Bonn 1914-1918
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Samstag, 11. November 1916

     

Anzeige im General-Anzeiger vom 11. November 1916Der Handels- und Gewerbeverein beruft auf Montag abend eine Hauptversammlung ein. Auf der Tagesordnung stehen: Früherer Ladenschluß an Wochentagen während der Kriegszeit und Neue Verordnung über Web- und Strickwaren.

Die Suppenküche des Bonner Frauenvereins in der Maargasse wird Montag wieder eröffnet. Alterschwache, Kranke und Wöchnerinnen erhalten die Suppe umsonst, sonst kostet das Liter 20 Pfg. Wie in den Kriegsküchen, werden auch hier die Fettkarten und die Hälfte der Kartoffelkarten abgenommen.

Als „städtische Lebensmittel“ werden nächste Woche kochfertige Gerstenflockensuppe, Griesmehl, Maismehl, Marmelade und in den Metzgereien Speck verkauft.

Der gestrige Martinsabend verlief wieder still ohne die im Frieden üblichen Lampionumzüge der singenden und gabenheischenden Kinder. Nur ganz vereinzelt wurde ein Martinslied gesungen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Bonner, spart an Gas. Wie aus der Bekanntmachung der städt. Werke im Anzeigenteil hervorgeht, ist z. Zt. Erheblicher Wagenmangel für die Heranschaffung der Kohlen, wie in anderen Städten, so auch hier eingetreten. Es ist daher nötig, wo irgend angängig, mit dem Gase zu sparten, um die Gewähr zu haben, daß auch in den nächsten Monaten überall in der Stadt genügend Gas abgegeben werden kann.
   Sollte die Mahnung zur äußersten Sparsamkeit mit dem Verbrauche an Gas schon in den nächsten Tagen nicht genügenden Erfolg haben, so wird zu stärkeren Einschränkungsmitteln des Gasverbrauchs leider geschritten werden müssen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 11. November 1916Zum 50jährigen Bestehen des Vaterländischen Frauenvereins. Auf eine 50jährige segensreiche Tätigkeit blickt am heutigen 11. November d. J. der Vaterländische Frauenverein zurück. Ins Leben gerufen am Dank- und Friedensfeste 1866 von der Königin Augusta zur Pflege verwundeter und erkrankter Krieger, eine Aufgabe, die 1870/71 schon ihre Feuerprobe bestand, widmete sich der Verein späterhin mehr und mehr Friedenszielen: der Linderung und Verhütung sittlicher und sozialer Not, der Einrichtung von Krankenhäusern und vor allem der Ausbildung eines tüchtigen weiblichen Pflegepersonals, um die ganze Monarchie unter dem Zeichen des Roten Kreuzes auf weißem Felde ein Band werktätiger Nächstenliebe schlingend. [...]
   Der Vaterländische Frauenverein Stadtkreis Bonn ist am 27. Juli 1867 von den Damen Frau Landrat v. Sandt (Vorsitzende), Frau Geheimrat Beseler, Frau Geheimrat Busch [...] gegründet worden und zählte schon im Oktober 1867 141 ordentliche und 88 außerordentliche Mitglieder. [...]
   Der Förderung der Krankenpflege trat der Verein erst im Frühjahr 1918 näher; bis dahin hatte sich in Bonn der Zweigverein vom Roten Kreuz für den Stadt- und Landkreis Bonn dieser Aufgabe unterzogen. Das von diesem vorgebildete, zur Verfügung stehende Pflegepersonal wurde übernommen, zugleich aber die Ausbildung weiteren weiblichen Pflegepersonals eingeleitet und tatkräftig durchgeführt. Die gesamte Wäsche für ein im Kriegsfalle einzurichtendes Lazarett mit 26 Betten wurde angeschafft und in regelmäßigen Zusammenkünften von Damen des Vereins geschnitten und zur Verarbeitung an Heimarbeiterinnen ausgegeben. Als dann der Krieg nach 1½ Jahren unerwartet ausbrach, lag die Ausstattung eines Lazaretts bis ins Kleinste fertig da.
   Auf die Tätigkeit des Vereins in den letzten 2¼ Kriegsjahren bei dieser Gelegenheit näher einzugehen, dürfte sich erübrigen. Erwähnt sei nur, daß alsbald nach Kriegsbeginn der Vaterländische Frauenverein Stadtkreis Bonn, der Zweigverein vom Roten Kreuz für den Stadt- und Landkreis Bonn und der Hilfsausschuß für Truppen sich zusammenschlossen zu den Vaterländischen Vereinigungen, deren segensreiches Wirken zur Milderung der Kriegsnot allerseits bekannt ist, und ferner, daß zurzeit in den Bonner Lazaretten Collegium Albertinum, Collegium Leoninum, Beethovenhalle, Garnisonlazarett, Ohrenklinik, altes Friedrich-Wilhelm-Stift und Vereinslazarett Prinzessin Viktoria die Pflege lediglich von Schwestern (Hilfsschwestern und Helferinnen) ausgeübt wird, die unter dem Vaterländischen Frauenverein Stadtkreis Bonn stehen, und daß dem Verein noch 19 Pflegerinnen in anderen Bonner Lazaretten, 3 Schwestern im Bonner Lazarettzug, 31 Schwestern in Etappenlazaretten, im ganzen mithin 218 Pflegerinnen, angehören.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Sonntag, 12. November 1916

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 12. November 1916Anzeige im General-Anzeiger vom 12. November 1916

Ueber die Mitarbeit der Frau an der Hebung der Volkssittlichkeit mit Beziehung auf den Geburtenrückgang spricht Dienstag abend im Bonner Bürgerverein Frau Schulrat Kraß aus Münster i. W. Zu dem Vortrage laden der Katholische und der Deutsch-Evangelische Frauenbund, der Verein Frauenbildung – Frauenstudium, der Bonner Lehrerinnenverein und der Verein katholischer Lehrerinnen ein.

Anzeige im General-Anzeiger vom 12. November 1916Spionage. Wie uns von zuständiger Seite mitgeteilt wird, ist vor kurzer Zeit ein junger Holländer, der seit Frühjahr 1916 sich hier studienhalber aufhielt, festgenommen worden. Der junge Mann hat wiederholt größere Geldbeträge aus Holland durch die Post erhalten, deren Empfang er merkwürdigerweise bei der Polizei abzuleugnen versuchte. Nach längerem Verhör legte der Verhaftete das Geständnis ab, daß er im Auftrage einer Rotterdamer Firma Spionage gegen Deutschland getrieben habe.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Reichsgerichts-Entscheidung. Man schreibt uns aus Leipzig, 11. Nov. Vom Landgericht Bonn ist am 2. Juni der Arbeiter Franz Si. Wegen schweren Diebstahls in Verbindung mit einem Vergehen gegen das Branntweinsteuergesetzt zu 7 Monaten Gefängnis verurteilt worden. Er war in einer Fabrik angestellt und zwar in der Abteilung für Aetheralkohol. Der bei der Herstellung der Erzeugnisse verdunstete Aether wird wieder Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 12. November 1916aufgefangen und in ein besonderes Gefäß geleitet. Der Angeklagte hat nun häufig mit einem Schraubenschlüssel das Gefäß widerrechtlich geöffnet und jedesmal zwei Liter Alkohol daraus entnommen. Da er diesen Alkohol unversteuert in den Verkehr gebracht hat, wurde auch ein Vergehen gegen das Branntweinsteuergesetz für vorliegend erachtet. Die Revision des Angeklagten, welcher lieber wegen Unterschlagung als wegen Diebstahls verurteilt sein wollte, wurde vom Reichsgericht als unbegründet verworfen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

     

Milchversorgung. Vom 1. Dezember ds. Js. ab wird im Stadtbezirke Bonn eine Neuregelung der Milchversorgung erfolgen. Die Abgabe von Vollmilch wird nur noch gegen Milchkarten an Vollmilchversorgungsberechtigte und Vollmilchvorzugsberechtigte erfolgen. Die unmittelbare Lieferung durch die Kuhhalter und Händler wird beibehalten. Wer vollmilchversorgungsberechtigt und vollmilchvorzugsberechtigt ist, sagt eine Bekanntmachung in dieser Nummer.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Montag, 13. November 1916

     

Anzeige im General-Anzeiger vom 13. November 1916Zum 50jährigen Bestehen des Vaterländischen Frauen-Vereins hat Oberbürgermeister Spiritus im Namen der Stadt Bonn an die Vorsitzende, Frau Berghauptmann Krümmer, folgendes Glückwunschschreiben gerichtet: „Zu der Feier des 50jährigen Bestehens des Vaterländischen Frauenvereins für den Stadtkreis Bonn beehre ich mich, namens der Bonner Stadtverwaltung und Bürgerschaft wärmsten Glückwunsch auszusprechen. Der Verein hat während seines langjährigen Bestehens und vornehmlich in der jetzigen Kriegszeit unter der Leitung seines tatkräftigen Vorstandes sowohl auf vaterländischem wie auf örtlichem Gebiete in so segensreicher und erfolgreicher Weise gewirkt, daß die Anteilnahme der Stadt an seinem Ehrentage als eine besonders freudige, von der Dankbarkeit gezollte, anzusprechen ist. Ich gebe dem Wunsche und der zuversichtlichen Hoffnung Ausdruck, daß es dem Verein auch fernerhin gelingen wird, seine segensreiche Tätigkeit zu weiterer Entfaltung zu bringen, zum Wohle des Vaterlandes und unserer bedrängten Mitbürger.“ [...]

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Die Ausübung der Jagd durch Ausländer verboten. Unter Aufhebung aller früheren Anordnungen hat das Stellvertretende Generalkommando des 8. Armeekorps für den Bereich des Korps, mit Ausnahme der Befehlsbereiche der Festungen Köln und Koblenz-Ehrenbreitstein, für die besondere Bestimmungen ergehen, die Ausübung der Jagd und Fischerei durch Ausländer, soweit sie nicht einem verbündeten Staat angehören, verboten. Den durch diese Verordnung betroffenen Ausländern wird anheimgestellt, ihre Jagd- und Fischereiberechtigung durch geeignete Deutsche, unter Beachtung der dafür vorgeschriebenen Formen, ausüben zu lassen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

     

Kartoffelversorgung. Es wird nochmals darauf aufmerksam gemacht, daß Haushaltungen, die Kartoffeln von auswärts nach Bonn einführen, verpflichtet sind, die eingeführten Mengen sofort dem Lebensmittelamte anzuzeigen. Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark bestraft.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Dienstag, 14. November 1916

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 14. November 1916Die Lebensmittelversorgung. Die für die Stadt Bonn bestimmten Kartoffeln kommen zurzeit in verhältnismäßig reichen Mengen an. Ueber 30 Eisenbahnwagen müssen täglich ausgeladen und der Inhalt an die Händler, in die Mieten und die städtischen Keller befördert werden. 230 Mann sind damit beschäftigt, darunter 200 Soldaten, die das Garnisonskommando der Stadt zur Verfügung gestellt hat. Die Kartoffeln werden der Stadt unverlesen geliefert, die Stadt kann auch nicht alle Kartoffeln verlesen lassen, daher werden die zum sofortigen Weiterverkauf an die Verbraucher bestimmten Mengen ebenfalls unverlesen abgegeben; nur die Kartoffelmengen, die in die städtischen Keller und Mieten kommen, werden vorher sorgfältig verlesen. Die Güte der Kartoffeln läßt manchmal zu wünschen übrig, die Stadt muß die Knollen aber so nehmen, wie sie ihr von den zuständigen Provinzialkartoffelstellen angeliefert werden. Bei dieser Gelegenheit sei noch einmal festgestellt, daß die Stadtverwaltung keine Kartoffeln zum Einkellern an die privaten Haushaltungen liefert, Ausnahmen werden auch bei den Beigeordneten, Stadtverordneten und Beamten nicht gemacht.
  
