Bonn 1914-1918
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Sonntag, 21. Januar 1917

      

Anzeige im General-Anzeiger vom 21. Januar 1917Arndt-Eiche in Eisen. Freitag morgen erschienen die Beamten und Arbeiter der Firma Eschbaum in Bonn an der Arndt-Eiche, um die feierliche Nagelung einer für die Arndt-Eiche gestifteten Adlerfeder vorzunehmen. Herr Schiefgen brachte das Kaiserhoch aus, worauf die Feier mit dem gemeinsamen Liede: Heil dir im Siegerkranz ihren Abschluß fand.
  
Auch eine Reihe anderer Firmen hat für sich oder für ihre Angestellten erhebliche Beträge für die Zwecke der Arndt-Eiche gestiftet und Adlerfedern und andere Zierate genagelt bzw. die Stiftung in Aussicht gestellt, so wie die Tapetenfabrik Strauven, die Seifenfabrik Helbach u.a.
   Es sei darauf hingewiesen, daß an der Krone der Arndt-Eiche noch mehrere prächtige Wappenschilder zum Preise von je 500 Mark sowie noch andere Zierate zum Preise von 250 bis 100 Mark frei sind. Auch für geringere Beiträge kann in abwechselungsreicher Weise die Nagelung vorgenommen werden.
   Für private Feiern oder Festlichkeiten in kleinerem oder größerem Maßstabe empfiehlt sich die Unterstützung der Arndt-Eiche durch An- bzw. Verkauf von Ansichtspostkarten, welche zu 10 Pfg. das Stück an der Arndt-Eiche zu haben sind. Jüngst hat noch eine hiesige Gesellschaft bei Gelegenheit einer kleineren Feier 300 Ansichtskarten abgesetzt und dafür einen Erlös von 70 Mark erzielt. Dieses Beispiel wird zur Nachahmung empfohlen, besonders für etwaige Veranstaltungen am Kaisersgeburtstag.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Anzeige im General-Anzeiger vom 21. Januar 1917Der Bonner Wochenmarkt war auch gestern wieder auffallend schlecht beschickt. Etwa ein Dutzend Verkäuferinnen waren erschienen, darunter nur eine oder zwei vom Lande. Gemüse war nur verschwindend wenig vorhanden. Dieser Mangel an Gemüse ist hauptsächlich auf die starken Schneefälle und das Frostwetter zurückzuführen. Sobald günstigeres Wetter eintritt, werden die Zufuhren voraussichtlich wieder reicher werden.
  
Auch auf dem Großmarkt auf dem Stiftsplatz waren die Zufuhren verschwindend klein. An Gemüse war hauptsächlich etwas Rosenkohl, Schnittgemüse und Krauskohl, sowie einige Körbe mit Feldsalat vorhanden. Die Preise waren ungefähr dieselben wie am letzten Hauptmarkttage. Um ½8 Uhr früh war der Markt schon vollständig geräumt. Des geringen Angebots wegen mußten die meisten Händler wieder mit leeren Körben nach Hause fahren.
   Der städtische Verkauf auf dem Wochenmarkt erfreute sich bei reichlicher Auswahl in Gemüse, Aepfeln und Fischen wieder eines regen Zuspruchs. Kieler Sprotten kosteten 1,50 Mark das Pfund, frische Schollen 1 Mark, frische Seemuscheln 18 Pfg., gewässerter Stockfisch 1,20 Mark, Hamburger Rauchfisch 2 Mark, Aepfel 60 und 70 Pfg. das Pfund. Außerdem wurden noch ausländische Zwiebeln, gelbe Möhren, weiße Rüben, Rotkohl, Krauskohl, Butterkohl, Schwarzwurzeln, Sellerie, Breitlauch und Apfelsinen zu 10 und 18 Pfg. das Stück verkauft.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Verwundetenfürsorge. Gestern abend wurden die Verwundeten des Reserve-Lazaretts Leoninum durch einen Lichtbildervortrag erfreut, der einige der schönsten Bilder der Schweiz zum Gegenstand hatte. Den erläuternden Text sprach Frl. Maria Burghard. In den Zwischenpausen sang die Bonner Liedertafel unter Leitung des Herrn Dirigenten Rech einige prächtige Volksweisen. Allen Mitwirkenden gebührt für die gebotenen Leistungen der herzliche Dank.

Bekanntmachung des städtischen Bekleidungsamtes über die Eröffnung der Annahme- und Ankaufstelle von getragenen Kleidungs- und Wäschestücken, Uniformen und Schuhwaren Stockenstraße Nr. 3.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Montag, 22. Januar 1917

      

Pastor D. Weber in Bonn hat im Namen des Gesamtverbandes der Evangelischen Arbeitervereine Deutschlands an den Kaiser am 16. Januar folgende Adresse gerichtet: „Ew. Kaiserlichen Königlichen Majestät gestattet sich der ehrerbietigst Unterzeichnete im Namen der 150.000 Mitglieder des Gesamtverbandes der Evangel. Arbeitervereine Deutschlands, der im Felde stehenden wie der älteren, in der Heimat weilenden, den ehrfurchtsvollen, aus tiefstem Herzen kommenden Dank auszusprechen für Ew. Majestät hochherziges Friedensangebot an die Feinde, aber auch für die Antwort, die Ew. Majestät der schnöden Abweisung dieses Friedensangebots haben zuteil werden lassen. Wir geloben Ew. Majestät Treue um Treue und stehen mit dem ganzen deutschen Volk geschlossen hinter Ew. Majestät bis zum Aeußersten und Letzten. An Ew. Majestät Geburtstag werden wir zu Gotte bitten und flehen, daß er in seiner großen Gnade Ew. Majestät Kraft und Geduld, Licht und Weisheit von oben schenken möge, Allerhöchst Ihr Königs- und Kaiseramt in Sieg und Segen weiterzuführen und der teuflischen Verschwörung unserer Feinde mit scharfen Schwerteshieben ein Ende zu machen, auch unseren Hauptfeind England, den Tyrannen der Meere, niederzuringen und niederzuzwingen. Gott segne, schütze und schirme Ew. Majestät und Allerhöchst Ihr ganzes Haus!“

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Wehrbund. Der Abteilung des Kgl. Gymnasiums war folgende Aufgabe zugefallen: Eine Vorpostenkompagnie hat den Waldrand oberhalb von Dottendorf zu sichern, indem sie die 3 auf den Ort führenden Wege besetzt hält. Gegnerische Vortruppen haben die genaue Stellung der feindlichen Vorpostenaufstellung zu erkunden und den Vormarsch auf Dottendorf anzutreten. Das Verhältnis von Verteidigern und Angreifern war 3:2. Die Verteidigung war erfolgreich dank einer genauen Geländekenntnis ihres Führers und geschickter Gruppierung bezw. Umgruppierung. Die Uebung bot insofern etwas neues, als sie die großen Schwierigkeiten kennen lernen ließ, sich in einer tief verschneiten Landschaft zurechtzufinden.

Immer wieder muß man die Geschicklichkeit der Jugend bewundern, wie sie ihren Schlitten zu lenken versteht. Wie die Großen steuern sie, weichen geschickt aus, nehmen die Kurven und bringen mit kleiner Bosheit die Genossen aus der Bahn. Immer wieder muß man die Unempfindlichkeit, selbst der Kleinsten auf der Bahn, bewundern gegen die unvermeidlichen Stürze, Kopfstände, Stöße und Püffe, die niemals unter blauen Malen hergehen. Und immer wieder sieht man mit Staunen, wie Kälte und Nässe und steifgefrorene Glieder mit Gleichmut hingenommen und stundenlang ertragen werden. Selbst schwere Unfälle, wie solche sich gestern an der Rosenau ereigneten, üben keine hemmende Wirkung aus. Es sollen dort zwei junge Leute zu Tode gekommen sein, und zwar ein junger Mann aus Godesberg und ein junger Mann aus Bonn. Ein junges Mädchen erlitt eine Schädelverletzung, der es später erlegen sein soll. Groß und Klein stählt den Mut, erwirbt sich hohe Geschicklichkeit, lernt Strapazen aller Art zu ertragen bei Rodeln. Es ist auch Erziehung zur Tüchtigkeit im Sinne dieser harten Zeit.

Begrenzung des Kerzenverbrauchs. Um eine gleichmäßiger Verteilung sicher zu stellen und übermäßige Preissteigerungen zu verhüten, hat der Reichskanzler eine Verordnung erlassen, nach welcher einzelne Kerzen nur aus den dazu gehörigen Packungen, in der Höchstzahl von drei Stück auf einmal, verkauft werden dürfen. Die Verkaufspreise werden von der Kriegsschmieröl-Gesellschaft m. b. H. in Berlin festgesetzt. Die Kerzenverpackungen müssen an der Außenseite deutlich lesbare Angaben über die Firma und den Ort der gewerblichen Hauptniederlassung des Herstellers enthalten.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

     

Die Fürsorge für kriegsbeschädigte Akademiker ist in der Rheinprovinz in der Weise geregelt, daß im Anschluß an die allgemeine Kriegsbeschädigtenfürsorge der Provinzialverwaltung eine Beratungs- und Unterstützungsstelle in Verbindung mit den drei rheinischen Hochschulen, der Universität in Bonn, der technischen Hochschule in Aachen und der Handelshochschule in Köln gegründet worden ist. Die kriegsbeschädigten Akademiker, die Rat und Unterstützung nötig haben, wenden sich an das Rektorat der Universität Bonn, bzw. an das Rektorat der Technischen Hochschule Aachen, bzw. an den Studiendirektor der Handelshochschule in Köln. Die Beratungs- und Unterstützungsstelle hat auch eine Geldsammlung unter den rheinischen Akademikern veranstaltet, die den Betrag von rund 100.00 Mark ergeben hat. Dadurch, sowie durch weitgehende Heranziehung von Spenden und sonstigen Stiftungen ist vorläufig ausreichende Möglichkeit gegeben, in allen Fällen, wo ein Akademiker infolge einer Verwundung oder Erkrankung im Kriege in Not geraten ist, die nötige Hilfe zu leisten. Glücklicherweise sind ja die Fälle einer Berufsbeeinträchtigung infolge Kriegsbeschädigung bei Akademikern lange nicht so häufig wie bei körperlich Arbeitenden, da die regelmäßige Kriegsbeschädigung in äußerer körperlicher Schädigung, z. B. Verlust oder Verstümmelung von Gliedmaßen besteht, und in solchen Fällen meist der akademische Beruf in der bisherigen Weise fortgesetzt werden kann. Die Beratungs- und Unterstützungsstelle ist aber schon in einer großen Anzahl von Fällen in Anspruch genommen worden. Es handelt sich hier beispielsweise um die Notwendigkeit weiterer Erholungskuren über die von er Militärverwaltung gewährte Heilfürsorge hinaus oder auch um die Notwendigkeit eines Berufswechsels infolge der Kriegsbeschädigung (z. B. bei katholischen Theologen, die infolge der Verstümmelung den kirchlichen Anforderungen inbezug auf die äußere Unversehrtheit der Geistlichen nicht mehr entsprechen). Zur Beratung selbst werden die Professoren der Universität und sonstige sachkundige Herren aus den betreffenden Berufsständen herangezogen. Es ist zu erwarten, daß der größte Teil der Arbeit sich erst nach Schluß des Krieges ergeben wird, es ist aber auch kein Zweifel, daß dann ein etwaiger nochmaliger Aufruf an die Opferwilligkeit der rheinischen Akademiker den nötigen finanziellen Erfolg bringen wird.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Dienstag, 23. Januar 1917

