Donnerstag, 21. Januar 1915
Kein Schlagsahneverbot in Sicht. Im preußischen Handelsministerium fand gestern eine Besprechung der Vertreter des Konditorengewerbes, der Herren Brodeck, Vorsitzenden des Verbandes deutscher Konditoreninnungen, Georg Gumpert und Obermeister Paul Richter von der Berliner Konditoreninnung, mit dem Direktor der Gewerbeabteilung Ministerialdirektor v. Neyeren über die Lage statt, ob von den zuständigen Stellen Maßnahmen zur Einschränkung oder eingänzliches Verbot des Schlagsahneverbrauchs in Aussicht genommen seien. Wie wir hören, wurde den Vertretern des Konditorengewerbes die Versicherung gegeben, daß eine solche Absicht nicht bestehe, auch seien dahingehende Vorarbeiten nicht vorgenommen worden. Man dürfe annehmen, daß eine derartige Absicht auch im Landwirtschaftsministerium nicht vorhanden sei.
In den Lichtspielen (Stern) wird das spannende Detektiv-Drama „Das Panzergewölbe“ vorgeführt. Es zeigt den Detektiv Stuart Webbs in seiner hervorragenden Rolle. Mit der größten Spannung verfolgt man besonders den letzten Akt, der den Detektiv mit den Falschmünzern im Panzergewölbe eingeschlossen zeigt, das nach 15 Minuten in die Luft fliegen soll. Der Zuschauer fühlt die Todesangst der Eingeschlossenen mit und bewundert zugleich die Kaltblütigkeit des Detektivs. Auch das übrige Programm ist des Sehens wert.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zur Verhütung von Unfällen werden die Landwirte gemahnt, Ordnung in ihren Betrieben zu halten, nichts umherliegen zu lassen und die durch Frost entstandene Glätte bei Eis und Schnee zu beseitigen. Gabeln und Rechen dürfen nicht unordentlich umherliegen, Sägen, Sensen und Aexte nicht nachlässig aufbewahrt werden. Holzteile mit hervorstehenden Nägeln, Haken an Holzteilen in Gebäuden, sowie an festen Leitern und Balken in Scheunen oder Stallungen führen ebenfalls häufig zu Unfällen. Sie sollten daher entfernt werden. Schippen-, Gabel- oder Spatenstiele sind rechtzeitig zu erneuern, Hämmer und Aexte and den Stielen genügend zu befestigen, Karren- oder Wagenteile, sowie verschlissene Kettenteile rechtzeitig zu ersetzen.
Bei Holzzerkleinern sollte man besondere Vorsicht walten lassen und möglichst eine Schutzbrille benutzen. Wenn eine Verletzung entstanden ist, lasse man sich von einem kundigen Helfer, einer Krankenschwester oder einem Mitglied der Sanitätskolonne des Roten Kreuzes einen vorläufigen Verband anlegen und begebe sich baldigst zum Arzt. Augenverletzungen sollte man ohne jeden Verzug vom Augenarzte behandeln lassen.
Besonders in der Dreschperiode entstehen sehr viele schwere Verletzungen, darunter häufig solche mit tödlichem Ausgang dadurch, daß die Göpelwerke, Zahnrädergetriebe, Kuppelungen und Triebstellen nicht immer ordnungsgemäß mit Schutzkästen versehen sind. (...) Bei mangelhaft geschützten Maschinen nehmen die Arbeiter nur zu leicht an, daß bei ihrer Bedienung eine Gefahr nicht bestehe. (...) Bei Maschinen, die in Betriebsräumen aufgestellt sind, müssen, wie das Reichsversicherungsamt schon wiederholt erkannt hat, stets alle erforderlichen Schutzvorrichtungen angebracht sein.
Ausgerechnet 150 Krauskohlköpfe sollte ein junger Mann aus Beuel einem „guten Bekannten“ vom Felde weggehamstert haben. Vor dem Schöffengericht beteuerte der junge Mann seine Unschuld. Seinen Aussagen standen immerhin verdächtige Zeugenaussagen entgegen. Vielleicht könne er den Krauskohlfür seine Kaninchen, vielleicht aber auch für den Kochtopf weggenommen haben. Aber – es konnte kein direkter Beweis erbracht werden, daß er sich die 150 Krauskohlköpfe zugeeignet habe. Infolgedessen beantragte der Amtsanwalt Freisprechung. Das Gericht, das ebenfalls dieser Ansicht war, entsprach dem Antrag.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Flottenverein „Jungdeutschland“, Ortsgruppe Bonn, veranstaltet am Samstag den 23. Januar 1915, nachmittags um 4½ Uhr in der
Aula des städtischen Gymnasiums eine vaterländische Feier. Es werden einige Kriegsgedichte vorgetragen, sodann wird ein Vereinsmitglied über das Thema „Was muß der Jungdeutsche über die Ursachen des Krieges wissen?“ einen Vortrag halten. Der Reingewinn der Veranstaltung wird dem Ehrenpräsidenten des Flottenvereins „Jungdeutschland“ S. Exe. Dem Herrn Großadmiral von Köster zur Verwendung für Lazarette im Bereich des Reichskriegshafens Kiel überreicht. Schon im Dezember 1914 konnte die Ortgruppe Bonn dorthin eine Weihnachtsspende im Betrage von 250 Mark senden.
Ermittelung von Kriegsgefangenen. Bei der Hilfsstelle zur Ermittelung von Kriegsgefangenen sind wieder Gefangenenlisten aus verschiedenen Lagern und Lazaretten eingegangen, darunter eine aus Tizi Ouzou (Algier). Die zahlreichen Namen sowie mehrere in Lazaretten verstorbene Gefangene wurden in der letzten Aussprache, zu der sich weit über 100 Personen eingefunden hatten, verlesen. Wie Herr Zinnecke u. a. mitteilte, sind in nächster Zeit Nachrichten aus französischen und englischen Lagern und Lazaretten über bereits verstorbene Gefangene zu erwarten. Es sollen dann die bestreffenden Angehörigen, soweit ihre Adressen bekannt sind, unmittelbar durch die Post benachrichtigt werden. (...)
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mehr Ruhe! Dem Herrn Einsender des Artikels „Mehr Ruhe“ in Nr. 29 der „Deutschen Reichszeitung“ pflichte ich voll und ganz bei. Besonders in der verflossenen Sonntagnacht nahm das Gegröle fast gar kein Ende. Es ist in der jetzigen schweren Zeit wirklich nicht verständlich, daß es noch Leute gibt, die sich in solcher Weise austoben müssen. Ein Anwohner der Breitestraße.
Ein doppeltes Bravo dem Herrn Einsender des Eingesandts „Mehr Ruhe!“ Dem Vorschlag, die Polizeistunde für Wirtschaften auf 10 Uhr abends festzusetzen, stimmen wir voll und ganz zu. Eine Anzahl Kessenicher Frauen.
Dem Artikelschreiber „Mehr Ruhe“ kann ich in seinem Schlusssatze nur zustimmen, daß sämtliche Wirtschaften und Cafes abends, wenn auch noch nicht um 10, so doch um 11 Uhr geschlossen sein müssen. In Jülich und anderen Städten wird diese Verordnung schon seit Kriegsausbruch streng gehandhabt und die Wirtschaften durch Patrouillen kontrolliert. Mir ist ein Fall bekannt, daß eine Wirtschaft wegen Uebertretens des Verbotes drei Tage geschlossen wurde. Die Behörde würde sich jedenfalls den Dank vieler sichern, wenn sie hier einmal energisch zugreifen würde. Einer für viele.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Freitag, 22. Januar 1915
Bonner Wehrbund. Die verschiedenen Abteilungen des Bonner Wehrbundes vereinigen sich am Sonntag nachmittag wieder um 3 Uhr zu einem gemeinsamen Exerzieren auf dem Exerzierplatz auf dem Venusberg. Um 4 Uhr schließt sich eine Geländeübung an.
Der Flottenverein „Jungdeutschland“, Ortsgruppe Bonn, veranstaltet am Samstag, 28. Jan., nachmittags um 4 ½ Uhr, in der Aula de Städt. Gymnasiums eine vaterländische Feier. Es werden einige Kriegsgedichte vorgetragen, sodann wird ein Vereinsmitglied über das Thema. „Was muß der Jungdeutsche über die Ursachen des Krieges wissen“ einen Vortrag halten. Der Reingewinn der Veranstaltung wird dem Ehrenpräsidenten des Flottenvereins „Jungdeutschland“ Se. Exzellenz dem Herrn Großadmiral v. Köster zur Verwendung für Lazarette im Bezirke des Reichskriegshafens Kiel überreicht werden. Schon im Dezember 1914 konnte die Ortsgruppe Bonn dorthin eine Weihnachtsspende im Betrage von 250 M. spenden.
Der Haus- und Grundbesitzerverein hielt am Dienstag abend im Hähnchen seine diesjährige Hauptversammlung ab. Der Vorsitzende Herr Rechtsanwalt Dr. Alex Meyer I erstattete Bericht über die Verhältnisse im Verbande der Rhein.-Westf. Haus- und Grundbesitzervereine, über die Tätigkeit des Schutzverbandes für Deutschen Grundbesitz, der am 31. Oktober eine Eingabe an den Bundesrat eingereicht hat über die Folgen des Kriegsausbruches und der Kriegsgesetzgebung für die Hausbesitzer. In der Eingabe werde verlangt, daß die Staatsregierung Fürsorge treffen möge, die durch den Krieg verursachten Mietausfälle, denen die unentgeltliche Hergabe der Wohnung gegenübersteht, auf weitere Kreise (Reich, Staat, Gemeinde) abzuwälzen, die sich neben dem Grundbesitz und dem Hypothekenkapital beteiligen sollen. (...) Im Laufe des Abends kamen insbesondere noch zur Sprache die Grundsätze, nach denen in Bonn Mietunterstützungen gewährt werden, sowie die Gesamtleistungen, zu denen die Stadtgemeinde Bonn sich bisher genötigt sah. Nach dem Bericht des Vorsitzenden sind von der Stadtgemeinde Bonn bis Mitte Januar ungefähr 200000 Mark an Mietzuschüssen zugunsten der Vermieter gezahlt worden. Im Monat Dezember wurden 35469 Mark an 1585 Vermieter gezahlt. (...)
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Warum sollen wir die Butter sparen? Warum sollen wir Magermilch kaufen? – Die Milch, die unsere Landwirtschaft erzeugt, muß, wenn sie nicht verderben soll, gleich verwendet werden. Nun werden wir belehrt: Spart die Butter! Kauft Magermilch! Gut. Was soll denn aus der Sahne werden, deren Erzeugung doch keiner willkürlichen Beschränkung unterliegt? Ich dächte, sie wird am vorteilhaftesten verbuttert; und da Butter keine Dauerware ist, muß sie verzehrt werden, solange Vorrat da ist. In der Tat ist in diesen Wochen die Butter um 10 Pfennige billiger geworden. – Wer belehrt mich über die aufgeworfenen Fragen? Eine gutwillige Hausfrau.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Reichs-Wollsammmlung. In den Schaufenstern der Firmen Peter Linden, Bahnhofstraße und Gebr. Sinn, Markt, sind Musterdecken, wie sie aus Tuchflicken zusammengesetzt werden sollen, zur Ansicht ausgestellt.
