ihrer Stelle die Polizeiverordnung des Oberpräsidenten der Rheinprovinz vom 21 Februar 1918 jugendlichen Personen das Rauchen verbietet.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Schulfrei. Die Volksschulen haben am heutigen Dienstag wegen des glänzenden Ergebnisses der achten Kriegsanleihe schulfrei. Das Königliche Gymnasium hatte am Samstag bereits des Kriegsanleihenergebnisses wegen den Unterricht ausfallen lassen. Die Schülerinnen des städtischen Lyzeums und der mit ihm verbundenen Studienanstalt haben zur achten Kriegsanleihe durch eigene Zeichnungen und Werbungen 720.775 Mark aufgebracht. Als Anerkennung ihrer wertvollen vaterländischen Arbeit erhalten die Schülerinnen am heutigen Dienstag einen schulfreien Tag.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Mittwoch, 24. April 1918
„Bilder aus der Bonner Universität während des Weltkrieges“. Unter diesem Titel hat die „Hauswirtschaftliche Kriegshilfe“ (nationaler Frauendienst) im Einvernehmen mit der städtischen Behörde ein kleines Album herausgegeben, das im Text und in zehn Bildern den Anteil der Universität an der Kriegswirtschaft und Volksernährung darstellt. Bekanntlich beherbergt die Universität seit 1916 in 60 Räumen die Behörden des städtischen Lebensmittelamtes und mehrere Organisationen der Hauswirtschaftlichen Kriegshilfe. Keine Stätte ist der Bonner Bevölkerung so vertraut und wertvoll wie dieser Nordflügel der Friedrich-Wilhelms-Universität. Auch für die Studentenschaft, besonders für die Besucher des Speiseraums, dürfte es von historischem Interesse sein, ein Erinnerungsblatt zu besitzen, das ihre Alma Mater als Schutzherrin kriegswirtschaftlicher Einrichtungen festhält. So eignet sich das Album für jeden in Bonn als Gedenkzeichen für große und schwere Zeiten, sowohl als persönlicher Besitz wie als Gruß ins Feld an alle die dort kämpfenden jetzigen und ehemaligen Bonner Studenten. Der Reingewinn des Albums ist für die Bonner Kinderspeisung bestimmt, die seit zwei Jahren als eine der wichtigsten Wohlfahrtsbestrebungen der Hauswirtschaftlichen Kriegshilfe auf diese Weise eine dringend notwendige größere finanzielle Leistungsfähigkeit erreichen könnte. So steht zu erwarten, daß alle Bonner Kreise durch Ankauf des Albums, das ihnen eine liebe Erinnerung an große Zeiten sichert, die wichtige Fürsorge für die ausreichende Ernährung der armen Kinder unserer Stadt unterstützen werden. Das Album ist zum Preise von 1 M. zu haben in den Buchhandlungen und Schreibwarengeschäften, für die Studierenden außerdem beim Universitäts-Sekretariat.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

Die Kohlenversorgung der Bonner Bürgerschaft.
Die Ortskohlenstelle macht uns folgende Angaben:
Durch die Bekanntmachung des Reichskommissars für die Kohlenverteilung vom 30. März 1918 ist eine neue Regelung der Brennstoffversorgung der Haushaltungen eingetreten. Die der Stadt Bonn zugeteilte Menge an Kohlen, Koks und Briketts ist äußerst gering. Sie reicht lediglich dazu aus, um während der Sommermonate jeder Haushaltung für den Küchenbrand drei Zentner zuzuteilen.
Eine Versorgung für den Winter ist z. Zt. ausgeschlossen. [...]