     

Dr. Edelstein †. In verhältnismäßig jungen Jahren, noch nicht Mitte der 40er, starb Sonntag nacht nach nur zweitägigem Krankenlager der praktische Arzt Dr. Emanuel Edelstein. Seit einer Reihe von Jahren praktizierte er zuerst in Beuel und dann in Bonn. Er zeichnete sich ebenso sehr durch pflichttreue Liebe zu seinen Kranken wie durch strenge Sachlichkeit und exakte Diagnose aus. Als Mensch human im wahren Sinne des Wortes, lebte und webte er nur für seine Kranken. Unermüdlich im Beruf, ist er schließlich ein Opfer desselben geworden. Als er aus dem fernen Osten zurückkam, wohin ihn der Dienst des Vaterlandes gerufen hatte, war seine Gesundheit schon auf das bedenklichste erschüttert, und trotz der sorgfältigsten Pflege und einer längeren Ausspannung wollten die alten Kräfte nicht wieder zurückkehren. Er war dann längere Zeit in Rolandseck im Reservelazarett tätig, wo seine Liebe und sein warmes Herz den Soldaten ebenso freudig entgegenschlug wie auch seinen anderen Kranken. Auch dort wird man sein Wirken aufs schmerzlichste vermissen, zumal sein Tod ganz unverwartet kam. Auch für die israelitische Gemeinde ist sein Hinscheiden ein großer Verlust. Wo es galt, für seine Glaubensgenossen einzutreten, war er mit Rat und Tat bei der Hand. Ueberall war er bestrebt, die Interessen des Judentums in Wort und Schrift zu fördern. Das Andenken Dr. Edelsteins wird in der Stadt und in seiner Gemeinde noch lange erhalten bleiben.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Zur Ernährungsfrage.
   Das Kriegsernährungsamt gibt heute bekannt, daß die Ernährungsschwierigkeiten behoben werden können durch immer sorgfältigere und gerechtere Verteilung der verfügbaren Gesamtmenge und durch Einschränkung des Gesamtverbrauchs.
   Es ist deshalb nicht unbillig, wenn wir an diejenigen Kreise unserer Bürgerschaft, die in ihren Kellern und Vorratskammern noch reiche Vorräte an Fleischwaren, Konserven und frischen Gemüsen haben, die Bitte richten, die städtischen Warenkarten möglichst unbenutzt zu lassen und den städtischen Verkauf nicht aufzusuchen. Die Kontrolle hierüber ist ja ungemein schwierig, um so mehr sollte hier die Ehrenhaftigkeit und die Vaterlandsliebe der beteiligten Kreise von entsprechendem Einfluß sein.

10 Grad Kälte. Vergangene Nacht sank das Thermometer im Innern der Stadt auf 10 Grad Celsius unter Null.

Die Eisbahn auf dem städtischen Sportplatz am Bonnertalweg ist eröffnet und erfreut sich eines lebhaften Zuspruches der Freunde des Eissports. Alles, was nicht im Gebirge weilte, um dem Rodelsport zu huldigen, nutzte gestern die sich zum ersten Male in diesem Winter bietende Gelegenheit zum Schlittschuhlaufen aus. Farbige Sportkostüme der Damen und flotte Sportanzüge der Herren gaben der Bahn ein buntes und lebhaftes Bild. Neben guten Durchschnittsläufern sah man vereinzelt Kunstläufer, die über ein hervorragendes Können verfügten. Daneben beobachtete man Anfänger, die den Fuß zum ersten Male aufs Eis setzten und öfters mit der glatten Fläche in unsanfte Berührung kamen. Trotz des starken Besuches herrscht auf der Bahn eine musterhafte Ordnung, sodaß der Besuch den Freunden des Eissportes einen wahren Genuß bietet. Bei dem anhaltenden starken Frostwetter ist wohl zu erwarten, daß dem künstlichen Eisplatz, der gegenüber dem natürlichen den Vorzug der Ungefährlichkeit hat, noch eine längere Lebensdauer beschieden ist. Die Eisbahn ist bei günstiger Witterung bis auf weiteres vormittags von 8 – 1 und nachmittags von 3 Uhr bis zum Eintritt der Dunkelheit geöffnet.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Godesberg, 23. Jan. Die hiesige Speisegemeinschaft trat mit dem gestrigen Tage ins Leben. Verpflegt werden gegenwärtig im ganzen 600 Personen, 100 aus der Godesberger Bürgerschaft und 500 Mannschaften aus den Reservelazaretten. Die Lazarettinsassen erhalten auch die Abendbeköstigung, während das Frühstück und der Nachmittagskaffee ihnen von den einzelnen Lazaretten geliefert werden. Da die Mittagsmahlzeiten an Ort und Stelle eingenommen werden können, mußten die Räumlichkeiten im ehemaligen Hotel Hüttenrauch freigemacht werden. Die Verkaufsstelle des Volksspeisehauses siedelte deshalb nach Bürgerstraße 8 über, wo bisher die Verpflegungskarten ausgeteilt wurden, während die Kartenausgabestelle in die erste Etage des Gasthofes zum Stern übersiedelte, wo zu diesem Zwecke geeignete Räumlichkeiten von der Gemeinde angemietet wurden. Mit der gestrigen Eröffnung der ordnungsmäßigen Speisegemeinschaft ist die seit Ende Juni verflossenen Jahres bisher bestandene Einrichtung einer vorläufigen Volksküche aufgehoben worden. Den Lazaretten wird das Essen in besonderen Wagen zugestellt, in welchen es warm gehalten wird. Der Preis für das Eintopfgericht von etwa 1 Liter Inhalt beträgt 60 Pfennig für jeden Einwohner, für Kriegsunterstützte und solche, die eine Bescheinigung des Armenbezirksvorstehers über ihre Bedürftigkeit beibringen, 50 Pfennig. Wird das Essen an Ort und Stelle eingenommen, so ist ein Zuschlag von 10 Pfennig zu entrichten. Die Teilnehmer haben für eine Wochenkarte (= 6 Portionen, da Sonntags nicht gekocht wird) abzugeben: 7 Fleischmarken, die Hälfte der Fett-, Kartoffel- und Lebensmittelkarten.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)

     

Mehrere Unglücksfälle beim Rodeln ereigneten sich gestern nachmittag im Siebengebirge, besonders auf der Privatstraße des Verschönerungsvereins für das Siebengebirge an der Rosenau. Der Schüler Hoffmann aus Godesberg, dessen Vater z. Zt. Im Felde steht, fuhr mit seinem Schlitten derart gegen einen Baum, daß ihm der Brustkorb eingedrückt wurde und der Tod sofort eintrat. Drei andere Rodler erlitten sehr schwere Verletzungen, sodaß man sie ins Krankenhaus bringen mußte. Ferner sind eine Reihe weiterer Verletzungen leichterer Art vorgekommen.

Allerlei Gerüchte durchwirren seit einigen Tagen wieder unsere Gegend. Saarbrücken, wird gesagt, sei geräumt worden, ebenso sollen andere Orte von der Zivilbevölkerung geräumt worden sein. An diesen Gerüchten ist, wie amtliche Stellen mitteilen, kein wahres Wort. In Saarbrücken wurde gegen mehrere Verbreiter falscher Gerüchte bereits Anklage erhoben. Wir warnen dringend vor der Weiterverbreitung unwahrer Nachrichten. Jeder Verbreiter solcher Nachrichten hat strenge Strafe zu gewärtigen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Oberkassel: Einem hiesigen Einwohner, der, in der Hennefer Gegend von einer erfolgreichen Hamsterreise zurückkehrte, wurden aus einem kleinen Handkoffer 3 Pfund und ein Stück geräucherter Speck gestohlen. Der Diebstahl wurde wahrscheinlich ausgeführt von einem einzelnen Insassen desselben Wagenabteils, als der Bestohlene auf einige Augenblicke dasselbe verlassen hatte.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Von Nah und Fern“)

Mittwoch, 24. Januar 1917

      

Die deutsche Studentenschaft wird heute abend dem Kaiser mit einem Fackelzuge huldigen. Zur Teilnahme an dem Fackelzuge ist gestern abend eine größere Anzahl Bonner Studenten nach Berlin abgereist.

Erziehung der heranwachsenden Jugend. Auch an dieser Stelle sei hierdurch nachdrücklich auf die vom Ortsverein zur Bekämpfung der öffentlichen Unsittlichkeit auf heute abend 8 Uhr einberufene Versammlung im Katholischen Gesellenhause, Kölnstraße 17/19, aufmerksam gemacht. Diese Frage (so wird uns geschrieben) gehört mit zu den wichtigsten unserer zukünftigen Entwicklung. Es gilt. Die mancherlei zum Teil großen Schäden, die der Krieg hier offengelegt hat, mit Kraft und Entschlossenheit zu bekämpfen, auf daß ferner die Losung bleibt: Deutschlands Jugend ist Deutschlands Hoffnung! Es ist Gelegenheit zur Aussprache gegeben. Der Eintritt ist frei.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Gegen den Handel mit angeblich ausländischem Fleisch richtet sich eine Verfügung des Oberbürgermeisters, die in unserem heutigen Blatte abgedruckt wird. Die Behörde ist der Ansicht, daß das unter Ueberschreitung der Höchstpreise feilgehaltene Fleisch in den meisten Fällen inländischer Herkunft ist und auf ungesetzlichem Wege erworben wird. Da die Einfuhr von Fleisch aus dem Auslande nach den bestehenden Bestimmungen verboten ist, kann der Kleinhändler auf gesetzlichem Wege erworbenes ausländisches Fleisch nicht feilbieten. Um dem ungesetzlichen Treiben ein Ende zu machen, soll von jetzt ab in allen zur Kenntnis der Behörde kommenden Uebertretungsfällen unnachsichtlich das Strafverfahren eingeleitet und außerdem die Beschlagnahme des Fleisches ohne jede Bezahlung verfügt werden.

