Bonn 1914-1918
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Sonntag, 26. September 1915

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 26. September 1915Wegen des glänzenden Erfolges der dritten Kriegsanleihe ist gestern der Unterricht in den Schulen ausgefallen.

Die Benagelung des „Eisernen Kreuzes“ in der Wirtschaft Hombach, Ecke Roonstraße und Argelanderstraße hat in den ersten fünf Tagen 70,75 Mark eingebracht. Der Ertrag der Benagelung ist, wie schon mitgeteilt, für das Bonner Rote Kreuz bestimmt.

Landtagsabgeordneter D. Traub wird Montag, d. 4. Oktober, in der hiesigen Germaniahalle einen Vortrag halten und darin die Frage behandeln: „Was lernen wir aus dem Kriege?“

Die Kehrfrauen der Bonner Trottoir- und Straßen-Reinigungs-Anstalt, deren Ehemänner zum Heeresdienst einberufen sind, haben von Ende August 1914 bis 1. September d. J. insgesamt 366 Mark freiwillige Kriegsbeihilfe erhalten.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 26. September 1915Zur Metallsammlung. Auf Seite 8 unserer heutigen Nummer befindet sich die Verordnung bezüglich der Beschlagnahme, Meldepflicht und Ablieferung von Gegenständen aus Kupfer, Messing und Reinnickel. Sie enthält verschiedene Zusätze über Gegenstände aus obigen Metallen, die freiwillig abgeliefert werden können und außerdem eine Erweiterung über anmeldepflichtige Gegenstände.

Wald, Feld und Weinberge im Herbst. Der Wald beginnt sein Festkleid zu färben. Des Sommers Pracht und Herrlichkeit sind nun dahin. Verblaßt ist der Heide Glanz, verklungen der Vogelchor. Schon rauscht das Laub am Boden. Eicheln und Buchen krachen unter den Füßen. Ueberall Totenstille. Kein Vogelton stört die sich zur Ruhe begebende Waldnatur. Kalte Nächte gaben dem Wiesengrunde der Höhen den ersten Silberstreif. Stolz hebt die Herbstzeitlose das Haupt auf kahler Wiese, als letztes Blütenzeichen. Die Felder werden öde und leer. Kartoffelfeuer rauchen zum Himmel. Fahrende Dreschmaschinen füllen mit ohrenbetäubenden Gebrumme die Getreidesäcke. Neues Brot, neues Stroh. Ueberall, wo wir in die Obsthaine schauen, haben die Sommertage an schwer behangenen Bäumen Aepfeln und Birnen herrliche Farben gegeben. Scharenweise ziehen die fleißigen Obstzüchter beim Morgengrauen zum Markt. Im rheinischen Weinland begrüßt der Winzer in froher Hoffnung den einziehenden Herbst. – Reichlich hat uns die Natur mit ihren kostbaren Gaben bedacht, den Fleiß der Frauen und Kinder im Kriegsjahr anerkannt. Zufrieden und dankbar schauen wir auf des Schöpfers Segen. Neues Vertrauen, neue Hoffnung in ernster Zeit!

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 26. September 1915Die Gemeinnützige Schreibstube für stellenlose Kaufleute wurde durch den Krieg gleichfalls in Mitleidenschaft gezogen. Während sie in Friedenszeiten täglich durchschnittlich 18 Stellenlose mit der Anfertigung von Reklamearbeiten (Adressenschreiben und Vervielfältigungen von Briefen für Fabriken und kaufmännische Betriebe) beschäftigte, ließen solche Arbeiten mit Kriegsbeginn fast sämtlich nach. Indessen konnte die Schreibstube als Ersatz für diesen Ausfall eine Anzahl Stellenlose außerhalb ihrer Geschäftsräume bei kaufmännischen Firmen vorübergehen beschäftigen. Wenn auch hierdurch für einen Teil Stellenloser so lange gesorgt ist, bis sie in längere oder dauernde Tätigkeit kommen, so bleibt der Schreibstube doch immer noch ein wesentlicher Teil bedürftiger Leute übrig, die selbst in Aushilfsposten schwer unterzubringen sind und für die sie in anderer Weise besorgt bleiben muß. Es sind hauptsächlich die über 55 Jahre alten stellungslosen Kaufleute und Schreiber, sowie bedürftige und schwächliche Kriegerfrauen, die sich durch einfache schriftliche Arbeiten noch einen kleinen Nebenverdienst sichern wollen. Die Schreibstube kann aber all diesen Personen nur dann etwas Beschäftigung geben, wenn sie – wie in Friedenszeit – seitens der kaufmännischen Firmen durch Ueberweisung schriftlicher Arbeiten unterstützt wird. Darum sei auch an dieser Stelle auf die gemeinnützige Einrichtung erneut hingewiesen. Die Schreibstube befindet sich in Bonn, Münsterstraße 28.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Montag, 27. September 1915