Die Beschlagnahme der Messingteile. Nachdem am 16. April eine Meldung des Wolfschen Bureaus festgestellt hatte, daß unsere Truppen große Kupfer- und Gummivorräte in Frankreich erbeutet haben, hat der Wirtschaftsbund des Deutschen Haus- und Grundbesitzes (Aktiengesellschaft in Berlin) am 19. April 1918 beim Reichswirtschaftsamt sowie bei der Kriegsmetallstelle des Kriegsministeriums die Zurücknahme der Verordnung betreffend die Beschlagnahme der Messingteile an Treppen, Fenstern, Türen usw. beantragt. Dieser Antrag dürfte aber nach einer neuerlichen Meldung dieses Bureaus nur geringe Aussichten haben, da „die gesamte Materialbeute niemals als neues Aktivum in die Rohstoff- und Geldwirtschaft der Heimat eingestellt werden kann. Sie kann die Heimat nicht von der Bereitstellung der nötigen Rohstoffe und neuer Geldmittel für die kommende Kriegsführung befreien“.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Von der Polizei. In der Nacht zum Montag drangen Diebe in ein Haus in der Doetschstraße und stahlen aus einem Lager für mehrere tausend Mark Waren. – In der Nacht zum Dienstag plünderten Spitzbuben das Selterswasserhäuschen im Hofgarten aus, zertrümmerten den Spiegel und warfen eine Anzahl Flaschen entzwei.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Donnerstag, 25. April 1918
Unterbringung Schwerbeschädigter in militärischen Dienststellen. Die Zeitschrift „Die Kriegsbeschädigtenfürsorge in der Rheinprovinz“, herausgegeben vom Landeshauptmann der Rheinprovinz, schreibt: Das Kriegsministerium hat am 17.12.1917 folgendes verfügt: Bei der großen Zahl der schwerbeschädigten Kriegsverletzten (Einarmigen usw.), die in ihrem Berufe oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkte nur in sehr beschränktem Maße verwendungsfähig sind, ist es grundsätzlich erforderlich, ihnen bestimmte Posten ausschließlich offen zu halten. Allen militärischen Dienststellen wird es daher unter Hinweis auf Abschnitt 3 des Runderlasses der beteiligten preußischen Fachminister vom 29. August 1916 erneut zur Pflicht gemacht, solchen Kriegsbeschädigten leichtere, nicht den Militäranwärtern vorbehaltene Posten zu übertragen und vor der Besetzung dieser den Schwerbeschädigten vorzubehaltenden Stellen mit den Hauptfürsorgestellen wegen des Nachweises geeigneter Personen in Verbindung zu treten. Hierzu bemerkt das stellvertr. Generalkommando 8. Armeekorps in Koblen7: Als leichtere, nicht den Militäranwärtern vorbehaltenen Posten kommen in Frage: a) Dauerstellungen: Schreiber, Boten, Aufseher, Arbeiter bei Artilleriedepots, Garnisonsverwaltungen, Fortifikationen, Garnisons-Bäckereien, Bekleidungsamt, Kgl. Werke Siegburg. B) Während des Krieges: Schreiber, Boten, Koch, Verwalter von Kammerbeständen bei Truppenteilen und sonstigen militärischen Dienststellen.
Pfadfinderkorps Bonn. Die 1. Feldkompagnie (Freischar) tritt am Sonntag nachmittag 2½ Uhr am Aufgang zum Venusberg statt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Eine Eingabe der Bonner Obst- und Gemüsehändler.
Man schreibt uns: Die hiesigen Obst- und Gemüsekleinhändler haben in einer gemeinsamen Zusammenkunft beschlossen, ein Gesuch an die Stadtverwaltung zu machen, in Zukunft die von der Stadt erfaßten Obst- und Gemüsemengen den Kleinhändlern zu festgesetzten Preisen zum Verkauf an die Verbraucher zu überlassen. Dadurch fiele das von unseren sowieso schon viel geplagten Hausfrauen bitter empfundene stundenlange lästige Reihestehen vor den städtischen Verkaufsstellen fort. Es könnte dann jede Frau ihren Bedarf an Obst und Gemüse im benachbarten Geschäft zu festgesetzten Preisen decken. Es würde dies sicher von allen unseren Hausfrauen freudigst begrüßt werden.
(Wir möchten dem hinzufügen, daß dieser Vorschlag vieles für sich hat. In den Fällen, wo eine Knappheit in den Verkaufsmengen vorläge, wäre es jedoch vielleicht fraglich, ob alle Kleinhändler im Verkauf ebenso unparteiisch vorgingen, wie die städtischen Verkaufsstellen. An den städtischen Verkaufsstellen wird Reich und Arm gleich bedient, bei den Händlern kommt aber immer das verschiedenartige Interesse an den einzelnen Kunden in Frage. Die Schriftl.)