Im Walde bei Tahure haben sich unsere Truppen ein kleines Heiligtum geschaffen, eine Waldkapelle aus Baumstämmen, Aesten und Laub. Dort finden sie sich, wenn es ihnen eben möglich ist, abends zum Rosenkranzgebet zusammen. Eine photographische Aufnahme der Kapelle auf einer Postkarte wurde in einem Schaufenster unserer Geschäftsstelle ausgehängt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Wir Friseure tragen an den Folgen des Krieges vielleicht schwerer, als jeder andere Beruf. Der weitaus größte Teil unserer Kundschaft ist im Felde, und viele der Daheimgebliebenen rasieren sich mit ihrem eigenen Rasierapparat. Es klingt kaum glaubhaft, aber es ist Tatsache: bis jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe (4 Uhr nachmittags) beträgt meine ganze Tageseinnahme 60 Pfennige! Und davon soll ich meine Familie ernähren, die Miete zahlen und den Gehilfen löhnen (!). Gewiß: auch wir Friseure sind zu Opfern für das Vaterland bereit, aber dieser Rückgang der Tageseinnahme geht über unsere Kraft. Da muß etwas geschehen. Und ich meine, es wäre uns schon sehr viel geholfen, wenn die Rasierapparate etwas weniger gebraucht würden. Es gibt viele Herren, die während der Kriegszeit ihr altes, sehr schönes Gehalt beziehen und trotzdem aus Sparsamkeitsgründen keine 15 Pfennige fürs Rasieren ausgeben. Das ist falsch, meine Herren, und es ist nicht vaterländisch gedacht. Es ist hunderte Male gesagt worden: heute darf niemand mehr an seine eigenen, kleinen Interessen denken; viel mehr steht auf dem Spiele: Was sind den meisten 15 Pfennige? Wir Friseure aber müssen unser Geld nur mit 15 Pfennigen einnehmen. Wer mir entgegnet, das Rasieren in der Rasierstube sei unhygienisch, dem antworte ich: früher hatte dieser Einwand Berechtigung, heute aber nicht mehr. Durch polizeiliche Vorschriften ist für die Hygiene sozusagen alles Mögliche getan worden. Jeder gute Friseur, der etwas auf sich hält, wird noch ein Uebriges tun.
Ich möchte dringend wünschen, daß meine Worte beherzigt werden. Für den einzelnen Kunden macht es wenig aus, für uns aber handelt es sich in dieser Kriegszeit um sehr viel, um unsere Existenz. Ein Friseur.
„Wozu der Lärm?“ – möchte man mit Mephistopheles fragen. Weil ein paar junge Burschen nachts singend durch die Straßen zogen, sollen – so verlangen die Schreiber der Eingesandt „Mehr Ruhe“ – die Wirtschaften 10 Uhr abends polizeilich geschlossen werden. Denken die Einsender nicht daran, daß auch die Gastwirtschaft ein Gewerbe ist, ein Gewerbe, das allein in Bonn viele, viele Familien ernährt und von dem wieder viele andere Gewerbe leben? Ich erinnere nur an die Kellner und das sonstige Personal einer größeren Gastwirtschaft, an die Lieferanten: Bäcker, Metzger, Bierbrauer usw. Eine große Anzahl Wirtschaften hat am Tage sehr wenige Gäste, der Hauptverkehr ist in den Abendstunden. Wenn nun die Bonner Polizei wirklich dem Wunsche der Einsender willfährt, müssen diese Wirtschaften entweder ganz schließen, oder sie sind gezwungen, den größten Teil ihres Personals zu entlassen. Die Bäcker, Metzger, Brauer usw. verdienen dann natürlich nicht mehr, was sie bis jetzt von den Wirten haben. Was ist dann schlimmer: die paar skandalierenden Nachtschwärmer (die von der Straße ferngehalten werden können, wenn die Polizei auf dem Posten ist) oder der wirtschaftliche Bankrott vieler Familien und mancher Gewerbe? Der Krieg trifft erklärlicherweise die Gastwirte besonders hart. Man erschwere ihr Los aber nicht noch mehr durch eine so frühe Polizeistunde. Ein Wirt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Samstag, 23. Januar 1915
Studentenversammlung. Dem Aufrufe des Hrn. Rektors der hies. Universität waren die meisten Studenten gefolgt. Das Auditorium XVIII war bis zum letzten Platz gefüllt. Die erschienen Herren Geheimrat Brinkmann, Prof. der Theologie Clemen und Sanitätsrat Dr. Gudden wurden von dem Vorsitzenden der Studentenschaft begrüßt. Dann wurde Herrn Geheimrat Brinkmann das Wort erteilt. Er führte folgendes aus: „Burschen heraus!“ heißt es im Studentenliede. Auch jetzt soll dieses Wort die Losung sein und zwar zum Eintritt in den Wehrbund. Gleich beim Beginn des Wintersemesters ist der Wehrbund gegründet worden. Viele Studenten sind eingetreten. Andere fehlen noch. Der Wehrbund hält seine Uebungen in der städtischen Turnhalle ab. Aber auch draußen werden Marsch- und Gefechtsübungen abgehalten. Andere Universitäten sind dem hiesigen Beispiele gefolgt, so Frankfurt und Münster. Herr Geheimrat Brinkmann schloß: Kommilitonen, treten Sie ein in den Wehrbund, es kommt dem Vaterland zugute. – Dann ergriff noch kurz Herr Sanitätsrat Dr. Gudden das Wort. Besonders seien Herz und Fuß zu pflegen. Das Herz sei häufig nicht trainiert. Das könne gut im Wehrbunde erzielt werden. Auch der Fuß müsse gepflegt werden durch Marschübungen. Am Schlusse dankte der Vorsitzende der Studentenschaft den Rednern, deren Ausführungen mit Beifall aufgenommen wurden.
Vaterländische Volksfeier. Unser Kaiser hat zwar gebeten, in dieser ernsten Zeit von allen Festlichkeiten, wie sie sonst zu seinem Geburtstag üblich sind, abzusehen, aber so wenig man ein Gewitter verbieten kann, so wenig wird es das deutsche Volk sich nehmen lassen, gerade in diesem Jahre nach Formen zu suchen, durch die es der Würde der Zeit gemäß ihrer Liebe für den obersten Kriegsherrn an seinem Geburtstage Ausdruck geben kann. In Köln ist eine große Feier von der Stadt selbst im großen Saal des Gürzenich in Aussicht genommen. In Bonn hat der Vorstand des Bonner Wehrbundes es in die Hand genommen, am Abend des Kaisergeburtstages im Saal des Bonner Bürgervereins eine Vaterländische Volksfeier zu veranstalten. Zu diesem Abend hat die Bonner Liedertafel unter der bewährten Leitung des Herrn Musikdirektors Werth und Herr Landgerichtsrat Buecheler mit seinem Quartett seine Mitwirkung zugesagt. Herr Geheimrat Brinkmann, der sich in den Kreisen des Wehrbundes durch seine herzerfrischenden Erzählungen aus früheren deutschen Kriegen so zahlreiche Freunde gewonnen hat, wird auch an diesem Abend die Hauptansprache halten. Um den ausdrücklichen Wünschen des Kaisers Rechnung zu tragen, wird von einem Restaurationsbetrieb während der Veranstaltung abgesehen. Zum Besuch der Feier, zu der ein Eintrittsgeld nicht erhoben wird, ist jeder Bonner Bürger mit seiner Familie herzlich eingeladen.
Kriegshilfstag. Der Herr Oberpräsident der Rheinprovinz hat die Haus- und Straßensammlungen anläßlich der an Kaisers Geburtstag und dem darauf folgenden Tage stattfindenden Kriegshilfstage genehmigt. Damit steht der Veranstaltung nichts mehr im Wege und die Vorbereitungen dafür sind in vollem Gange. 17 Ausschüsse haben sich in den einzelnen Stadtbezirken und auch für die Vororte Dottendorf, Endenich, Dransdorf und Grau-Rheindorf gebildet und eine große Zahl von Helferinnen haben sich diesen Ausschüssen bereits zur Verfügung gestellt. Es steht daher zu erwarten, daß bei der bewährten Organisation das Ergebnis des Hilfstages ein recht gutes sein dürfte. Viele, die durch die gebotenen Umstände verhindert werden, an Kaisers Geburtstag zu feiern, werden gerne das sonst für diese Feier verausgabte Scherflein zum Besten der Kriegshilfe beitragen.
Sanitätshunde. Den Besuchern des Venusberges bietet sich täglich die Gelegenheit, die interessanten Uebungen mit den in der Ausbildung begriffenen Sanitätshunden zu beobachten. Wenn man die Führer mit ihren Hunden in Reih und Glied anmarschieren sieht, so freut sich jeder Tierfreund über die schönen Hunde, die für den edlen Zweck zur Verfügung gestellt sind. Die Hunde – deutsche Schäferhunde, Dobermänner und Rottweiler – gehen schon so erzogen neben ihren Führern her, als befänden sie sich seit Monaten in der Ausbildung und trotzdem bemühen sich die Führer erst seit 14 Tagen unter der Anleitung des Dressurleiters Herrn Joh. Hölzken, den Tieren die nötige Dressur beizubringen. Eine mühsame Tätigkeit, die an die Selbstbeherrschung, Geduld und Ausdauer der Führer die
größte Anforderung stellt. Gestern fand durch den Leiter der Meldestelle Herrn Polizei-Kommissar Flaccus die erste Besichtigung der Hunde in den Gehorsamkeitsübungen statt. Es war erstaunlich, wie weit einige Führer ihre Hunde in der kurzen Zeit ihrer Ausbildung schon gebracht hatten. Herr Polizeikommissar Flaccus ermahnte die Führer, Tag und Nacht mit den Hunden zu arbeiten, damit diese recht bald ins Feld geschickt werden könnten. Trotzdem 1400 Sanitätshunde bereits im Felde seien, fehlten noch 400, die baldmöglichst folgen sollten. Nach der Besichtigung fand eine größere Marschübung statt. Auf dem Rückweg durch die Stadt wurde die Kolonne von dem Publikum mit großem Interesse verfolgt. Es wäre sehr zu wünschen, daß der Sanitätshundssache auch in bezug auf Unterstützung, mehr Interesse entgegengebracht würde, denn wieviel Gutes diese Hunde im Felde bereits geleistet haben, besagen die vielen Berichte der Geretteten, die fast täglich in den Zeitungen bekannt werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Universität. Angesichts der Kriegslage wird die Universität von einer größeren Kaisergeburtstagsfeier absehen und nur eine würdige, schlichte Feier in der Aula der Universität abhalten. Die Festrede hält Universitätsprofessor Dr. Ulrich Wilcken. Wegen Raummangels werden die Korporationen ersucht, sich je nur durch einen Chargierten mit der Fahne vertreten zu lassen. Die Feier findet statt am 27. Januar, mittags 11 ½ Uhr. Der sonst übliche Studentenkommers in der Stadthalle fällt in diesem Jahr aus.