Säuglingsgebäck. Bei der Beantragung von Karten für Säuglingsgebäck (Kinderplätzchen) braucht bis auf weiteres die halbe Brotkarte des Säuglings nicht mehr abgegeben zu werden. Bezugsberechtigt sind nur Säuglinge im Alter von6 bis einschließlich 14 Monaten.

Strenge Kälte. Der Januar macht in diesem Jahre seinem Namen als Hartung oder Hartmond alle Ehre. Während wir gestern morgen im Innern der Stadt 10 Grad Kälte hatten und in den höher gelegenen Orten der Umgebung sogar 13 Grad festgestellt wurden, fiel das Thermometer in der vergangenen Nacht hier in Bonn ebenfalls auf 13 Grad unter Null. Die alte Bauernregel „Wenn die Tage längen, fangen sie an zu strengen“ bewahrheitet sich auch diesmal wieder, da uns bekanntlich der Dezember an manchen Tagen sogar sommerlich warme Temperaturen brachte.

30 Gramm Butter und 30 Gramm Fett werden in dieser Woche an jede bezugsberechtigte Person abgegeben. Der Preis für Butter beträgt 3,35 Mk., für Margarine 2,20 Mk. das Pfund.

Kartoffelanbau. Der Oberbürgermeister macht darauf aufmerksam, daß jeder Besitzer oder Pächter einer Acker- oder Gartenparzelle im Stadtbezirk Bonn verpflichtet ist, in diesem Jahre einen entsprechenden Teil mit Kartoffeln zu bepflanzen, damit er für sich und seinen Haushalt den Kartoffelbedarf als Selbstversorger decken kann.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

       

Verwundetenfürsorge. Nachdem in den Weihnachtstagen im Nachmittagsheim für Verwundete (Koblenzerstraße 90) allerlei Veranstaltungen für Feststimmung gesorgt hatten, fanden auch im neuen Jahre schon mehrmals Vorführungen zur Erheiterung der Verwundeten statt. Am Dreikönigstag erschienen die Hl. 3 Könige mit ihrem orientalischen Gefolge, ein farbenprächtiger Zug mit eindrucksvoller Musik. Letzten Sonntag boten die Schülerinnen des Drammerschen Lyzeums ein anregendes Programm. Mehrere Chorlieder wechselten mit lustigen Theaterstücken. Am kommenden Donnerstag will eine fröhliche Kinderschar unsere tapferen Kämpfer in das Märchenreich geleiten.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

     

Eine „Nudelfreundin“ beschwört im hiesigen Generalanzeiger unsere Kriegsküchen, die Nudeln doch nicht mehr zu einem „Matsch“ zu verarbeiten, sondern dem Verkauf an die Hausfrauen freizugeben, die sie besser zubereiten könnten. Die „Nudelfreundin“ im Generalanzeiger versteht sich besser auf die Behandlung dieser Speise. Wie sie in den Kriegsküchen aber zubereitet worden ist, war sie, mit den zugegebenen Preiselbeeren, doch auch ein ganz leckeres Essen, und manch einer, der sich an Kohl- und Steckrüben und nicht zu vergessen, Graupen, längst den Magen überladen, mag heimlich gewünscht haben, die Kriegsküchen gäben sie häufiger. Jedenfalls ist dieser „Matsch“ schmackhafter, wie die Rüben, die bei mehrmaligem Abkochen auch sicher angenehmer zu essen sein würden, und die Graupen, die anscheinend mit Dreck (und, beinahe hätte ich gesagt: Speck!) in den Kessel geschüttet und aufgekocht werden; wenigstens enthält die Suppe so viele überflüssige Bestandteile, daß man sich des Verdachts nicht erwehren kann, sie sei eigentlich gar nicht für uns hungernde Menschen bestimmt. Fände Rüben und Graupen doch auch einmal eine Freundin, die sie den Kriegsküchen entziehen möchte! Der Nudelmatsch ist ihnen auf alle Fälle vorzuziehen!

(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)

Donnerstag, 25. Januar 1917

       

Unter überaus großer Teilnahme ist gestern nachmittag der verstorbene Dr. Emanuel Edelstein von der Leichenhalle der Universitätskliniken aus auf dem israelitischen Friedhofe beigesetzt worden. Bei der Trauerfeier in der Leichenhalle nahm zunächst Rabbiner Dr. Cohn, zugleich als Freund des Entschlafenen, das Wort. Er rühmte an Dr. Edelstein den selbstlosen Menschen und vor allem den Nationaljuden, der die zionistische Bewegung in Deutschland mit begründet, im Rheinland zu ihren bedeutendsten Führern gehört und sein ganzes Leben den jüdischen Idealen gewidmet habe. Ferner schilderte er den Verstorbenen als opferwilligen Arzt und Menschenfreund. Es sprachen außerdem Rechtsanwalt Dr. Klee aus Berlin für die zionistische Gesamtorganisation und als Freund sowie Rechtsanwalt Dr. Jonas aus Köln für die rheinischen Zionisten. Der Trauerzug, der sich dann bildete, war ungewöhnlich lang. Der Kapelle des hiesigen Ersatzbataillons folgten zahlreiche Verwundete und eine Abordnung der Kriegervereine, hinter dem Leichenwagen schritten eine Abordnung des Vereins jüdischer Stundeten, deren Ehrenmitglied Dr. Edelstein gewesen war, fast alle männlichen Mitglieder der jüdischen Gemeinde, zahlreiche Militär- und Zivilärzte, sämtliche Aerzte und gehfähigen Verwundeten des Reservelazaetts Rolandseck, an dem der Tote zuletzt tätig gewesen war, und viele andere. Auf dem Friedhofe, wo Rabbiner Dr. Cohn noch die üblichen Gebete sprach, hatten sich auch sehr viele ehemalige Patienten des Verstorbenen eingefunden.

Fahrradbereifungen. Am 25. Januar ist eine Bekanntmachung über Höchstpreise für Fahrradbereifungen in Kraft getreten. Die in der Bekanntmachung bestimmten Höchstpreise treffen alle im Gebrauch befindlichen oder für den Gebrauch bestimmten gummihaltigen Fahrraddecken und Fahrradschläuche, die nach § 8 der Bekanntmachung über Beschlagnahme und Bestandserhebung der Fahrradbereifungen (Einschränkung des Fahrradverkehrs) vom 12. Juli 1916 enteignet werden. Da die Frist zu freiwilligen Ablieferung der Fahrradbereifungen wiederholt verlängert worden ist und noch bis zum 5. Februar läuft, so können die Besitzer der in Betracht kommenden Fahrradbereifungen nur nochmals dringend darauf hingewiesen werden, ihre Bereifungen freiwillig abzuliefern.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Der Verein zur Bekämpfung der öffentlichen Unsittlichkeit hielt gestern abend unter dem Vorsitz des Herrn Pfarrer D. Weber im katholischen Gesellenhause eine öffentliche Versammlung ab, in welcher die Frage der Bekämpfung der zunehmenden Verrohung der männlichen und weiblichen Jugend erörtert wurde. Pfarrer Weber gab in einleitenden Worten einen Ueberblick über die bisherige Arbeit der Behörden vor und während des Krieges, und betonte, daß die Zügellosigkeit der Jugend in erster Linie auf das vielfache Fehlen des Vaters, dann auf die frühe wirtschaftliche Unabhängigkeit der jungen Leute zurückzuführen sei. Es sei deshalb unbedingt notwendig, daß bei dem jetzigen Mangel an geschulten Polizeikräften von privater Seite mit Genehmigung der Stadtbehörde an der Jugendpflege gearbeitet wird. Professor Rauschen schloß sich den Ausführungen des Vorsitzenden im allgemeinen an und betonte besonders, daß die vom Generalkommando erlassenen Verfügungen, die das Herumtreiben der Jugend auf den Straßen, das Besuchen von Lustbarkeiten usw. betreffen, gut sind, es fehle nur an Organen, die in der Lage sind, die Bestimmungen durchzuführen. Infolge der mangelnden Aufsichtsorgane solle Erziehern und Lehrern in erster Linie das Recht gewährt werden, gegen Unbotmäßigkeiten mit allen Mitteln anzukämpfen. Auch sei es notwendig, daß den jungen Leuten Gelegenheit zu Zusammenkünften und Zerstreuungen gegeben wird. I. Staatsanwalt Justizrat Schlösser hält eine dringende Zucht der Jugend für unbedingt notwendig. Für verfehlt hält er es aber, wenn die Jugend durch Polizei und Staatsanwalt geschützt werden soll, sondern der Schutz müsse den Eltern, Erziehern und Vormündern übertragen werden. Gegen Schulpflichtige solle man überhaupt nicht polizeilich einschreiten, bei den Schulentlassenen dagegen müsse eine scharfe Kontrolle stattfinden. Volksschullehrer Jung ist der Ansicht, daß die Verwahrlosung der Schuljugend auf das schlechte Beispiel der Schulentwachsenen im Alter von 14 bis 17 Jahren zurückzuführen ist. Diese wirkten auf die Kinder als schlechtes Beispiel. Zu begrüßen wäre es, wenn ein Sparzwang eingeführt werde, und es ermöglicht würde, daß die Eltern und Vormünder den Lohn der Jugendlichen in Empfang nehmen. Rektor Goch regt die Bildung von Jugendpflegeausschüssen für die einzelnen Bezirke an, auch tritt er dafür ein, daß den Lehrern ein weitergehendes Züchtigungsrecht, welches sich nicht allein auf Schüler ihrer Klasse und Schule erstreckt, eingeräumt wird.
   Aus der Versammlung wurden von verschiedenen Herren und Damen Einzelbeispiele angeführt, die auf den sittlichen Zustand unserer männlichen und besonders auch der weiblichen Jugend kein gutes Licht werfen. Besonders wurde betont, daß im allgemeinen die Bonner Bürgerschaft der Sache zu wenig Interesse entgegenbringt.
   Ergebnisse der Besprechung wurden in verschiedenen Entschließungen niedergelegt. Es soll der stellvertretende Kommandierende General des 8. Armeekorps in Koblenz ersucht werden, einen Sparzwang für die Jugendlichen und Abführung des Lohnes an die Eltern oder Vormünder anzuordnen. Dann soll an die Stadtverwaltung mit der Bitte herangetreten werden, einer Anzahl Herren und Damen, die sich zur Unterstützung der Polizei bereit erklären, an der Jugendpflege mitzuwirken, polizeiliche Vollmachten zu erteilen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Freitag, 26. Januar 1917