Universität. Wie verlautet, hielt der Rektor der Universität, Geheimrat Marx, bei der gestrigen ersten Einschreibung der Studierenden, eine Ansprache, in der er die Studentinnen ermahnte, auch in der Wissenschaft „ihren Mann“ zu stehen. Den durch den Dienst für das Vaterland verhinderten Studierenden wolle die Universität Gelegenheit schaffen, später ihr akademisches Studium zu erleichtern. Die Universität Dorpat werde uns wohl ein Hort deutscher Kultur und im Westen werde uns wohl bald der Friede beschert werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Kohlenfrage in Bonn. Zu meinem Schrecken lese ich in Ihrem Blatte die Absichten, mit denen die Bonner Ortskohlenstelle sich für die Sommermonate trägt. Schon für den Monat April wurden nur drei Zentner Kohlen bewilligt, obwohl erfahrungsgemäß im April hier in Bonn noch geheizt werden muß und nicht jede Hausfrau in der Lage ist, ihre sämtlichen Angehörigen in der Küche unterzubringen. Wie kann eine Hausfrau, die z. B. für fünf Mägen zu kochen hat und nicht im Besitze eines Gaskochers ist – nebenbei bemerkt, ist das gar kein Unglück bei der schlechten Beschaffenheit unseres Gases – ihre Angehörigen alle anständig versorgen? Sie mag Kochkiste, Papierbeutel und andere Hilfsmittel treu benutzen, drei warme Mahlzeiten am Tage, die bei unserem Brotmangel nötig sind, kann sie nicht mit drei Zentnern im Monat zustande bringen. Und dann kommt erst die zweite wichtige Frage: Wie wird es mit der Wäsche? Die Waschmittel sind schlecht, die Wäschevorräte verringern sich in jedem Haushalt und machen deshalb öftere Veranstaltung eines „Waschfestes“ notwendig. Und gesundheitlich ist der Wechsel der Wäsche im Sommer erfahrungsgemäß noch viel wichtiger als im Winter. Das sind Feststellungen einer Hausfrau, wie sie in den meisten Familien gemacht werden können. Welche Antwort kann man darauf geben? Eine Bonner Hausfrau.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Ueberwachung und Schutz von Heeresgut! Bekanntlich befindet sich in Bonn, Vivatsgasse 6, eine polizeiliche Nach- und Abschubsüberwachungsstelle, der die Ueberwachung von Heeresgut untersteht. Hierbei werden vielfach auch andere strafbare Handlungen aufgedeckt. Es gelang einem Hilfsbeamten, einen schweren Jungen festzunehmen, der unberechtigterweise Militär-Kleider trug und mit einem vollbepackten Rucksack und einem schweren Koffer beladen war. Bei näherer Revision stellte sich heraus, daß sich in demselben eine frischgeschlachtete Ziege und drei Kaninchen befanden. Die Tat soll in der Umgebung von Bonn geschehen sein. Obwohl manches Vergehen aufgedeckt und die Heeresverwaltung hierdurch vor vielen Schäden bewahrt wird, so könnte doch dem Vaterland noch mehr gerettet und allen das Durchhalten erleichtert werden, wenn die Bevölkerung die ihnen bekannt gewordenen Beraubungen, bezw. Hehlereien von Heeresgut sofort der Nach- und Abschubsüberwachungsstelle, Vivatsgasse 6, telefonisch unter Nr. 427 oder schriftlich melden würde. Es ergeht daher an alle die Bitte, mitzuhelfen, dem Vaterlande das Durchhalten zu erleichtern.
Verwundetenfürsorge. Den Insassen des Res.-Laz. I, Abt. Nervenklinik, wurde am vergangenen Sonntag ein seltener Genuß zu Teil. Der Verein „Bonner Wandervögel“ hatte sich unter der bewährten Leitung der Herren Sonntag und Kirfel eingefunden und erfreute die zahlreich erschienenen Feldgrauen mit Musik und Gesangvorträgen. Ernste und heitere Szenen wechselten in bunter Reihe mit musikalischen Darbietungen auf Guitarre, Mandoline und Laute. Großer Beifall veranlaßte zahlreiche Zugaben und bekundete die Dankbarkeit der Zuhörer. Gewiß dürfen die „Wandervögel“ auf die Talente ihrer Mitglieder stolz sein und werden recht bald wieder die Kranken des Res.-Laz. I, Abt. Nervenklinik, mit ihren Darbietungen erfreuen.
50 Gramm K.-A.-Seife dürfen während der Monate April und Mai gegen Vorlage der Seifenkarte besonders abgegeben werden. Der Verkäufer ist verpflichtet, die Abgabe auf dem Stamme der Seifenkarte unter Angabe des Datums mit Tinte oder Farbstempel zu vermerken.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Freitag, 26. April 1918
Die Kartoffeln für die nächsten vier Wochen können in der nächsten Woche auf einmal abgenommen werden. Wer sie auf einmal abnimmt, kann auf Warenmarke 54 noch weitere sieben Pfund Kartoffeln bekommen.
Sterilisierte Milch in 3/8-Liter-Flaschen wird zu 1,55 M. die Flasche wieder verkauft.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Die Brikettbeförderung von Brühl nach Bonn mit Fuhrwerken, wofür amtliche Anweisungen nicht erforderlich sind, hat bereits eingesetzt. Für Fuhrwerksbesitzer beginnt damit eine gute Geschäftsgelegenheit. Wir hatten bei der Veröffentlichung der hierüber handelnden Mitteilungen der Ortskohlenstelle vorgeschlagen, man möchte den Fuhrpreis amtlich begrenzen, um eine Preistreiberei unter den Verbrauchern zu verhüten. Diese Festsetzung müßte natürlich sowohl für die Fuhrwerksbesitzer des Stadtkreises Bonn, wie der Landkreise Bonn und Köln Geltung erhalten, wenn die Fuhrlohnvorschriften nicht umgangen werden sollen.