Reichswollwoche. „Deutsche Frauen! Seht in euren Schränken nach, was ihr entbehren könnt, um es denen zu widmen, die mit ihrem Blut uns alle beschützen! Sammelt aus Schränken und Truhen, was ihr an Entbehrlichem findet und haltet es bereit, wenn unsere Helfer an eure Türe klopfen.“ So hieß es in einem Aufruf an unsere Mitbürger, und, um es vorweg zu nehmen, die Sammlung ist von bestem Erfolg begleitet
gewesen. Um die Frauen auch noch weiter an den Hilfstag zu erinnern, veranstalteten die jugendlichen Helfer – der Jugendverein an St. Marien und unsere Pfadfinder – am gestrigen Tage Umzüge mit Trommeln und Pfeifen durch die verschiedenen Stadtteile. Etwa 30 hübsch geschmückte Wagen und viele Fahrräder folgten dem „Musikkorps“. Auf diese Weise waren die Frauen auf das Kommen der Einsammlerinnen vorbereitet, und sie fanden denn auch in den meisten Fällen die Gaben zum Abholen bereit. Den ganzen Tag über wurde fleißig gearbeitet, und am Abend lagen ganze Berge Wollsachen an den einzelnen Sammelstellen aufgestapelt. Neben gebrauchten Kleidungsstücken wurde auch vieles Neue hergegeben. Eine Firma am Markt stiftete allein 100 Decken und eine andere an der Remigiusstraße 85 Stück. Auch Wollstoffe zum Anfertigen der sehr begehrten Decken wurden eingesammelt, außerdem Handtücher, Teppiche und Läufer in großer Menge. Natürlich läßt sich heute noch nicht übersehen, was alles für unsere braven Truppen eingekommen ist, und es wird noch manchen Tag dauern, ehe alle die Sachen gesichtet und geordnet sind.
Am heutigen Samstag wird bekanntlich noch eine Nachlese gehalten, und diejenigen, welche am gestrigen Tage keine Gelegenheit hatten, ihr Scherflein beizutragen, können dies heute noch nachholen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die große Wollsammlung in Bonn scheint nach dem Erfolg des gestrigen ersten Tages ein ungeahnt großartiges Ergebnis fördern zu wollen. Die jungen Damen, die das Sammeln übernommen haben, kamen fast aus keinem Hause mit leeren Händen, und die Pfadfinder und Mitglieder der katholischen Jugendvereine, die schon am frühen Morgen mit fröhlichem Trommelschlag und Pfeifenklang ihre schwarz-weiß-rot geschmückten Wagen und Karren durch die Straßen führten, lieferten immer neue Wagenladungen Kleider und Decken beim Freiwilligen Hilfsausschuß ab. Man hat wieder einmal den Beweis dafür erhalten, daß die Gebefreudigkeit der Bonner Bürgerschaft nicht erlahmt, solange unsere tapferen Krieger und unsere notleidenden Brüder in Ostpreußen und Elsaß-Lothringen ihrer Hilfe bedürfen. Die Organisationen, d ie diese Sammlung leiten, hatten dieses Mal besonders um wollene Decken und Stoffe gebeten, die sich leicht zu wollenen Decken verarbeiten lassen. Die Bitte ist nicht vergebens gewesen. Einige Sammlerinnen erzählten uns, daß sie in ihrem Bezirk eine Anzahl ganz neue Decken erhalten haben, die die Geber eigens für die Sammlung der „Reichs-Woll-Woche“ gekauft hatten. In einem Hause der Kölnstraße nahm eine Dame den prachtvollen Teppich ihres Salons und legte ihn auf das Liebesgabenwägelchen. Und aus vielen Häusern trugen die Sammlerinnen wahre Berge an Damen- und Herren-Bekleidungsstücken jeder Art, neugestrickte Socken, Kopfwärmer, Leibbinden; dazu auch neue Vorräte an Tabak und Zigarren, Pfeifen und Stöcke für die Verwundeten, auch Musikinstrumente fehlten nicht.
Heute ist der letzte Sammeltag. Wir brauchen nicht noch einmal an die offene Hand der Bonner zu appellieren. Jeder gibt, was er entbehren kann, und jeder gibt es freudig und gerne; denn es sit ja für die große Sache unseres Vaterlandes.
Von der Vaterlandsliebe unserer Volksschüler. Die Schüler und Schülerinnen der Remigiusschule sammelten in acht Tagen 585 Pfund Metalle für die Kriegshilfe.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 24. Januar 1915

Vaterländische Feier.
Zu einer dem Ernst der Zeit angemessenen, würdigen Ehrung unseres Kaisers und Königs, auch an diesem 27. Januar, haben sich, von demselben, patriotischen Empfinden geleitet, der Alldeutsche Verband, der Männer-Gesangverein Concordia, der Flottenverein, die Deutsche Kolonialgesellschaft, der Deutsche Sprachverein, der Deutsche Wehrverein und die vereinigten evangelischen Bürgervereine Bonns zusammengefunden. Die Feier findet Mittwoch abends 8 Uhr in den oberen Festsälen der Lese- und Erholungsgesellschaft statt. Den Kaiserspruch wird Herr Pastor Kremers sprechen, die Festrede, unter dem Thema: „Der Krieg und der deutsche Kaisergedanke“ wird Herr Dr. Rosenmund halten. Der Männer-Gesangverein Concordia wird unter der Leitung des Herrn Prof. Grüters die Feier durch Gesangvorträge verschönen.
Im Viktoria-Theater, in dem verwundete Krieger jeden Montag von 4-7 Uhr freien Eintritt haben, wird heute und morgen ein besonders hervorragendes Programm gegeben, u.a. der fesselnde Wildwest-Film „In der elften Stunde“.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ausstellung von Aquarellen, Zeichnungen und Radierungen rheinischer Künstler im Obernier-Museum. Die Bemerkung, daß es sich rheinische Künstler handelt, ist, was den Umfang und die Beteiligung an der Ausstellung anlangt, zum mindesten gewagt. – Das Tasten, Suchen nach neuer Ausdrucksform und neuen Ausdrucksmöglichkeiten ist typisch in unserem heutigen Kunstleben. Auch in dieser kleinen, wenn auch wahllos zusammengestellten Ausstellung spürt man den Gärungsprozeß nach Wahrheit, wenn auch naturgemäß die Ausdrucksmittel der Schwarz-weißkunst verschieden behandelt werden. In der Technik am reifsten erscheint P. Prött, der Kölner Ansichten bringt, die sich zum Teil zu monumentalem Stil erheben. Das gilt vor allem von der Ansicht des Vorplatzes des Domes mit dem Straßenverkehr und der gewaltigen Masse des Domes als Abschluß. Isselmann fällt durch eine Ansicht von Rees angenehm auf, die bei sparsamem Strich ausgezeichnet in Fläche und Perspektive wirkt. Die Kriegsbilder Grünefelds sind nicht besser und schlechter, als man sie sonst zu schauen bekommt. Man sieht, wie schwer es ist, die Schrecknisse des Krieges nicht nur illustrationsmäßig darzustellen. Nauen erfreut durch den Rhythmus der Bewegung. Das Streben von Seehaus nach Verinnerlichung und Klarheit wird (namentlich wenn man seine letzten Arbeiten betrachtet) immer mehr ersichtlich. Daraufhin schaue man den „Laubengang“ und den „Ausschnitt eines Cafés“ an.
Menses Holzschnitte sind technisch hervorragend, von der Zeichnung kann man das nicht immer sagen.
Eine alte Taschendiebin stand am Samstag vor der Strafkammer. Es handelte sich um eine 40jährige Frau, die sich von ihren Mädchenjahren an als Taschendiebin „bewährt“ hat und trotz Strafe auf Strafe (über achtmal ist sie im Zuchthaus gewesen) nicht zu bessern ist. Kürzlich wurde sie wiederum wegen Taschendiebstahls mit einer Zuchthausstrafe bedacht. Sie trat die Strafe an, wurde aber beurlaubt, weil ihr Mann ins Feld mußte. Kaum frei, übte sie wieder ihr altes Gewerbe aus und zwar erleichterte sie einige Frauen auf dem hiesigen Wochenmarkt um ihre Geldbörse. Das Gericht hielt die Angeklagte trotz ihres Leugnens für überführt und erkannte auf eine Zuchthausstrafe von zwei Jahren und fünf Jahren Ehrverlust. Bei der Urteilsbegründung simulierte die Angeklagte einen epileptischen Anfall, der sich aber bald legte.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Ein Rekrut vom Ers.-Bat. Nr. 69 war am 10. November zum Zwecke einer Eheschließung (Kriegstrauung) für zwei Tage nach Bonn beurlaubt worden. Statt nach abgelaufenem Urlaub sofort zu seiner Truppe zurückzukehren, trieb er sich noch annähernd vier Wochen am Rheine herum. Schließlich wurde er von der Polizei aufgegriffen und nach Trier gebracht. Das Urteil des Trierer Kriegsgerichts lautete auf eine Gefängnisstrafe von zwei Monaten unter Anrechnung der erlittenen Untersuchungshaft. Das Gericht nahm zugunsten des Angeklagten an, ihm sei damals nicht bewußt gewesen, daß die Rheinprovinz sich im Kriegszustand befindet. Andernfalls wäre Gefängnisstrafe nicht unter 6 Monaten erkannt worden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 25. Januar 1915
Der Flottenverein „Jungdeutschlandbund“, Ortsgruppe Bonn, veranstaltete am Samstag nachmittag im Städt. Gymnasium eine Kaisergeburtstagsvorfeier, die durch ihre Anspruchslosigkeit und ihre Anpassung an das Verständnis der zahlreich erschienenen Jungdeutschen besonderen Beifall fand. Von jungen Mitgliedern hörten wir eine Reihe Gedichte, die dem Weltkriege ihr Entstehen verdankten; ganz besonders gefiel uns das mit wahrer Innerlichkeit gesprochene Gedicht: „Zwei Ehrenkreuze“. Darauf wußte der jugendliche Ortsgruppenvorsitzende in einem durch klare Gliederung ausgezeichneten Vortrag seinen Mitgliedern die mannigfaltigen Gründe des Krieges um Deutschlands Sein auseinanderzusetzen. Durch Vermeiden jeglicher Abschweifung und aller Einzelheiten wurde Redner dem gestellten Thema: „Was muß der Jungdeutsche über die Ursachen des Krieges wissen?“ besonders gerecht. Die Veranstaltung fand einen würdigen Abschluß durch ein begeistertes Kaiserhoch der Jungdeutschen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Städtische Gesangverein wird, wie wir hören, zu Anfang März ein besonderes Konzert zum Besten der Bonner Kriegshilfe veranstalten, in welchem das deutsche Requiem von Brahms und das Beethovensche Violinkonzert aufgeführt werden sollen. Letzteres wird Adolf Busch aus Wien spielen, der mit Rücksicht auf den guten Zweck seine künstlerische Kraft bereitwilligst zur Verfügung gestellt hat. Die Chorproben zum Requiem haben bereits begonnen. Dieselben finden, um auch den der Verwundetenpflege sich widmenden Damen Gelegenheit zur Mitwirkung zu geben, abends 8 Uhr bis 9 ½ Uhr statt und zwar in der Regel Montags.