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 26. Januar 1917Kaisersgeburtstag als Opfertag. Zum dritten Male muß unser Kaiser seinen Geburtstag ohne Festgepränge im Felde bei unseren tapferen Truppen verbringen. Alle Wünsche von Heer, Marine und Volk weilen an diesem Tage bei unserm Kaiser, der besonders in letzter Zeit durch sein Friedensangebot alle deutschen Herzen wiederum gewonnen hat. Was an Kaisersgeburtstag früher bei Festfeiern geschah, soll jetzt einmütig in werktätiger Liebe für unsere braven Truppen geleistet werden. So hat sich unter dem Ehrenvorsitz der Gemahlin des Generalfeldmarschalls von Hindenburg ein Arbeitsausschuß gebildet, der für deutsche Soldatenheime und Marineheime sorgen wird. Jeder, der weiß, welchen Segen diese Soldaten- und Marineheime für unsre heldenhaften Feldgrauen und Blaujacken bedeuten, die dort nach all den Schrecken und Fährnissen des Kampfes, nach oft wochenlangem Aushalten im Schützengraben unter der ganzen Unbill des Wetters und des Winters Erholung und Erfrischung suchen und einen warmen Hauch der Heimat zu verspüren hoffen, muß sich sagen, daß für diesen Zweck kein Opfer groß genug sein kann. Um für diese Heime weitere Mittel zu beschaffen, soll Kaisersgeburtstag die beste Veranlassung sein. Die Vaterländischen Vereinigungen in Bonn haben es wiederum übernommen, diese Sammlung in die Wege zu leiten. Die Bonner Volksspende wird durch ihre Einnehmer Zeichnungen entgegennehmen und ebenso die Rheinisch-Westfälische Diskonto-Gesellschaft. Auch wird am Kaisersgeburtstag und dem darauffolgenden Sonntage besonders für diese Soldaten- und Marineheime gesammelt werden. Alle Vereine und Gesellschaften, die Kaisersgeburtstag feiern, sollten bei dieser Gelegenheit eigene Sammlungen für die Soldaten- und Marineheime in die Wege leiten und das Ergebnis an die Bonner Volksspende abführen. Mitbürger, reich und arm, jung und alt, Ihr könnt Kaisersgeburtstag in den schweren Kriegswirren nicht edler begehen, als daß Ihr Herz und Hand weit öffnet. Der Opfersinn der Bürgerschaft darf nicht versagen, wenn es sich um das Wohl unserer braven Truppen handelt.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Die strenge Kälte hält immer noch an. Während wir am Mittwoch im Innern der Stadt 18 Grad Celsius unter Null und in der Umgebung von Bonn sogar 16 Grad zu verzeichnen hatten, ließ die Kälte am gestrigen Tage etwas nach. Heute Nacht sank das Thermometer wieder auf 10½ Grad unter Null und auch für die nächsten Tage sind noch ähnliche Temperaturen zu erwarten. Diese für hiesige Verhältnisse ungewöhnlich lange Frostperiode wird natürlich von den Eissportfreunden mit Genugtuung empfunden, weniger aber von unseren Hausfrauen, die durch die strenge Kälte gezwungen werden, größere Mengen an Heizmaterial wie sonst zu verbrauchen; doppelt schlimm in der jetzigen Zeit, wo durch den immer fühlbarer werdenden Wagenmangel die Anfuhr von Heizmaterialien sehr erschwert wird. Auch auf die Kartoffelversorgung wirkt die kalte Witterung sehr hemmend ein, da es unter den jetzigen Verhältnissen nicht möglich ist, Kartoffeln anzufahren. Hoffentlich bewahrheitet sich auch diesmal wieder der alte Satz, daß strenge Herren nicht lange regieren. Der Januar geht bald zu Ende und der kommende Februar wird uns wohl wieder Tage bringen, die ahnen lassen, daß der Frühling vor der Türe steht.

Verlängerung der Polizeistunde am Kaisersgeburtstag. Aus Anlaß des Geburtstages unseres Kaisers ist morgen Samstag die Polizeistunde bis 12½ Uhr ausgedehnt worden.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

          

Zum Kaisersgeburtstag. Der Oberbürgermeister richtet nachstehende Bitte an die Einwohnerschaft: Bei der besonderen Bedeutung, die dem Kaisers-Geburtstag als vaterländischer Festtag in dieser ernsten Zeit beizumessen ist, bitte ich meine Mitbürger, ihrer Treue und Anhänglichkeit zu Seiner Majestät dem Kaiser und König durch reiches Beflaggen der Häuser an diesem Tage Ausdruck zu geben.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Samstag, 27. Januar 1917

      

Anzeige im General-Anzeiger vom 27. Januar 1917Die Glückwünsche der Stadt Bonn an den Kaiser zu seinem heutigen Geburtstag hat Oberbürgermeister Spiritus in folgendem Telegramm ausgedrückt:
   An Seine Majestät den Kaiser und König.
   Eure Majestät bitte ich zum Allerhöchsten Geburtstage den aufrichtigen Glückwunsch der Stadt Bonn huldvoll entgegenzunehmen. Treu und anhänglich, wie einst in schönen Tagen Euerer Majestät glücklichen Jugend, steht die Bonner Bürgerschaft in schwerer Zeit erst recht zu ihrem Kaiser und Herrn, festentschlossen, mit ganzer Kraft durchzuhalten und in unerschütterlichem Vertrauen auf Euerer Majestät Führung zum weiteren Sieg und ehrenvollen Frieden.
   Oberbürgermeister Spiritus.

In Sachen des Jugendschutzes haben die Vorsitzenden des Ortsvereins Bonn zur Bekämpfung der öffentlichen Unsittlichkeit eine Eingabe an den Gouverneur der Festung Köln und den stellvertretenden kommandierenden General des 8. Armeekorps gesandt. Es heißt darin: Eine gestern stattgehaste Versammlung ernstgesinnter Männer und Frauen aus allen Ständen Bonns hat uns beauftragt, an Eure Exzellenz die Bitte um eine Verordnung zu richten, durch welche folgendes verfügt wird: 1. In Ermangelung der zur Durchführung der Jugendschutzverordnungen nötigen Zahl von Polizeibeamten wird den Lehrern und Lehrerinnen aller Schulen von Bonn, Köln und anderen größeren Städten das Recht verliehen, über alle auf den Straßen sich bewegenden Schüler und Schülerinnen der Volks- und höheren Schule Aufsicht zu üben mit denselben Rechten wie Polizeibeamte. 2. Dasselbe Recht wie ihnen sowie ernsten Männern und Frauen aller Stände, die sich für diesen Dienst melden, über die schulentlassene Jugend bis zum 17. Lebensjahre verliehen, und sie bekommen zu diesem Zweck eine Legitimation seitens der Polizeibehörden.

Feldgraue Ausstellung im Kunsthause Zirkel. Am ersten März soll im Erdgeschosse des Kunsthauses Zirkel eine große Ausstellung unserer Künstler im Felde und daheim eröffnet werden, zu der Einsendungen unserer im Heeresdienst befindlichen Künstler bis spätestens zum 15. Februar erwünscht sind. Um für diese Ausstellung die Räume des Erdgeschosses heranziehen zu können, wird beabsichtigt, die sämtlichen China- und Japanwaren bis zum 15. Februar nach Berlin zu übernehmen. Den Kunstfreunden bietet sich hier eine günstige Gelegenheit, zu sehr mäßigem Preise hervorragende Kunstwerke des Orients zu erwerben, wie japanische und chinesische Vasen, Wandteller, Blumentöpfe, Stickereien, Tee- und Kaffeeservice, Cloisonné-Vasen, Tischlampen für Herren- und Speisezimmer, einzelne Lampenschirme, Blumen- und Obstkörbe in feinem Bambusgeflecht, Paravents, Perlvorhänge, Möbel aller Art, wie Schränke, Hocker, Stühle, Tische, ferner Perserteppiche, Tischdecken, Kelims, darunter großen Seltenheiten, sowie Lanzen, Waffenrüstungen u. a. m. Neben dieser geplanten feldgrauen Ausstellung im Erdgeschoß sollen die Ausstellungen im ersten, zweiten und dritten Geschoß dauernd dem Publikum zugänglich bleiben.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 27. Januar 1917Das Königliche Gymnasium in Bonn feierte gestern nachmittag den Geburtstag des Kaisers in der Aula der Anstalt in erhebender und würdiger Weise. Der Festsaal und Flur der Anstalt waren mit Lorbeerbäumen und Palmen geschmückt. Auf dem Podium hatte eine Kaiserbüste Aufstellung gefunden. Die Freunde und Angehörigen der Schule waren recht zahlreich erschienen. [...] Mit einem Kaiserhoch und dem gemeinschaftlichen Gesang der Nationalhymne fand die eindrucksvolle Feier ihr Ende.
Im Städtischen Gymnasium und Realgymnasium hatten sich in der Aula überaus zahlreiche Angehörige und Freunde der Anstalt eingefunden. [...] Mit einem Kaiserhoch und dem Absingen der Nationalhymne wurde die Feier geschlossen.
Die Städtische Realschule beging gestern durch eine stimmungsvolle Schulfeier den Kaisers-Geburtstag. [...] Der gemeinschaftliche Sang Deutschland, Deutschland, über alles schloß die schöne Feier.
Im städtischen Lyzeum fand gestern nachmittag eine stimmungsvolle Kaisergeburtstagsfeier statt. Chorgesänge wechselten mit ernsten und heiteren Gedichten einzelner Schülerinnen, die durch ihren verständnisvollen Vortrag Zeugnis ablegten für den Ernst und die Siegeszuversicht, die auch in den Herzen unserer jungen Mädchen lebt. [...]

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Kaisersgeburtstag in Bonn.“)

Die Preise für Milch dürfen bis auf weiteres weder vom Erzeuger noch vom Milchhändler erhöht werden. Die jetzt bestehenden Preise gelten als Höchstpreise im Sinne des Gesetzes. Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldbuße bis zu 10.000 Mark bestraft.

Eisgang. Der Rhein fährt seit gestern Treibeis. Eine ganze Anzahl beladener Frachtschiffe ist in der Nähe der Schutzhäfen vor Anker gegangen. Auf dem Main ist der Eisgang bereits so stark, daß die Schiffahrt eingestellt werden mußte.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

         

Fünf Schüler, die gestern abend in der Münsterkirche die Opferstöcke beraubten, wurden abgefaßt und zur Anzeige gebracht. [...]