Als Ersatz für die knappen Kartoffeln wird insbesondere die Kohlrübe, auch Steckrübe, hier vor allem Erdkohlrabi genannt, empfohlen. Die Stadt hat bereits 25.000 Zentner Erdkohlrabi angekauft und wird sie in einigen Wochen durch ihre Gemüseverkaufsstellen an die Bürgerschaft abgeben. Ueber die Verwendung der Kohlrübe hat das Kriegsernährungsamt soeben ein Merkblatt herausgegeben. Es heißt darin: Die Kohlrübe eignet sich in hohem Grade als Kartoffelersatz. Sie ist leicht verdaulich und enthält Nährstoffe in leicht aufnehmbarer Form; der Gehalt an hochwertigem Eiweiß ist bedeutend höher, die Zubereitung bequem, die Haltbarkeit ist größer, die Frostempfindlichkeit kleiner, der geringere Preis erlaubt eine Steigerung der Kostmenge ohne Erhöhung der Geldausgabe, die Größe der Rübe bedingt weniger Abfall und Arbeit beim Schälen. Die Zubereitung besteht lediglich im Dämpfen oder Kochen der geschälten oder geschnittenen Rüben. Das Brühwasser wird abgegossen, weil in ihm hauptsächlich der Rübengeschmack enthalten ist. Wer gegen den Rübengeschmack unempfindlich ist, kann das Brühwasser zum Verzehr mitverwenden, da ein Teil der Nährstoffe beim Kochen in das Brühwasser übergeht. Je nach Art des herzustellenden Gerichts werden dann Anzeige im General-Anzeiger vom 14. November 1916natürlich die Stücke noch weiter zerkleinert. Die Zahl der Kohlrüben-Gerichte ist unübersehbar groß. Dank ihres Nährstoffgehaltes sind die Rüben schon ganz für sich eine auskömmliche Speise. Salz ist die einzige unumgängliche Zutat. Außer der bekannten Zubereitung nach Art des Gemüses sei vor allem an die Verwendung zu guten Suppen erinnert. Die Streckung der Lebensmittel durch Kohlrüben wird durch deren hervorragende Eignung zu Mischgemüsen sehr erleichtert. Jede Haushaltung sollte daher den Gerichten von Kartoffeln, Möhren und anderen Gemüsen ständig Kohlrüben begeben. Selbstverständlich kann solche Speisen noch erheblich schmackhafter machen, wer in der Lage ist, kleine Mengen Mehl, Fleisch, Fisch oder Fett zusetzen zu können. Sogar ein Gebäck kann man herstellen, indem man die rohzerriebene Kohlrübe mit Mehl zu einem Teig verarbeitet.
   Für die Verteilung von Speisefett hat die rheinische Provinzialfettstelle neue Grundsätze aufgestellt. Danach dürfen fortan nirgends mehr als zusammen 62½ Gramm, also ein Achtel Pfund, Speisefett auf den Kopf und die Woche abgegeben werden. Als Speisefett gelten Butter, Margarine, Schmalz und Oel.
   Die Neuregelung der Milchversorgung tritt am 1. Dezember in Kraft. In welcher Weise die Milch an die zur Versorgung berechtigten und vorzugsberechtigten Einwohner geliefert werden soll, wird erst diese Woche festgesetzt. Die jetzt gültigen Milchbezugsscheine gelten nach dem 1. Dezember nicht mehr, ihre Inhaber müssen daher neue Anträge beim Lebensmittelamt stellen, brauchen dazu aber keine neuen ärztlichen Bescheinigungen.
 Anzeige im General-Anzeiger vom 14. November 1916  Zu Weihnachten sollen auch Printen und Spekulatius gebacken werden, von den Bäckern aus inländischem, von der Stadt gelieferten Mehl, von den Konditoren aus ausländischem Mehl. Die von den Bäckern hergestellte Ware wird gleichmäßig verteilt werden, und zwar voraussichtlich auf jeden Kopf ein halbes Pfund.
    Die Teilnehmerzahl der Kriegsküchen ist in dieser Woche wieder um 200 auf rund 3300 gestiegen. Die neue Kriegsküche in der Universität wird spätestens nächsten Montag eröffnet werden.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Versuchter Kartoffelschmuggel. Ein Gefährt aus Röttgen wurde an der Grenze des Stadtbezirks angehalten. Man fand auf dem Fuhrwerk unter einer Lage Schanzen versteckt zehn Säcke Kartoffeln, die in die Stadt eingeführt werden sollten. Der Fuhrmann wurde protokolliert und die Kartoffeln beschlagnahmt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Anzeige im General-Anzeiger vom 14. November 1916Die Spitzbübereien auf dem Nordfriedhof nehmen in letzter Zeit wieder überhand. Wir hatten drei an verschiedenen Stellen befindliche Gräber mit Topfblumen geschmückt und schon am Allerheiligentage fehlten auf einem Grabe ein Topf, sowie ein Dutzend Pflänzchen, die unter Epheu versteckt lagen und noch eingesetzt werden sollten. Sonntag darauf fehlten auf dem zweiten Grabe ein Topf und auf dem dritten sogar zwei Töpfe! Gestern nun bin ich nur zu dem Zweck hinausgegangen, um die Spitzbuben ausfindig zu machen, da die Töpfe ein bestimmtes Zeichen hatten, und es gelang mir auch auf einem Grabe, dessen Nummer ich mir gemerkt (ein Name stand nicht darauf) einen Erikatopf, und auf einem anderen, dessen Namen ich mir notiert habe, einen zweiten, sowie die Pflänzchen wiederzufinden. Obgleich mir die Diebe bekannt sind, sehe ich vorläufig von einer Anzeige ab. Nicht einmal vor dem Andenken unserer Krieger machen diese Grabschänder Halt. Das bezeugte mit ein Elternpaar, das seine Empörung kaum bemeistern konnte, da von dem Grabe des gefallenen Sohnes sämtlicher Blumenschmuck entwendet war. Es ist wohl anzunehmen, daß noch viele derartige Diebstähle vorgekommen sind. Es wäre wohl am Platz, die Friedhofaufsicht nach Möglichkeit zu verstärken. Einer für Viele.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 14. November 1916Zur Lebensmittelversorgung in Bonn. [...]
Noch immer sind die Gerüchte nicht verstummt, als würden bestimmte Personen bei der Kartoffelversorgung bevorzugt. Wie uns von dem Leiter des Lebensmittelamtes Herrn Baurat Piehl nochmals ausdrücklich versichert wird, findet durch das Lebensmittelamt durchaus keine Bevorzugung von irgend welchen Personen statt. Es wäre wirklich an der Zeit, daß diejenigen Personen, die noch immer diese Verdächtigungen gegen das Lebensmittelamt ausstreuen, vor den Strafrichter gezogen würden. Es ist ja eine bekannte Tatsache, daß Beamte, die sich ihrer Stellung die denkbar größte Mühe geben, von unzufriedenen Elementen verdächtigt werden. Den Beamten ist an sich an einer solchen Verdächtigung gewiß nichts gelegen. Aber im Hinblick darauf, daß die Unzufriedenen die Absicht haben, ihre Unzufriedenheit auf andere zu übertragen, kann ihrem Treibn nicht energisch genug gegenübergetreten werden. Wer daher solche Schwätzer zur Anzeige bringt, erweist heute der Allgemeinheit einen großen Dienst. [...]

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Mittwoch, 15. November 1916

    

In der Versammlung des Handels- und Gewerbevereins Montag abend wurde zunächst die Frage eines früheren Ladenschlusses an den Wochentagen während der Kriegszeit besprochen. Der Vorsitzende, Herr Hubert, bemerkte, es sei zwischen 7 und 8 Uhr abends bekanntlich wenig zu tun, deshalb sei angeregt worden, schon um 7 Uhr zu schließen. In der Besprechung traten mehrere Redner für die Beibehaltung des 8-Uhr-Ladenschlusses ein, andere, besonders aus dem Bekleidungsgeschäft, empfahlen, um 7 Uhr zu schließen. Der Hauptzweck eines früheren Ladenschlusses ist vor allem, wie Herr Kalt bemerkte, den Gasverbrauch einzuschränken. [...] Auf Vorschlag des Herrn Fischer einigte man sich auf einen ½8-Uhr-Ladenschluß, jedoch soll Samstags und die letzten 14 Tage vor Weihnachten bis 8 Uhr offengehalten werden. Eine weitere Anregung, mittags etwa von 1 bis 2½ Uhr die Geschäfte geschlossen zu halten, fand allgemein Widerspruch, auch die Anregung verschiedener Angestelltenverbände, Sonntags schon um 1 Uhr zu schließen, soll vorläufig wenigstens – nicht berücksichtigt werden. Zu der aufgeworfenen Frage, ob am diesjährigen Weihnachtsabend, einem Sonntag, nicht über 7 Uhr hinaus offen gehalten werden könnte, sprachen die meisten Redner den Wunsch aus, am Weihnachtsheiligabend um 7 Uhr zu schließen. Herr Kall erwähnte die vor kurzem in der Bonner Zeitung gebrachte Zusammenstellung über die billigsten und teuersten Städte und bemerkte dazu, Bonn sei keineswegs teurer wie unsere Nachbarstadt Köln. [...]

Das Soldatenheim im Gesellenhause war letzten Sonntag wieder bis auf das letzte Eckchen besetzt. Den Besuchern wurden wieder schöne musikalische, gesangliche, ernste und heiter Gedichtvorträge geboten. Herr Pastor Stahl hielt einen belehrenden Vortrag über Amerika. Herr Klutmann erwähnte den Heldentod des Prinzen Heinrich von Bayern als Beweis der Aufopferung auch unserer Fürsten für das Vaterland. Ein lustiges Theaterstück wurde flott gespielt. Zum Schluß bot die Kapelle des Bonner Ersatzbataillons der 160er noch ein Streichkonzert.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Katholischer Arbeiterverein. In einer gut besuchten Versammlung des Arbeitervereins sprach am Sonntag Herr Pfarrer Stein von St. Marien über das Thema: „Die Arbeit im Lichte des Christentums“. Ausgehend von der Erklärung des Begriffs der Arbeit schildert Redner, wie die Arbeit im Heidentum gänzlich der Verachtung anheimgefallen und das ausschließliche Los der Sklaven war, während das Christentum stets ein Freund und Förderer der Arbeit gewesen sei. Das Christentum ist die Religion der Arbeit. Christus hat die Arbeit geadelt und sie durch sein Beispiel und seine Lehre zur sittlichen Pflicht gemacht. Auch bedeutete Redner in vortrefflicher Weise den Vorwurf, als ob das Christentum den Fortschritt hindere. Der Vortrag fand allgemein Beifall. Die nächste Versammlung findet am 10. Dezember statt. Hoffentlich werden dann wiederum recht viele katholische Arbeiter den Weg zum Arbeiterverein finden.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

     

Fortfall der Frauenabteile in den Personenzügen. Anläßlich der zugunsten des Güterverkehrs verfügten Zugverminderung ist eisenbahnamtlich angeordnet worden, daß die Frauenabteile in den Personenzügen fortfallen sollen. Es soll dadurch der Platz besser ausgenutzt werden, da erfahrungsgemäß die Frauenabteile oft gar nicht, meist aber nur der schwach besetzt sind. Aus dem gleichen Grunde sollen auch nach Möglichkeit keine besonderen Abteile für Reisende mit Hunden eingerichtet werden.

Gedächtnisfeier. Die am vergangenen Sonntag vom Bezirksverband der katholischen Jünglingsvereine von Bonn und Umgebung veranstaltete Gedächtnisfeier für die gefallenen Krieger ist im Ganzen gut und erhebend verlaufen. Die Beteiligung der Verbandsmitglieder an der Generalkommunion war durchweg befriedigend. Am Nachmittag war es erbaulich zu sehen, wie etwa 1000 Jünglinge, die aus allen Richtungen herbeigeeilt waren, die Herz-Jesukapelle am Hofgarten bis auf den letzten Platz füllten. Herr P. Müller, S. J., richtete in seiner Predigt einen warmen Appell an die jugendlichen Zuhörer, ihre gefallenen Brüder, Verwandten und Freunde nicht zu vergessen, ihnen stets ein christliches Gedenken zu bewahren und sich nach ihrem Vorbild im Leben als Helden der Pflicht zu bewähren. Nach der Andacht ging es in geordnetem Zuge unter klingendem Spiel und mit Fahnen zum großen Saale des Bürgervereins, wo der Bezirkspräses, Kaplan Lüstraeten – Beuel, um 5 ½ Uhr die weltliche Feier eröffnete. Als Gäste waren erschienen Oberbürgermeister Spiritus, Landrat Geheimrat v. Nell, die Schulinspektoren Schley und Baedorf, Fortbildungsschuldirektor Vinz, Dechant Böhmer, Direktor Dr. Stoffels – Albertinum, der Diözesanpräses des Jünglingsvereins Pfarrer Opfergelt u. a. In seiner Gedenkrede behandelte P. Dosttheus. O. F. M., oratorisch fein und eindrucksvoll das Thema: Wir dürfen, wir wollen, wir werden unsere gefallenen Helden nicht vergessen. Denn treue Liebe geht über das Grab hinaus. Die jungen Helden haben für die höchsten Güter ihr Leben gelassen, sie sind in den Tod gegangen aus Liebe zur Pflicht. Ewiger Lohn ist ihnen sicher. Die Rede klang aus in der Mahnung: Werdet auch ihr treudeutsche, pflichtbewusste Männer, reine und lautere Charaktere.
   Darauf richtete Oberbürgermeister Spiritus frische Worte an die Jünglinge: Mir als Oberbürgermeister der Stadt Bonn und dem Herren Landrat des Landkreises Bonn ist es eine aufrichtige Freude, vielhundert Jünglinge hier versammelt zu sehen im Dienste vaterländischer Bestrebungen. Zweck der Zusammenkunft ist ja die Bekundung vaterländischen Empfindens und Denkens. Der Zweck eures Bestrebens ist es, brave, tüchtige Bürger in unserem geliebten Vaterlande zu werden. Fahrt fort in dieser Arbeit! Der Segen des Allerhöchsten wird nicht fehlen. Wir danken vor allem euren Geistlichen und Lehrern, die sich dieser Erziehungsarbeit freudig hingeben. Ihr habt den Wahlspruch. Tapfer und treu! Einen schöneren Spruch könnt ihr euch nicht wählen. Seid tapfer wie eure Brüder draußen, seid tapfer, wenn auch euch der Kaiser ruft. Doch wir wollen hoffen, daß ihr nicht mehr hinausmüsst, wollen zu Gott hoffen, daß es den draußen Stehenden gelingen möge, einen baldigen, ehrenvollen Frieden uns zu bringen. Seid aber auch tapfer im Leben, in allem, was ihr unternehmt, tapfer im Kampf gegen Unglauben und Unsittlichkeit, tapfer in allen Schwierigkeiten des Lebens. In jeder Familie ist in unseren Tagen irgend eine Not oder Bedrückung. Da müsst ihr euren Eltern helfen. Seid frohen Mutes, habt helle Augen, macht euren Eltern Mut. Dann zeigt ihr Tapferkeit des Lebens. Seid fromm und wacker, ihr braucht deshalb keine Kopfhänger zu sein! Seid treu! Treue, das ist eins der schönsten Worte und Begriffe in unserer deutschen Sprache. Seid treu euren Eltern und Erziehern; im Himmel wird es euch gelohnt werden. Seid treu eurer Heimat! Wo ist eine sonnigere Heimat als hier, wo ein schönerer Strom als der Vater Rhein? Hier in Bonn und Umgebung hat die Natur uns reich bedacht. Dankt Gott, daß ihr diese Heimat habt. Seid aber auch würdig dieser Heimat. In welchem Berufe ihr auch sein möget, seid treu bis ans Ende. Und wenn ihr euer Heimat treu seid, dann seid ihr auch treu dem Vaterland. Keiner hat ein schöneres Vaterland als der Deutsche. Und wenn wir hier unseres Vaterlandes gedenken, dann gedenken wir auch unseres Kaisers. Er ist tapfer und treu. Tapfer im Osten und Westen, treu in dem, was er sich vorgenommen hat, das Ringen des Vaterlandes zu einem guten Ende zu führen. Ihm wollen wir heute Treue geloben. Und zum Ausdruck dieser treuen Gesinnung fordere ich euch auf, mit mir in den Ruf einzustimmen: Se. Majestät, unser Kaiser, er leben!
Hurra, Hurra, Hurra!
  
Dann stimmte die Versammlung in ein Huldigungslied ein. Das Programm des Abends war sonst recht reichhaltig. Treffend gewählte Deklamationen, tadellose musikalische Darbietungen des Orchesters des Jünglingsvereins an der Stiftskirche wechselten mit gemeinschaftlichen Liedern und geschickt gestellten Bildern ab. Gegen 8 Uhr war die Feier zu Ende. Möge die gewaltige Kundgebung mit dazu beitragen, in den Herzen unserer Jugendlichen das Andenken an die gefallenen Krieger – aus dem Bezirksverbande sind es jetzt 100 – lebendig zu erhalten, die da gestorben sind für uns.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Donnerstag, 16. November 1916

     

Anzeige im General-Anzeiger vom 16. November 1916Die Sammelstelle für Zinngegenstände und Fahrradbereifungen befindet sich Kirschallee 23 im früheren Geschäftsraume der Zahlstelle Bonn-West; sie ist bis auf weiteres Montags, Dienstags und Mittwochs vormittags von 9 bis 12 Uhr und nachmittags von 3½ bis 6 Uhr geöffnet. Die Besitzer der beschlagnahmten Zinngegenstände und Fahrradbereifungen werden benachrichtigt, wann sie die Gegenstände abzuliefern haben, freiwillig gegen Zahlung von 6 M. für das Kilogramm. Zur Verfügung gestellte Zinngegenstände können nach Belieben abgeliefert werden. Unentgeltlich zur Verfügung gestellte Gegenstände werden auch abgeholt, wenn die Sammelstelle benachrichtigt wird.