Der zweite Wollsammlungstag zeitigte ebenfalls ein günstiges Ergebnis. In reichem Maße wurden wiederum von den Bürgern Decken, wollene Kleidungsstücke usw. zur Verfügung gestellt, so daß die Pfadfinder und sonstigen Helfer bis in den Abend hinein reichlich zu tun hatten. Nicht allein Wllwaren wurden gegeben, sondern hie und da überreichte man Geldspenden, die jetzt schon eine hübsche Summe ausmachen. Das Gesamtergebnis der Sammlung läßt sich trotz eifriger Sortierung noch nicht übersehen. Das eine steht fest, daß die Wollsammlungstage die an sie geknüpften Erwartungen übertroffen haben. Inzwischen ist man bereits fleißig an der Arbeit, die verschiedenen Wollsachen zu Decken usw. zu verarbeiten. Allen denen, die opferwillig zu diesem Wollsammlungstag beigesteuert haben, sei auch an dieser Stelle nochmals herzlich Dank gesagt.
Auch in der Umgegend ist fleißig gesammelt worden. So erbrachte die Wollsammlung in Dransdorf einen großen Leiterwagen voll fast neuer Kleidungsstücke, Wolldecken usw. Bei der ersten Sammlung wurde gleichfalls viel Wolle gesammelt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Durch Leuchtgas vergiften wollte sich in der Sonntagnacht in der Rheingasse ein junger Mann. Als man, durch den Gasgeruch aufmerksam gemacht, in das Zimmer eindrang, war der Lebensmüde schon bewußtlos. Einem Arzt gelang es aber, ihn wieder ins Leben zurückzurufen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Das war keine Antwort. Der Wirt in der Freitag-Nummer der Reichszeitung argumentiert: Die Wirtschaften dürfen nicht um 10 Uhr geschlossen werden, weil dadurch die Wirte selbst, ferner Bäcker, Metzger, Bierbrauer, Kellner usw. geschädigt würden. Aber welcher Schaden ist größer? Der, welcher der Volksgesundheit, dem Nationalvermögen durch den ungeheuren Alkoholkonsum jahraus, jahrein zugefügt wird, oder der, den einige Gewerbe erleiden, wenn eben dieser Alkoholkonsum eingeschränkt würde. Um den Fall an einem extremen Beispiel deutlich zu machen: Früher befstand die menschenunwürdige Sklaverei. Als die Kultur der Menschheit stieg, forderten die Edelsten und Besten die Abschaffung des Sklaventums. Niemand unter uns, auch kein Gastwirt, wird sagen, das sei nicht gut gewesen. Wie aber nun, wenn die damaligen Sklavenhändler Zeter und Mordio geschrieen hätten, weil sie durch die Aufhebung der Sklaverei in ihrem Gewerbe geschädigt würden? – Ist es nicht ebenso mit unseren Wirten? Sonderinteressen haben hinter den großen Interessen der Allgemeinheit immer zurückzutreten. Das wollte ich auch dem Schreiber des „Eingesandts“ in der Freitag-Nummer zu bedenken geben. Cand. phil. C.




Dem Einsender „Wozu der Lärm“ erwidre ich, daß die Handhabung der für Preußen um 11 Uhr abends festgesetzten Polizeistunde (aber hier nicht gehandhabt) wohl gefordert werden kann im Interesse der allgemeinen Volkswohlfahrt. Da ich selbst im Wirtsgewerbe groß geworden, kann mir der Einsender wohl nicht wiederlegen, daß durchschnittlich nach 11 Uhr im Wirtsgewerbe wohl nicht viel mehr zu verdienen ist und meist wenig verzehrt wird, so daß Licht und sonstige Unkosten sich kaum mehr decken. Daher sind vom 11 Uhr-Wirtschaftsschluß auch keine Bäcker, Metzger, Kellner etc. mehr betroffen. Meist sind es Kartenbrüder oder Bierbankgeneralstäbler, die die Zeit ausnützen, aber wenig mehr verzehren. Also nochmals: Um 11 Uhr strenge militärische Wirtschaftspatrouille und Schluß, dann bleibt auch den Leuten noch etwas übrig, um dem armen Friseur, der in derselben Nummer der Reichszeitung einen Notschrei erläßt, von seinen Klagen abzuhelfen. Einer für Viele.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Dienstag, 26. Januar 1915
Postdienststunden an Kaisers Geburtstag. Am 27. Januar, dem Geburtstage S. M. des Kaisers, sind die Postschalter beim Hauptpostamt und bei sämtlichen Zweigstellen von 8–9 Uhr vorm. Und von 11 Uhr vormittags bis 1 Uhr nachmittags geöffnet. Es findet eine einmalige Brief-, Geld- und Paketbestellung statt. Die Briefbestellung beginnt um 10¼, die Geld- und Paketbestellung um 8 Uhr vormittags.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Bonner Wehrbund machte am Sonntag nachmittag nach einem gemeinsamen Exerzieren aller Abteilungen auf dem Venusberg eine Geländeübung, die einer Partei die Aufgabe stellte, alle Zugänge zur Gronau zu besetzen, während die andere Partei, die von einer starken Abteilung des Königlichen Gymnasiums gebildet wurde, sich über Dottendorf der Gronau zu nähern hatte. Die angreifende Partei benutzte bei ihrem Anmarsch Wege, über deren Zulässigkeit für den aufgestellten Uebungsplan verschiedene Ansicht bestehen konnte, es gelang ihr aber, ihre Annäherung derartig zu verschleiern, daß es ihr gelang, die Gegenpartei unbemerkt von allen aufgestellten Wachen und Patrouillen auf der Gronau vollständig zu überraschen. An die Uebung schloß sich noch eine Aufstellung und ein Vorbeimarsch der Abteilungen auf dem Kaiserplatz zur Vorbereitung des dort am nächsten Sonntag nachmittag stattfindenden Appells an.
Die Bonner Liedertafel gab am Sonntag ihr 25. Konzert seit Kriegsausbruch zur Aufheiterung verwundeter Krieger. Zu diesem „Jubiläums-Konzert“ hatten sich über 100 Sänger im Vereinslazarett von der Heydt in Godesberg eingefunden. Musikdirektor Josef Werth hatte ein Programm zusammengestellt, das wohl imstande war, alle Gemütsregungen der Zuhörer in Schwingung zu bringen. Insbesondere waren es wiederum die schlichten Weisen des Volksliedes, mit denen sich die Sänger in die Herzen unserer braven Feldgrauen hineinsangen. Der reiche Beifall, noch mehr aber die freudigen aufmerksamen Mienen der Soldaten bewiesen das zur Genüge. Fräulein Luise Kau und Herr Heinz Mirgel erfreuten durch Einzelvorträge. Auch sie fanden für ihre geschmackvollen Vorträge herzlichen Beifall. Nach freundschaftlicher Verabschiedung und nachdem das Versprechen gegeben, recht bald wieder einmal nach Godesberg zu kommen, wurde die Rückfahrt dieser Jubiläums-Sangesfahrt angetreten.
Kriegshilfetag. Von der Stadtverwaltung wird uns geschrieben: Es wird besonders darauf hingewiesen, daß die Helferinnen, die für die Kriegshilfe der Stadt Bonn sammeln, durch eine polizeilich abgestempelte Armbinde mit der Bezeichnung „Kriegshilfstag der Stadt Bonn“ und eine polizeilich abgestempelte Ausweiskarte legitimiert sind. In den letzten Tagen sollen von Unbefugten angeblich für das Rote Kreuz Postkarten verkauft worden sein. Dieser Postkartenverkauf hat mit der Vereinigung vom Roten Kreuz der Stadt Bonn nichts zu tun. Es wird daher vor derartigen Verkäuferinnen eindringlich gewarnt. Die Sammlung für die Kriegshilfe findet nur am 27. und 28. ds. Mts. statt.
Stadttheater. Man schreibt uns: An Stelle einer Festvorstellung zu Kaisergeburtstag, welche nach den erlassenen Bestimmungen unterbleiben soll, hat die Theaterleitung für den Vorabend drei recht geeignete, von patriotischem Geist getragene Stücke zu einem Vaterländischen Abend verbunden und auf ihre Einstudierung viel Mühe verwandt, die hoffentlich einen entsprechend guten Besuch zeitigen wird. Die in den Titeln Vorwärts, Woerth und Das Eiserne Kreuz angedeuteten geschichtlichen Stoffe, bei welchen die Vermeidung von direkten Beziehungen zur Gegenwart nur angenehm empfunden werden wird, lassen erwarten, daß auch hier weilende Krieger (Genesende und andere) und Schüler die Gelegenheit benutzen werden, um den wichtigen, diesmal aber still verlaufenden Tag würdig einzuleiten. Zur Verteilung an Soldaten empfiehlt sich die Verwendung von Dutzendkarten; für die heranwachsende Jugend haben die billigen Schülerkarten Geltung.
Keine Maskeraden zu Karneval! In der heutigen Nummer unseres Blattes macht die Polizeiverwaltung bekannt, daß die sonst üblichen Veranstaltungen an den Fastnachtstagen nicht gestattet werden. Es wird darauf hingewiesen, daß eine polizeiliche Erlaubnis zu solchen Veranstaltungen auf keinen Fall erteilt werden wird, und daß Maskeraden auf den Straßen und in den Wirtschaften nicht geduldet werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Ein junges Mädchen, die 19jährige Anna Busch aus der Kommanderiestraße, ist gestern morgen schwer verunglückt. Als sie früh um ½6 Uhr in der Brückenstraße auf das Trittbrett der schon abfahrenden Siegburger Bahn springen wollte, stürzte sie und kam mit dem rechten Bein unter die Räder. Der Unterschenkel wurde ihr abgefahren. Man legte ihr im Lazarett der Beethovenhalle den ersten Verband an und brachte sie dann in die Klinik. Ihr Befinden ist noch sehr bedenklich.