Ein Diebstahl wurde gestern während der Abendstunden ausgeführt, indem jemand von dem Fenster einer hiesigen Buchhandlung am Hof einen Ausstellkasten entfernte, nach dem Hofgarten schleppte und ihn dort seines Inhaltes beraubte. Als Täter kommen vermutlich einer oder mehrere halbwüchsige Burschen in Betracht, die schon seit längerer Zeit nicht nur während der Abendstunden, sondern selbst am hellen Tage in jener Gegend und wie man hört, auch anderswo durch Hämmern gegen die Fensterscheiben, Einritzen, Eindrücken und Verunreinigungen derselben ihr flegelhaftes Wesen treiben. Einer dieser Burschen wurde kürzlich gefaßt und zur Rechenschaft gezogen; den anderen ist man auf der Spur und wird bei deren Habhaftwerden ebenfalls unnachsichtlich Anzeige erfolgen. An alle Erwachsenen aber ergeht die Bitte, die Bemühungen der wenigen noch anwesenden Aufsichtsbeamten und Verhinderung solch groben Unfuges dadurch zu unterstützen, daß sie beim Durchschreiten der Straßen ein besonderes Augenmerk auf diese sich zwecklos umhertreibenden Burschen richten und durch Zurechtweisung oder Benachrichtigung des nächsten Aufsichtsbeamten weiteren Schaden verhüten.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

      

Nachrichten des Lebensmittelamtes der Stadt Bonn.
   Kartoffeln.
Durch das anhaltende Frostwetter hat die Zufuhr bisher nicht wieder eingesetzt. Eine Erhöhung der Kartoffelration ist daher nicht zu erwarten.
   Als Zusatz zu den Kartoffeln werden in der Woche vom 29. Januar bis 4. Februar 1917 auf Warenkarte Nr. 180 6 Pfund Steckrüben (Erdkohlrabi) ausgegeben. [...]
   Es wird dringend empfohlen, den Kartoffelverbrauch jetzt schon weiter einzuschränken und dafür die Steckrübe, die fast den gleichen Nährwert wie die Kartoffel hat, in erhöhtem Maße zu verwenden, damit es uns gelingt, mit den geringen Kartoffelvorräten möglichst weit zu reichen.
   Jedem Abnehmer von Steckrüben wird eine Kochanweisung für Steckrüben kostenfrei ausgehändigt. Alle Verkaufsstellen sind verpflichtet, genügende Vorräte an Steckrüben zu halten. Es wird dringend gebeten, etwaige Abweichungen hiervon dem Lebensmittelamt mitzuteilen. [...]
    Gemüse.
   Starker Frost machte den Bezug von Frischgemüse unmöglich. Auch der in der Nähe angebaute Spinat konnte infolge der Schneedecke nicht zum Markt gebracht werden.
   Der jetzt herrschende Mangel an Frischgemüse zeigt, wie notwendig es ist, daß für die Erzeugung alle erdenklichen Anstrengungen gemacht werden. Außer den bisher verteilten Schriften zur Belehrung über den Gemüsebau werden neuerdings Gartenkalender im Büro Rathausgasse 16 l unentgeltlich abgegeben, in denen alle vorzunehmenden Arbeiten in Feld und Garten laufend verzeichnet sind. Das Saatgut ist knapp und teuer; es muß daher sehr sparsam damit gewirtschaftet werden. Es wird empfohlen, die Gemüsepflanzen bei hiesigen Gärtnern einzukaufen und nicht eigene Saatbeete anzulegen, da dabei zu viel Samen verloren geht. [...]

(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)

 

Sonntag, 28. Januar 1917

     

Kaisersgeburtstag
   Der Geburtstag unseres Kaisers wurde gestern, der ernsten Zeit entsprechend, schlicht, aber herzlich gefeiert. Viel mehr als sonst wehten auch von den Privathäusern die deutschen und preußischen Fahnen, vielfach zusammen mit Wimpeln in den Farben unserer Verbündeten. In den Schulen fiel der Unterricht aus. In den Gotteshäusern aller Bekenntnisse fanden Festgottesdienste statt, an ihnen nahmen auch die Truppen, die Verwundeten aus den Lazaretten und die Abordnungen der Krieger- und Militärvereine mit ihren Fahnen teil.
Die Universität
feierte den Geburtstag des Kaisers, wie alljährlich, in der Mittagsstunde mit einem akademischen Festakt. Er war so zahlreich besucht, daß die mit Blattpflanzen geschmückte Aula die Gäste kaum zu fassen vermochte. Sieben Studentenverbindungen hatten je einen Chargierten mit der Fahne entsandt, die Vereine der Studentinnen hatten fünf offizielle Vertreterinnen geschickt. [...]
   Alsdann nahm der Festredner, Professor Fitting, das Wort. Die eiserne Zeit habe das deutsche Volk fester denn je mit seinem Kaiser verbunden und den Kaiser selbst dem Geringsten im Volke menschlich nahe gebracht. Niemals habe das deutsche Volk mit wärmeren und innigeren Wünschen seinen Kaiser in ein neues Lebensjahr begleitet, wie diesmal. Freudiger als je müssen wir uns als Deutsche zu Kaiser und Reich bekennen. [...] Professor Fitting faßte zum Schluß die heißen Wünsche für Kaier und Vaterland in eine Kaiserhoch zusammen, in das alle Anwesenden begeistert einstimmten. Unter den Klängen des Torgauer Marsches verließ dann der Lehrkörper wieder die Aula.
Auf der Hofgartenwiese
Versammelten sich gegen Mittag nach den Festgottesdiensten die Offiziere und Unteroffiziere der Garnison sowie die Krieger- und Militärvereine. Der Garnisonsälteste, Generalleutnant Exzellenz v. Boetticher, wies in einer Ansprache auf das Friedensangebot unseres Kaisers, seine Ablehnung durch die Feinde und die sich daraus ergebende Notwendigkeit hin, den Frieden durch weitere Siege zu erzwingen. Die Ansprache schloß mit einem Hurra auf den Kaiser. Es folgte die übliche Paroleausgabe. Dann konzertierte noch eine Weile die Musikkapelle des Ersatzbataillons.
   Zur Feier von Kaisersgeburtstag läuteten um 12 Uhr die Glocken der evangelischen Kirche am Kaiserplatz und der Münsterkirche. [...]

Städtische Verkaufsstellen für Briketts werden nächsten Dienstag eröffnet. Wir verweisen auf die heutige Bekanntmachung des Oberbürgermeisters.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Auszeichnung. Herrn Oberbürgermeister Spiritus ist das Eiserne Kreuz 2. Klasse am weiß-schwarzen Bande verliehen worden.

Auf dem Bonner Wochenmarkt hatten sich gestern wieder nur etwa fünf bis sechs Verkäuferinnen eingefunden, darunter keine Züchter. Grüngemüse war überhaupt nicht zu haben, nur etwas Aepfel, Sellerie, Breitlauch und Kohlrabien. Die vorhandenen Vorräte waren selbstverständlich in kurzer Zeit ausverkauft.
   Auch auf dem Großmarkt auf dem Stiftsplatz war am gestrigen Hauptmarkttag fast keine Zufuhr. Grüngemüse war auch hier in nur ganz kleiner Menge zu haben. Im ganzen waren etwa acht Verkäuferinnen erschienen, die aber ihre Waren meistens gar nicht auszupacken brauchten, da sie von den Händlern sofort erstürmt wurden.
   Der städtische Verkauf hatte gestern morgen an seinen Verkaufsständen auf dem Wochenmarkt Tafeln angebracht, mit der Aufschrift, daß der Gemüse-, Obst- und Fisch-Verkauf des Frostwetters wegen bis auf weiteres nachmittags von 3 Uhr ab auf dem Marktplatz stattfindet. Der Fischverkauf findet außerdem noch morgens in dem Gebäude auf der Franziskanerstraße Nr. 8 statt. [...]

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Kaisersgeburtstag.
Dank des Kaisers auf das Huldigungstelegramm der Stadt Bonn.
Oberbürgermeister Spiritus Bonn.
Meinen herzlichen Dank für die Glückwünsche und das Treuegelöbnis der Bürgerschaft Bonns.
Wilhelm R.
Der 3. Kriegsgeburtstag unseres Kaisers wurde wie im Vorjahre dem Ernste der Zeit entsprechend begangen. Die öffentlichen und fast alle Privatgebäude trugen Flaggenschmuck. Die Angehörigen der Garnison wurden in die Kirchen ihrer Konfession zu Festgottesdiensten geführt. In der Münsterkirche fand ein feierliches Hochamt statt, bei dem Dechant Böhmer die Festpredigt hielt. Das deutsche Volk feiert heute den Geburtstag unseres Kaisers mit besonderem Dank gegen Gott, der uns in ihm einen so hochherzigen, weisen und religionstreuen Monarchen geschenkt hat. Diese herrlichen und segensreichen Eigenschaften im Charakter unseres geliebten Landesherrn treten so recht zu Tage bei seiner erhabenen Tat des Friedensangebots an die feindlichen Staaten. In einem Augenblicke, wo er als Sieger auf allen Fronten glänzend dasteht, wo insbesondere das zuletzt auf dem Plan erschienene treulose Rumänien die niederschmetternsten Schläge erhalten hat, da ist er derjenige, der seinen Feinden die Hand zum Frieden bietet, obgleich er überzeugt sein muß, daß, wenn die Feinde einwilligen, man ihnen jedenfalls annehmbarere Friedensbedingungen zubilligen mußte, als wenn sie, zerschmettert am Boden liegend, selbst um Frieden bitten müßten. Eine Tat der Weisheit und Klugheit ist dieser Akt, weil als unausbleibliche Folge dieses Angebots die Feinde offenkundig vor aller Welt nunmehr ihr wahres Gesicht zeigen mußten, ihre Kriegsziele und Absichten; aus der mehrwöchigen Verzögerung ihrer Antwort geht deutlich hervor, wie verlegen sie um eine Antwort waren und wie viel Mühe es sie kostete, alle die Wünsche der zehn Verbündeten unter einen Hut zu bringen. Ist daher auch die Friedenshand schnöde abgewiesen, so ist doch eins erreicht, - wir sehen nun klar die Niedertracht und Eroberungsgier unserer Feinde, die sie bisher mit heuchlerischen Redensarten zu verbergen wußten und sogar uns in die Schuhe schieben wollten. Der dritte und edelste Zug, den das Friedensangebot unseres Heldenkaisers zeichnet, ist seine tiefe Religiosität, aus der heraus ein starkes Verantwortlichkeitsgefühl ihn antrieb, den Schritt zu tun, um, soviel an ihm liege, dem entsetzlichen Blutvergießen ein Ziel zu setzen, ob sich ihm gleich von vornherein die Gewißheit aufdrängte, daß Spott und schnöde Abweisung ihm zuteil würden, ja, man sich sogar nicht entblöden würde, seiner Absicht die gemeinsten und niederträchtigsten Motive unterzuschieben, wie es ja in der Tat auch geschehen ist. Der Mann aber, der von hoher Warte aus das Heil der Völker überwacht, unser hl. Vater in Rom, hat das herrliche Wort gesprochen: „Gesegnet sei die Hand, die in diesem entsetzlichen Kriege zuerst den streitenden Nationen den Oelzweig des Friedens darreicht!“ Diese gesegnete Hand ist die des deutschen Kaisers, die, wenn Gott weiter mit uns ist, wohl geeignet sein dürfte, der ganzen Welt den Frieden zu diktieren. Und schon macht dieser Segen sich bemerkbar, indem das deutsche Volk, Militär wie Bürgerschaft, noch enger sich zusammenschließt, um wie ein Block aus Stahl allen Anfeindungen Trotz zu bieten, die uns der Himmel zum endgültigen Siege verhilft. Ein kräftiges Gebet für unseres hohen Landesherrn und unseres ganzen Vaterlandes Wohl beschloß die herrlichen Worte des Redners.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Montag, 29. Januar 1917