Steckrüben. Es wird nochmals darauf hingewiesen, daß die Ausfuhr von Rüben aller Art aus dem Stadtbezirk verboten ist. Der Handel mit Steckrüben (Erdkohlrabi) liegt von heute ab der Provinzialkartoffelstelle ob und ist von dieser der Rheinischen A- und Verkaufsgesellschaft Raiffeisenscher Genossenschaften in Koblenz übertragen worden. Die Ausfuhr kann nur mit schriftlicher Genehmigung des Oberbürgermeisters geschehen und diese wird nur an die Aufkäufer von Raiffeisen erteilt.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Der Hansabund hatte gestern abend zu einer Versammlung eingeladen, in der Obermeister Kniest aus Kassel einen Vortrag mit Lichtbildern hielt über die zeitgemäße Frage: „Wie können Kriegsbeschädigte wieder arbeitsfähig gemacht werden?“ Der Vortragende, der längere Zeit eine Ausbildungsschule für Kriegsbeschädigte leitete, konnte mit sehr zweckdienlichen Ratschlägen aus seinen Erfahrungen aufwarten: Im Allgemeinen muß jeder Kriegsbeschädigte wieder seinem Beruf zugeführt werden. Der Staat wie die Gesellschaft haben gar nicht genug Beamtenstellen zu vergeben, um alle Kriegsbeschädigten damit zu versorgen. Dann kann unser Vaterland aber auch nicht auf die Arbeitskräfte der so zahlreichen Kriegsbeschädigten bei dem starken Abgang von Toten aus allen Berufen verzichten. Der Staat hat auch nicht so viel Geld, um alle als Rentner freizustellen. Daher müssen die Kriegsbeschädigten wieder arbeiten, auf allen Gebieten, möglichst in ihrem Berufe. Es geht gar nicht anders.
  
Es hat sich nun herausgestellt, daß die Einfügung von Kriegsbeschädigten in voll arbeitende Betriebe nicht gut tut. Die Leute müssen erst unter ihresgleichen in besonders eingerichteten Lehrkursen wieder an Arbeit gewöhnt werden. Sie müssen dort ihre Kräfte erproben und stählen und Geschicklichkeit sich erwerben, um in den vollen Arbeitsbetrieb eintreten zu können als – fast volle Arbeiter. Da ist nun sehr erfreulich zu sehen, wie die Kriegsbeschädigten aller Art wieder aufleben, an zu arbeiten fangen, Freude an der Arbeit finden und zuletzt mehr oder weniger geschickt arbeiten. Alles und jedes; sogar Voll-Blinde haben in Munitionsfabriken gezeigt, daß sie mit gutem Willen noch Tüchtiges zu leisten vermögen. Guter Wille muß vorhanden sein; etwas gelinder Zwang nützt in Gestalt von Dienstweisung und Testierung seitens der Lazarette für die Lehrarbeitsstunden. Freundliche Unterweisung, gut ratende Arbeitskameraden helfen mit. So kommen die Kriegsbeschädigten wieder zur Arbeit, zu einem passenden Berufe, gar zum alten Beruf. Gute Ersatzglieder sind ihnen dabei getreue Gehilfen, aber nicht in allen Fällen erforderlich.
   Was Kriegsbeschädigte leisten, wie sie arbeiten und wie ihnen auch sonst noch geholfen wird, zeigten dann eine Anzahl vorzüglicher Lichtbilder in überraschender Weise. Schade um den gediegen aus praktischer Arbeit herausgemachten Vortrag, daß ihm nicht ein besserer Besuch beschert war.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

      

Täglich ein Dutzend Verfügungen! Die „Zeitschrift für Nahrungsmittel“ berichtet die interessante Tatsache, daß seit Kriegsbeginn bereits 400 Bundesratsverordnungen, ferner mehr als 3000 Regierungsverordnungen veröffentlicht worden sind. Dazu kommen noch die unzähligen Erlasse seitens der Kommunen, Kreise, Provinzen und anderen Behörden. Es ergeben sich durchschnittlich zwölf Verfügungen für den Tag. Niemand dürfte daran zweifeln, daß es nicht ganz leicht ist, auch nur einen Teil dieser Fälle genau zu kennen.

Wichtig für Schuhmacher! Durch die Bemühungen der Handwerkskammer gibt das „Bekleidungsamt“ in Coblenz, soweit der Vorrat reicht, Sohlleder-Stanzabfälle und Rinderlederabfälle in verschiedenen Sorten an Schuhmacherbetriebe ab. Jedoch nicht an einzelne Meister, sondern entweder an Fach-Innungen, oder nach Bürgermeistereien zusammengeschlossene Schuhmacher. Letztere haben einen Kollegen mit dem Ankauf des vorher bestellten Quantums zu beauftragen, welcher sich mir einer von dem zuständigen Bürgermeisteramt ausgefertigten Bescheinigung in Coblenz legitimieren muß. Einzelanfragen bleiben beim Bekleidungsamt unberücksichtigt; bei dem großen Ledermangel sollte von dieser Gelegenheit allgemein Gebrauch gemacht werden.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Freitag, 17. November 1916

     

Anzeige im General-Anzeiger vom 17. November 1916Die Kriegsküche in der Universität wird nächsten Montag eröffnet. Der Preis des Mittagessens beträgt, wie in den übrigen Kriegsküchen, für Inhaber der A- und B-Karten 2,80 M. für die ganze Woche, für Inhaber der C-Karten und für Studierende, die in dem besonderen Speiseraum essen, 3,50 M. Ueber den Verkauf der Wochenkarten enthält die heutige Bekanntmachung des Oberbürgermeisters das Nötige. Die eigentliche Kriegsküche ist im Erdgeschoß des Hauptgebäudes (Eingang gegenüber dem A. Schaaffhausenschen Bankverein) eingerichtet, als Speisesaal für die Angehörigen der Universität dient der Hörsaal 18 im ersten Stock. Die Speisen werden mit einem neu eingebauten Aufzug nach dem Speisesaal befördert. [...]

Eine wechselseitige Verständigung auf dem weiten Felde der Armenpflege und Wohltätigkeit, insbesondere zur Weihnachtszeit, regt die Städtische Verwaltung auch heuer wieder an. Ein solches Zusammenwirken ist bei der außerordentlichen Vielseitigkeit der Kriegswohlfahrtspflege und bei der auf allen Gebieten wetteifernden vaterländischen Opferwilligkeit dringend notwendig, um an der rechten Stelle zu helfen und zu verhindern, daß einzelne, die mit den zahlreichen Wohltätigkeitseinrichtungen genau vertraut sind, an zwei oder mehr Stellen beschenkt und dadurch die verfügbaren Mitteln anderen, vielleicht Bedürftigeren entzogen werden. Da sich bei den Weihnachtsbescherungen ein Listenaustausch sehr bewährt hat, wird empfohlen, eine Liste derjenigen Personen, die zur Beschenkung in Aussicht genommen sind, bis zum 1. Dezember an die Städtische Auskunftsstelle für Wohltätigkeit, Franziskanerstraße 8 I, einzureichen. In dieser Liste sind Vor- und Zunamen sowie die genaue Wohnung des Familienoberhauptes und, sofern es sich um die Bescherung von Kindern handelt, auch deren Vornamen und ungefähres Alter einzutragen. Seitens der Städt. Auskunftsstelle werden die Listen verglichen und dem Einsender mit den erforderlichen Bemerkungen bis zum 10. Dezember zurückgesandt. Die freie Entscheidung darüber, ob und welche der in mehreren Listen enthaltenen Familien zu streichen sind, bleibt jedem Wohltäter völlig überlassen. Nur wenn Klarheit darüber herrscht, daß es sich nicht um gewohnheitsmäßige Bittsteller handelt, nur wenn feststeht, daß diese nicht auch an anderen Stellen zur Bescherung ins Auge gefaßt sind, kann dem Missbrauch der Wohltätigkeit entgegengetreten werden. Es wird daher dringend gebeten, von der Benutzung der Städtischen Auskunftsstelle für Wohltätigkeit, Franziskanerstraße 8 I, auch in diesem Jahre den weitestgehendsten Gebrauch zu machen. Nur aus gutem Herzen, ohne die Mühen einer ernstlichen Prüfung ausgeübte Wohltätigkeit schadet mehr, wie sie nützt.

Die Bezeichnung „Frau“ zu führen, soll (wie in Baden) auch im Königreich Sachsen einwandfreien Mädchen, die mit gefallenen oder vermißten Kriegern verlobt waren, gestattet werden.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Anzeige im General-Anzeiger vom 17. November 1916Volksverein. Der Volksverein für das kath. Deutschland veranstaltet für die Katholiken der Stadt Bonn am Sonntag, den 26. November, abends 6 Uhr im großen Saale des Bürgervereins eine Versammlung, in welcher Dr. Sonnenschein aus M.-Gladbach reden wird über das Thema: „Unsere Sieges- und Friedenshoffnungen.“

In Prangs lustiger Kölner Bühne wurde gestern abend der Schwank „Der Lumpenball“, der von Direktor Peter Prang für seine Bühne bearbeitet worden ist, unter großem Heiterkeitserfolge aufgeführt. Die Hauptrolle fällt natürlich wieder Herrn Th. Prang (Tünnes) zu, der als Präsident des Temperenzlervereins Anton Plittersdorf ein Doppelleben führt. Während er noch große Reden gegen den Alkoholteufel führt, wird er durch Erbschaft Besitzer eines Tanzlokals vierter Güte. Um der Erbschaft nicht verlustig zu gehen, muß er nach Bestimmungen des Erblassers allabendlich den tollen Veranstaltungen beiwohnen. Nach einem ausgiebigen Lumpenball wird das „telepathische Rätsel“, wie der Neffe des Herrn Plittersdorf seinen Onkel nennt, bloßgestellt. Durch Verkauf des Lokals löst sich zum Schluß das Ganze in Wohlgefallen auf. Noch selten ist bei Prang so viel gelacht worden, wie am gestrigen Abend. Nicht nur der Tünnes, sondern auch die übrigen Träger der Hauptrollen, so Frau v. d. Osten, Herr Ormans, Frl. Siebert und vor allem Herr Cimburek als Neffe Plittersdorfs trugen viel zu dem Heiterkeitserfolg bei.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

      

Verwundeten-Nachmittagsheim. Nachdem die nahende Winterzeit mit ihren kurzen Tagen unseren Verwundeten nicht mehr gestattet, ihre Erholung vorzugsweise im Freien zu suchen, haben auch die Spiele im Garten des Nachmittagsheims (Coblenzerstraße 90) ihre Anziehungskraft eingebüßt. Dafür sorgen jetzt musikalische Darbietungen und kleine Aufführungen an gar manchen Nachmittagen für die Unterhaltung unserer tapferen Krieger dort. Es erfreuten im Laufe der letzten Woche zwei hochbegabte Sängerinnen die Besucher durch ihre Kunst und am Samstag wurde von jungen Mädchen ein heiterer Einakter flott gespielt. Diese Woche stehen Lieder zur Laute, Chorgesänge und für den Samstag wieder eine Theateraufführung auf dem Programm.

Frauenversammlung. Vor einer von den vereinigten Frauenvereinen Bonns am vergangenen Dienstag abend im kleinen Bürgervereinssaale eingeladenen Frauenversammlung zeichnete, nachdem die Vorsitzende des katholischen Frauenbundes Frl. Böttrich die Veranstaltung begründet hatte, die Rednerin des Abends, Frau Schulrat Kraß - Münster i. W. ein ernstes Bild unserer Zeit, welches, da es leider zu sehr der Wirklichkeit entspricht, mehr geeignet ist, das deutsche Volk zu tiefer Trauer, aber auch zur Einkehr und Umkehr zu bewegen, als es der Heldentod unserer Braven vermag, denn während jene in treuester Pflichterfüllung den Tod finden, damit das Vaterland lebe, gehen Tausende ja Millionen kostbarer Menschenleben dem Vaterlande verloren infolge der schleichenden Krankheit des Geburtenrückganges. Anhand von Ziffern bewies die Rednerin, wie der Geburtenrückgang in jedem Jahre einer verlorenen Schlacht gleichkomme, und wie leider auch hier Deutschland eine gelehrige Schülerin Frankreichs geworden sei. Unter anderen traurigen Wurzeln dieser Entartung unseres Volkes, bezeichnete die Rednerin vornehmlich den Alkoholismus und die Angst vor dem Kindersegen, welch letztere vorwiegend in den besser situierten Kreise Platz gegriffen habe. In Frankreich bedeute in ungezählten Fällen der Tod des gefallenen Sohnes das Aussterben der Familie. Im Gegensatz hierzu wies die Rednerin darauf hin, daß der Vater unseres unvergleichlichen Hindenburg das dreizehnte Kind seiner Eltern war und der bekannte Geistesmann Alban Stolz gar das sechzehnte seiner Familie. Für alle, die es angeht, gelte die Mahnung; „Deutsche Frau, tu deine Pflicht, es darf nicht daheim gemordet werden, während an der Front für das Gedeihen des Vaterlandes gekämpft wird.“ Getreu dem Richtsatze „Die Gottesfurcht ist der Weisheit Anfang“, fuße das deutsche Familienleben auf dem Boden der christl. Religion, die das von Gott gegebene Sittengesetz beobachtet. Hinaus mit der Schundliteratur, mit seichten Zeitschriften u. s. w., es müssen gute Bücher ins Haus. Rednerin rät an, daß auch in Bonn mehr als bisher Männer und Frauen vereint vorgehen sollten zur Bekämpfung der Schundliteratur, die so viel Unglück verschuldet. Reicher Beifall dankte der Rednerin und bekundete, daß die Ausführungen mit warmem Verständnis angenommen worden waren. Den Dank der Versammlung sprach Frau Schumm-Walter, die Vorsitzende des Deutsch-evangl Frauenbundes aus und wies gleichzeitig auf die am 24. und 25, d. M. im Hansemannhaus in Berlin stattfindende „Frauenkonferenz zum Studium des Sittlichkeitsproblems“ hin.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Samstag, 18. November 1916

   

Einstellung der Bautätigkeit. Das stellvertretende Generalkommando des achten Armeekorps hat angeordnet, daß die Bautätigkeit, die nicht mit der Kriegsindustrie zusammenhängt, gänzlich eingestellt wird. Das Gouvernement der Festung Köln hat die unverzügliche Invollzugsetzung dieser Anordnung für den Befehlsbereich der Festung Köln verfügt und die Ausführung der unter die Anordnung fallenden Bauten verboten. Danach dürfen begonnene Bauten, soweit sie durch das Verbot getroffen werden, nicht fortgesetzt und neue nicht in Angriff genommen werden.