Wir berichteten erst vor wenigen Tagen von einem jungen Manne, der an der Rheinbrücke auf dieselbe Weise verunglückt ist, jedoch ohne so schlimme Folgen davongetragen zu haben. Dieser schwere Unglücksfall sollte doch nun endlich jedem eine ernste und dringende Mahnung sein. Das junge Mädchen wollte pünktlich in der Geschoßfabrik sein, wo es arbeitete. Der Rüffel, der ihm das Zuspätkommen eingetragen hätte, wenn es erst mit dem folgenden Zug in Siegburg angekommen wäre, ja selbst der Verlust der Stelle wäre bei weitem nicht so schmerzlich gewesen, als diese Folge ihrer Unbedachtsamkeit.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Beuel, 26. Jan. Der kath. Bürgerverein Beuel wird die diesjährige Kaisergeburtstagsfeier am Sonntag den 31. Januar abends 8 Uhr im Vereinslokale Gasthof zur Rheinlust durch einen Kriegsvortrag des Herrn Kaplan Lüstraeten und entsprechende Ansprachen sowie Gesangvorträge gebührend begehen. Ist von einem rauschenden Feste auch Abstand genommen worden, so glaubte der Verein doch die Pflicht zu haben, den Ehrentag des obersten Kriegsherrn nicht vorübergehen lassen zu dürfen, ohne dem Schirmherrn des Vaterlandes auch öffentlich in treuer Liebe zu gedenken.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Umgegend“)
Das letzte Wort. Wenn Alkoholabstinenten und Gegner der Alkoholabstinenz miteinander streiten, ist noch niemals Einigkeit erzielt worden. Jeder hat Gründe und – wie er meint – Beweise für die Richtigkeit seiner Auffassung, jeder kann medizinische Gutachten und Beispiele aus dem Leben anführen, und schließlich – jeder hat Recht. Denn die Abstinenzfrage ist ebensosehr eine Frage des persönlichen Geschmacks und des körperlichen Wohlbefindens, wie es der Vegetarismus ist. Dem Einen schadet auch eine kleine Menge alkoholischer Getränke, der andere meint, im Interesse seiner Gesundheit von Zeit zu Zeit einen oder zwei Schoppen trinken zu müssen. Weil das von jeher so war, wird es auch in der Zukunft immer Alkoholproduzenten und Alkoholkonsumenten geben. Der „Cand. phil. C.“ hat darum Unrecht, wenn er meint, auf die „Sonderinteressen“ der Wirte und der ihm nahestehenden Gewerbe brauche keine Rücksicht genommen zu werden. Tausende, ja Millionen Menschen im deutschen Reiche leben vom Gastwirtschaftsbetrieb. Die Mehrzahl aller Deutschen unterstützen das Gastwirtschaftsgewerbe. Und da meint der „Cand. phil“, auf alles das brauche keine Rücksicht genommen zu werden! Ich sage: es ist unsere Pflicht, den durch den Krieg sehr in Bedrängnis geratenen Wirten zu helfen und ihre Lage durch eine frühe Polizeistunde nicht noch mehr zu erschweren. Es ist unsere Pflicht – trotz der „Weisheit“ eines Cand. phil., und trotz der Bemühungen der übrigen Rufer nach einer frühen Polizeistunde, eine Pflicht, deren Nichtachtung zu sehr schlimmen Folgen führen könnte. Die maßgebenden Stellen der Behörde besitzen – dessen bin ich gewiß – die rechte Einsicht und werden sich um das Geschreibsel recht wenig kümmern. Das ist mein letztes Wort. Ein Wirt.
„Wir sind oft verlegen um gute Zeitungen“ versicherte mir gestern der Chauffeur eines Kriegsautos des 8. Armeekorps, als ich ihm ein Paket Zeitungen für die Soldaten in den Schützengräben übergab. Gern nähme ich noch mehr mit, wenn ich dieselben bekommen könnte, unsere Soldaten sind so dankbar für jede wahrheitsgetreue Berichterstattung. Ich fahre heute noch bis Namur, und am Samstag an die Front.“
Wir dürfen eigentlich keine Gelegenheit die sich uns bietet vorüber gehen lassen, ohne daß wir unsern tapfern Helden im Felde zur besten Lektüre zu verhelfen suchen. Hier in Bonn können wir auf die einfachste Weise dies tun, da so viele Kriegsautos unsere Stadt durchfahren. Man kann dieselben des öfteren zur kurzen Rast vor Gasthäusern, der Post, dem Rathause oder sonst wo halten sehen. Bonn ist nicht so groß, als daß man dann nicht schnell nach Hause eilen könnte, um ein Pack Zeitungen zur Mitgabe zu holen. Nicht nur die Erwachsenen, sondern auch ihre Kinder, namentlich die größeren Knaben, die ihr so gern unseren tapferen Soldaten eine Freude bereiten möget, hier ist euch Gelegenheit dazu geboten. Wenn ihr ein Kriegsauto irgend wo stehen seht, dann geht schnell nach Hause und bittet eure Mutter um ein Paket der „Deutschen Reichszeitung“ und bringt dieselbe eiligst hin. Es ist ein Gruß aus der Heimat. Wenn die Soldaten dann später erfahren, daß sie durch euch Kinder zu so guter Lektüre gekommen sind, so werden sie sich doppelt freuen. Ihr braucht nur an der Türe des betreffenden Hauses wo das Kriegsauto hält, zu warten bis der Chauffeur heraustritt, und gebt ihm dann mit den Worten „für die Soldaten“ die „Deutsche Reichszeitung“ in die Hand. Haltet immer ein Paket Zeitungen bereit. Ihr braucht dieselben nur sorgfältig aufzuheben, zu ordnen und mit einem Bindfaden über’s Kreuz zu verschnüren. G. T.
Städtischer Kartoffel-Verkauf. Eine unbemittelte Frau erzählte mir, daß sie vor einiger Zeit an der Verkaufsstelle Ecke Thomasstraße 2 Zentner Kartoffel für 8,50 Mark gekauft habe. Diese seien grün, schwarz und halb faul. Ich habe mich darüber nicht gewundert, denn wer wie ich das Ausladen dieser Kartoffel beobachtet hat, konnte dies voraussehen. Die Kartoffel wurden beim Ausladen schlimmer behandelt als Kohlen. W.
In Koblenz wurde am Sonntag eine Bekanntmachung angeschlagen, daß von nun ab sämtliche Wirtschaften, Kasinos usw. um 12 Uhr abends zu schließen sind. Animierkneipen, Schnapsschänken usw. um 10 Uhr und früher. Ich dachte mir es wird dann wohl auch bald in Bonn ein Licht aufgehen! Die Bäcker, Metzger usw. sollen froh sein, daß die Leute sich nicht so lange in den Wirtschaften aufhalten und das Geld versaufen, denn dann bleiben die Leute kaufkräftiger und die Rechnungen werden jedenfalls prompter bezahlt. Also Polizeistunden 11 Uhr oder 12 Uhr spätestens. Kein Bierbankgeneralstäbler.
(Wir schließen hiermit die Diskussion über dieses Thema. Die Red.)
Zu viel des Guten! Unsere in der Genesung befindlichen Verwundeten werden in Vorträge, Konzerte, Theatervorstellungen und überall dahin geführt, wo die „Gesellschaft“ Zerstreuung sucht. Daß man damit den Kriegern nicht immer einen Gefallen erweist, geht aus der Antwort hervor, die ein Verwundeter einem Arzt gab. Auf die Frage, wie es ihm in der „Götterdämmerung“ gefallen habe, erwiderte er: „Lieber drei Tage Schützengraben“!
Diese offenherzige Antwort gibt Geheimrat Schwalbe in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift Veranlassung zu prüfen, ob in der „Auffrischung“ der rekonvaleszenten Krieger nicht etwas zu viel des Guten getan wird. (...) „Ich habe“, sagte Schwalbe, „einige Hundert Soldaten in dem Vortrag eines nationalökonomischen Professors über die wirtschaftlichen Folgen des Krieges gesehen und durch Betrachtung mancher Gesichter den Eindruck gewonnen, daß diese einfachen Männer dem (für mich außerordentlich interessanten) Vortrage, der in einem überfüllten, sehr warmen und schlecht ventilierten Saale stattfand, einen Spaziergang im Freien oder doch ein einfaches Spiel vorgezogen hätten. Diese Wahrnehmung habe ich in langdauernden Opern- und Theatervorstellungen machen können.“
Man kann sie auch in Bonn machen. Die Verwundeten werden hierhin und dorthin eingeladen, heute zum Kaffee, morgen zum Tee, übermorgen zu einem Vortrag, dann ins Theater oder ins Konzert. Ob das nicht manches Mal zu viel des Guten ist? C. K.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Mittwoch, 27. Januar 1915
Sammelt altes Metall zum Nutzen unseres Vaterlandes! Auf diesen Aufruf im heutigen Anzeigenteil möchten wir ganz besonders aufmerksam machen. Alle können hier mitwirken, die Großen und die Kleinen, alle können sammeln helfen, denn in jedem Haushalte finden sich Gegenstände aus Aluminium, Blei, Zinn, Messing, besonders auch Kupfer, die nicht mehr gebraucht werden. Da ist es die vaterländische Pflicht eines jeden, diese Metallsachen den Sammelstellen zu überweisen, damit sie wieder nutzbar gemacht werden können zum Dienste des Vaterlandes. Das feindliche Ausland, besonders England sucht unsere Metallzufuhr zu hindern. Da heißt es, auch in diesem Punkte zu zeigen, was deutsche Art und Sparsamkeit vermögen. Sagt nicht, das, was ich habe, ist zu wenig, gebt auch die kleinste Gabe, viele Wenig machen ein Viel. Das gesammelte Metall wird nur für Lieferungen an das Heer und die Marine verwendet. Der Erlös fließt unseren Kriegsinvaliden zu. Diesem doppelten Zwecke der Sammlung sollte jeder dienen, keiner darf sich ausschließen. Sammelstellen hier in Bonn sind aus der Anzeige ersichtlich.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Schneefall. An den beiden letzten Tagen traf wiederholt Schneefall ein. Während sich in den Straßen der Schnee bald in Schmutz und Wasser auflöste, blieben die umliegenden Felder und Höhen mit einer weißen Schneedecke überzogen. Allenthalben sah man die Jugend mit Schlitten vor die Stadt ziehen, um sich dort in frischfröhlicher Fahrt zu ergötzen. Ueber Nacht trat Frost ein und heute früh waren die Wege durch das Glatteis schwer zu begehen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Geburtstag unseres Kaisers
muß in diesem Jahre eine Dankesabtragung an unseren edlen Herrscher sein. Das deutsche Volk darf und wird es seinem Kaiser nimmer vergessen, wie er mit aller Kraft in den unvergeßlichen Julitagen 1914 den Frieden aufrecht erhalten wollte. Vertrauensvoll schaute die Welt auf ihn, und als die letzten Wege vergeblich gegangen, da stand das deutsche Volk auf und scharte sich wie ein Mann um seinen Herrscher. Der Kaiser hat seine erzenen, wunderbaren Worte, die er in der denkwürdigen Reichstagssitzung gesprochen, herrlich gehalten. Kaisers Geburtstag ... Und der Kaiser im Felde bei seinem Heere! Deutschland umstellt von Feinden. Ueberall jedoch die eisernen Mauern unserer Armeen, die den Frieden im Lande schützen. Unseres Kaisers Friedens-Kulturarbeit bewährt sich selbst in diesem Völkerringen, in dem er mit zäher Energie, mit eiserner Macht, sein Land vor den beutegierigen Feinden bewahrt. Es mag sich wohl von selbst verstehen, daß in solcher Zeit allerorten von Kaiserfeiern im Kommersstil abgesehen wird, es wäre unwürdig. Dagegen finden heute auf Wunsch des Kaisers in den Kirchen Deutschlands Festgottesdienste statt. Die Volksschulen begehen den Kaisersgeburtstag still und schlicht in den Klassenzimmern, der Kreis-Krieger-Verband Bonn-Stadt wird von einer öffentlichen Feier Abstand nehmen, dahingegen an den Festgottesdiensten in allen Kirchen der Stadt Bonn sich beteiligen. Abordnungen aller Krieger- und Militärvereine des Verbandes werden mit Fahnen und Standarten in der Münsterkirche, evangelischen Kirche, Synagoge und in der Altkatholischen Kirche vertreten sein.