     

Kaisersgeburtstagsfeiern. [...]
   Die Kaisersgeburtstagsfeier des Kreis-Krieger-Verbandes Bonn-Stadt Samstag abend im Bonner Bürgerverein war von den nicht mehr wehrpflichtigen Mitgliedern der Vereine und ihren Angehörigen, Offizieren, Vertretern der Behörden sowie der übrigen Bürgerschaft sehr zahlreich besucht. [...] Der Verbandsvorsitzende, Herr Janssen, forderte in seiner Begrüßungsansprache zum „Durchhalten bis zum letzten Hauch“ auf. Generalleutnant Exzellenz von Boetticher brachte mit kernigen und packenden Worten das Kaiserhoch aus. Geheimrat Schreuer hielt die Festrede. Er streifte die 2000jährige Geschichte unseres Volkes und kam dann auf den von unseren Feinden so sehr gehaßten sog. deutschen Militarismus zu sprechen. Wir haben in Wirklichkeit keinen Militarismus, denn unser Heer dient nicht ehrgeizigen und habsüchtigen Plänen, wie beispiesweise Englands Heer und Flotte. Unser Heer ist vielmehr das um sein Dasein und seine Ehre ringende deutsche Volk selbst, das ehrlos nicht zu leben vermag, aber „jedem das Seine“ gönnt. Unser selbstbewußtes und eigenartiges Volk hat in seinem erblichen König- und Kaisertum die beste und gleichfalls eigenartige Führung. Unser ganzes Volk gelobt dem Kaiser, seinem angestammten Führer, heute, wo es unter seiner Führung dem Schwersten mutig entgegensteht, Treue um Treue. Oberbürgermeister Spiritus betonte, daß die gemeinsame Not die Unterschiede der Stände und Bekenntnisse vollkommen beseitigt habe. Ob hoch oder niedrig, Soldat oder Bürger, wir haben nur einen Glauben, ein Papier, eine Hoffnung: den Sieg. Wir kämpfen einen schweren Kampf; ein Feigling, der nicht mitkämpft, und ein Schuft, der immer noch denken kann: mich geht es nichts an. Es schadet nichts, wenn man – auch auf die Verwaltung – einmal ordentlich schimpft, das schafft dem Herzen Luft, aber den Mut und die Zuversicht soll keiner sinken lassen. Wir haben das Vertrauen: Deutschland wird erstehen zu neuer Größe, neuer Güte und neuer Schönheit. Und wenn dereinst unsere Krieger zurückkehren, dann wollen wir ihnen sagen können: auch wir haben unsere Pflicht getan. Oberbürgermeister Spiritus schloß mit einem Hoch auf die Heimat. [...]
   Der Bonner Wehrbund versammelte gestern abend seine Mitglieder, ihre Angehörigen und eine Anzahl Ehrengäste zu einer Kaisergeburtstagsfeier in der Aula des königlichen Gymnasiums. [...] Geheimrat Brinkmann verlas dann, der Verfügung des Kriegsministeriums gemäß, die kaiserliche Kabinettsorder vom 6. Januar über die militärische Vorbereitung der Jugend. Er bemerkte dazu, den Bonner Wehrbund dürfe die kaiserliche Anerkennung mit ganz besonderer Genugtuung erfüllen, habe doch Bonn bei den Wettkämpfen im Wehrturnen im vorigen Herbst allein vier Preise errungen, während andere Orte nicht mehr wie einen Preis erhalten hätten. Die kaiserliche Anerkennung sollte eine Mahnung sein für den Bonner Wehrbund, mit dem gleichen Eifer weiter zu arbeiten und für die Eltern, ihre Söhne an den Uebungen des Wehrbundes teilnehmen zu lassen. Nachdem Professor Schmidt den Mitwirkenden gedankt hatte, schloß die Feier mit dem gemeinsamen Gesang von „Deutschland über alles“.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Beuel, 29. Jan. Die gestrige Kaisersgeburtstagsfeier im Kath. Vereinshause wurde durch das Altniederländische Dankgebet des katholischen Kirchenchors stimmungsvoll eingeleitet, Herr Bürgermeister Breuer erinnerte in seiner Festrede die zahlreich erschienenen Damen und Herren an die gewaltigen Ereignisse, die sich während des Krieges aneinander gereiht und die durch die Tapferkeit des Heeres zu unseren Gunsten gestaltet worden seien. Wie aber die Schicksalsstunde des Vaterlandes von unseren Geldgrauen gewaltige Opfer fordere, so seien auch die Daheimgebliebenen zu jedem Opfer bereit, um uns den endlichen Sieg zu sichern. Wie ganz Deutschland in diesen Tagen machtvoll zusammengetreten, um dem Kaiser das Gelöbnis der Treue zu erneuern, so soll auch die heutige Kundgebung ein Gelöbnis der Treue zu Kaiser und Reich sein, das mithelfen möge, durchzuhalten bis zum letzten Atemzuge. Mit Begeisterung feierte der Redner unseren Kaiser und brachte ein dreifaches Hoch aus, in das die Versammlung jubelnd einstimmte. Herr Pastor Claren gedachte des Kaisers, der sich so gerne Friedenskaiser nennen hörte, nun zum Heldenkaiser geworden sei, aber doch der Friedensfürst werden würde. Durch die Zurückweisung der Friedenshand hätten unsere Feinde nur erreicht, daß sich das ganze Volk um so fester um den Kaiser schare, daß sich das ganze Volk um so fester um den Kaiser schare, der uns den Sieg und auch den Frieden bringen werde. Ein Hindenburglied des Knabenchors gab den kräftigen Worten des Redners beredten Ausdruck. Die echt patriotische Feier schloß mit dem gemeinsamen Gesang des Liedes „Deutschland über alles“.

Godesberg, 29. Jan. Zum Kaisersgeburtstag hatte unser Ort einen reichen Flaggenschmuck angelegt. Die Volksschulen gedachten in Klassenfeiern am Vormittag des hohen Festtages. In den Gotteshäusern aller Bekenntnisse fanden morgens Festgottesdienste statt. Von 12 Uhr mittags ab erklang von allen Kirchen ein feierliches Festgeläute. Die katholische höhere Lehranstalt Collegium Hubertinum beging ihre Kaisersgeburtstagsfeier bereits am Vortage im Festsaale ihres Schulgebäudes mit eindrucksvollen vaterländischen Gesängen und Deklamationen. Herr Kaplan Kreutzwald hielt hierbe die Kaiserrede. Auch das Pädagogium feierte am Freitag in der vollbesetzten Aula den Kaisertag. [...] Am Festtage selbst hielt Herr Oberlehrer Endemann vormittags auf dem Schulhofe des Pädagogiums mit der Jugendwehr eine vorzüglich verlaufene Kaiserparade ab, an deren Schluß Herr Direktor Prof. Kühne des Kaisers gedachte. Für die Kriegsverwundeten in den sämtlichen hiesigen Reservelazaretten fand am Samstag nachmittag eine gemeinsame Feier im evangelischen Gemeindehause statt. Hierbei brachte der Chefarzt, Herr Geheimrat Dr. Brockhaus das Kaiserhoch aus. Den Schlußakt aller hiesigen Festveranstaltungen bildete eine am Sonntag in der Tonhalle abgehaltene allgemeine Bürgerfeier, bei der die Jungmannen Godesbergs unter Leitung des Herrn Fortbildungsschulleiters Forsbach prächtige lebende Bilder stellten und ein militärisches Lustspiel aufführten, die Jugendwehrkapelle des Pädagogiums Militärmärsche spielte und der Männergesangverein Cäcilia einige Vaterlandslieder vortrug. Die zündende Kaiserrede des Herrn Bürgermeisters Zander forderte für die heutige Huldigung ein Wachsen und Erstarken an unbeugsamer Energie in allen Lebensfällen und die markige Ansprache des Hauptmanns der Jugendwehr, Herrn Oberlehrer Endemann, gipfelte in dem Kaiserwort „Werdet zu Stahl!“ Herr Kaplan Schopen führte in begeisternder Ansprache über „Krieg oder Friede“ aus, daß diese Weltfrage nicht eher gelöst werden könne, bis die Entscheidung darüber eingetreten sei, ob der englischen Tyrannengedanke oder deutsche soziale Idee das Schicksal Europas künftighin und auf die Dauer lenke.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)

   

Endgültige Anstellung verwitweter Lehrerinnen im Schuldienste. Ein für verwitwete Lehrerinnen wichtiger Erlaß bestimmt, daß gegen die endgültige Anstellung verwitweter Lehrerinnen Bedenken nicht zu erheben sind, sofern die Witwen kinderlos sind. Sind Kinder vorhanden, so ist jedesmal durch die Königliche Regierung sorgfältig zu prüfen, ob die Witwe durch diese Kinder in der Erfüllung ihrer Pflichten als Lehrerin behindert wird. Ist dies nicht der Fall, und liegen sonstige Bedenken nicht vor, so kann die endgültige Anstellung erfolgen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Dienstag, 30. Januar 1917

       

Anzeige im General-Anzeiger vom 30. Januar 1917Kohlemangel. Der Vorsitzende des hiesigen Kriegsausschusses für Konsumenten-Interessen hat den Präsidenten der Eisenbahn-Direktion Köln, den Gouverneur der Festung Köln und den Eisenbahnminister dringende Eingaben wegen des auch in Bonn bestehenden Mangels an Kohlen und Briketts gerichtet. Die Bürgerschaft wird gebeten, den Verbrauch an Brennstoffen dadurch einzuschränken, daß – auch bei Zentralheizungen – nur die unbedingt notwendigen Räume beheizt werden. Die Kohlenhändler sollten nach Möglichkeit ihre Vorräte nur in kleinen Mengen verkaufen, damit recht weite Volkskreise auch weiterhin ihre Wohnungen heizen können. Nicht dringend genug muß aber vor dem eigennützigen Hamstern von Brennstoffen gewarnt werden. Beides, das Nichtverkaufen von Brennstoffen und das Einhamstern auf Vorrat, ist auch hier in Bonn leider beobachtet worden. Mit größter Freude und aufrichtigstem Dank muß es begrüßt werden, daß die Stadtverwaltung für die ärmere Bevölkerung und die Kriegerfamilien gesorgt hat und heute bei zehn Kohlenhändlern besondere Verkaufsstellen für Briketts gegen Gutscheine eröffnet.