  

Feldpostpäckchen nach der Ostfront im Gewichte von mehr als 50 Gramm werden vor dem 1. Oktober von den Postanstalten nicht mehr angenommen. Etwa aufgegebene Päckchen werden den Absendern zurückgegeben.

Die Bonner Lazarett-Zeitung bringt in ihrer Nr. 3 Ausführungen des Oberpfarrers und Dechanten Böhmer über den Fahneneid, Richard Dehmels Deutsches Fahnenlied, einen Aufsatz von Professor Dr. C. Bachem, Stationsarzt im Reservelazarett Beethovenhalle: „Der schädigende Einfluß des Alkohols, insbesondere auf die Wundheilung“, und unter der Ueberschrift „Ein schöner Traum, der Wahrheit werden soll“ besprechen Sergeant Schmidt und Oekonomierat Dr. Reinhard den Plan des Hauptausschusses für Kriegsheimstätten, jedem Feldzugsteilnehmer ein Eigenheim zu schaffen. Das Nachmittagsheim für Verwundete, Koblenzer Straße 90, wird in der Lazarett-Zeitung in Wort und Bild empfohlen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

  

Der Umtausch der Brotbücher, der in der Hauptsache auf den gestrigen Sonntag festgesetzt war, ging glatt von statten. In den ersten Morgenstunden war der Andrang zu den Ausgabestellen groß und zwar aus dem Grunde, weil sich noch viele Haushaltungen für den Sonntag verproviantieren mußten. Dies konnte nur nach dem neuen Brotbuch geschehen. Da sämtliche Brotbücher schon fertig ausgeschrieben waren und nur noch die Zahl der Personen eingetragen werden mußte, war der Umtausch bald geschehen, zumal die Bücher – über 20.000 Stück – an fünf verschiedenen Stellen in der Altstadt und ferner noch in Poppelsdorf, Endenich, Kessenich, Dottendorf, Grau-Rheindorf und Dransdorf umgetauscht werden konnten. Vielfach war übersehen worden, daß die Brotbücher mit der Bezeichnung Bezirk A, B oder E, die für Gastwirtschaften und ähnliche Betriebe galten, bereits am Samstag umgetauscht werden mußten, und so kam es, daß gestern eine Anzahl Gastwirte zum Umtausch erschienen und dafür eine Gebühr von 50 Pfg. entrichten mußten. Auch diejenigen, die gestern ihr Brotbuch nicht abgeholt haben, müssen von heute ab diese Gebühr bezahlen. Das neue Brotbuch reicht für 54 Wochen, also bis zum 7. Oktober 1916. Natürlich will die Behörde damit nicht ausdrücken, daß wir bis zum Oktober nächsten Jahres „Kriegsbrot“ essen müssen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Godesberg, 25. Sept. Nach dem Jahresbericht des hiesigen Pädagogiums hatte die Anstalt am Anfang des vergangenen Sommerhalbjahres 383 Schüler, während sie am 1. Februar 1915 infolge der Kriegseinwirkungen auf 328 herabgesunken war. (...) Mit Beginn der Mobilmachung wurden 26 Lehrer zum Heeresdienst eingezogen. Der Lehrer der französischen Unterhaltungssprache wurde in Holzminden interniert. Es gelang, für den Ausfall der Anstaltskräfte genügenden Ersatz an Lehrkräften zu schaffen. Mit Beginn des Herbstes wurde eine Jugendwehr gebildet, der 155 Schüler angehören. Den Heldentod starben im verflossenen Schuljahre 21 Lehrer und 58 Schüler. Mit dem Eisernen Kreuz wurden 10 Lehrer und 81 ehemalige Schüler ausgezeichnet. Vier frühere Schüler erhielten das Eiserne Kreuz 1. Klasse.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)