Die Festgottesdienste beginnen in allen Kirchen Bonns vormittags um 10 Uhr.
Und so wird heute All-Deutschland voll Dankbarkeit und Zuversicht seine Gedanken auf unseren Kaiser lenken, der heute vermutlich in das bedeutungsvollste Jahr seiner Regierung tritt. Und wir alle wollen uns wieder ins Gedächtnis rufen, was der Monarch zu seinen Soldaten sagte, als er 1888 den Thron seiner Väter bestieg:
Wir gehören zusammen. Ich und ihr, mag Sturm sein oder Frieden.
Kaisergeburtstagsfeiern.
Städtisches Gymnasium und Realgymnasium. Nachdem sich die Schüler der unteren Klassen und der Vorschule gestern vormittag zu einer schlichten und würdigen Vorfeier in der Aula zusammengefunden hatten, vereinigten sich gestern nachmittag die Schüler der oberen Klassen mit ihren Angehörigen zu einer größeren Feier, in deren Mittelpunkt die Festrede des Herrn Oberlehrers Dr. Jungmuth stand. Er sprach über das Thema: Kaiser Wilhelm II. und der Weltkrieg. Dabei würdigte er die großen Verdienste unseres Kaisers um die Erhaltung des Friedens und gab in großen Zügen eine Geschichte des Weltkrieges. An das Kaiserhoch, in das die Festrede endete, schloß sich der gemeinsame Gesang der Nationalhymne. Vorher hatten Schüler der verschiedenen Klassen Kriegsgedichte aus unserer Zeit rezitiert. Ein sehr gut ausgebildetes Schülerorchester trug den Triumphmarsch aus „Tarpeja“ von Beethoven vor und begleitete den vorzüglichen Schülerchor zu dem machtvollen altniederländischen Volkslied: Wir treten zum beten ...
Die Städtische Realschule hatte ihre Schüler und deren Angehörige ebenfalls auf gestern nachmittag zur Kaisergeburtstagsfeier eingeladen. Vorträge des Schülerchores, den Herr Lehrer Rech leitete, wechselten mit Deklamationen. Herr Oberlehrer Dr. Schmidt wies in seiner Festrede auf die starke Einigkeit des deutschen Volkes hin und schilderte den Zuhörern die Vorgänge, die in Deutschland dem großen Kriege kurz voraufgingen, und die ihm in der gewaltigen, einigen Erhebung des deutschen Volkes folgten. Seine Rede klang in eine Hoch auf den Friedens- und – so hoffen wir – Siegeskaiser aus. Dann sangen die Anwesenden gemeinsam: Stolz weht die Flagge ...
P. Thimotheus Kranich, der Dichterpater aus dem O.S.B. der kunstsinnigen Beuroner Mönche, sprach am Montag abend zu den Mitgliedern der Bonner Ortsgruppe des Katholischen Frauenbundes über „Das Frauenlob des Evangeliums“. An den großen Frauengestalten des Evangeliums und an Aussprüchen Jesu Christi erklärte P. Thimotheus die Tugenden der Frau: Entsagung, Tapferkeit im Leid, Pflichtbewußtsein als Mutter und Gattin, Güte und Liebe. Und er wies darauf hin, wie sich diese Tugenden in die Not der Gegenwart übertragen lassen, wie sie seit dem Mobilmachungstag jeden Tag wieder neu mit ungeahnter Kraft flammengleich emporschlugen und wie sie sich fernerhin auswirken müßten, wenn auch die deutsche Frau an dem Kampf und dem – so hoffen wir – endlichen Sieg für die Existenz unseres Vaterlandes teil haben wollen.
Ein falscher Ritter des Eisernen Kreuzes ist von der Bonner Strafkammer zu sieben Monaten Gefängnis verurteilt worden. Der frühere Photograph Luhmer hatte sich eine Unteroffiziers-Uniform zu beschaffen gewußt und ein Eisernes Kreuz angesteckt, und betrog nun als „Verwundeter“ in unglaublich raffinierter Weise mildherzige Bonner Bürger um große Geldbeträge, Nahrungsmittel und sonstige Liebesgaben. Luhmer hat vom Kriege nichts gesehen, ja er hat noch nicht einmal gedient. Um anderen glaubhaft zu machen, daß er im Felde gewesen sei und unter Einsetzung seines Lebens waghalsige Aufträge mit gutem Erfolg ausgeführt habe, schrieb er Postkarten an seine eigene Adresse. Und zwar so, als ob sein Leutnant ihm für seine Tapferkeit danke und ihn als einen mutigen Helden verehre. Einmal zeigte er den leuten eine solche Karte, auf der zu lesen stand, der angebliche Leutnant habe ihm zum Dank dafür, daß er des Leutnants Leben gerettet habe, 2500 Mk. überwiesen. Ein andermal telephonierte er seiner Hauswirtin mit verstellter Stimme, als ob er der Herr Leutnant sei, der seinen „lieben, tapferen Unteroffizier“ zu sprechen wünsche. Der Schwindel kam aber, obwohl er mit der größten Geriebenheit eingefädelt war, aus. Luhmer wird nun hinter Schloß und Riegel Gelegenheit haben, über seine „Heldentaten“ nachzudenken.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
An unsere Stadtväter. Die Arbeiter und Angestellten der Geschoßfabrik Siegburg arbeiten jetzt Sonntags und Werktags, bei Tage und bei Nacht. Für die 6 Wochentage berechtigt sie die Wochenkarte der Siegburger Bahn zur Benutzung der Fahrgelegenheit. Am Sonntag, dem siebenten Wochentag, aber müssen die Leute den vollen Fahrpreis (mit Brückengeld 90 Pfg.) bezahlen. Ist das richtig? Frauen und Mädchen, deren Männer und Brüder jetzt dem Vaterlande große Opfer bringen, müssen von den 3 Mark, die sie in Siegburg täglich für die Familie verdienen, am Sonntag 90 Pfg. an die Bahn abgeben. Dazu kommt dann noch die Art der Verladung. Die Wagen, welcher der Aufschrift im Wagen gemäß 36 Sitzplätze und 24 Stehplätze enthalten, nehmen mehr als die doppelte Zahl, 120-150 Personen auf. Auf gemeinsame Beschwerde über die Beförderungsart und den hohen Preis am Sonntag, folgt jetzt vom 1. Februar ab die Erhöhung des Preises für die Wochenkarten von 1,25 Mark auf 1,50 Mark pro Woche. Unsere Stadtverwaltung muß doch auch ein Interesse daran haben, daß die Bürger bei so anstrengender Tätigkeit ordnungsgemäß befördert werden und den Sonntag nicht so teuer bezahlen müssen. Hoffentlich nehmen sich unsere Stadtverordneten einmal dieser Sache an und vertreten die Bürger, welche auf so schwierige Art ihren Erwerb suchen müssen. F.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Donnerstag, 28. Januar 1915
Kaisergeburtstagsfeiern
Der Kaiser wurde gestern, dem Ernst der Zeit entsprechend, ohne lauten Jubel, ohne prunkende Veranstaltungen, aber mit einer ganz besonders warmen Herzlichkeit gefeiert. Ueberall, wo man sich zusammengefunden hatte, um des Kaisertages zu gedenken, hörte man Worte einer aufrichtigen, begeisterten, zu jedem Opfer entschlossenen Vaterlandsliebe und das Gelöbnis unverbrüchlicher Treue zu Kaiser und Reich. Die Straßen der Stadt, über denen in den Vormittagsstunden die freundliche Sonne eines hellen, klaren Wintertages lag, zeigten reichen Flaggenschmuck. Ueberall standen junge Mädchen, die mit unermüdlichem Eifer für die Kriegshilfe sammelten. Und die zahlreiche Spaziergänger gaben gern und freudig ihren Beitrag zu dem guten Zweck.
Wie immer, bildete auch in diesem Jahre eine der schönsten und anregendsten Feierlichkeiten zu Kaisers Geburtstag der
Akademische Festakt in der Universitätsaula.
Die Feier war diesmal so stark besucht, daß der Saal – geschmückt mit grünen Topfpflanzen und einer lorbeerbekränzten Kaiserbüste – die Zahl der Gäste kaum zu fassen vermochte. Die Studentenverbindungen, von denen die meisten Mitglieder ja im Felde stehen, waren durch einen Chargierten in Wichs vertreten. Unter den Klängen des Hohenfriedberger Marsches betraten die Professoren und Dozenten und die Ehrengäste die Aula. (...) Nachdem die Angehörigen des Lehrkörpers und die Ehrengäste Platz genommen hatten, betrat Herr Prof. Dr. phil. Et jur. A. Wilcken die Rednerkanzel, um die Festrede zu halten. Er wies in den einleitenden Worten auf die einzigartige Bedeutung dieser Kaiserfeier hin. Noch niemals habe man den Geburtstag des Kaisers mit den gleichen Empfindungen gefeiert wie in diesem Jahre, da man ein ganz besonders inniges Bedürfnis habe, das Gelöbnis unverbrüchlicher Treue abzulegen. Wie ein reinigender Gewittersturm hat der Krieg alles hinweggefegt, was Deutsche jemals trennen konnte. In restloser Einmütigkeit ist das Volk von 67 Millionen Deutschen zusammengeschlossen. Das war nur möglich, weil dieser Krieg kein Angriffskrieg, kein Präventionskrieg war. (...)
Die Festrede von Professor Dr. Wilcken wird unter dem Titel „Werden und Vergehen der Universalreiche“ in den nächsten Tagen bei Cohen in Druck erscheinen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Kriegshilfstag der Stadt Bonn zum Besten der bedürftigen Familien unsrer wackeren Krieger, der von den vaterländischen Vereinigungen aus Anlaß des Geburtstages unseres Kaisers hier veranstaltet wird, hatte am gestrigen ersten Tag ein gutes Ergebnis. Kein Wunder auch: die jugendlichen Sammlerinnen waren schon vom frühen Morgen an mit großem Eifer tätig. Während ein Teil mit der Sammelbüchse von Haus zu Haus ging, hielten andere wiederum Straßen und Plätze besetzt und boten Schleifen in den deutschen und österreichischen Farben sowie Künstlerkarten mit dem Bildnis unseres Kaisers zum Kauf an. Und wer beides schon erstanden der hatte im Laufe des Tages noch reichlich Gelegenheit, einen Nickel in die vorgehaltenen Sammelbüchsen zu werfen. Gute Einnahmen hatten die jungen Damen, die am Morgen vor den verschiedenen Gotteshäusern Aufstellung genommen hatten, und ebenfalls auch diejenigen, die sich die Haltestellen der Straßenbahnen und die Wagen der Straßenbahn selbst als Feld ihrer Tätigkeit ausersehen hatten. Auch die Gastwirtschaften, die sich des nationalen Feiertages wegen eines guten Besuches zu erfreuen hatten, boten für die eifrigen Sammlerinnen gute Einnahmequellen.