Holländisches Speisefett und holländischen Speck, die an der Grenze gekauft worden waren, hatte eine hiesige Geschäftsfrau aus Gefälligkeit einer anderen Frau überlassen. Ein benachbarter Geschäftsmann erstattete Anzeige. Die Strafkammer, die sich gestern mit der Sache zu beschäftigen hatte, war der Ansicht, die Geschäftsfrau habe gegen die Bestimmungen der Stadt Bonn verstoßen, wonach Butter und Speck nur gegen die entsprechenden Karten abgegeben werden dürften, sie erkannte auf 20 M. Geldstrafe.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Zur Kartoffelversorgung. Im Kirchlichen Anzeiger für die Erzdiözese Köln veröffentlicht das Generalvikariat folgende Bekanntmachung:
  
„Bei der Versorgung der Bevölkerung mit Kartoffeln haben sich in verschiedenen Bezirken der Erzdiözese Schwierigkeiten gezeigt, zu deren Beseitigung Maßnahmen von Seiten der Behörden unerlässlich waren. Es mußte eine den Verbrauch der Kartoffelerzeuger einschränkende Verbrauchsregelung erfolgen und eine Verfütterung der zum menschlichen Gebrauch Kartoffeln an das Vieh verboten werden. Es läßt sich nicht verkennen, daß diese Maßregel in weiten Kreisen schmerzlich empfunden wird, allein sie war eine zwingende Notwendigkeit, und es ist daher von größter Wichtigkeit im vaterländischen Interesse, daß die Bevölkerung über der Bedeutung und die Notwendigkeit dieser Maßregel aufgeklärt wird.
   Diese Aufklärung wird sich nicht bloß auf die erwähnte Regelung des Kartoffelverbrauchs zu erstrecken haben, sondern auch auf alle übrigen der Sicherstellung unserer Volksernährung dienenden Maßnahmen. An die Stelle unfruchtbarer Kritik muß der entschlossene Wille zum wirtschaftlichen Siege in allen Schichten der Bevölkerung geweckt werden. Es ist daher eine ernste patriotische Pflicht der hochwürdigen Geistlichkeit, unter den Gläubigen in geeigneter Weise für die vielfach notwendige Aufklärung und in christlichem Opfermute gegründete Beruhigung nach Kräften zu wirken. Ein Hinweis auf die heldenmütigen Opfer, welche unsere Soldaten in den Schützengräben und auf den Schlachtfeldern für das Vaterland zu bringen haben, dürfte wesentlich dazu beitragen, die Zurückgebliebenen in der Heimat zu ähnlichem Opfermute zu begeistern.“

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

       

Lebensmittel-Verkauf. In der Woche vom 19. bis 25 November d. Js. dürfen in denjenigen Geschäften, die als Verkaufsstellen städtischer Lebensmittel bezeichnet sind, abgegeben werden gegen Waren-Karte 118, Kochfertige Gemüsekraftsuppe mit Teigw./Einlage, 119, Gerstengrütze, 120, Maismehl, außerdem unter Anrechnung auf die Fett- und Warenkarte 121, Margarine.

Verkehrte Kindesliebe. Ein Arbeiter hatte zwei Knaben, die in Streit geraten waren, auseinander gebracht und dem einen Streithahn, der ihn deshalb beschimpfte, zwei Hiebe mit der Hand versetzt. Der Vater dieses Knaben kam erregt hinzu und verprügelte den Mann. Beide standen nun am Schöffengericht wegen Körperverletzung unter Anklage. Der erstere wurde für straffrei erklärt, der Vater des Knaben aber zu fünf Mark verurteilt.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Sonntag, 19. November 1916

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 19. November 1916Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitungr vom 19. November 1916Gütersperre. Um den dringenden Wagenbedarf für die Lebensmittelbeförderung und Sendungen der Kriegsindustrie sicherzustellen, ist die Annahme von Frachtstückgut mit Ausnahme von Militärgut und Privatgut für die Militärverwaltung am 20. und 21. November gesperrt. Lebensmittel in Stückgütern sind nötigenfalls als Eilgut aufzuliefern.

Anzeige im General-Anzeiger vom 19. November 1916Palast-Theater. „Das Wäschermädel“, das zurzeit im Palast-Theater aufgeführt wird, ist ein ansprechendes Stück mit hübschen Gesangseinlagen. Die Titelrolle des tugendhaften, seinem Verlobten treuen Wäschermädels wird allerliebst von Frl. Grete Baum durchgeführt, die über eine gute Operetten-Gesangstimme verfügt. Herr Weißweiler, ihr Vater, versteht es ausgezeichnet, durch echten Kölner Humor die lustige Seite des Stücks herauszustreichen und die eigenartigsten Witze zum Besten zu geben. Auch die übrigen Mitwirkenden sind sämtlich gute und flotte Spieler.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Beschlagnahme der Kartoffeln. Wie der Vorsitzende des Kreis-Ausschusses Bonn-Land in der heutigen Nummer unseres Blattes bekannt macht, sind im Kreise Bonn-Land alle Vorräte an Kartoffeln für den Kommunalverband beschlagnahmt. Wer sich weigert, den Verfügungen des Gemeindevorstandes auf Herausgabe von Kartoffeln Folge zu leisten, hat die Enteignung zu gewärtigen.

Anzeige im General-Anzeiger vom 19. November 1916Im fälligen Meisterschaftsspiel treffen sich heute auf dem Germania-Sportplatz am Lievelingsweg Borussia-Bonn und Fußballklub Spich. Borussia wird jedenfalls alles dransetzen müssen, um den Gegner, der sich in den bisherigen Spielen sehr gut gehalten hat, besiegen zu können.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Pater Dionysius, der in ganz Deutschland hochgeschätzte Redner und Domprediger zu Köln, spricht auf Veranlassung des kath. kaufm. Vereins kommenden Mittwoch, abends 8 Uhr, im großen Saale des Bürgervereins über das Thema; „Das dritte Kriegsjahr und wir“. Näheres ist auf der Ankündigung im Anzeigenteile dieses Blattes zu ersehen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Montag, 20. November 1916

     

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitungr vom 20. November 1916In der evangelischen Kirche am Kaiserplatz hielt gestern vormittag Pfarrer Bernewitz aus Mitau (Kurland) die Predigt. Er schilderte darin das wechselvolle Schicksal der Deutschen in Kurland, vor allem ihre Leiden vor der Eroberung Kurlands durch die deutschen Truppen und den Jubel, mit dem die Befreier von den deutschen Einwohnern begrüßt wurden. Alle Kulturarbeit in Kurland sei von Deutschen geleistet worden. Kurland sei so dünn bevölkert, daß es, um die durchschnittliche Bevölkerungsdichtigkeit des deutschen Reiches zu erreichen, mindestens drei Millionen Ansiedler aufnehmen könne. Die Deutschen in Kurland erhofften vom künftigen Frieden, daß sie nicht mehr Gäste einer fremden Nation zu sein brauchten, sondern Bürger im eigenen deutschen Hause sein würden. Der Prediger bat die Gemeindemitglieder dringend, die vom Evangelischen Bund gegründete Ostdeutsche Ansiedlerhilfe durch Geldspenden oder durch den Erwerb von Geschäftsanteilen (zu 50 M.) zu fördern.

Familienväter im Frontdienst. Das Kriegsministerium hat angeordnet, daß bei der Verwendung der Mannschaften auf die Familienverhältnisse der oft schon durch schwere Blutopfer hart geprüften Familien Rücksicht zu nehmen ist, und daß Familienväter mit vielen Kindern möglichst nicht dauernd in vorderster Linie Verwendung finden.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

In Groß-Bonn treten gegenwärtig zwei Original-Türkinnen auf, die in der Gymnastik vorzügliches leisten. Die beiden Orientalinnen verfügen bei aller Geschmeidigkeit über Kräfte, wie man sie sonst bei Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts nicht leicht findet. Auch das akrobatische Tanz-Ensemble, die vier Miramare, vereinen bei ihren Vorführungen Grazie und Körperkraft und ernten gleich den beiden Türkinnen großen Applaus. Gutes leistet auch das Künstlerpaar Busch – Marinka, das u. a. als „Hofsänger“ heitere Lieder zur Laute vorträgt und auch als Tierstimmen-Nachahmer Heiterkeit auslöst. Ada Francis brilliert als Serpentintänzerin in großartigem Farbenspiel und auch der Humorist Robert Pohlmann hat mit seinen zeitgemäßen Vorträgen guten Erfolg. Das Orchester, das unter der Leitung von Kapellmeister Willy Menden steht, sorgt für gute musikalische Unterhaltung.

Durchsuchung von „Hamstern“ in den Eisenbahnzügen. Infolge der vielfachen Umgehungen der Vorschriften über das Verschleppen von Butter, Eiern und anderen Lebensmitteln, sowie Futtergerste usw. in Körben, Säcken und Paketen als Trag- oder Passagiergut in den Eisenbahnen, ist bahnamtlich angeordnet worden, daß in bestimmten Zügen Durchsuchungen dieser Transportmittel durch Eisenbahnbeamte und Gendarmen vorzunehmen sind. Die vorgefundenen Waren werden beschlagnahmt, die Besitzer außerdem noch bestraft, wenn sich erweist, daß die Waren durch Umgehung der Höchstpreise und der Ausfuhrverbote gehamstert worden sind

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

       

Kriegsküchen. Der Speisezettel der Bonner Kriegsküchen lautet: Montag Gerstensuppe mit Kartoffeln. Dienstag Bayrisch Kraut. Mittwoch Möhren mit Rindfleisch. Donnerstag Himmel und Erde mit Blutwurst. Freitag Hering mit sauren Kartoffeln. Sonntag Goulasch mit Kartoffeln und Kompott. Die Speisezettel werden mit Gültigkeit für alle Kriegsküchen abwechselnd von den Leitungen der einzelnen Küchen zusammengestellt. Den Zettel für diese Woche hat die Kriegsküche Kessenich aufgestellt.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Dienstag, 21. November 1916

    

Universität. Die Unviersität versendet an die Angehörigen der im Kriege gefallenen Studenten folgendes Schreiben: Die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität blickt mit Stolz und Trauer auf die von Tag zu Tag wachsende Zahl der Helden, deren Namen die Ehrentafel der Universität schmücken. Um diese lieben Kommilitonen, die ihr junges, zu den schönsten Hoffnungen berechtigendes Leben dem Vaterlande zum Opfer gebracht haben, auch den kommenden Generationen unserer Studentenschaft vor Augen zu führen und das Andenken an die vorbildliche Tapferkeit und vaterländische Hingebung wachzuhalten, hat der Senat beschlossen, ihre Photographien zu sammeln. Diese Photographien sollen mit den mitgeteilten Angaben des Militärverhältnisses sowie des Todestages versehen, unter Glas und Rahmen eingefügt und in den Wandelhallen der Universität angebracht werden. An Sie, die so schmerzlich betroffenen nächsten Angehörigen, ergeht daher unsere freundliche Bitte, uns ein Bild Ihres teuren Sohnes gütigst zukommen zu lassen. Eignen würden sich am besten Photographien in der Größe des Visit-, Kabinett- oder Postkartenformats.

Der Deutsche Arndtbund, der bekanntlich in Bonn seinen Sitz hat und sich die Aufgabe gestellt hat, Arndtschen Geist unter den Deutschen zu pflegen, vollzog gestern mittag die feierliche Nagelung an dem Kriegswahrzeichen Bonns, der Arndt-Eiche in Eisen. Mit den Vorstandsmitgliedern des Bundes hatten sich dazu der Rektor der Universität, Geheimrat Ribbert, Oberbürgermeister Spiritus und Beigeordneter Piehl sowie Kommerzienrat Soennecken, der Stifter der Arndt-Eiche, eingefunden. [...]
   Das Schild, das dann von den erschienenen Herren genagelt wurde, befindet sich auf dem Sockelfelde an der Vorderseite, also unter dem Bildnis Arndts. Es trägt die Inschrift: „Nun ist gekommen die heiße Arbeit und die strenge Tugend! E. M. Arndt 1816. Der Deutsche Arndtbund Bonn 1916.“

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Zur Lebensmittelversorgung. In dieser Woche werden an jede bezugsberechtigte Person 7 Pfd. Kartoffeln und 30 Gramm Butter abgegeben.