Dienstag, 28. September 1915

   

Anzeigepflicht der Hülsenfrüchte. Zu der Bundesratsverordnung über den Verkehr mit Hülsenfrüchten vom 26. August bestimmt der Oberbürgermeister: Wer Erbsen, Bohnen oder Linsen gedroschen oder ungedroschen mit Beginn des 1. Oktober 1915 in Gewahrsam hat, ist verpflichtet, die vorhandenen Mengen getrennt nach Arten und Eigentümer unter Nennung der Eigentümer spätestens bis zum 5. Oktober 1915 dem Geschäftszimmer für Handel und Gewerbe, Rathausgasse 10/12, Zimmer Nr. 19, in den Geschäftsstunden von 9 bis 12 Uhr vormittags unter Verwendung des vorgeschriebenen Anmeldebogens anzuzeigen. Die Anmeldebogen werden in dem Geschäftszimmer während der Dienststunden unentgeltlich verabfolgt. Nicht meldepflichtig sind u. a. Mengen unter einem Doppelzentner. Die Einzelheiten der Verordnung sind gleichfalls im städtischen Gewerbebüro zu erfahren.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 28. September 1915In den Klostermannschen Anstalten wurden von den Schülerinnen 12.000 Mk. für die Kriegsanleihe gezeichnet und als gemeinsame Schulkriegsanleihe in der Sparkasse eingezahlt.

Die Singknaben des St. Remigius-Kirchenchors folgten vergangenen Samstag nachmittag einer Einladung ins Soldatenheim Koblenzerstraße 90. In großer Anzahl hatten sich die verwundeten Krieger eingefunden, sodaß die zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten bis auf den letzten Platz besetzt waren. Ein reiches Programm brachte eine Auslese der schönsten ein- und mehrstimmigen Kunst- und Volkslieder, die in herzerfrischender Weise von dem wohlgeschulten Knabenchor, teils à capella, teils mit Instrumentalbegleitung, vorgetragen wurden. Der verehrte Dirigent, Herr Lehrer Habbig, hatte auf die Lieblingslieder der Soldaten in unserer großen Zeit Rücksicht genommen, und die Stimmen der Verwundeten vereinigten sich wiederholt mit den frischen Knabenstimmen zu einem imposanten, mächtigen Chor. Mehrere stimmungsvolle, dem Soldaten- und Weltkriegleben angepaßte Gedichte der Knaben fanden viele Anerkennung. Als äußeres Zeichen der Dankbarkeit gegenüber unseren verdienten Kriegern überreichten die Knaben eine Zigarrenspende. Nachdem die Leitung des Soldatenheims wiederholt ihre Freude und Anerkennung gegenüber dem Chor und dessen Dirigenten ausgesprochen brachte der letztere die Gefühle und Wünsche seiner Singknaben zum Ausdruck. Zum Schluß stattete ein schwer verwundeter, mit dem Eisernen Kreuz geschmückter Krieger, in schlichten herzlichen Worten seinen und seiner Kameraden Dank ab. Die von den Soldaten an die Knaben gerichteten markigen Worte werden diesen unvergeßlich sein.