Auf die Neugier ihrer lieben Mitmenschen spekulierte eine junge Sammlerin, die auf den trefflichen Einfall kam durch eine Anzeige in der „Seufzerecke“ des General-Anzeigers „alle patriotischen Damen und Herren freundlichst einzuladen, zwischen 3–5 Uhr nachmittags an den Rhein zu kommen, und zwar vom Alten Zoll bis zur Mehlems Fabrik.“ Dieser Teil der Anlagen war nämlich dem spekulativ veranlagten Fräulein als Sammelfeld angewiesen worden. Und da sie befürchtete, bei ungünstigem Wetter schlecht abzuschneiden, nahm sie zu dieser List ihre Flucht. Die junge Dame hatte richtig gerechnet. Man wollte doch wissen, was da eigentlich los sei, und half so der Sammlerin, ihr gutes Werk zu einem befriedigenden Abschluß zu bringen.
Der volle Ertrag der gestrigen Sammlung läßt sich bis jetzt noch nicht übersehen, es kann aber heute schon gesagt werden, daß für unsere bedürftigen Kriegerfamilien ein recht ansehnliches Sümmchen vereinnahmt worden ist.
Hoffentlich hat auch der heutige zweite und letzte Sammeltag ein günstiges Ergebnis.
Zum Geburtstag unseres Kaisers.
Kein lauter Festjubellärm wie in früheren Jahren. Statt dessen überall schlichtstille, aber auch würdige Feiern. So viel ist gewiß: Wie nie zuvor flog gestern eines jeden Deutschen Herz und Sinn mit doppelter Liebe und Verehrung unserm Kaiser – und wills Gott, bald Siegeskaiser – entgegen.
Bei prächtigem Winterwetter – in der Nacht und den Tag über hatte es geschneit – läuteten die Glocken den Tag ein. In den Straßenzeilen wogten und wehte – reicher denn sonst – die schwarz-weiß-rote Fahne, häufig mit schwarz-gelbem Wimpel unsrer österreichisch-ungarischen Bundesbrüder vereint. Viele Schaufenster waren geschmückt mit Kaiserbüsten, Bildnissen und Blumen. Den ganzen Tag übe war reger Verkehr in den Straßen.
Die Festgottesdienste
in den Kirchen der Stadt waren überaus gut besucht. In der Münsterkirche fand morgens 10 Uhr ein Militär-Gottesdienst statt, dem sehr viele Soldaten, auch verwundete Krieger, bewohnten. Kaplan Reinermann hielt die Festpredigt. In der evangelischen Kirche sprach Pfarrer Kremers, in der altkatholischen Kirche Prof. Mühlhaupt und in der Synagoge Rabbiner Dr. Cohn.
Die Universitätsfeier
gestaltete sich zu einer Kundgebung, die von vaterländischem Geist und Gefühl getragen war. (...) Das Städtische Orchester und der Bonner Männer-Gesang-Verein brachten zum Schluß das altniederländische Dankgebet „Wir treten zum Beten“ eindrucksvoll zum Vortrag.
Königliches Gymnasium.
Die Kaisergeburtstagsfeier in der Aula des Gymnasiums war sehr gut besucht. (...) Mit dem Gesang „Heil dir im Siegerkranz“ wurde die Feier geschlossen.
Städtisches Lyzeum.
In der Aula des Städtischen Gymnasiums hielt Mittwoch morgen das Städtische Lyzeum seine sehr stimmungsvolle Feier ab, (...) Schulrat Baedorf gab der Feier durch eine überaus eindrucksvolle Festrede, die des Kaisers Religiosität und Pflichtgefühl hervorhob, einen würdigen Schluß.
In der Lese- und Erholungsgesellschaftfand gestern abend eine Kaisersgeburtstagsfeier statt, die vom Alldeutschen Verband, dem B. M.-G.-V. „Concordia“, der Deutschen Kolonial-Gesellschaft, dem Deutschen Sprachverein und dem Deutschen Wehrverein und den vereinigten evangelischen Bürgervereinen Bonns veranstaltet wurde. (...) Mit dem Gesang des Liedes „Deutschland, Deutschland über alles“ wurde die schöne Feier geschlossen.
Die Klostermann’schen Anstalten
versammelten sich um 11½ Uhr in der vor kurzem neu ausgebauten Aula im Maarflachweg zu einer gemeinsamen Schulfeier zu Ehren des Geburtstages unseres Kaisers. Lieder und Gedichte, fast durchweg dem weltgeschichtlichen Erleben der Gegenwart entnommen, verliehen der Feier eine dem Ernst der Zeit und der Tiefe des gegenwärtigen vaterländischen Empfindens entsprechende Bedeutung. (...)
Die Vaterländische Volksfeier,
die der Bonner Wehrbund gestern abend im Bonner Bürgerverein veranstaltete, und der viele Ehrengäste, u.a. auch Oberbürgermeister Spiritus, beiwohnten, war so gut besucht, daß die Stühle nicht ausreichten. (...) Mit dem gemeinschaftlichen Gesang „Deutschland über alles“ nahm die Feier ein Ende.
Godesberg. 28. Jan. Zur Kaisersgeburtstagsfeier durchzog am Vorabend das Tambourkorps des Kath. Jünglingsverein den Ort mit einem Zapfenstreich. Am katholischen Pfarrhaus brachte Dechant Dr. Winter das Kaiserhoch aus. In der Aula des Pädagogiums hatten sich am Vorabend zur Feier 700 Gäste eingefunden, darunter viele verwundete Krieger aus den hiesigen Lazaretten. Der Knabenchor und das Orchester der Anstalt, sowie das Collegium musikum trugen stimmungsvolle Musikstücke vor. Herr Prof. Dr. Heinr. Kühne brachte das Hoch auf den Kaiser aus. Bei der Schulfeier der Fortbildungsschule wies der Schulleiter, Herr Lehrer Forsbach darauf hin, wie der Kaiser sich im Frieden und auch jetzt im Kriege bewährt habe. Am Festtage selbst war der Gottesdienst in den Kirchen abgehalten, auch einzelne Privatlazarette hielten ihre Sonderfeier. Bei der Feier des Wehrbundes, die gestern in der Tonhalle stattfand, hielt Schulrat Dr. Küppers die Kaiserrede. Ein vaterländisches Konzert, das nachmittags im Rheinhotel Dreesen abgehalten wurde, hatte sich eines regen Besuches zu erfreuen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kaisersgeburtstag
Ist in Bonn stiller verlaufen als sonst. Die übliche Parade auf der Hofgartenwiese konnte naturgemäß nicht stattfinden, der Kreis-Kriegerverband hatte keine besondere Feier und die Volksschüler versammelten sich nicht wie sonst in der Beethovenhalle. Aber man hatte den Eindruck, als ob die Bonner den gestrigen Tag als patriotischen Fest- und Feiertag tiefer erlebt hätten; als ob einem jedem bewußt gewesen wäre, daß das neue Lebensjahr, in das der Kaiser gestern getreten ist, vermutlich das Entscheidungsjahr über das Geschick unseres Vaterlandes sein wird. Dieses Gefühl hatte man nicht nur, wenn man am Vormittag in die überfüllten Gotteshäuser trat, man hörte es auch aus den Worten der Festredner bei den einzelnen Kaisersgeburtstagsfeiern und man sah es an dem winterlich festtäglichen Straßenbild, das dieses Mal mit seinen schneebedeckten Dächern, den schwarz-weiß-roten und schwarz-gelben Fahnen, unter denen hier und da auf rotem Grunde der weiße Halbmond aufleuchtete, eher einen ernststimmenden, denn einen fröhlichen Anblick bot. Von früh bis spät verkauften junge Damen auf den Straßen patriotische Schleifchen, Kaiser-Postkarten und Ansteck-Nadeln. Jeder kaufte gerne; denn es galt ja dem Wohl unserer Krieger.
Dem feierlichen Hochamt im Münster, das in Vertretung des erkrankten Herrn Dechant Böhmer, Herr Kaplan Reinermann zelebrierte, wohnten die katholischen Soldaten der Garnison mit den Offizieren und Vertretern der Behörden bei. Das städtische Orchester und der Münsterchor unter Veith’s Leitung verherrlichten den Gottesdienst durch hervorragende Musik und Chorvorträge. Herr Kaplan Reinermann hielt die Festpredigt. Abordnungen aller Krieger- und Militärvereine des Kreis-Kriegerverbandes Bonn-Stadt nahmen mit ihren Fahnen und Standarten an den Festgottesdiensten im Münster, in der evangelischen Kirche, in der Synagoge und in der altkatholischen Kirche teil.
Die Volksschulen feierten Kaisersgeburtstag mit Gesängen und Rezitationen der Kinder und mit Ansprachen der Lehrpersonen in ihren Räumen.
Ueber 100.000 Flaschen „Roisdorfer“ hat die Roisdorfer Brunnenverwaltung (W. Custor in Roisdorf) wiederum dem Roten Kreuz und verschiedenen Militärlazaretten zur Verfügung gestellt.
Vier Bonner Pfadfinder befinden sich in Brüssel, um dort auf Wunsch des Kommandanten Ordonanzdienste zu verrichten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Wo kann gespart werden an Weizenbrot?
Tausende Kameraden liegen in Bonn, Heilung und Gesundung zu finden von den Wunden, die sie auf dem Felde der Ehre erhielten. Der größte Prozentsatz ist von Herzen gesund, erfreut sich eines guten Hungers und einer regen Verdauung. Sie haben gekämpft für des Vaterlandes Ehre und Bestand wider eine Welt voll Feinde; nun haben aber noch viele den Wunsch, der volkswirtschaftlichen Kraftprobe, die das Vaterland zu bestehen hat, ihr Scherflein beizutragen. Sie sind alle voll des Lobes über die Verpflegung und beklagen sie sich bitter, daß ihnen zum Früh-, 10 Uhr- und Nachmittagskaffee kein Kriegsbrot gereicht wird. Müssen auch hier die Weizenmehlvorräte erst aufgebraucht werden, um anzufangen am Sparen, wenn die Vorräte zur Neige gehen? – Den berufenen Behörden möge diese Kriegerbitte genügen, dafür Sorge zu tragen, daß diesbezüglich Wandel geschaffen wird. Dort kann gespart werden. Einer für Viele.