Steine statt Speck kaufte ein hiesiger Familienvater, der auf der Bahn die Bekanntschaft eines Fremden machte. Das Paket Fleisch, das der diesem zum Preise von 6,50 M. abkaufte, entpuppte sich zu Hause als ein Paket, in dem einige Steine friedlich nebeneinander lagen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Godesberg, 20. Nov. Der auf Erholungsurlaub hier befindliche Direktor des hiesigen Gas-, Wasser- und Elektrizitätswerks, Herr Reich, hielt am Sonntag der „Garnison Godesberg“ der Jugendwehr eine Vortrag über die Nahkampfmittel, die im jetzigen Krieg zur Anwendung kommen. Der Vortrag gestaltete sich um so interessanter, als Herr Direktor Reich Handgranaten aller Art zur Stelle hatte. Der innere Bau der Handgranate wurde durch vortreffliche Zeichnungen im chemischen Lehrsaale des Pädagogiums den jungen Leuten nahe gebracht. An den Vortrag schlossen sich auf dem Sportplatze an der Arndtstraße Uebungen im Handgranatenwerfen an, bei denen Uebungsgranaten und mit Pulver geladene Granaten verwendet wurden. Zur Vorführung kamen Kugel-, Ei-, Diskus- und Handstielgranaten. Die Würfe wurden von zwei Gruppen der Jugendwehr ausgeführt, die Herr Direktor Reich am Morgen eingeübt hatte. Die Jugend folgte diesen Vorführungen mit dem denkbar größten Interesse. Der Kompagnieführer, Herr Oberlehrer Endemann, sprach dem Vortragenden den herzlichsten Dank aus.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)

     

Die Kriegsküche in der Universität wurde heute in Betrieb genommen. Da sie in erster Linie für die Studierenden und die Beamten der Universität errichtet worden ist, wenn auch die Einwohnerschaft in gleicher Weise sich dort das Essen holen kann, so glaubte die Universität eine schlichte Eröffnungsfeier veranstalten zu sollen. Im früheren Hörsaal Nr. 18, der als Speisesaal eingerichtet ist, versammelten sich der Rektor Geheimrat Ribbert, der Prorektor Geheimrat Anschütz, der Kurator der Universität, zahlreiche Professoren, mehreren Studenten und Studentinnen, ferner Oberbürgermeister Spiritus, Beigeordneter Baurat Piehl, Stadtverordneter Justizrat Meyer u. a. Herr Geheimrat Ribbert erinnerte daran, daß der Raum, in dem die Kriegsküche untergebracht sei, früher, als die klinischen Anstalten noch im Universitätsgebäude waren, schon einmal als Küche gedient habe. Der Speisesaal sei damals der Hörsaal der chirurgischen Klinik gewesen. Durch die neue Einrichtung wolle man den Studierenden, denen die Beschaffung eines guten und nicht zu teuren Mittagessens immer schwieriger geworden sei, hier zu Gelegenheit geben. Das sei aber nicht der einzige Zweck der Kriegsküchen. Sie dienten in der Hauptsache zur Streckung unserer Lebensmittel, um die Ernährung unserer Bevölkerung für möglichst lange Zeit zu gewährleisten. Wenn man einwende, daß die Bessergestellten hier sich ein billiges Essen verschaffen könnten, so müsse man dem entgegenhalten, daß mit 50 Pfennigen gerade die Unkosten gedeckt seien. Der Bessergestellte, der glaube, daß mit den 50 Pfennigen die Mittel nicht gedeckt seien, besitze ja noch reichlich Gelegenheit, durch freiwillige Spenden, der Stadt auch die Unkosten zu ersetzen, die ihr durch die Gewährung eines billigeren Preises für Minderreiche entständen.
   Dem Minderbemittelten sei in der Kriegsküche eine Gelegenheit geboten, zu sparen, um für die erste Zeit nach dem Kriege, die in geldlicher Beziehung noch große Anforderungen stellen werde, sich etwas zurücklegen zu können. Auch in dieser neuen Kriegsküche werde genau dasselbe Essen gekocht, wie in den anderen Kriegsküchen der Stadt. Wenn heute die Tische feinen besonderen Schmuck auswiesen, so sei dieser von privater Seite gestiftet. Redner dankte dann allen, die sich um die Einrichtung besondere Mühe gegeben hatten, so Herrn Prorektor Geheimrat Anschütz, Herrn Kurator Geheimer Oberregierungsrat Ebbinghaus, Oberbürgermeister Spiritus, Baurat Piehl, Regierungsbaumeister Behr, Abteilungs-Baumeister Bauer, den Leitern der Küche, Stadtverordneten Justizrat Meyer und Herrn Oekonom Temme vom Bonner Bürgerverein. Die übrige Leitung der Küche besorgten Damen der Universität und auch diesen danke er für ihre Mitarbeit. Die Universität sei so in Wahrheit eine alma mater, da sie nunmehr nicht nur für das geistige, sondern auch das leibliche Wohl ihrer Angehörigen sorge. Er erwarte, daß die Erinnerung an die Teilnahme an dieser Einrichtung, einem vaterländischen Werke, den Studierenden in ihrem späteren Leben eine wertvolle sein werde.
   Oberbürgermeister Spiritus führte aus, die anfänglichen Ausführungen seien ihm aus der Seele gesprochen. Er wünsche von ganzem Herzen, daß auch diese neue Küche den in sie gesetzten Erwartungen entsprechen werde.
   Die Kriegsküche sei, wie er betone, keine Wohltätigkeits-Anstalt, sondern ein Mittel, uns über die Schwierigkeiten der Ernährung hinwegzuhelfen.
   Was ihn besonders veranlasse bei dieser Gelegenheit das Wort zu ergreifen, sei der Umstand, daß er nochmals gern Gelegenheit genommen habe, der Universität namens der Stadt Bonn zu danken für das der Stadt Bonn bewiesene Entgegenkommen durch die freie Ueberlassung der Räume für das städtische Lebensmittelamt und die großen Keller zur Einwinterung der Kartoffeln. Ohne dieses große Entgegenkommen sei es nicht möglich gewesen, die sehr schwierigen Fragen der Lebensmittelversorgung in so befriedigender Weise wie bisher zu erledigen. Er danke recht herzlich dafür und spreche die Hoffnung aus, daß diese enge Zusammengehörigkeit beider wesentlichen Faktoren der Stadt Bonn auch nach dem Kriege von beiden Seiten in gleicher Weise gehegt und gepflegt werden möge.
   Die in der Universität, Am Hof Nr. 1, eingerichtete Kriegsküche kann täglich für 2000 Personen kochen. Es sind 4 Kessel zu je 200 Liter vorhanden. In dem im ersten Stockwerk eingerichteten Speiseraum können gleichzeitig etwa 200 Studierende gespeist werden. Auch in dem neben der Kriegsküche eingerichteten Speiseraum können gleichzeitig etwa 150 Personen ihre Mahlzeit einnehmen. Die Leistungsfähigkeit der übrigen von der Stadt bis jetzt eingerichteten Kriegsküchen Fuhrpark-Ellerstraße, Sandkaule 15, Clemens-Auguststraße 50, Burbacherstraße 19 beträgt 7000 Liter, sodaß nach der Eröffnung der Kriegsküche „Universität“ jeden Mittag 9000 Personen gespeist werden können. Bis zum 15. November ds. Js. sind in den Kriegsküchen 376.275 Mittagessen verabfolgt worden.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Mttwoch, 22. November 1916

Wegen des Buß- und Bettages erscheinen keine Ausgaben des General-Anzeigers und der Deutschen Reichs-Zeitung.

      

Schenkung. Die Eheleute Bürgermeister a. D. Bennauer haben zu ihrem goldenen Ehejubiläum der Stadt 3000 M. überwiesen mit der Bestimmung, den Betrag alsbald zu Unterstützungen an bedürftige Hinterbliebene gefallener Krieger und verkrüppelter, besonders erblindete Krieger der Stadt Bonn ohne Unterschied des Glaubens zu verwenden.

Die Lese- und Erholungsgesellschaft hatte für Sonntag abend ihre Mitglieder zu einem geselligen Abend mit Ausschank von „Federweißem“ eingeladen. Viele Mitglieder waren mit ihren Familien der Aufforderung gefolgt. Den unterhaltenden Teil bestritt unter lebhaftem Beifall der auch in Bonn wohlbekannte rheinische Dichter und Schriftsteller Max Bewer durch den Vortrag einer Anzahl seiner markigen Kriegsgedichte und gesammelter ernster und heiterer Erinnerungen. Diese Gedichte und Erinnerungen in kleinen schmucken Bändchen (je 50 Pfg., Goetheverlag Dresden) eignen sich auch vorzüglich als Lesestoff für unsere Feldgrauen.

100 weitere Milchkühe (zu den bereits angeschafften 100) will die Stadtverwaltung ankaufen und gegen Abmelkverträge bei hiesigen Landwirten einstellen. Den Stadtverordneten wird empfohlen, dafür weiter 135.000 M. zu bewilligen.

Radfahrkarten für Geschäftsangestellte. Infolge von mehrfach geäußerten Wünschen aus Geschäftskreisen ist die Handelskammer zu Bonn an das Gouvernement der Festung Köln mit dem Ersuchen herangetreten, die gemäß Verordnung vom 12. Juli 1916 zu erteilende Erlaubnis zur Benutzung eines Fahrrads zur Beförderung von Waren nicht auf den Namen des Austrägers, sondern auf den Namen der Firma auszustellen, welche den Austräger beschäftigt und der auch das Fahrrad gehört. Das Gouvernement hat sich damit einverstanden erklärt, daß in den Fällen, in denen die Erlaubnis der Benutzung einer Fahrradbereifung für die Beförderung von Waren zur Aufrechterhaltung des Betriebs erbeten wird, die Radfahrkarte von der Polizeibehörde für den Geschäftsinhaber „zur Benutzung durch seinen Angestellten“ ausgestellt wird.

Keine Beschlagnahme der Zigarren. Es ist vielfach das Gerücht verbreitet worden, daß auch die Zigarrenvorräte beschlagnahmt und nach einem bestimmten Plan verteilt werden sollen. Wie die K. Z. von zuständiger Stelle erfährt, entbehren diese Gerüchte jedweder Begründung. Eine Beschlagnahme von Zigarren ist um so weniger geplant, als genügend Vorräte vorhanden sind. Möglicherweise handelt es sich bei den Ausstreuungen auch um spekulative Machenschaften. Bemerkenswert ist, daß Händlerkreise sogar darüber klagen, daß die bessern Sorten eine gewisse Absatzstockung zeigen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

Donnerstag, 23. November 1916

      

Anzeige im General-Anzeiger vom 23. November 1916Nachmittagsheim für Verwundete. Nachdem im letzten Städtischen Volksunterhaltungsabend die Aufführung des „Stabat mater“ von Pergolese unter Leitung von Herrn Landgerichtsrat Bücheler einen so nachhaltigen Eindruck auf die Zuhörer gemacht hat, soll dieser musikalische Genuß nun auch unseren Verwundeten geboten werden. Am Freitag, 1. Dezember, nachmittags 3 Uhr, wird im Nachmittagsheim für Verwundete (Koblenzerstraße 90) eine Wiederholung des schönen Konzerts mit kleinem Orchester, Soli und Chören stattfinden. – Auch andere Nachmittage der kommenden Woche versprechen den Besuchern des Nachmittagsheims Genuß und Anregung. Am Dienstag, 28., findet eine Vortrag über „Jerusalem und die Friedensaussichten und Aufgaben im Morgenland“ statt; für Mittwoch, 29., sind komische Duette angesagt. In dieser Woche wird am morgigen Freitag, 24., ein Schwank von Hans Sachs aufgeführt, während heute Klavier- und Violinvorträge die musikliebenden Verwundeten erfreuen sollen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Uebungsflug eines Luftgeschwaders. Man schreibt uns aus Godesberg, 23. Nov.: Gestern vormittag traf gegen 10½ Uhr ein auf seinem Uebungsflug befindliches Luftgeschwader von vierzehn Flugzeugen (Doppeldecker) hier ein und nahm auf dem freien Feldgelände zwischen Altgodesberg und Plittersdorf an der Wurzerstraße eine Landung vor. Das imposante Schauspiel übte natürlich eine große Anziehungskraft auf unsere gesamte Bürgerschaft aus, die in Scharen sich am Landeplatz ansammelte und tagsüber dort verblieb. Kurz vor Einbruch der Dämmerung gegen 4½ Uhr stieg das ganze Geschwader wieder auf, umflog in großen Schleifen unter Abwerfen von Leuchtkugeln unsern Ort und steuerte dann schnurstracks seiner Heimat Köln zu.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

     

Diebstahl. In der Nacht zum Sonntag bemerkte ein Schutzmann in einem Keller der Poststraße Licht, das einige Male ausgelöscht und angezündet wurde. Schließlich versuchte jemand durchs Kellerloch auf die Straße zu gelangen. Beim Anblick des Beamten zog sich der Dieb zurück. Nachdem die Hausbewohner geweckt waren, wurde das Haus durchsucht, aber der Dieb nicht entdeckt. Erst am Vormittag, als er das Haus verlassen wollte, wurde man seiner habhaft. Er hatte die Nacht über mit seiner Beute, meist Lebensmitteln, auf dem Dache des Nachbarhauses zugebracht.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Freitag, 24. November 1916

   

Der Bonner Lazarettzug K. 1 ist von seiner 55. Fahrt zurückgekehrt und hat seine Verwundeten nach Aachen, Euskirchen, Bonn, Rolandseck und Andernach gebracht. An Liebesgaben sind nach wie vor besonders Zigaretten und Schokolade erwünscht, ferner Küchentücher und Handtücher; sie sind abzugeben Bahnhofstraße 40, wo über die Gaben Quittung erteilt wird. Geldspenden wolle man an die Deutsche Bank, Zweigstelle Bonn, für das Konto Lazarettzug richten. [...]

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 24. November 1916Jugendliche Einbrecher. Vor einigen Tagen wurde in einem Hause der Kaiser Friedrichstraße eingebrochen. Man nahm zuerst an, daß man es mit erfahrenen Einbrechern zu tun habe. Der Polizei ist es jetzt gelungen, drei Knaben im Alter von 9 – 12 Jahren, als Täter zu ermitteln. Einigen andern Dieben, die in der letzten Zeit in den verschiedensten Stadtteilen Diebstähle ausgeführt haben, ist man auf der Spur.

Ein entwichener Zögling schlich sich am Dienstag in ein Haus der Poststraße und versteckte sich in dem Keller. Einem Schutzmann fiel es auf, daß in der Nacht in dem Keller einige Male das Licht angezündet und wieder ausgelöscht wurde. Kurz darauf versuchte der Zögling, durch ein Kellerloch ins Freie zu gelangen, zog sich aber beim Anblick des Beamten zurück. Eine Durchsuchung des Hauses war ohne Erfolg. Erst am Morgen, als der Dieb das Haus verlassen wollte, wurde er festgenommen. Er hatte die Nacht über mit seiner Beute, die hauptsächlich aus Lebensmitteln bestand, auf dem Dache eines Nachbarhauses gesessen.

Einem Hause der Martinstraße, dessen Besitzer vor Jahresfrist zum Militär feinberufen ist, und dadurch ohne Aufsicht steht, wurde im Laufe der Zeit wiederholt von Dieben Besuch abgestattet. In mehreren Fällen hatten sich die Eindringlinge in den verschiedensten Räumen häuslich niedergelassen und längere Zeit dort übernachtet. Obgleich die Haustür durch Sicherheitsschlösser abgesperrt wurde, steht seit gestern nachmittag das Haus wiederum offen und dient der Jugend als Tummelplatz.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

     

Weihnachtsliebesgaben. Verschiedene Bonner Jungens bitte das 3. Bat. Inf.-Reg. Nr. 368 nicht zu vergessen, in dem sich viele Bonner befänden.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Samstag, 25. November 1916

     

Als „städtische Lebensmittel“ werden nächste Woche kochfertige Bohnensuppe, Gerstengraupen und Maismehl sowie bei den Metzgern Speck verkauft. Die Stadt läßt auf dem Markte von nächster Woche ab täglich gesalzenen Schellfisch zu 2 M. das Pfd. verkaufen. Kochanweisungen werden am Verkaufsstand abgegeben.