Anzeige im General-Anzeiger vom 28. September 1915Die großen Regenmengen, die am Samstag, Sonntag und gestern niedergingen, waren für Feld und Garten Goldes wert. Ueberall waren die landwirtschaftlichen Arbeiten wegen der großen Bodentrockenheit ins Stocken geraten, und die allenthalben beginnende Rüben- und Kartoffelernte konnte nur mit Mühe ausgeführt werden. Von der Aussaat des Wintergetreides mußte man vorläufig Abstand nehmen, da die Körner ohne Feuchtigkeit nicht aufgehen konnten. Der Boden war derart tief ausgedörrt, daß die Gemüse- und Futterpflanzen in trockenen und sandigen Lagen unten gelb wurden und in ihrem Wachstum ein Stillstand eingetreten war. An dem starken Abfallen des Obstes war zum Teil auch die übermäßige Bodentrockenheit schuld. Der niedergegangene fruchtbare Regen hat allen diesen Uebelständen vorläufig ein Ende gemacht, und wenn sich der Regen in wenigen Tagen nochmals wiederholt, kann sowohl die Saat bestellt als auch die Rüben und Kartoffelernte ohne Schwierigkeit ausgeführt werden.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Godesberg, 27. Sept. Das „Eiserne Kreuz von Godesberg“ erfuhr zur Benagelung in der verflossenen Woche folgenden korporativen Besuch: Die Fortbildungsschule, das Rektorat und die Jungfrauenkongregation an Herz-Jesu, die katholische Kinderbewahrschule, die Volksschulen von Plittersdorf, die Beamten und Arbeiter der Bahnmeisterei 3, das Evangelische Lyzeum, die Schwestern und Verwundeten des Lazaretts von der Heydt, die Schwestern vom Markusstift mit einer Anzahl Kindern, eine Stammtischgesellschaft, die Häuser Waldburg, Unverzagt, Mendelsohn-Bartholdy, Malepartus, Arndt und Philadelphia vom Pädagogium, die Volksschulen von Muffendorf, der Postbeamtenverein, die Jungfrauenkongregation von Plittersdorf, der katholische Jünglingsverein von Godesberg I und der katholische Gesellenverein. Auch goldene und silberne Anstecknägel wurden gekauft. Der letzte Wochenertrag betrug 2013 Mark gegen 2527 Mark in der voraufgegangenen Woche, sodaß mit Einschluß der am Einweihungstag erlösten 4703 Mark innerhalb der erst vierzehntägigen Ausstellungszeit schon der stattliche Gesamtbetrag von 9243 Mark bisher erzielt worden ist.

Godesberg, 27. Sept. Am kommenden Sonntag wird unserer Bürgerschaft ein vaterländischer Abend mit eigenartigem Gepräge geboten werden. Abweichend von der bisherigen Gepflogenheit, werden diesmal unsere Feldgrauen selbst die Veranstalter sein. Etwa 76 Verwundete des hiesigen Reserve-Lazaretts II (Markusstift) haben zusammen mit dem Pflegepersonal einen Musik- und Gesangverein, sowie einen Theaterverein gebildet und werden am kommenden Sonntag zum ersten Mal öffentlich auftreten.

Godesberg-Rüngsdorf, 27. Sept. Von Schülern der hiesigen Volksschule sind mit Einwilligung ihrer Eltern aus ihren Spargroschen insgesamt 1100 Mark auf die dritte Kriegsanleihe gezeichnet worden.

Anzeige im General-Anzeiger vom 28. September 1915Muffendorf, 27. Sept. Unter Führung des Gemeindeverordneten Jülich hat eine Kommission, bestehend aus dem Bürgermeister Zander, den Beigeordneten Prof. Dr. Wendelstadt und Fritzen, sowie des früheren Gemeindevorstehers Liemersdorf, sich durch eingehende Ortsbesichtigung davon überzeugt, welches Unrecht den hiesigen Bürgern geschehen ist, die seit den Godesberger Eingemeindungsbestrebungen mit teilweise meterhoch stehendem Kellerwasser zu kämpfen haben. Die Kommission erkannte an, daß die durch Zwangsmaßregeln der früheren Gemeindeverwaltung von der Wasserkalamität heimgesuchten Hausbesitzer gesundheitlich in hohem Maße geschädigt sind und alsbald Abhülfe notwendig sei. Die früher den Eingemeindungsgegnern zwangsweise entfernten Röhrchen zur Entwässerung der Keller können nun wieder gelegt werden, bis die Kanalisation des ganzen Ortes zur Durchführung gelangt. Dank der wohlwollenden Einsicht unserer neuen Gemeindeverwaltung wäre damit die Geschichte des Muffendorfer Röhrchens, die eine große Anzahl von Strafmandaten und einige Prozesse zu verzeichnen hat, endlich in friedliche Bahnen gelenkt. Die Muffendorfer werden ihrem neuen Bürgermeister diese gerechte Tat nicht vergessen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)

  

Herbstanfang. Vorgestern hatten wir Herbstanfang, und programmmäßig, wie es ihnen die Natur vorschreibt, haben uns mit gestrigem Tage die Schwalben verlassen. Ein altes Volkswort sagt: Maria Geburt – Jagt alle Schwalben furt! Am 24. hatten wir Maria Geburt. Die Folge des Wegzugs der Schwalben wird sich bald, sofern die warme Witterung anhält, in einer lästigen Zunahme der Fliegen und Mücken bemerkbar machen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Mittwoch, 29. September 1915