Der Ausschank von Branntwein. Zur Behebung von Zweifeln wird darauf aufmerksam gemacht, daß der Ausschank von Trinkbranntwein und Spiritus an Samstagen, Sonntagen und Montagen, ferner an gesetzlichen Feiertagen und den nächsten auf sie fallenden Werktage verboten ist. An den von dem Verbot nicht betroffenen Tagen ist der Ausschank nur von 11 Uhr vormittags bis 8 Uhr abends erlaubt.

Keine Beschlagnahme der Nähgarne. Der Befürchtung, daß der Bestandserhebung demnächst eine Beschlagnahme der Nähfäden folgen werde, ist unbegründet. Die Heeresverwaltung stellt im Gegenteil bereits über Jahresfrist den Nähfadenfabriken vierteljährlich beträchtliche Mengen beschlagnahmter Garne zur Verfügung, um den laufenden Bedarf an Nähgarn zu decken. Es besteht also kein Anlaß, sich über den laufenden Bedarf hinaus mit Vorräten an Nähfäden zu versehen. Nur durch übergroße Käufe könnte künstlich eine Knappheit und eine Preissteigerung in Nähfäden herbeigeführt werden.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Nachrichten des Lebensmittelamtes der Stadt Bonn.
Eingangs der gestrigen Pressebesprechung widerlegte Beig. Piehl die in einer statistischen Uebersicht des sozialdemokratischen Volkswirts Richard Calver aufgetretene Behauptung, daß Bonn die teuerste Stadt sei.
    Kartoffeln und Steckrüben.
Die Versorgungsschwierigkeiten mit Kartoffeln haben in diesem Jahre ihren Grund in der schlechten Kartoffelernte. Auch die Transportverhältnisse haben sehr ungünstig mitgewirkt. Die Kartoffelvorräte werden sich genau erst feststellen lassen, wenn die Mieten geöffnet sind und das Saatgut ausgelesen ist. Aus diesem Grunde hat sich Reichskartoffelstelle entschlossen, eine weitere Einschränkung des Kartoffelbezuges eintreten zu lassen. So werden auch in Bonn vom 5. Februar ab an die Versorgungsberechtigten nur rund drei Pfund Kartoffeln und vier Pfund Kohlrüben ausgegeben. Die Schwerst- und Schwerarbeiter erhalten eine Zulage von 4 Pfund Kohlrüben. Die Selbstversorger dürfen auch weiterhin sieben Pfund Kartoffeln und vier Pfund Kohlrüben verbrauchen. Dieser ewige Wechsel in der Kartoffelzuteilung ist gerade für das Lebensmittelamt außerordentlich unliebsam, er ist aber leider durch die Zeit bedingt. Zuerst waren es 10 Pfund Kartoffeln, dann sieben, dann fünf und jetzt drei Pfund Kartoffeln. Aber der Schwerpunkt liegt darin, daß wir bis zur Frühkartoffelernte unter allen Umständen mit den vorhandenen Vorräten haushalten können. So werden auch für die neue Ernte schon umfassende Vorkehrungen getroffen. U. a. ist auch im Bonner Bezirk jeder Besitzer oder Pächter einer Acker- oder Gartenparzelle verpflichtet, im Jahre 1917 einen entsprechenden Teil derselben mit Kartoffeln zu bepflanzen, damit er den Kartoffelbedarf für sich und seinen Haushalt als Selbstversorger decken kann. Diese Maßnahme ist notwendig geworden, damit nicht diejenigen Besitzer, wie es jetzt vielfach der Fall ist, die eine bessere Ausnutzung ihres Landes durch Gemüse erhoffen, einfach keine Kartoffeln bauen und sich von der Stadt versorgen lassen. Das soll unter allen Umständen vermieden werden. Auch in vielen Ziergärten sollten an Stelle der Blumen Kartoffeln gepflanzt werden. In Zukunft wird die Stadt derartigen Besitzern oder Pächtern keine Kartoffeln mehr liefern, höchstens nur dann, wenn nachgewiesen wird, daß die fachgemäße Bewirtschaftung der Parzelle den Bedarf nicht aufbringen könnte. Auch an das Bebauen der noch immer brachliegenden Grundstücke muß immer wieder hingewiesen werden. Kein Fußbreit Boden, der sich nur einigermaßen zur Bestellung eignet, darf in diesem Jahre unbebaut bleiben.
   Der Verkauf von Steckrüben geht jetzt besser. Die Bevölkerung scheint endlich erkannt zu haben, daß die Steckrübe ein ganz ausgezeichnetes Gemüse ist. Sie ist nicht nur schmackhaft, sondern vor allen Dingen sehr nahrhaft und gesund. Wer die zugeteilten Mengen Steckrüben nicht verbraucht, dem kann nicht genug geraten werden, sich die übrigbleibende Menge für seinen Haushalt zu trocken für die Zeit, wenn weder Frischrüben noch Frischkartoffeln mehr zur Verfügung stehen sollten. Das Trocknen kann in außerordentlich einfacher Weise über dem gewöhnlichen Herd erfolgen. In den nächsten Tagen werden hierüber besondere Flugblätter verteilt und in den Zeitungen veröffentlicht werden. Auch ist eine Anweisung über das Trocknen bereits in den Kartoffelverkaufsstellen unentgeltlich verabfolgten Kochanweisungen enthalten. [...]
   Milch
Die Milchzufuhr ist noch etwas geringer geworden, jedoch scheint der Tiefstand insofern bald überwunden zu sein, als durch den Zuwachs an frischmelkenden Kühen wiederum mehr Milch anfällt. Außer den 200 Kühen, die das Lebensmittelamt selbst bereits beschafft und gegen Abmelkverträge eingestellt hat, wird in den nächsten Tagen auf dem Grundstücke des städtischen Fuhrparks in der Ellerstraße eine eigene städtische Molkerei mit 50 Kühen in Betrieb gesetzt. An sich ist die Milchversorgung für die zeitigen Verhältnisse in Bonn als gut zu bezeichnen. Das hier eingeführte System, wonach der Händler seine Kundschaft selbst versorgt, hat sich durchaus bewährt. Die Arbeitslast, die dem städtischen Milchamt obliegt, ist freilich ganz gewaltig. Monatlich müssen über 30.000 Anträge mit vielen ärztlichen Bescheinigungen usw. bearbeitet werden. In erster Linie muß natürlich dafür gesorgt werden, daß die Säuglinge, die Kinder bis zum 6. Lebensjahr, die hoffenden und stillenden Frauen und die Schwerkranken versorgt werden, dann erst kommen die Kinder vom 6. bis 14. Lebensjahre und sodann andere Antragsteller. Es kann nicht genug darauf hingewiesen werden, daß diese Regelung von der Reichsstelle vorgeschrieben und die Stadt gar nicht in der Lage ist, von ihr abzuweichen. Die Landesfettstelle wird in den nächsten Tagen auch Höchstpreise für Milch festsetzen, die für besondere Bezirke einheitlich geregelt werden. Vorerst ist die Bestimmung getroffen, daß die bestehenden Milchpreise unter keinen Umständen erhöht werden dürfen, sondern im Sinne des Höchstpreisgesetztes als Höchstpreise gelten.
   Kriegsküchen.
Die Zahl der Kriegsküchenteilnehmer hat sich erfreulicherweise vermehrt und ist auf 5200 angewachsen. Das ist eine erhebliche Zunahme, wenn man bedenkt, daß die Zahl der Teilnehmer Anfang Januar nur rund 3000 betrug. [...]
Noch immer werden von den Hausfrauen im
    Schleichhandel
Butter, Speck, Eier, Kartoffeln zu Wucherpreisen erworben. Vielfach behaupten die Verkäufer, es handle sich um Auslandsware. Das ist nach den jetzigen Verhältnissen ganz ausgeschlossen. Es handelt sich durchweg nur um Inlandsware, die zu geradezu sträflich hohen Preisen in den Handel gebracht wird. Jede Hausfrau besinne sich doch endlich auf ihre vaterländische Pflicht und überlege, daß sie durch die Unterstützung eine derartigen Schleichhandels alle behördlich geplanten Rationierungen zuschanden macht. Erst kürzlich hat das Lebensmittelamt eine große Sendung Speck, die aus Hausschlachtungen stammte und nach Elberfeld und Wiesbaden verladen werden sollte, auf hiesigen Bahnhof beschlagnahmt. Der Versender sieht seiner Bestrafung entgegen, außerdem erhält er für die beschlagnahmte Ware auch nicht einen Pfennig bezahlt. Dabei kann noch erwähnt werdne, daß durch die neueren Bestimmungen auch die Postpaketbezüge aus den neutralen Ländern ganz wesentlich eingeschränkt sind.

Haltlose Gerüchte. Die Nachricht von der Mobilisierung einiger Schweizer Divisionen hat zu abenteuerlichsten Gerüchten Veranlassung gegeben. Diese sind teilweise so unsinnig, daß jeder Vernünftige selbst ihre Haltlosigkeit hätte erkennen können. Umso schärfer müssen solche leichtfertige Schwätzereien verurteilt werden. Denn zu irgend welcher Beunruhigung liegt nicht der mindeste Grund vor. Auch hat der Verlauf des Krieges gezeigt, daß unsere Oberste Heeresleitung allen beabsichtigten Maßnahmen unserer Feinde noch immer rechtzeitig zu begegnen gewußt hat. Den gewissenlosen Schwätzer aber, denen nicht das eigene Verantwortungsgefühl den Mund schließt, sein nachdrücklich in Erinnerung gerufen, daß die böswillige oder auch nur fahrlässige Verbreitung solcher Kriegsnachrichten unter strenge Strafe gestellt ist. (W.B.)