Stadtverordneten-Sitzung
[...]
100 weitere Milchkühe (zu den bereits angeschafften 100) will die Stadtverwaltung ankaufen und gegen Abmelkverträge bei hiesigen Landwirten einstellen. Den Stadtverordneten wird empfohlen, dafür weiter 135.000 Mark zu bewilligen.
   Beigeordneter Piehl bemerkt, von diesem zweiten Hundert Kühe seien 59 bereits angeschafft worden, weil die Sache dringend sei. Die jetzt vorhandenen 159 städtischen Kühe erzeugten jetzt bereits die halbe Milchmenge, die aus dem Stadtgebiet an die Verbraucher abgegeben werden könne, nämlich wöchentlich 14.000 bis 14.500 Liter. Die Milchversorgung der Stadt sei in der letzten Zeit noch weiter zurückgegangen, er hoffe aber, daß sie in nächster Zeit wieder steigen werde. Die Stadt Bonn erhalte jetzt täglich 12.500 Liter, die normale Versorgung erfordert wenigstens 15.000 Liter. An 100 Milchkühen habe die Stadt einen jährlichen Schaden von 40- bis 45.000 Mark.
   Die Stadtverordneten erklären sich mit der Vorlage einverstanden.
[...]
   Stadtv. Prof. Schmidt erinnert daran, daß zu Beginn des Krieges der Schulkindergarten auf dem für den Theaterneubau bestimmten Gelände am Mülheimer Platz aufgehoben worden sei. Der Schulkindergarten sei für die Gesundung unserer Jugend außerordentlich wichtig, er sei letzte Ostern bei der Einschulung der Kinder sehr schmerzlich vermißt worden. Er bitte, die Baracke auf dem Theatergelände zu ihrem früheren Zweck wieder aufzustellen.
   Beigeordneter Dr. v. Gartzen: Die frühere Schulbaracke sei in der ersten Kriegswoche von dem Gelände am Mülheimer Platz nach dem Grundstück des städtischen Pflegehauses gebracht und umgebaut worden. Sie habe jetzt zwei Krankenräume, zwei Badezimmer und die nötigen Nebenräume. Die Baracke sei andauernd belegt, und es sei völlig ausgeschlossen, sie jetzt als Krankenbaracke aufzugeben. Er bitte, an der Baracke vorläufig nichts zu ändern.
   Stadtv. Wallasch schließt sich dem Wunsche des Stadtv. Prof. Schmidt an.
   Stadtv. Dr. Krantz wünscht gleichfalls, daß die Baracke ihrer ursprünglichen Bestimmung wiedergegeben werde. Unter Umständen müsse eine neue Baracke aufgestellt werden. Ein Schulkindergarten sei jetzt noch notwendiger wie vor dem Kriege.
   Die Anregung wird der Schuldeputation überwiesen.
[...]
   Konzertangelegenheiten. Herr Kapellmeister Sauer hat beantragt, ihm die Kosten für Heizung, Beleuchtung und Feuerwehr bei seinen sechs Symphoniekonzerten im Stadttheater, 345 M., zu erlassen. Den Stadtverordneten wird von Theater- und Finanzkommission empfohlen, die Kosten zu erlassen.
   Stadtv. Schmitz bittet, die Vorlage abzulehnen. Nur ein kleiner Kreis von Bürgern habe an den Konzerten ein besonderes Interesse. Die Eintrittsgelder sollten erhöht werden, so daß die Kosten gedeckt würden. In Bonn sei die Sucht nach Konzerten überhaupt sehr groß.
   Stadtv. Sanitätsrat Dr. Gudden: Es sei sehr zu begrüßen, daß sich Herr Sauer zur Kriegszeit der Mühe unterzogen habe, ein Orchester zusammenzustellen und diese Konzerte zu geben. Grundsätzlich sei auch nichts dagegen einzuwenden, daß solche musikalischen Bestrebungen von der Stadt unterstützt würden; die Stadt habe von dem Kriege dafür viele Tausende geopfert, so daß diese 345 M. nicht ins Gewicht fallen könnten. [...] Es seien gewisse Bestrebungen im Gange, die Vergnügungen einzuschränken. Er glaube, daß diese Bestrebungen weit über das Ziel hinausschießen. Wer füllt denn die Lichtspielhallen? Meistens die Soldaten, die aus dem Felde zurückkommen. Daß wir berufen sind, uns als Vormünder der aus dem Felde zurückgekehrten Krieger zu fühlen, geht doch nicht an. Wir können uns nicht in die Bedürfnisse der aus dem Felde Zurückkehrenden hineindenken und sollten ihnen gewähren, was sie selbst suchen. Auswüchse müssen natürlich vermieden werden. [...]
    Stadtv. Schmitz: Wenn die Vergnügungssucht eingeschränkt werden soll, braucht nicht immer unten, es kann auch einmal oben angefangen werden. Wenn Herr Sauer nicht auf seine Kosten kommt, so ist das seine Sache.
   Stadtv. Krantz: Diese Konzerte kommen der großen Gemeinde der Musikfreunde in Bonn zugute, ganz abgesehen davon, ob diese Musikfreunde gut oder weniger gut gestellt sind. Diese musikalischen Bestrebungen zu fördern, ist eine öffentliche Pflicht. Nachdem jetzt festgestellt worden sei, daß mit dem Unternehmen des Herrn Sauer kein gewinnbringendes Geschäft verknüpft sei, sollte der kleine Zuschuß genehmigt werden. Wenn Herr Sauer seine Kunst in den Dienst der Oeffentlichkeit stelle, sollten wir ihm dafür dankbar sein.
   Die Vorlage wird mit großer Mehrheit genehmigt.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

       

Der Bonner Kunsthandel wird voraussichtlich eine wertvolle Bereicherung erfahren. Ein Mitarbeiter schreibt uns hierzu: Im Kunsthaus Hermann Zirkel wird heute mittag um 12 Uhr für geladene Gäste und um 2 Uhr für allgemeinen Besuch eine Kunstausstellung großen Stils eröffnet. Es handelt sich hier um ein Unternehmen, das allen Hindernissen des Krieges zum Trotz mit Umsicht und Sachkenntnis von langer Hand her vorbereitet wurde und das von weittragender kultureller Bedeutung nicht nur für unsere rheinische Geistesmetropole Bonn, sondern auch für das ganze Rheinland werden kann. Der Gedanke, hier eine großzügig angelegte Zentrale des Kunsthandels zu schaffen, kann aber nur dann in vollem Umfange verwirklicht werden, wenn die Kunstfreunde unserer Stadt dem Unternehmen Verständnis und Teilnahme entgegenbringen, die es um so mehr beanspruchen darf, als die gesamten Eintrittsgelder für die von November bis Ende Januar währende erste Ausstellung ohne jeden Abzug den Wohlfahrtsbestrebungen des Roten Kreuzes überwiesen werden. Eine Ausstellung ähnlichen Umfanges wie diese mehr als 500 Bilder zum Teil erster Meister umfassende dürfte bisher in Bonn noch niemals geboten worden sein.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Der Zigarren-Abschnitt-Sammel-Verein Bonn veranstaltet in diesem Jahre die 43. Weihnachtsbescherung. Es sollen wieder 100 hilfsbedürftige Kinder aller Konfessionen, deren Väter im Felde stehen oder bereits den Heldentod erlitten haben, Schuhe und warme Kleidungsstücke erhalten, eine Aufgabe, die bei der heutigen Teuerung gewiß nicht leicht fallen wird. Außer den bereits ausgewählten Kindern sollen auch wieder Verwundete aus den hiesigen Lazaretten Liebesgaben erhalten Der Vorstand des Z.-A.-S.-V. rechnet bei seiner segensreichen Tätigkeit auf die Hilfe der immer opferbereiten Bonner Bürgerschaft und er hofft, daß diese ihn auch in dem 3. Kriegsjahre nicht im Stich lassen wird. Wenn jetzt die Anforderungen an die bessergestellten Bürger auch äußerst hohe sind, so darf man trotzdem annehmen, daß für diesen edlen Zweck sich immer offene Hände finden werden, gilt es doch, diejenigen Familien zu unterstützen, deren Ernährer im Felde stehen. In einem besonderen Rundschreiben an die Freunde und Gönner des Vereins bittet der Vorstand sein Liebeswerk zu unterstützen, was wir wärmstens befürworten möchten.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Sonntag, 26. November 1916

      

Anzeige im General-Anzeiger vom 26. November 1916Der Bezirksverein Köln des Verbandes mittlerer Reichs-Post- und Telegraphen-Beamten hielt am Sonntag in der Bürgergesellschaft einen Bezirkstag ab, der den Kriegsverhältnissen entsprechend sehr gut besucht war. Der Bezirksvorsitzende, Goergen (Bonn) gedachte in seiner Eröffnungsansprache unseres tapferen Heeres und der Kollegen im Felde und in den besetzten Gebieten. Seine Rede klang in ein Kaiserhoch aus. Das Andenken von 14 seit der letzten Tagung gefallenen und gestorbenen Mitglieder wurde geehrt. Der Vorsitzende hielt alsdann einen Vortrag über „Unsere Lage“. Er betonte, daß die Beamtenschaft ursprünglich den festen Willen hatte, keine Sonderansprüche zu erheben; noch der vorjährige Verbandstag habe in diesem Sinne entschieden. Die durch die lange Kriegsdauer geänderte Lebenslage habe aber diesen guten Willen zum Aushalten durchkreuzt, und heute seien die Verhältnisse in den meisten Beamtenfamilien derart, daß die Gewährung ausreichender Kriegsbeihilfen und Teuerungszulagen, wie sie von Privatbetrieben und städtischen Verwaltungen längst gezahlt würden, dringend notwendig sei. Aus den zahlreichen Einzelbeschlüssen sind zu erwähnen die Anstrebung der vierteljährlichen Gehaltszahlung, mit der zugleich eine Förderung des bargeldlosen Verkehrs bezweckt wird, eine Erklärung für die Beibehaltung der Sommerzeit und ein Antrag auf möglichst weitgehende Einführung der ungeteilten Arbeitszeit. [...]

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Anzeige im General-Anzeiger vom 26. November 1916Die Zuckerrübenernte konnte bei schönstem Herbstwetter beendigt werden, ohne daß man die Arbeit auch nur einen einzigen Tag hätte unterbrechen müssen. Die Ernte ist sehr verschieden ausgefallen. Die Erträge schwanken zwischen 60 bis 90 Doppelzentner auf dem preußischen Morgen. Ueberall waren die Rüben stark belaubt. Blätter und Köpfe kommen den Landleuten als Winterkraftfutter wohl zustatten. Da die meisten Rübenäcker bereits wieder neubestellt und mit Weizen besät sind, kann man die Saatarbeit vorläufig als abgeschlossen betrachten.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Butterabgabe. Wir erhalten folgende Zuschrift: „Eine Bonner Hausfrau“ schreibt einen Artikel über die Butterabgabe in einem Geschäft der Acherstraße, womit wohl unser Geschäft bezeichnet sein soll. Der Artikel muß bei Uneingeweihten den Anschein erwecken, als ob das Geschäft ohne Grund den Verkauf eingestellt habe. Daß dem nicht so ist, weiß jeder, der bei uns Kunde ist und die Mühen kennt, die unsere Firma sich schon während des ganzen Krieges zur Befriedigung ihrer Kundschaft gibt, daß weiß jeder, der das Gedränge mit angesehen hat, welches sich an dem fraglichen Nachmittag in dem Ladenlokal abspielte, wobei die Marmorplatte des Ladentisches herabgestoßen wurde, von anderen Vorkommnissen überhaupt zu schweigen. Will da eine „Hausfrau“ noch einen Weiterverkauf verlangen? Wir nehmen gerne an, daß die Hausfrau nicht im Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 26. November 1916„größten“ Gedränge war, und die Vorgänge im Laden nicht miterlebt hat. Auch hat ja die „Hausfrau“ die wiederholte Erklärung über die Schließung angeblich nicht gehört, scheint also schon ziemlich im Hintertreffen gestanden zu haben. Es ist aber unverständlich gar traurig, möchte man sagen, daß jeder Kunde sofort nach Eintreffen der Ware, wenigstens aber am gleichen Tage bedient zu werden fordert. Das ist bei unserem großen Kundenkreis wirklich nicht gut möglich, obgleich schon drei Personen ständig bedienen.
   Warum finden aber auch die Veröffentlichungen des städtischen Lebensmittelamtes keine Beachtung, in denen immer und immer wieder erneut bekanntgemacht wird, daß reichliche Vorräte vorhanden sind, und daß jedes Gedränge überflüssig ist.
   Diese Bekanntmachung sollte sich aber auch die „Hausfrau“ endlich einmal ansehen, anstatt unter Entstellung der Tatsachen den Weg in die Oeffentlichkeit zu nehmen. Firma Johann Krebs.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

     

Das Kammergericht hatte in einem beachtenswerten Rechtsstreit zu entscheiden, welcher gegen den Metzgermeister Z. aus Godesberg schwebte. Z. war angeschuldigt worden, Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 26. November 1916entgegen den erlassenen Kriegsvorschriften Fleisch ohne Fleischkarten und ohne die vorgeschriebenen Eintragungen verkauft zu haben. Zu seiner Verteidigung macht Z. geltend, es habe sich um Wurstwaren und Kalbfleisch gehandelt, welches aus dem Auslande gestammt habe; die Kriegsvorschriften, welche für Godesberg erlassen seien, kämen daher nicht in Frage. Das Schöffengericht sprach auch den Metzgermeister frei. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft verurteilte die Strafkammer zu Bonn a. Rh. Z. zu einer Geldstrafe, da die in Rede stehenden Kriegsvorschriften sich sowohl auf inländische wie auch auf ausländische Fleischwaren beziehen. In den maßgebenden Vorschriften werde allgemein von Fleisch und Fleischwaren gesprochen. Diese Entscheidung focht Z. durch Revision beim Kammergericht an, welches indessen die Revision als unbegründet zurückwies und u. a. ausführte, aus der Bekanntmachung des Bundesrats vom 27. März 1916 ergebe sich, daß die in Frage kommenden Vorschriften der maßgebenden Verbände inländisches und ausländisches Fleisch treffen können. Die betreffenden Vorschriften für den Stadtkreis Bonn haben sogar ausländisches Fleisch ausdrücklich erwähnt; indem die Vorschriften für den Landkreis Bonn allgemein von Fleisch und Fleischwaren sprechen, sei anzunehmen, daß die fraglichen Vorschriften sich auch auf Fleisch und Fleischwaren beziehen, welche aus dem Auslande stammen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Montag, 27. November 1916

       