Fein in Kleidung. Wer auf der Straße seine Mitmenschen beobachtet, dem wird es auffallen, daß so viele Bürger, gleichviel ob Mann ob Frau, trotz aller Kleidernot noch so gut angezogen daherkommen. Nicht nur die Anzüge und Kleider der Damen sind in bester Verfassung, sondern auch das Schuhwerk ist meist noch elegant und läßt nichts von der jämmerlichen Lederknappheit merken, die uns demnächst alle zwingen soll, auf Holzsohlen zu laufen. Wohl ist unter diesen Gutgekleideten mancher, der seine Sachen in guter Ordnung zu halten weiß oder alte Stücke „wie neu ausgebessert“ trägt, in den meisten Fällen handelt es sich jedoch um jene Eigensüchtigen, die an sich selbst immer zuerst denken und die sich rechtzeitig versorgt haben. Wie es mit dieser „Versorgung“ getrieben worden ist, geht aus Mitteilungen hervor, die am letzten Dienstag in einer Kölner Schneiderinnenversammlung gemacht wurden. Es wurde berichtet, daß sich mancher Kriegsgewinnler zehn Anzüge machen ließ. Ein Schneidermeister führte aus, daß ihm kürzlich von einem Elternpaar elf Posten Stoffe vorgelegt wurden, um einen passenden Stoff für einen Anzug für den Sohn auszusuchen. Das sei aber kein Ausnahmefall, im Privatbesitz befänden sich große Läger Stoffe. Vor dem Bezugsscheinzwang kaufte sich eine hiesige Dame bei einer bekannten Firma von hier auf einmal nicht weniger als 15 Kostüme. Das sind die Leute, die immer noch tipp topp daherkommen, wenn andere ihre alten, verschlissenen Lumpen auftragen müssen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Universität. Bei der 1. Immatrikulation dieses Sommerhalbjahres begrüßte der Rektor, Geheimrat Marx, die erschienenen Studentinnen und Studenten mit einer Ansprache, in der er u. a. sagte: In der Friedenszeit pflegte der Rektor die Kommilitonen, im letzten Jahrzehnt auch die Kommilitoninnen zu ernster Arbeit zu ermahnen und vor Verstößen gegen die akademische Zucht zu warnen. Beides sei in dieser ernsten und großen Zeit nicht nötig. Die große Zeit spreche mit eherner Zunge, die Studierenden selbst wüßten diese Sprache dahin zu deuten, daß sie eifrig lernen müßten, um späteren Geschlechtern die Lehren der heutigen Zeit übermitteln zu können, einer Zeit von so weltgeschichtlicher Bedeutung, wie sie seit dem Verfall des Römerreiches und seit der Völkerwanderung nicht mehr dagewesen sei. Der Rektor mahnte die Studentinnen, an ihrem Teil dazu beizutragen, daß die Frau, wie jetzt überall im Wirtschafts- und Verkehrsleben, auch in der Wissenschaft jetzt „ihren Mann“ stehe. Er begrüßte vor allem die aus dem Feld zurückgekehrten Kommilitonen; sie, die unser Vaterland, vor allem unsere schöne Rheinprovinz und auch unsere Universität beschützt hätten, zu den akademischen Bürgern zu zählen, sei für Rektor und Senat eine ganz besondere Ehre.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Samstag, 27. April 1918
Soldatenheim. Im großen Saale des Vereinshauses konnte am verflossenen Sonntag der Vorsitzende, Herr H. Berief, trotz des schönen Frühlingswetters, wieder eine große Anzahl Feldgrauer begrüßen, jedoch vermißte man in letzter Zeit dort sehr unsere gehfähigen Verwundeten, denen das Soldatenheim ein so lieber Aufenthalt geworden war, wie die vielen Zuschriften derselben an den Ausschuß beweisen. Wir möchten daher an dieser Stelle nicht verfehlen, die betr. Lazarett-Verwaltungen zu bitten, die Verwundeten doch auf diese schönen Veranstaltungen immer wieder aufmerksam zu machen und unseren Verwundeten den Besuch derselben zu ermöglichen. – Den Besuchern des Soldatenheims wurde alsdann in bunter Abwechslung eine Fülle guter musikalischer und gesanglicher Unterhaltung geboten, zum Schluß mit einem vorzüglich aufgeführten Singspiel „Der Taucher“.
Bonner Wehrbund. Die Jugendkompagnie tritt am Sonntag um 2½ Uhr in der Doetschstraße zu einer Geländeübung an.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Die Fleischversorgung Bonns.