Der deutsche Arndt-Bund feierte am gestrigen Abend im Gartensaale der Lese den 57. Todestag des verstorbenen Freiheitshelden Ernst Moritz Arndt in schlichter, würdiger Weise. Nach einigen Gesangsvorträgen eines Chores widmete Dr. Krantz dem verstorbenen Freiheitshelden einige Worte und gedachte dann auch des Geburtstages unseres Kaisers, wobei er den Wunsch aussprach, daß es unserem geliebten Landesherrn vergönnt sein möge, in diesem Jahr einen ehrenvollen Frieden zu schließen. Er ließ seine Worte in ein Kaiserhoch ausklingen, in welches die Anwesenden begeistert einstimmten. Nach mehreren Musikvorträgen eines Quartetts unter Leistung von Professor Imelmann ergriff Geheimrat Professor Litzmann das Wort zur Festrede. Er gab ein Bild der Bestrebungen des Arndtbundes, der heute auf sein vierjähriges Bestehen zurückblicken konnte, und schilderte in von Begeisterung getragenen Worten die Bedeutung Ernst Moritz Arndts für die Sache des Vaterlandes. Er bezeichnete den verstorbenen Freiheitshelden als einen ganzen Mann, als das Vorbild männlicher Tatkraft, Lauterkeit und Tapferkeit und kam zum Schlusse auf die Friedensbestrebungen im jetzigen Kriege zu sprechen. Seine Ausführungen schloß er mit den Worten: Die tiefe Sehnsucht der ganzen Menschheit nach Frieden ist groß. Auch wir wollen den Frieden, aber den Frieden als Sieger. Das sind wir dem Blute unserer Gefallenen und den kommenden Geschlechtern schuldig. Wir wollen den Frieden Auge in Auge mit jenen schließen, gegen die wir gekämpft haben, einen Frieden im Sinne Ernst Moritz Arndts. Den aufgedrungenen Frieden eines kühl denkenden Geschäftsmannes, der die Hände zur Vermittlung bietet, müssen wir, da diese Hände mit Blut befleckt sind, welches nicht mehr abgewaschen werden kann, ablehnen. An dieser Stelle wollen wir es an dem Todestage Ernst Moritz Arndts geloben, daß wir, wenn es nötig sein sollte, bereit sind, auch das letzte Opfer fürs Vaterland zu bringen. Die Ausführungen des Redners fanden starken Beifall.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

      

Universität. Auf das Telegramm, welches unsere Universität am Kaisersgeburtstag an Se. M. den Kaiser sandte, ist folgende Drahtantwort an Rektor und Senat eingegangen: „Meiner lieben alma mater herzlichen Dank für das erneute Gelöbnis der Treue. Wilhelm R.“

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Mittwoch, 31. Januar 1917

     

Das Treibeis des Rheins hat in den letzten Tagen stark zugenommen. Der Rhein führt jetzt nicht nur Schaumeis, auch große, feste Schollen schwimmen auf der ganzen Breite des Stromes. An Stellen, wo die Strömung nur gering ist, wie hinter den Wellenbrechern, hat das Wasser bereits eine feste Eisdecke. Die Schiffahrt ist fast ganz eingestellt.

Seide und Seidenabfälle. Mit dem 31. Januar 1917 tritt eine Bekanntmachung über Beschlagnahme und Bestandserhebung von rohen Seiden und Seidenabfällen aller Art in Kraft, durch die sämtliche vorhandenen, anfallenden und noch weiter eingeführten rohen Seiden und Seidenabfälle aller Art beschlagnahmt werden. Die Beschlagnahme erfasst die Seiden auch in gerissenem Zustand, sowie gemischt mit Baumwolle, Wolle und Kunstseide oder irgendwelchen anderen Spinnstoffen und die aus ihnen oder ihren Mischungen hergestellten Züge, ferner die beim Spinnen, Zwirnen und Weben anfallenden Abgänge. Trotz dieser Beschlagnahme ist die Veräußerung und Lieferung der beschlagnahmten Gegenstände an die Kriegswollbedarfs-Aktiengesellschaft, Berlin S. V. 48, Verlängerte Hedemannstraße 2-6, erlaubt. Ebenso bleibt die Verarbeitung der Gegenstände gestattet, sofern es sich um die Erfüllung von Aufträgen bestimmter Stellen handelt, die in der Bekanntmachung näher bezeichnet sind oder die Verarbeitung mit Zustimmung der Kriegs-Rohstoff-Abteilung des Kriegsamtes des Königlich Preußischen Kriegsministeriums erfolgt. Die von der Bekanntmachung betroffenen Gegenstände unterliegen auch, sofern die Gesamtmenge bei einer Person mindestens 20 Kilogramm beträgt, einer monatlichen Meldepflicht an das Webstoffmeldeamt der Kriegs-Rohstoff-Abteilung. Die erste Meldung hat für den Bestand vom 1. Februar bis zum 10. Februar auf den vorgeschriebenen Meldescheinen zu erfolgen. Außerdem ist auch die Führung eines Lagerbuches, aus dem jede Aenderung in den Vorratsmengen und ihre Verwendung ersichtlich sein muß, angeordnet worden.
  
Gleichzeitig ist eine Bekanntmachung über Höchstpreise für rohe Seiden und Seidenabfälle aller Art in Kraft getreten.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Eine Musterung der Kriegsunbrauchbaren (nicht Gedienten) findet für den Stadtbezirk Bonn in den Tagen vom 5. bis einschließlich 13. Februar, vormittags 9 Uhr, im Kölner Hof statt. Die Gestellungspflichtigen (es kommen vom 8. September 1870 bis einschließlich 1898 Geborene in Frage) werden durch besondere Vorladung zur Musterung aufgefordert. Wehrpflichtige, die bis zum 3. Februar keine Vorladung erhalten haben, müssen sich im Militärbureau, Rathausgasse 26, melden. Näheres ist aus einer Bekanntmachung in der vorliegenden Nummer zu ersehen.

Treuegelöbnis unserer Studentenschaft. Wenn der Aufruf S. Majestät in allen deutschen Herzen lodernden Widerhall gefunden, so steht die deutsche Studentenschaft wohl hierin an der Spitze. Die Berliner Studentenschaft hatte aus diesem Anlasse ein Rundschreiben an die Vertreterversammlungen sämtlicher deutscher Hochschulen erlassen mit der herzlichen Einladung, am vergangenen Mittwoch, 24. Januar den Majestäten ihre Huldigung darzubringen und zwar durch einen Fackelzug. Abordnungen von mehreren deutschen Hochschulen waren mit Banner und Fahne nach der Reichshauptstadt geeilt, um sich an dieser patriotischen Feier zu beteiligen. [...]
   Bonner Vertreter waren: Die Vorsitzende: Alania, die Burschenschaften: Alemannia, Frankonia, Ripuaria, Evang. theol. Verein, Klass. Philos. Verein, Math. Naturw. Verein, Arminia, Makaria Nassovia, Vereinig. kath Theologen, Hilarias Studentinnen-Verein D. A. F., Deutsch-Akad. Freischar.
   Nach dem Fackelzug fand ein Festessen der Wichschargierten statt, bei welchem die Berl. Studentenschaft in beständige Hochrufe auf die Bonner Vertreter ausbrach.
Gleichzeitig sandte der Vorsitzende der Vertreter-Versammlung der Bonner Studentenschaft ein Huldigungstelegramm an S. M., das folgenden Inhalt hatte:
   S. Majestät den Deutschen Kaiser.
   Großes Hauptquartier.
   Die Vertreter-Versammlung der Bonner Studentenschaft legt untertänigst zu Füßen Ew. Majestät das Gelöbnis unverbrüchlicher Treue und eifrigster Pflichterfüllung bis zum siegreichen Ende nieder.
   Die Bonner Studentenschaft empfindet es schmerzlich, daß sie bei dem Fackelzuge im Berlin nicht Gelegenheit hatte, Ew. Majestät persönlich zu huldigen.
   Untertänigst H. H. Roth,
   Vorsitzender der Vertreter-Versammlung

Rheinischer Landfrauentag. Die Landwirtschaftskammer für die Rheinprovinz wird in diesem Jahre mit der Unterstützung der großen Frauenvereine der Provinz in der Zeit vom 4. bis zum 7. März in den Räumen des Bonner Bürger-Vereins in Bonn wiederum den rheinischen Landfrauentag veranstalten. Die Eröffnungssitzung am Sonntag, den 4. März, wird die Frage behandeln: „Was fordert das Vaterland von der Landfrau im dritten Kriegsjahr.“ Der Montag wird im einzelnen den wirtschaftlichen, der Dienstag den sozialen Aufgaben gewidmet sein. Außerdem werden am Dienstag nachmittag die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Stadt und Land durch Vorträge berufener Vertreter beider Interessengruppen erörtert werden. Ferner findet je eine Sonderversammlung für Lehrerinnen und Sozialbeamtinnen statt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Schlittschuhlaufen an gefährdeten Plätzen. Warum läßt man den Kindern nicht das harmlose Vergnügen, auf dem Poppelsdorfer Weiher Schlittschuh zu laufen und Bahn zu schlagen. Statt dessen patrouilliert täglich zwei bis drei Mal ein Polizist auf und ab um die Kinder zu verjagen. Gestern wurde sogar der ganze Weiher von oben bis unten mit Asche bestreut und heute hackt man sogar tiefe Löcher, bis das Wasser hindurchscheint. Wozu erhalten die Kinder denn eigentlich „Eisfrei“, die wenigsten Eltern sind jetzt in der Lage, ihren Kindern täglich 0,25 Mk. zu geben um zum Sportplatz zu gehen; und geschlittet wird doch, wenn nicht auf dem Weiher, dann auf der Straße und auf den Bürgersteigen, und hier sollte die Polizei lieber Asche streuen lassen, damit die Erwachsenen nicht zu Fall kommen.
   Man lasse doch den Kindern den Weiher, und ich glaube im Sinne aller Eltern zu sprechen, die ihre Kinder sich lieber warm auf dem Eise tummeln sehen, als jetzt, bei der bitteren Kohlenot, frierend in kaum erwärmten Zimmern. Zudem ist unserer Bonner Jugend so selten ein richtiger Winter beschieden, da hier in Bonn doch meistens Tauwetter ist. Eine Kinderfreundin.
   (Anm. der Schriftl. Wir geben der Zuschrift gerne Raum, müssen aber bemerken, daß der Universitätsfiskus offenbar keine Verantwortung für etwaige Unglücksfälle tragen will und daher vorbeugende Maßnahmen trifft. Daß übrigens die Beueler Polizei das Schlittschuhlaufen am rechten Rheinufer gegenüber der Ersten Fährgasse duldet, erscheint uns recht auffällig. Dort ist die Gefahr angesichts des offenen Wassers des Rheins ungleich größer als auf dem Poppelsdorfer Weiher.)

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

 

Liefert die Fahrrad-Bereifungen ab! Da noch immer Besitzer von Fahrrad-Bereifungen mit der Abgabe im Rückstand sind, wird nochmals darauf hingewiesen, daß die Frist zur freiwilligen Abgabe nur noch bis zum 5. Februar 1917 verlängert ist. Es wird dabei besonders bemerkt, daß alle gemeldeten Bereifungen bis zum obigen Termin abgegeben werden müssen. Die Ablieferer erhalten bei der freiwilligen Abgabe noch den vollen festgesetzten Preis, der sofort ausgezahlt wird. Nach der freiwilligen Abgabe wird zur Enteignung geschritten und die dann zu zahlende Vergütung bedeutend niedriger ausfallen.

Frostschutz für Wasserleitungen. Wegen der anhaltenden Kälte wird wiederholt darauf hingewiesen, daß es nötig ist, Wassermesser und Wasserleitungen vor Frost zu schützen. Fenster von Räumen mit Wasserleitungen müssen geschlossen und nötigenfalls abgedichtet werden. Die Wasserleitungen im Hause sollen, soweit sie nicht frostfrei liegen, für die Nacht abgesperrt und entlehrt werden.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

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