Anzeige im General-Anzeiger vom 27. November 1916Zwei Schwindler in den Uniformen eines Offizierstellvertreters und eines Unteroffiziers sind am Samstag abend in Beuel festgenommen worden. Sie hatten in Bonn und vor allem in der Umgegend Fleisch und Speck, das sie gar nicht besaßen, angeboten und sich auf den Kaufpreis größere Vorschüsse geben lassen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

        

Kunstausstellung. Samstag mittag 12 Uhr erfolgte im Beisein geladener Gäste die Eröffnung der großen Kunstausstellung im Kunsthaus Zirkel. Der künstlerische Leiter des Unternehmens, der Landschaftsmaler Prof. Lüdke aus München, wies beidem Rundgang auf den Zweck des großzügig angelegten Unternehmens hin, in unserer rheinischen Geistesmetropole einen Mittelpunkt des Kunsthandels für Rheinland und Westfalen zu schaffen.
   Die Ausstellung bietet in der Tat außerordentlich viel Interessantes. Die Räume werden an Größe durch kein Kunsthaus, weder im Rheinland, noch in Berlin oder München übertroffen. Aus der „Fülle der Erscheinungen“ sei zunächst auf die zwei große Kojen füllende Kollektivausstellung des formenstrengen, symbolhaften Landschaftsmalers Lüdke hingewiesen. Zum erstenmale stellt Lüdke auch Studien aus, die von der Eindringlichkeit seiner Naturwiedergabe zeugen. Dazu gesellt sich eine Kollektivausstellung des in München lebenden Schweizers Frey-Mook, dessen fantastische Figurenkompositionen auf den ersten Blick einen Schüler Stucks vermuten lassen. Der Künstler hat zwar seine Ausbildung bei Diez in München genossen, ist aber in der Behandlung von Form und Farbe, wie in der Wahl seiner Stoffe, von Stuck beeinflußt.
Anzeige im General-Anzeiger vom 27. November 1916   Mit einer großen Zahl seiner bekannten an Böcklin gemahnenden romantischen Landschaften ist der Schweizer Hermann Rüdifühli vertreten, während Professor Alexander Franz mit mehreren eindrucksvollen figürlichen Darstellungen hervorragt. Professor Gregor von Bochmann – Düsseldof zeigt ein markig und tieftonig vorgetragenes Oelbild „Bauer und Pferd“. Wilhelm Schreuer ein meisterhaftes Raumbild, Professor Max Volkhart den sehr interessanten Entwurf zu dem Vorhang eines Freilicht-Theaters, Professor Fritz von Wille eine ganze Anzahl großer Eifellandschaften und L. C. Wessel, Düsseldorf außerordentlich feine Blumenstücke und Stillleben. Frau E. Küstner, die Gattin des Leiters unserer Bonner Universitäts-Sternwarte, überrascht durch kraftvollen Vortrag und Blühen der Farbe in ihren Landschaften, der Bonner Karl Nonn erweist sich aufs neue als ein feinsinniger Schilderer der Eifel und des Schwarzwaldes, dem auch W. Fischel neue künstlerische Reize abzugewinnen versteht. [...]
   Die Ausstellung wurde im Auftrage des Herrn Oberbürgermeisters Spiritus durch Hrn. Beigeordneten Gehlen eröffnet, der sie in seiner Ansprache als einen Markstein der Entwicklung unseres Bonner Kunstlebens bezeichnete.

Wehrbund. Die Abteilung des Kgl. Gymnasiums hatte am Samstag folgende Aufgabe zu lösen. Fort Vaux und Douaumont sind im Sturm und Nahkampf zu erobern bezw. vom Gegner zu halten. Ihre Lage ist auf 2 Hügeln des Kathenberges durch Flagge und Begrenzung kenntlich gemacht. Der Sturmtruppe, die durch Ersteigen von Bäumen (Fesselballons) und Schleichpatrouillen Lage und Stärke der Besatzung ermittelte, gelang es durch gedecktes, lautloses, ineinandergreifendes konzentrisches Vorgehen ihrer Hauptmacht gegen Fort Vaux dieses zu nehmen. Der Sturm hatte jedoch ihre Kräfte derart geschwächt, daß sich Douaumont behaupten konnte.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Dienstag, 28. November 1916

14.800 Weihnachtspakete für rheinische Truppen haben die hiesigen Vaterländischen Vereinigungen als Anteil der Stadt Bonn an den 110.000 Stück, die auf den ganzen Regierungsbezirk entfallen, zu liefern. 14.800 sauber und liebevoll herzurichten, ist gewiß keine Kleinigkeit, und da alles am 1. Dezember schon versandbereit sein muß, herrscht jetzt in den Geschäftsräumen der Vaterländischen Vereinigungen im zweiten Stock des Gebäudes der Diskontogesellschaft, wo der weitaus größte Teil hergerichtet wird, die regste Tätigkeit. 18 Soldaten und 22 Damen sind den ganzen Tag über bis zum späten Abend tätig, den wackeren Kämpfern an der Front eine kleine Weihnachtsfreude zu bereiten. Der Inhalt eines jeden Pakets hat den Wert von etwas über 4 Mark. In jede Pappschachtel kommen eine gefüllte Zigarrentasche mit aufgedruckter Widmung der Vaterländischen Vereinigungen, dazu noch eine Düte mit Zigarren, etwas Keks, Schreibpapier, Liederbuch, ein gedruckter Weihnachtsgruß und eine Karte für etwaige Mitteilungen an die Vaterländischen Vereinigungen, außerdem noch die verschiedensten anderen Sachen, Zigaretten, Zigarettendose, Pfeife mit Tabak und Feuerzeug, elektrische Taschenlampe, Hosenträger, Taschentuch, ein Karten- oder anderes Spiel, Mundharmonika, Kamm, Kleider- oder Zahnbürste, Spiegel, Nähzeug, Brieftasche, Taschenmesser oder dergl. Die Räume, in denen all diese Sachen untergebracht sind, gleichen, obwohl die Hälfte schon verpackt ist, dem Lager eines ansehnlichen Geschäfts. Der größte Teil der Gegenstände ist in Bonn gekauft worden, das Geld dafür, 60.000 Mark, haben zur Hälfte die Stadtverordneten bewilligt, die anderen 30.000 Mark bringen die Vaterländischen Vereinigungen auf. So soll, da auch in anderen Städten in ähnlicher Weise gearbeitet wird, jeder deutsche Land- und Marinesoldat sein Weihnachtspaket aus der Heimat erhalten. Dafür, daß die Gaben rechtzeitig ihren Empfänger erreichen, sorgen die Militärbehörden, die alles tun werden, um Verzögerungen zu vermeiden. Pakete für bestimmte Empfänger nach den Wünschen der Angehörigen können dabei natürlich nicht angefertigt werden. Die 14.800 Weihnachtspakete der Stadt Bonn müssen, wie schon erwähnt, am 1. Dezember fertiggestellt sein. Sie werden dann, in 150 bis 170 große Kisten verpackt, einen besonderen Eisenbahnwaggon füllen. Der Zug, der die Gaben zur Front führt, wird von den Stadtverordneten Kalt und Simon begleitet werden. Unseren tapferen Landsleuten mögen diese Gaben eine herzliche Weihnachtsfreude bereiten, und das Bewusstsein, zu dieser Freude beigetragen zu haben, mag für alle Helfer und Helferinnen der Vaterländischen Vereinigungen der schönste Lohn sein.
  
Ein Besuch in den Räumen der Vaterländischen Vereinigungen gibt auch einen kleinen Einblick in die sonstige gewaltige Tätigkeit. Da ist die Hauptkasse der Vereinigungen. An sie werden zu Weihnachten besonders große Anforderungen gestellt – auch die Kriegerwitwen und –waisen sollen wieder beschert werden -, deshalb seien alle Vaterlands- und Menschenfreunde an sie erinnert. Eine große Kartothek gibt Auskunft über alle Verwundeten, die in die hiesigen und in die Lazarette der Umgebung aufgenommen worden sind, und über ihren Verbleib. Die Goldankaufstelle ist schon von 2000 Einwohnern besucht worden und hat bereits eine ansehnliche Goldmenge dem Goldschatz der Reichsbank zuführen können, sie möchte dem Vaterland freilich noch viel mehr Gold vermitteln. Dann werden die verschiedensten alten und neuen Gegenstände hier gesammelt, Bücher, Kleidungsstücke, Wollsachen usw. Kurz, überall, wohin man sieht, wird hier für das Vaterland gearbeitet.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Verein Mädchenhort. „Wie heiße ich?“ ruft eine große, schöne Puppe, welche im Schaufenster eines Blumengeschäfts ausgestellt ist, allen Kindern Bonns zu. Der Wunsch, sie zu besitzen, läßt gewiß manches Kinderherz höher schlagen und veranlaßt hoffentlich Scharen von Großen und Kleinen, sich an dem lustigen und gewinnbringenden Rätselraten zu beteiligen. Denn der Verein „Mädchenhort“, der sich mit diesem „Preisrätsel“ an die Gebefreudigkeit seiner Bonner Mitbürger wendet, hat einen klingenden Erfolg seines Unternehmens dringend nötig. Seit Kriegsbeginn gewährt er über 100 Kindern täglich Aufenthalt und einer Anzahl von ihnen auch mittags Beköstigung. Die im Vergleich zur Friedenszeit bedeutend vermehrten Ausgaben haben naturgemäß an seinem bescheidenen Vermögen sehr gezehrt. Deshalb bedarf der „Mädchenhort“ mehr denn je der Hilfe gütiger Gönner. Durch die 50-Pfennig-Scherflein für ein Puppenlos hofft er es u. a. ermöglichen zu können, seinen Kindern eine Weihnachtsfreude zu machen und jedem von ihnen eine nützliche Gabe unter den Christbaum zu legen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

     

Zur Lebensmittelversorgung in Bonn.
Gegenwärtig nimmt wohl die Frage der Milchversorgung in Bonn am meisten die Beachtung der Einwohnerschaft in Anspruch. Wenn auch hier eine Einschränkung erfolgt, so geschieht dies nur zum Wohle der Kinder, Kranken und Altersschwachen. Die neue Regelung der Milchversorgung tritt am 1. Dezember in Kraft. Die einzelnen Bestimmungen werden in einer Bekanntmachung im Anzeigenteil einer der nächsten Nummern unserer Zeitung bekanntgegeben werden. Es dürfte vielleicht angebracht sein, nochmals darauf hinzuweisen, daß vom 1. Dezember d. J. ab Milch nur noch gegen Milchkarten abgegeben werden darf, und daß gegen den Verstoß harte Strafen angedroht werden. Wer versorgungsberechtigt ist und noch nicht im Besitze einer Milchkarte sich befindet, sorge schnell für die Anmeldung in der Milchversorgungsstelle im Gebäude der Universität am Hof neben dem Geschäft von Etscheid. Die Ausgabe der Milchkarten selbst erfolgt am Mittwoch, Donnerstag und Freitag dieser Woche, nach Buchstaben geordnet.
   Außer dieser Verordnung wird demnächst eine Verordnung erscheinen über Höchstpreise für Milch. Die Preisfestsetzung konnte noch nicht erfolgen, da die Verhandlungen zwischen den Provinzen Hannover, Westfalen und der Rheinprovinz in dieser Frage noch nicht zu einem Ergebnis gekommen sind. Der Kleinhandelshöchstpreis für Vollmilch in Bonn wird auf 40 Pfg. festgesetzt werden, unter der Voraussetzung, daß die Milch in die Häuser gebracht wird. Der Preis für Milch frei Gehöft des Erzeugers wird auf 32 Pfg., frei Bahnstation des Empfängers auf 34 Pfg. oder für Milch, die durch den Erzeuger frei Verkaufsstelle oder frei Verkaufsstelle des Großhändlers geliefert wird, 36 Pfg.  
   Für sterilisierte Säuglingsmilch wird ein besonderer Preis festgesetzt werden. Auch für Magermilch wird ein Höchstpreis angeordnet werden und zwar werden 18 Pfg. für das Liter festgesetzt werden. Der Preis ist so gering, weil man darauf hinwirken will, möglichst viel Vollmilch zu erhalten. Buttermilch wird ohne Karte abgegeben werden können.
   Die Abgabe von Milch erfolgt nach Kundenlisten. Diese erhält der Milchhändler vom Lebensmittelamte überwiesen, und er hat nur nach dieser Liste zu liefern.
   Das Lebensmittelamt hat in der Milchversorgung alles getan, was in seinen Kräften lag, wenn nun, wie es bei einer so umfangreichen und schwierigen Arbeit gar nicht anders ausbleiben kann, sich Fehler herausstellen sollten, so ist von dem guten Verständnis der Einwohnerschaft zu erwarten, daß sie sich in solchen Fällen vertrauensvoll an das Lebensmittelamt wenden, das die nötige Abhilfe schaffen wird. So ist z. B. dafür gesorgt, daß wenn ein Milchmangel für den einen oder den anderen Säugling eintreten sollte, an der städtischen Milchversorgungsstelle Am Hof die erforderliche Milch abgeholt werden kann. Das Verfügungsrecht über kondensierte Milch ist ebenfalls der Stadt vorbehalten.
   Eine kleine Einschränkung wird auch die Zuckermenge erfahren. Die von der Reichszuckerstelle der Stadt für die Bevölkerung überwiesene Zuckermenge ist um 20 Prozent herabgesetzt worden. Die Zuckerration wird daher vom 1. Januar von 750 Gramm auf 700 Gramm für die Person und den Monat herabgesetzt werden müssen.
   Die Kriegsküchen erfreuen sich einer stets wachsenden Teilnehmerzahl; sie ist weiter gestiegen und zwar auf 3700. Mit 920 Teilnehmern steht die Universitätskriegsküche an zweiter Stelle, nur Poppelsdorf hat mehr, nämlich 930 Teilnehmer. Für den Studentenspeisesaal sind 391 Karten gelöst worden.
   Die neuen Lebensmittelkarten werden voraussichtlich am 10. Dezember ausgegeben werden.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Mittwoch, 29. November 1916

      

Viehzählung. Außer der Volkszählung findet am 1. Dezember im Deutschen Reich auch eine Viehzählung statt. Sie erstreckt sich auf Pferde, Rindvieh, Schweine, Ziegen und Federvieh. Die Militärpferde werden nicht gezählt. Die Ergebnisse der Viehzählung dienen lediglich der Zwecken der Staats- und Gemeindeverwaltung und der Förderung wissenschaftlicher und gemeinnütziger Aufgaben, wie Hebung der Viehzucht. Insbesondere soll dadurch ein Einblick in die Fleischmenge gewonnen werden, die durch heimische Viehzucht für die Volksernährung verfügbar werden. Zu anderen Zwecken, insbesondere zu Steuerzwecken, dürfen die Angaben nicht genutzt werden.