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 29. September 1915Einen Freifahrschein von Bonn nach Trier hatte sich ein Kellner ausstellen lassen, um sich dort freiwillig zum Militär zu melden, obwohl er im Oktober v. Js. als dienstuntauglich entlassen worden war. Er war mit dem Schein von Bonn nach Köln und wieder zurück gefahren. Als er den Bahnhof verlassen wollte, hielt die Bahnhofswache ihn an. Er behauptete, man habe ihm in Köln verweigert, über Euskirchen nach Trier zu fahren, er müsse über Koblenz fahren. Bei seiner ersten Vernehmung sagte er, der Verkehr sei gesperrt gewesen. Er habe in Bonn seinen vergessenen Regenmantel noch holen wollen. Das Schöffengericht verurteilte ihn gestern wegen Betrugs zum Nachteil des Eisenbahnfiskus zu einer Woche Gefängnis. (...)

Ein Lehrer a. D. aus Beuel hatte der Bonifatius-Druckerei zum Abdruck in dem Leoblatt eine angeblich von ihm selbst verfaßte Erzählung eingesandt. Die Täuschung wurde in der Druckerei erkannt. Ferner hatte der pensionierte Lehrer an zwei weitere Druckereien in Frankfurt Erzählungen eingesandt und unter der Behauptung, sie seien von ihm verfaßt, sich dafür Beträge von 20 bis 40 Mark bezahlen lassen. Das Schöffengericht verurteilte ihn gestern wegen Betrugsversuchs in einem Falle und vollendeten Betrugs in zwei Fällen zu insgesamt 100 Mark Geldstrafe.

Der gestrige Wochenmarkt war gut besucht und die in großen Mengen angebotenen Waren fanden flotten Absatz. Obst war wieder in besonders großer Auswahl vorhanden, aber hoch im Preise. (...)
   Der Großmarkt auf dem Stiftsplatz war gut beschickt und der Verkauf flott. Die Preise waren hier im Verhältnis dieselben wie auf dem Wochenmarkt. (...)
   Der städtische Gemüse-, Kartoffel- und Obst-Verkauf war gestern nicht besonders flott. Verkauft wurden: Kartoffeln 10 Pfund zu 45 Pfg., Aepfel drei Pfund zu 25 Pfg., Birnen drei Pfund zu 20 Pfg., Rotkohl das Pfund zu 6 Pfg.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Anzeige im General-Anzeiger vom 29. September 1915Godesberg, 28. Sept. Unter dem Vorsitz des Bürgermeisters Zander tagte heute im Rathause eine Bürgerversammlung, um darüber zu beraten, wie der Zentrale für das Rote Kreuz in Zukunft die Mittel zu beschaffen seien, in der bisherigen Weise die Suppenküchen weiter zu führen, Liebesgaben an die Front zu senden, für Frauenbeschäftigung zu sorgen usw. Der Vorsitzende wies mit warmherzigen Worten auf den Beginn der schlechten Jahreszeit hin. Der Soldat sei gezwungen, im Felde jeder Witterung Trotz zu bieten und deshalb müsse die Liebestätigkeit jetzt in erhöhtem Maße einsetzen. Die vornehme Pflicht, nach Kräften die Kriegsfreudigkeit unserer Truppen durch Liebesgaben zu erhalten, sporne alle Bürgerkreise zu gesteigertem Opfermut und Sammelfleiß an. Angesichts der übermenschlichen Leistungen unserer braven Truppen, die uns mit Bewunderung und Stolz erfüllen, dürften wir vor keinem Opfer zurückschrecken. Aus gutem Herzen kommend, wird auch die kleinste Gabe bei der Sammlung von Haus zu Haus willkommen sein. Alle anwesenden Herren erklärten sich bereit, mit frischem Mut an einer Listensammlung teilzunehmen, die nächste Woche beginnen soll. In der Gemeinde werden monatlich rund 4000 Mark für Milch-Suppenverteilung u. dergl. aufgewendet.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)

  