Vom städtischen Lebensmittelamt wird uns geschrieben:
„Die Fleischversorgung in der Stadt Bonn ist in den letzten Wochen leider nicht gut gewesen. In der Woche vom 7.-13. April konnten einschließlich Wurst nur 140 Gramm und in der Woche vom 14.-20. April einschließlich Wurst sogar nur 100 Gramm ausgegeben werden.
Diese geringe Fleischzuteilung hat naturgemäß und mit Recht, eine gewisse Erregung in der Bürgerschaft hervorgerufen, da mit ihr im Haushalt kaum etwas anzufangen ist.
Das Lebensmittelamt hat es jedoch an keiner Mühe fehlen lassen, um gegen diese Verhältnisse, die durch die Provinzialfleischstelle geschaffen sind, anzugehen. Es hat auch entsprechende Beschwerden an das Landesfleischamt gerichtet, aber leider bislang vergeblich. Zunächst sei einmal Klarheit darüber gegeben, in welcher Weise die Stadt eigentlich versorgt werden müßte. Die Annahme, daß wir die gleiche Fleischmenge erhalten, wie die Stadt Köln, ist unzutreffend. Nur die Städte über 100.000 Einwohner und die vorwiegend industriellen Orte erhalten eine Wochenkopfmenge von 250 Gramm Fleisch einschließlich Wurst. Die Städte von 50-100.000 Einwohner, zu denen auch Bonn gehört, erhalten nur eine Wochenkopfmenge von 200 Gramm einschließlich Wurst.
Mit Rücksicht auf die eigenartigen Verhältnisse der Stadt Bonn, ihre hohe Krankenziffer und die nahe Grenze der Einwohner an 100.000 hat das Lebensmittelamt begründete Anträge an die maßgeblichen Stellen gerichtet, der Stadt Bonn, auch vornehmlich von dem Gesichtspunkte aus, daß hier zurzeit eine große Anzahl industrielle Schwerarbeiter, nämlich mehr als 20.000 sich befinden, die erhöhte Fleischration von 250 Gramm wöchentlich zuzuteilen. Dies wurde auch vom Herrn Regierungs-Präsidenten anerkannt und so konnte es geschehen, daß in der Zeit vom 4. bis 17. März ds. Js. das Lebensmittelamt tatsächlich in der Lage war, 250 Gramm in der Woche auszugeben.
Diese Anordnung ist durch die Provinzialfleischstelle wiederum aufgehoben worden und nun soll die Stadt Bonn nur mit 200 Gramm Fleisch einschließlich Wurst beliefert werden.
[...]
Bonn steht mit der schlechten Fleischversorgung aber nicht alleine da. Die Nachbarstädte haben ebenfalls durchweg weniger, wie ihr Belieferungssoll ist, ausgegeben. Das ist auch darauf zurückzuführen, daß wir zur Zeit im Rheinlande eine außerordentlich hohe Belegziffer von Heeresangehörigen haben. Es steht aber zu hoffen, daß viele Schwierigkeiten nur noch kurze Zeit dauern. In dieser Woche werden wieder 160 Gramm Fleisch einschließlich Wurst ausgegeben.
An sich ist die Provinzialfleischstelle natürlich verpflichtet, für die Versorgung der Bevölkerung mit 200 Gramm unbedingt Sorge zu tragen. Aber in all diesen Versorgungsproblemen sind die Widerstände mitunter stärker als der Wille. So ist es auch hier der Fall. Immerhin müßte gerade für eine Stadt wie Bonn mit ihrer hohen Krankenziffer und der derzeitigen großen Zahl seiner industriellen Bevölkerung doch besser gesorgt werden wie für die Rentnerstädte.“
Die Bürgerschaft Bonns wird dankbar dafür sein, daß uns in der kommenden Woche eine erhöhte Fleischmenge von insgesamt 160 Gramm auf den Kopf der Bevölkerung zuteil wird. Wir begrüßen das auch um deswillen, weil die Erhöhung sicher nur nach harten Bemühungen des Beigeordneten Piehl für Bonn erkämpft werden konnte. [...]
Immerhin sind wir in Bonn, gemäß den Ausführungen des Herrn Beigeordneten Piehl, bisher tatsächlich benachteiligt worden. Wir hatten Anspruch auf 200-250 Gramm, hatten aber durchweg eine weit geringere Menge zugewiesen erhalten, - auch in der Zeit, in der die Berliner Zentralstellen die Fleischversorgung als sehr rosig gekennzeichnet hatten.
[...]