Die Lichtspiele im Stern bringen diese Woche zwei Neuheiten: den zweiten Teil der Komödie „Engelein“, Engeleins Hochzeit, mit Asta Nielsen in der Hauptrolle, und das Schauspiel „Marias Sonntagsgewand“, in dem die bekannte Tänzerin Olga Desmond auftritt.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Über die Ursache der Kartoffelknappheit äußert sich der Geschäftsbericht des Rheinischen Bauernvereins in sehr interessanten Ausführungen. Das Auftreten dieser Kalamität in den Städten und den Industriezentren gab Gelegenheit, den Ursachen auf die Spur zu gehen. Außer der Streckung des Brotes mit Kartoffeln und den vermehrten Verbrauch von Kartoffelfabrikaten wird auch das völlige Fehlen der sonst in Westdeutschland eine Rolle spielenden Einfuhr als Ursache der Kartoffelnot angesehen. Der Verein hat nach gründlicher Untersuchung den zuständigen Stellen Vorschläge unterbreitet, wie für die Folge diese unerfreulichen Zustände zu vermeiden sind. Für die abermalige Kalamität in diesem Herbst sind neben der Verzögerung der Kartoffelernte durch ungünstiges Wetter und ganz besonders infolge Mangels an ausreichenden Hilfskräften, die verfehlten Maßnahmen im Frühjahr bezüglich Saatkartoffeln verantwortlich gemacht worden. Eine schwere Gefährdung auch der nächstjährigen Kartoffelernte erblickt der Verein in dem vor wenigen Wochen abermals ergangenen Verbot der Lieferung von Saatkartoffeln.

Weihnachtsbescherung der Angestellten. Die in Deutschland seit undenklichen Zeiten eingebürgerte Sitte, zum Weihnachtsfest die Angestellten, insbesondere das Hauspersonal, durch Geschenke zu erfreuen, wird in diesem Jahre, wie uns der „Verband Deutscher Waren- und Kaufhäuser“ schreibt, durch die Einführung der Bezugsscheine für Webwaren sehr erschwert werden. Während in den Friedensjahren die beschenkten Personen durch die Gaben überrascht werden sollten, wird es jetzt notwendig, daß man sich, sofern es sich um Bekleidungsgegenstände handelt, mit dem Beschenkenden in Verbindung setzt, um seine Wünsche zu erfahren. Die zu Beschenkenden müssen sich mit Bezugsscheinen versehen und sie alsdann den Geschenkgebern behändigen, damit diese die Waren rechtzeitig besorgen können. Dadurch wird es vermieden, daß anstelle der sonstigen Gebrauchssachen Gegenstände verschenkt werden, die immerhin als entbehrlich gelten können.

Das Ers.-Bataillon Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 25 zu Coblenz bittet im Interesse der Angehörigen im Felde um Zusendung von Weihnachtsliebesgaben. Die Annahme erfolgt von heute ab auf dem Zahlmeistergeschäftszimmer des Bataillons zu Coblenz-Lützel, neue Trainkaserne, Stabsgebäude, bis einschließlich 15. Dezember 1916. Es können nur Liebesgaben mit allgemein bestimmter Adresse, z. B.: „Für 1. Komp. Res.-Inf.-Regt 25. oder: „10 Mann des Res.-Inf.-Regts 25“ angenommen werden. Alle Sendungen mit persönlicher Adresse kann das Bataillon zur Weiterleitung nicht annehmen. Diese Sendungen sind bei den Postämtern oder bei den nächsten Militärpostannahmestelle aufzugeben.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Wissenschaftliche Vorträge. Am Donnerstag Abend findet im Bonner Bürgerverein ein eingeschobener Vortrag über Finnland statt (mit Lichtbildern). Der Redner, Herr Professor Oehquist, ist Professor der deutschen Sprache und Literatur an der Universität Helsingfors. Als Finnländer kennt er seine Heimat, das Land der 1.000 Seen, besser als irgend ein anderer. Auf Finnland lastet die russische Herrschaft ebenso schwer wie auf Polen oder wie die englische auf Irland. Darum verdient dieses ebenso schöne wie unglückliche Land im jetzigen Kriege unsere innigste Anteilnahme. Näheres ergeben die heutigen Anzeigen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Donnerstag, 30. November 1916

          

Volks- und Viehzählung. Am morgigen 1. Dezember findet eine allgemeine Volks- und Viehzählung statt. Die Volkszählung hat den Zweck, die ortsanwesende Bevölkerung – das ist die Gesamtzahl der in der Nacht vom 30. November auf den 1. Dezember innerhalb der Stadt ständig oder vorübergehend anwesenden Personen – zu ermitteln. Dabei gilt als entscheidender Zeitpunkt die Mitternacht, so daß von den in dieser Nacht Geborenen oder Gestorbenen die vor Mitternacht Geborenen und nach Mitternacht Gestorbenen mitzuzählen sind. Die namentliche Aufzeichnung der anwesenden Personen erfolgt in Haushaltungslisten. Zur Eintragung sind die Haushaltungsvorstände oder in deren Abwesenheit ihre Vertreter verpflichtet. Für jede Haushaltung ist eine besondere Haushaltungsliste bestimmt. Als Haushaltung gelten die zu einer wohn- und hauswirtschaftlichen Gemeinschaft vereinigten Personen einschließlich der Zimmermieter ohne eigene Hauswirtschaft und Schlafgänger (gleichgültig, ob sie Beköstigung empfangen oder nicht) und einschließlich der zu Besuch oder aus anderen Gründen in der Haushaltung anwesenden Personen. Einzeln lebende Personen, die eine besondere Wohnung haben und eine eigene Hauswirtschaft führen, haben eine besondere Haushaltungsliste auszufüllen. Die Gäste von Gasthäusern und Herbergen, sowie die Insassen von Anstalten aller Art (Kasernen, Klöster, Erziehungs-, Versorgungs-, Kranken-, Strafanstalten, Gefängnissen usw.) sind besonders zu zählen. Die Bemannung und Fahrgäste eines Schiffes, die Bewohner eines Wagens und dergl. sind ebenso wie die Teilhaber einer regelmäßigen Haushaltung anzusehen. Einzutragen sind alle Personen ohne Ausnahme ob Inländer oder Ausländer, Militär- oder Zivilpersonen oder Kriegsgefangene. Für Personen, die sich in der Nacht vom 30. November auf den 1. Dezember in verschiedenen Wohnungen aufgehalten haben, gilt die eigene Wohnung oder, wenn nur fremde Wohnungen in Frage stehen, diejenige Wohnung, in der sie sich zuletzt aufgehalten hat, als Nachtquartier. Personen, die in der bezeichneten Nacht in keiner Wohnung übernachtet haben, wie Reisende, Wanderer, Posten usw. Eisenbahn- und Postbedienstete, über Nacht beschäftigte Arbeiter, Krankenpersonal, Wächter usw. werden in die Haushaltungsliste derjenigen Haushaltungen eingetragen, bei der sie am Vormittage des 1.12.16 zuerst ankommen. Bei allen vor dem 1.12.1899 geborenen männlichen Reichsdeutschen ist das gegenwärtige Militärverhältnis anzugeben und ob sie Militärpension oder Militärrente aus Anlaß des gegenwärtigen Krieges erhalten. Vor der Ausfüllung der Haushaltungslisten sind die Erläuterungen auf der ersten und der letzten Seite durchzulesen. Besondere Sorgfalt ist der Eintragung der Angaben über den Beruf zu widmen und dabei genau nach der Anleitung zu verfahren. Die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben ist durch Unterschrift zu bescheinigen. Haushaltungslisten ohne Unterschrift gelten als nicht abgegeben. Die erforderlichen Haushaltungslisten werden durch Zähler oder durch Zählerinnen vor dem 30. November zugestellt und am Nachmittage des 1., 2. oder 3. Dezember wieder abgeholt. Die Zählpapiere sind bis zum 4. Dezember durch die Zähler an das Volkszählungsbureau Friedrichsplatz 1 (Sitzungszimmer der Städtischen Sparkasse, 1. Stock), wo auch jede gewünschte Auskunft erteilt wird, wieder abzugeben. Wer bis zum 30, November abends kein Formular erhalten hat, ist verpflichtet, sich ein solches am 1. Dezember auf dem Volkszählungsbureau abzuholen, es unverzüglich auszufüllen und wieder einzusenden. Ebenso hat derjenige, bei dem das zugestellte Formular bis zum 3. Dezember abends nicht abgeholt ist, es unverzüglich dem Volkszählungsbureau einzusenden.
  
Bei der Volkszählung findet zugleich eine Viehzählung statt. Die Zählung erstreckt sich auf Pferde, (ohne Militärpferde) Rindvieh, Schafe, Schweine, Ziegen und Federvieh. Wer in der Nacht vom 30. November auf den 1. Dezember Vieh dieser Art in Gewahrsam hat, ist verpflichtet, es am 1. Dezember den Zählern anzugeben. Dabei ist es gleichgültig, wer der Eigentümer des Viehes ist. Auf längere Zeit eingestelltes Vieh wird wie eigenes behandelt. Am Zähltage vorübergehend abwesendes Vieh ist bei der Haushaltung zu zählen, zu der es gehört. Am 1. Dezember verkauftes Vieh ist stets beim Verkäufer, nicht beim Käufer zu zählen. Schlächter, Metzger und Händler haben auch das bei ihnen stehende oder im Laufe des Zähltages eintreffende und in der Nacht vom 30. November zum 1. Dezember unterwegs gewesene zum Schlachten oder Verkauf bestimmte Vieh anzugeben, sofern es nicht etwa erst am Zähltage gekauft wird. Das mit Eisenbahn in der Nacht zum 1. Dezember beförderte Vieh ist durch den Begleiter unverzüglich nach Entladung in Bonn auf dem Geschäftszimmer Friedrichsplatz 1 unter Angabe der Unterarten anzugeben. Viehherden sind dort zu zählen, wo sie sich auf Weiden oder in Fütterung, wenn auch vorübergehend, befinden, und zwar bei der Haushaltung desjenigen, in dessen Obhut oder Pflege sie stehen, auch wenn es nicht der Eigentümer ist. Viehbesitzer, die bei der Zählung übergangen sind, haben die Bestände ohne weitere Aufforderung unter Angabe der Zahl und Arten bis zum 3. Dezember auf dem Geschäftszimmer Friedrichsplatz 1, 1. Stock anzuzeigen.
   Für falsche Angaben wird bei der Volkszählung Geldstrafe bis zu 1500 Mark, bei der Viehzählung Gefängnisstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu 10.000 M. angedroht.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Unsinnige Gerüchte. Auf dem Lande ist zurzeit wieder allenthalben das Gerücht verbreitet, die Hausschlachtungen würden noch vor Weihnachten verboten. Infolgedessen hat ein großes Schweineschlachten eingesetzt und es wird jetzt manches Schwein zu früh abgeschlachtet. Die Gerüchteverbreiter sind anscheinend Händler, die die kleinen Züchter dadurch veranlassen wollen, ihnen die Schweine zu verkaufen. Man lasse sich durch solche Gerüchte nicht beirren; niemand denkt an ein Verbot der Hausschlachtungen.

Der Kleingeldmangel. Trotz der im Umlauf befindlichen großen Mengen an Kleinzahlungsmitteln in Silber-, Nickel-, Eisen- und Kupfermünzen, sowie Darlehenskassenscheinen zeigt sich stellenweise ein auffälliger Mangel an Kleingeld, der nach amtlicher Wahrnehmung seine Ursache in absichtlichen Hemmungen hat. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß verschiedentlich Kleingeld ohne jeden Anlaß mit Absicht zurückgehalten wird. Ein solches Verfahren verdient die schärfste Missbilligung, da es dem Zahlungsverkehr erhebliche Schwierigkeiten bringt. Muß einerseits dafür gesorgt werden, daß bei größeren und kleineren Sammlungen, bei denen viele kleine Beträge eingehen, die Sammler und Sammelstellen das erhaltene Kleingeld alsbald einwechseln und dem Verkehr wieder zuführen, so hat andererseits auch jeder Einzelne die unbedingte Pflicht, die kleinen Zahlungsmittel im vollem Umfange weiterzugeben. Erfahrungsgemäß können Hemmungen im Zahlungsverkehr leicht preissteigernd im Warenhandel wirken. Hiergegen würde allerdings mit allem Nachdruck eingeschritten werden. Um aber auch andere empfindliche Rückwirkungen zu verhindern, muß Jeder im eigensten Interesse den ungestörten Umlauf der kleinen Zahlungsmittel unterstützen und darauf achten, daß Kleingeld nicht gesperrt wird. Ersparnisse gehören zur Verhinderung von Verlusten in die Sparkassen und Banken, dort bringen sie Zinsen und sichern den Besitz.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

      

Der Revolver des Wachmannes. Vom Landgericht Bonn ist am 31. Juli der Vorarbeiter Jakob H. und dessen 15jähriger Sohn Matthias wegen fahrlässiger Tötung zu je einem Monat Gefängnis verurteilt worden. Der Vater war als Aushilfsmann für eine Abteilung russischer Kriegsgefangener tätig und führte einen geladenen Revolver bei sich. Als er am Ostersonntag, den 23. April 1916, nachhause kam, legte er den Revolver in einen im Wohnzimmer stehenden Geldschrank und zwar in Manneshöhe in eine Ecke. In diesem Schrank lagen auch Unterhaltungsbücher. Der Revolver war gesichert, der Schrank blieb unverschlossen. Um 2 Uhr, als der Angeklagte H. sen. im Nebenzimmer schlief, war dessen Sohn Matthias nachhause gekommen. Er kam mit einem 18 Jahre alten Freunde B. in das Wohnzimmer, suchte nach einem Buche und fand dabei den Revolver, den er herausnahm. Die Mutter sagte, er solle ihn fortlegen, aber er tat es nicht und spielte sitzend mit der Waffe weiter, wobei er sie unbewusst entsicherte. B. wollte ihm nun den Revolver wegnehmen. Dabei entlud sich dieser und der Schuß traf B. so unglücklich, daß er tot zu Boden sank. Das Gericht hat nicht nur den Sohn, sondern auch den Vater für den Erfolg verantwortlich gemacht, weil der Vater, obwohl er wußte, daß sein Sohn nachhause kam, den Revolver an einer leicht zugänglichen Stelle verwahrte. In der vom Vater eingelegten Revision wurde der Nachweis versucht, daß seine Handlungsweise nicht eine Ursache für den eintretenden Erfolg gesetzt habe. Das Reichsgericht verwarf jedoch heute das Rechtsmittel als unbegründet.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

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