Für Schwerhörige und Ertaubte. Es ist im allgemeinen noch zu wenig bekannt, daß es auch für die Schwerhörigen die Möglichkeit gibt, sich eine große Erleichterung zu verschaffen, die sie befähigt, sich wieder gut mit ihren Mitmenschen zu verständigen. Es ist dies die Kunst, das Gesprochene vom Munde abzulesen. In dieser Woche eröffnet Frau R. Grosse in Bonn, Gasthof zum goldenen Stern, einen Lehrgang zum Erlernen des Ablesens vom Munde nach einer bewährten, ohrenärztlich empfohlenen Art. Dieser Unterricht ist geeignet, das fehlende Gehör zu ersetzen, indem er befähigt, der Unterhaltung in der gewöhnlichen Umgangssprache zu folgen. Aus den Bewegungen des Mundes und des Kinns wird das Gesprochene abgelesen und verstanden. Der Unterricht ist durchaus dem Leben angepaßt, er wird einzeln erteilt und es wird planmäßig vom Leichten zum Schweren übergegangen. Schon nach einigen Stunden fängt der Schüler an, von anderen Personen das Gesprochene abzulesen. Allerdings erfordert der Unterricht Aufmerksamkeit und festen Willen von den Lernenden, dafür pflegt er aber auch durch überraschend schöne Erfolge gekrönt zu werden. Diese Rückkehr zur leichteren Verständigung wirkt auf die Gemütsverfassung und die Lebenslust des bisher als unheilbar geltenden Schwerhörigen belebend und beglückend. Um sich selbst von dem Nutzen des Absehens zu überzeugen, teilt Frau Grosse jedem Bewerber kostenlos Auskunft und drei Probestunden. (...)

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Donnerstag, 30. September 1915

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 30. September 1915Das Bonner Stadttheater eröffnet seine Spielzeit 1915/16 nächsten Mittwoch mit Hebbels Schauspiel Herodes und Mariamne.

Die Kartoffelversorgung im Westen. In Düsseldorf hat Montag auf Veranlassung des Reichskanzlers eine Versammlung stattgefunden, die sich mit der Frage der Kartoffel- und Milchversorgung der westlichen Großstädte und Industriebezirke zu befassen hatte, und an der u. a. das Ministerium des Innern und der Landwirtschaft, ferner der Staatssekretär des Innern, die Oberpräsidenten der beiden Provinzen, zahlreiche Oberbürgermeister und Landräte teilnahmen. Es wurde darauf hingewiesen, daß sehr reichliche Kartoffelvorräte vorhanden sind, und daß alle Befürchtungen über zu geringe Vorräte vollständig unbegründet wären. Das Jahr 1915 habe in den letzten zehn Jahren die reichste Kartoffelernte gebracht. Man rechne mit einer Ernte von mindestens 52 Millionen Tonnen, es können aber auch 60 Millionen werden. Es sei daher dringend vor sogenannten Angstvorkäufen zu warnen. Jeder könne darüber beruhigt sein, daß Kartoffeln in genügender Menge und zu angemessenen Preisen auf den Markt kommen würden. Die Reichsregierung hat in Aussicht genommen, eine Gemeinnütziger Gesellschaft m. b. H. zu bilden, an der die Kommunalverbände, insbesondere die Städte, ferner die Landgenossenschaften und die Händler beteiligt werden sollen und welche dafür sorgen soll, daß den Städten und sonstigen Verbänden auf ihr besonderes Verlangen Kartoffelvorräte als Reserven für die Kälteperiode und für eine gewisse Uebergangszeit im Frühjahr zu angemessenen Preisen verabfolgt werden. Die Beschaffung dieser Reserven soll durch Vermittlung des Handels erfolgen, dessen freie Betätigung im übrigen in keiner Weise gehemmt wird.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

  

Ohne Lehrerinnenprüfung. Das Kultusministerium hat verschiedenen Blättern zufolge beschlossen, die Schülerinnen der Seminarklassen an den oberen Lyzeen mit Osteranfang als Lehrerinnen für Volksschulen heranzuziehen, indem man ihnen die Prüfung als ordentliche Lehrerinnen ganz erläßt und sofort Anstellung gewährt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Sonntagsvorstellungen im Stadttheater erbeten. Der Herr Oberbürgermeister hat bekanntgemacht, daß Schauspielvorstellungen Mittwochs und Freitags stattfinden werden. Von Sonntagsvorstellungen ist keine Rede. Viele aber haben nur Sonntags die Gelegenheit, das Theater zu besuchen. Kann man sich nicht mit der Leitung der Kölner Stadttheater in Verbindung setzen, wenigstens monatlich zweimal auch an Sonntagen hier in Bonn zu spielen? Ein Kunstfreund.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

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