Herr Beigeordneter Piehl macht zugunsten einer höheren Fleischmenge für unsere Stadt geltend, daß wir Krankenstadt sind und 20.000 Schwerarbeiter und Militär beherbergen. Wir möchten noch etwas anderes zu unseren Gunsten ins Treffen führen. Bonn ist als Universitätsstadt auch Stadt der geistigen Arbeit. Und wenn wir es als selbstverständlich betrachten, daß unsere Schwerarbeiter ausreichend mit Fleisch versorgt werden, so wollen wir doch nicht vergessen, daß auch unsere geistigen Arbeiter der Fleischnahrung nicht gut entraten können. Wer dies bezweifelt, der möge sich einmal bei unseren künftigen Physiologen erkundigen. Sie werden bekunden, daß nicht nur schwere körperliche Arbeit, sondern auch für die aufreibende geistige Tätigkeit Kraftersatz in ausreichender Fleischnahrung gefunden werden muß.
[...]
Wir möchten deshalb an unser Lebensmittelamt erneut die Bitte richten, bei den Fleischzuweisungsstellen mit aller Hartnäckigkeit dafür einzutreten, daß wir die uns vom Herrn Regierungspräsidenten zugebilligte Fleischmenge von 250 Gramm auch tatsächlich erhalten, und daß beim Wiedereintritt besserer Fleischversorgungsverhältnisse die Frage erneut geprüft wird, ob nicht – selbstverständlich stets unter besonderer Berücksichtigung unserer Industriearbeiterschaft – eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Fleischmengen in allen Städten vorgenommen werden kann.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Vermächtnis. Ein Freund und Wohltäter der Armen, der vor einiger Zeit in Bonn verstorbene Rentner Wilhelm von Monschaw hat u. a. dem Bonner Zigarren-Abschnitt-Sammel-Verein, der alljährlich an Weihnachten viele arme Kinder einkleidet, 500 Mark zu diesem Zweck testamentarisch vermacht.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Sonntag, 28. April 1918
Gasthauswäsche. Der Oberbürgermeister ermahnt in einer Bekanntmachung im Anzeigenteil dieser Zeitung die Gasthausbesitzer und die Inhaber der anderen in Betracht kommenden Betriebe, ihre überschüssige Wäsche in möglichst großem Umfange an den amtlichen Einkäufer der Reichsbekleidungsstelle, Herrn Wolfgang Müller in Berlin, abzuliefern, um damit eine spätere Enteignung der jetzt schon beschlagnahmten Wäsche überflüssig zu machen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Eine Anzeige hatte eine hiesige Ehefrau gegen die Inhaberin eines Kohlengeschäfts erstattet, weil sie ihr die Abgabe von Kohlen verweigert haben sollte. Die Inhaberin des Kohlengeschäfts war durch Strafbefehl in eine Geldstrafe von 30 Mark genommen worden. Auf ihren Widerspruch hin erkannte das Schöffengericht auf Freisprechung. Es stellte sich bei der Zeugenvernehmung heraus, daß sie die Anzeigende gar nicht kannte. Diese war mittags auf dem Lager gewesen und ein Arbeiter hatte ihr gesagt, sie solle um ½3 Uhr wiederkommen. Verweigert hatte niemand Kohlen.

Nachrichten des städtischen Lebensmittelamtes
Milch.
Der Monat April ist in der Kriegszeit der milchärmste Monat. Die Futtermittel der letzten Ernte sind aufgebraucht und Grünfutter gibt es noch nicht. Da heißt es denn sich einrichten und mit der verfügbaren Menge Milch haushalten. Für Kinder im Alter von 6 bis 14 Jahren gibt es jetzt natürlich keine Milch, und auch die Kranken, die nicht unbedingt auf Milchnahrung angewiesen sind, müssen sich bis zur Grünfutterernte gedulden. Auf Wunsch gibt die Milchabteilung des städtischen Lebensmittelamtes an die Vollmilchvorzugsberechtigten gegen Rückgabe ihrer Milchkarten Bezugsscheine für kondensierte Milch aus. Der Verkauf dieser Milch geschieht nur durch die Verkaufsstelle des städtischen Lebensmittelamtes, Franziskanerstraße 1.
Bekleidungsamt.
Nähgarn. Die Geschäfte, Verarbeiter und Anstalten, die es im Januar unterlassen haben, ihren Bedarf an Nähgarn auf dem Bekleidungsamte anzumelden, können bei der jetzigen Verteilung nicht mehr berücksichtigt werden. Anträge auf nachträgliche Zuweisung sind zwecklos, da die Verteilung beendet ist. Der Zeitpunkt der Anmeldung für das zweite Vierteljahr wird noch mitgeteilt.
Scheuklappen. Auf Anregung der Reichsstelle für Schuhversorgung werden die Fuhrhalter ersucht, die in ihrem Besitz befindlichen Scheuklappen, welche in der Regel nur eine Behinderung der Pferde darstellen, bei der Sammelstelle für Altleder, Martinstraße 18, abzugeben.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Pflege und Erziehung der Kinder erfordert im Krieg eine bedeutend höhere Sorgfalt als im Frieden. Als willkommene Anleitung dazu dienen zwei Bücher, die im Verlage von M. Max Hesse, Berlin W 15 erschienen sind, nämlich: „Wie pflegst und erziehst du dein Kind?“ von Helene Stöckl und „Handbuch des guten Tones und der feinen Sitte“ von Konstanze von Franken. Von all den zahlreichen Büchern der gleichen Art sind uns keine bekannt, die so viele Vorzüge in sich vereinigen wie gerade diese. Sie sind geschmackvoll und vornehm ausgestattet, behandeln ihren Stoff mustergültig und sind äußerst billig.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Der Verschönerungsverein Godesberg beabsichtigt, wie in der Mitgliederversammlung mitgeteilt wurde, zu Ehren unserer gefallenen Helden einen Hain, vielleicht in der Nähe des Bismarckturmes, anzulegen. Bürgermeister Zander bemerkte, dieses Vorhaben sei schwerlich durchzuführen und warnte vor Ueberstürzung. Zu Ehren unserer gefallenen Helden eigne sich die alte Muffendorfer Kirche; entscheide der Verein sich für einen Hain, so möge er ihn nicht erst anlegen, sondern hierfür ein bereits bestehendes Waldidyll aussuchen. Der Verein will der Nymphe am Rhein einen anderen Platz geben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Godesberg.“)
Montag, 29. April 1918
Die 100. Fahrt des Bonner Lazarettzuges. In den nächsten Tagen führt unser Vereinslazarettzug K 1 seine hundertste Fahrt aus. Dis wird ein passender Anlaß sein, um der Besatzung des Zuges und allen Helfern den Dank für ihre Leistungen öffentlich zum Ausdruck zu bringen. Der Zug wird voraussichtlich Ende dieser oder Anfang nächster Woche etwa zwischen dem 3. und 6. Mai hier eintreffen, und dann wird am Tage seiner Ankunft nachmittags 5 Uhr eine einfache, würdige Feier die Besatzung des Zuges und die leitenden Personen in der Aula der Universität vereinigen. Den Angehörigen der Besatzung ist die Galerie (gegen Einlasskarte) eingeräumt. Leider gestattet der Platzmangel nicht, die zahlreichen Spender von Beiträgen, deren Zahl 500 übersteigt, zu der Feier zu laden. Als Andenken an diese Feier wird der Rektor der Universität der
Besatzung ein künstlerisch ausgestattetes Gedenkblatt überreichen, das Herr Bildhauer Menser in dankenswerter Weise entworfen und ausgeführt hat. Es sei ausdrücklich bemerkt, daß die Kosten der Veranstaltung durch besondere freiwillige Beiträge gedeckt, also gestiftete Gelder dafür nicht verwendet werden. Die Einladungen zu der Feier können voraussichtlich erst kurz vor der Ankunft des Zuges ausgegeben werden, da er ununterbrochen tätig ist und sein Eintreffen in Bonn nicht vorher mit Sicherheit vorausgesagt werden kann.
Schon seit längerer Zeit ist es nicht mehr möglich gewesen, den Verwundeten auf der Fahrt außer der einfachen Verpflegung die früher gewährten Erfrischungen und Anregungen in Form von Gebäck, Kognak, Wein, Zigarren, Zigaretten oder Tabak zu geben. Vielleicht veranlaßt die 100. Fahrt den ein oder anderen Freund des Zuges, solche Liebesgaben, wenn auch nur in geringen Mengen, zu spenden; diese können Bahnhofstraße 40 gegen Quittung abgegeben werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Schülerdienst für Kohlenzuführung.
Es wird uns im Anschluß an unsere Mitteilung über den Schülerdienst für Kohlenzuführung in Berlin geschrieben: Unter den Jungmannen der hiesigen höheren Schulen gibt es gewiß eine große Anzahl, die gern ihre Hilfe alten, kranken und schwachen Leuten bei der Kohlenzuführung zuwenden möchte, wenn ihnen die Beförderungsmittel zur Verfügung gestellt werden. Die betreffenden Personen brauchen sich nur an einen der Vertrauensmänner der Imo (Jungmannorganisation) Prof. Füchtjohann oder Prof. Dr. Sadée zu wenden. (Vielleicht läßt sich diese Einrichtung unter Hinzuziehung der obersten Klassen der Volksschulen so ausbauen, daß in allen Stadtbezirken im Bedarfsfalle ältere Schüler für diesen Dienst zur Verfügung sind. Die Schriftl.)
„Deutsche“ Frauen. Vo einem Distriktarzt wird uns berichtet: Wie schamlos sich noch immer einzelne unserer „deutschen“ Frauen benehmen, zeigt folgender Anlaß. Im Zuge 4.10 Bonn-Coblenz saß ein Transport von fünf gefangenen englischen Offizieren. Aus Platzmangel gesellten sich einige Damen aus Bonn hinzu. Bis Rolandseck war das Benehmen derselben im Verkehr mit den Herren derart würdelos, daß sie vom Zugführer ausgesetzt werden mußten, wobei die Damen sehr lebhaft protestierten und eine erklärte, ihr Vater sei auch Offizier. Jammerschade, daß man die Namen dieser Damen nicht feststellen kann, um sie an den Pranger zu stellen.
Die Spargelernte hat seit acht Tagen allenthalben ihren Anfang genommen. In geschützten und warmen Lagen kann jetzt täglich gestochen werden, wenn auch vorläufig nur in bescheidener Zahl. Nach dem in den letzten Tagen niedergegangenen milden Regen werden die vielbegehrten Stangen schon bald zahlreicher zum Vorschein kommen. Auf dem Markte findet der Spargel rasch seine willigen Abnehmer. Leute aus der Stadt, die es sich leisten können, wandern an heiteren Nachmittagen heraus ins Vorgebirge und kaufen dort den frischgestochenen Spargel für ihren Bedarf oder lassen sich im Gasthaus eine Portion Spargel mit der „Originaltunke“ servieren. Gibt es auch nicht mehr den leckeren Schinken dazu wie früher, so hat man doch mehr davon als von der stark verregneten Baumblüte.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Verein Beethovenhaus veranstaltet nach fünfjähriger, durch den Krieg verursachter Unterbrechung in diesem Jahre in der Himmelfahrtswoche wieder ein Musikfest. Es sind drei Kammermusikkonzerte vorgesehen, Dienstag ein Brahms-Abend, Mittwoch ein Beethoven-Abend und eine Morgen-Aufführung am Himmelfahrtstage mit Werken von Mozart und Haydn. Als ausführende Künstler sind das Rosé-Quartett aus Wien, Frau Ilona Durigo aus Budapest und Herr R. Friede aus Köln (Gesang) sowie Professor Grüters aus Bonn (Klavier) gewonnen worden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Dienstag, 30. April 1918
Auf dem Felde der Ehre fiel der Leutnant der Reserve und Adjutant Student der Rechte Erich Wiedemann, Sohn des Bonner Universitätsprofessors Geheimrats Wiedemann.
Auswechselung von Fenstergriffen. Die Bekanntmachung vom 26. März 1918 betreffend Einrichtungsgegenstände aus Kupfer, Messing, Nickel, Aluminium, Zinn usw. verlangt den Ausbau und die Ablieferung aller Stücke, die entbehrlich oder leicht ersetzbar sind. Dabei wurden die Griffe von Baskülverschlüssen an Fenstern zunächst ausgenommen. Inzwischen hat sich jedoch die Notwendigkeit herausgestellt, auch diese Griffe in die Enteignung einzubeziehen. Sie sind deshalb den mit der Durchführung der Bekanntmachung beauftragten Behörden mit zu melden. Es empfiehlt sich, den Ausbau und die Ablieferung aller abnehmbaren Fenstergriffe nicht aufzuschieben.
Ein Bagger ist zurzeit zwischen Bonn und Beuel damit beschäftigt, die Fahrrinne des Rheines an einigen Stellen zu vertiefen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

Ersatzsohlen. Der Vorsitzende des Vereins selbständiger Schuhmacher, Herr Jul. Eismann, wird am Mittwoch abend in der Fortbildungsschule einen Vortrag über die zweckmäßige Verarbeitung und den Verbrauch von Ersatzsohlen halten. Der Besuch ist für Jedermann frei.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Milchversorgung in Beuel. Ich bin seit Herbst schwer
lungenkrank und vollständig entkräftet. Es wurden mir vom Arzt täglich ein Liter Milch und wöchentlich drei Eier als dringende Krankenzulage verschrieben. Aber auf dem Amt wurde mir nur ½ Liter bewilligt und die Eier wurden ganz gestrichen. Aber auch das halbe Liter Milch bekomme ich nicht immer. Nach langem Stehen und Betteln gibt es sehr oft nur ein Viertel Liter, oder, wie es in letzter Zeit oft vorkommt, gar keine. H.H. Beuel.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Die Schiefertafel, die schon so lange aus den Oberklassen der Volksschulen verbannt gewesen ist, wird jetzt nach einem neuen Erlasse des Unterrichtsministers in weitgehendstem Maße wieder in den Schulen eingeführt. Sogar auf den unteren Klassen mancher Gymnasien wird sie jetzt gebraucht.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)