Zu viel Wirtschaften. Wirtschaften dürften wohl in Bonn zu viel sein, alleine in der Meckenheimerstraße von Nr. 2 bis Nr. 18 gibt es 7 Stück; dazu kommt, daß in dieser schweren Zeit ungefähr die Nacht von wüsten Burschen und Frauenzimmern Lärm herrscht, am Morgen muß man zu ihrer Schande noch die Spuren von dem entdecken, was zu viel genossen wurde. – Ob es da wohl nicht an der Zeit wäre, um 10 Uhr die Wirtschaften zu schließen und ihre Zahl zu vermindern. Vielleicht gibt es für die Herren Wirte und alle Angestellten nach dem Kriege oder auch jetzt schon irgend einen anderen Erwerbszweig. – Gewiß wäre die Verminderung der Wirtschaften eine Wohltat, warum, wenn es denn sein muß, kann man nicht zu Hause gemütlich im Familienkreise seinen Wein oder Bier verzehren. Einer, der gerne um 10 Uhr Wirtschaftsschluß hätte.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Freitag, 29. Januar 1915
Bei der Kaisergeburtstagsfeier in der Lese- und Erholungsgesellschaft führte Herr Pastor Kremers aus, daß in diesem Jahre der Tag nicht bei fröhlichem Gläserklang gefeiert werden könne, dazu sei die Stunde zu ernst. Eine große Enttäuschung habe der Kaiser, der allezeit den Frieden gewollt habe, erlebt, als wie ein Blitz aus heiterem Himmel die Nachbarn uns mit Krieg überziehen wollten. Unvergeßlich werden uns die ersten Tages der Augusts bleiben, da wir die Einheit der ganzen Nation sahen. Große Dinge sind seitdem schon geschehen. Nicht nur die Glocken der Heimat, sondern auch die in Polen, Belgien und einem Teile Frankreichs läuteten zum Geburtstage unseres Kaisers. Der Krieg hat die bösen Geister des Neides und der Zwietracht verscheucht, er hat einen neuen Orden, den Schützengrabenorden gestiftet, dem alle angehören, vornehm und gering, reich und arm. Das Ausland versteht diese treue Gefolgschaft, die das deutsche Volk dem Kaiser leistete, nicht. Es erblickt darin nur Tyrannei und Unterdrückung. Es weiß nicht, daß es ein tiefes sittliches Verhältnis ist, das das deutsche Volk mit dem Kaiser verbindet, das auf beiden Seiten seine Rechte und Pflichten hat. Es ist das große Werk unseres Kaisers, daß er Heer und Marine auf diese Höhe gebracht hat; daß er alle Kräfte der Technik und der Wissenschaft in den Dienst der Volksverteidigung gestellt hat. Mit großer Freude kann er jetzt auf sein Werk blicken. Er hat verstanden, das Volk zu lenken und zu leiten, sodaß heute alle mit Vertrauen ihm folgen. Ein einziger Heilruf schallt durch das Land. Kaiser Wilhelm II. ist eigentlich der erste ganz deutscher Kaiser. Er fühlt mit allen Deutschen in der ganzen Welt. In ihm sind verkörpert die Eigenschaften, die die deutsche Art ausmachen: Gradheit, Offenheit, herzhafter Mut, Fröhlichkeit und das Vermögen, Freundschaft zu halten. Wie bitter ist sein Vertrauen auf die Freundschaft aber getäuscht worden. Im Vertrauen unbedächtigt, in Treue felsenhaft, in Liebe wundermächtig, das ist des Kaisers Art. Was wir ein jeder im Stillen gelobt, das wollen wir heute geloben vor Gott und ihm, wir wollen durchhalten mit ihm in Treue felsenhaft bis zum letzten Bissen. Es soll die Welt nicht mehr schmähen dürfen unseres Kaisers Majestät. So dringe unser Geburtstagswunsch hinaus in den Donner der Geschütze. Er soll wissen, daß wir, sein ganzes deutsches Volk, zu ihm halten wird in Treue felsenhaft, in Liebe wundermächtig. So stimmt mit mir ein, meine verehrten Anwesenden, in den Ruf: Unser lieber Kaiser Wilhelm II, er lebe hoch, hoch, hoch!
In der Festrede, die Herr Dr. Rosenmund über „Der Krieg und der deutsche Kaisergedanke“ hielt, führte er aus:
Kaiser Wilhelm verlebt seinen 56. Geburtstag fern von Berlin im Hauptquartier seiner Armeen auf feindlichem Boden. Und es ist sein Verdienst, daß seine Heere den uns aufgezwungenen Krieg schnell und weit in Feindesland hineintragen konnten. Unsere Gegner beehren ihn dafür auch mit gründlichem Haß und häufen auch um seine Person Lügen auf Lügen, die darin gipfeln, daß Deutschlands Kaiser die friedlichste aller Welten in diesen furchtbaren Krieg gestürzt hat, wie er denn überhaupt, „besessen“ vom preußischen Militarismus, die Welt erobern möchte. Die Schamlosigkeit dieser Lüge, die Kaiser Wilhelm die Schuld an diesem Kriege aufbürdet, ist längst enthüllt; und was es mit der Warnung an die Welt vor seinen Welteroberungsplänen auf sich hat, wissen wir auch, die wir die Schlagworte der englischen Geschäftspolitik denn auch bereits sattsam kennen. Wohin Mr. Churchill aber mit dem Schreckgespenst des preußischen Militarismus zielt, das er vor den amerikanischen Pressevertretern erscheinen ließ, offenbarte er, als er durch sie dann die Welt zum Kampfe aufrief, um die „Freiheit“ gegen diesen Militarismus zu schützen!
Die Freiheit, an welche Mr. Churchill denkt, ist doch die englische Freiheit, d.h. die Freiheit für die herrschende Klasse dort, welcher er angehört und die ihn mit der Stellung über die Marine betraut hat, ungestört sich in der Macht über Krone und Volk von England zu erhalten und über Englands staatliche Kräfte für ihre Interessenpolitik zu verfügen, eine Politik, deren Ziel eben ist, die ganze Welt sich, d.h. ihrer Kaste, tributpflichtig zu machen. Und diese Freiheit kann sich allerdings mit dem preußischem Militarismus nicht vertragen, es sei denn, daß er sich für sie mißbrauchen läßt. Es war dieser Militarismus aber der englischen Nobility und Gentry auch an sich schon immer zuwider. Und die Vollendung dieses Militarismus in der Gestalt, wie sie unter der treibenden Kraft des deutschen Kaisergedankens Wirklichkeit geworden, also die deutsche Heeresverfassung erscheint ihr schon durch ihr Dasein als eine Bedrohung für sie auch im tiefsten Weltfrieden. Und das keineswegs bloß wegen der ungeheuren Kriegsstärke, welche dieser Militarismus in sich birgt; nein, ebenso sehr und mehr noch als politische Institution. Was sollte auch aus ihrer Machtstellung zwischen und über Krone und Volk werden, wenn die deutsche Heeresverfassung, diese erfolgreichste Verbindung von Krone und Volk, zum Dienst für den Staat in Krieg und Frieden, nach England hin als Vorbild wirken sollte; dann wäre es doch für die herrschende Klasse dort mit der Macht zu Ende. Im Besitz der Macht aber zu bleiben, das ist natürlich der oberste Gesichtspunkt ihrer Politik. So ist denn dieser Krieg, den Englands Machthaber gegen Deutschland führen, nicht bloß ein solcher für ihr Monopol in Handel und Seegewalt in der Welt, sondern auch ein Kampf zur Sicherung ihrer Macht daheim, in England. Und von diesem Zweck aus empfangen das englische Kriegsziel und die englische Kriegführung denn auch ihren Charakter. Um ihre Kaste im Besitz der Macht zu sichern, wollen sich die Leiter der englischen Politik eben nicht mit einem Siege über uns begnügen, sondern sie trachten uns als Volk und Staat zu vernichten und mit dem Reich das Kaisertum und den Kaisergedanken zu begraben, und so diese Heeresverfassung, diesen deutschen Militarismus aus der Welt zu schaffen, der eine ewige Gefahr für die englische „Freiheit“ wäre. Gegen diese Machtpolitik im Dienste der „englischen Freiheit“ kämpfen wir denn in diesem Krieg für unsere deutsche Freiheit und wir kämpfen einen schweren Kampf. Aber wir werden siegen. Denn mögen die feindlichen Heere, welche England gegen uns in Bewegung gesetzt unserem Heere in der Kopfzahl noch so sehr überlegen sein, mögen Englands Streitkräfte zur See uns mächtig überragen, mögen unsere Gegner uns an Kriegsmut gleichen, ihnen allen fehlt zum Siege die sittliche Kraft, die uns als Volk und Heer beseelt, die als ureigenste Kraft die deutsche Nation unbesiegbar machte, wenn sie einmütiger Wille leitete, und die sich jetzt unwiderstehlich siegreich unter dem Zeichen des deutschen Kaisergedankens durchsetzen wird, der für uns nicht allein das Symbol der Einheit, sondern auch der Ausdruck unseres Willens zum Leben mit der Freiheit in der Welt bedeutet.
Deutscher Wehrverein. Heute, Freitag, 29. Jan., abends 8¼ Uhr findet der achte Vortrag der Ortsgruppe Bonn des Deutschen Wehrvereins statt. Herr Dechant Dr. Winter aus Godesberg, der im Jahre 1906 als Delegierter an der Konferenz der Friedensapostel in London teilgenommen hat, wird über seine persönlichen Eindrücke und Erlebnisse in London, den Empfang bei König Eduard usw. sprechen. In Rücksicht auf die gegenwärtige politische Lage dürfte der Vortrag außerordentlich interessant und anziehend werden, zumal uns auch der Vortragende als guter Redner von anderen Vorträgen her bekannt ist. Wir wollen nicht verfehlen, auch an dieser Stelle nachdrücklich auf den Vortrag hinzuweisen und unseren Lesern den Besuch desselben zu empfehlen. Die Lichtbilder, die der Vortragende demonstriert, sind nach den von ihm selbst in London angefertigten Photographien hergestellt.
Sanitätshunde. Aus Anlaß des Geburtstages unseres Kaisers versammelte sich am Mittwoch die Kolonne der Sanitätshundeführer im Kaisergarten. Herr Polizeikommissar Flaccus eröffnete die Versammlung mit der Kaiserrede. Darauf wies der Kolonnenführer, Herr Hölzke, auf die zahlreichen Erfolge hin, die gerade die Sanitätshunde der Meldestelle Bonn bis jetzt zu verzeichnen gehabt hätten.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Krieg und Küche. Ueber dieses zeitgemäße Thema sprach gestern abend vor einer außerordentlich großen Zahl Zuhörerinnen Frau Dr. Wegscheider-Ziegler im Dreikaisersaal. Das, was die Rednerin vom Sparen im Haushalt, von der Verwendung unserer Nahrungs- und Gebrauchsmittel sagte, war durchaus beherzigenswert. Der Krieg hat eben jedem Einzelnen Beschränkungen auferlegt. Wir sind gezwungen, sie uns aufzuerlegen und müssen versuchen, mit Ersatzmitteln in unserer Ernährung auszukommen. Wenn nun die Hausfrauen, Köchinnen usw. die Winke befolgen, die Rednerin in bezug auf Kohle und Koks, Eiern, Käse, Butter, Fett, Fleisch, Mehl, Zucker usw. gab, sind die Folgen dieses Krieges nicht in so scharfem Maße fühlbar, und der Plan unserer allzuliebenswürdigen Vettern jenseits des Kanals, uns auszuhungern, wird nur Schreckgespenst bleiben, also nicht Wirklichkeit werden.
Der sehr lehrreiche Vortrag wird am Sonntag Nachmittag in Kessenich wiederholt werden.
Frost. In der vergangenen Nacht sank das Thermometer am Wetterhäuschen im Hofgarten auf 6 Grad unter Null.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Das Ende der Petroleumnot.
1 Liter Petroleum für 8 Pfennige.
Es klingt zunächst unglaublich. Aber die Erfahrung eines unserer Leser, dessen Freundschaft wir diese Mitteilung verdanken, lehrt, daß man sich tatsächlich mit einer Auslage von 8 Pfennigen 1 Liter Petroleum beschaffen kann. Und zwar so: man löst in einem Liter kochenden Wassers ein halbes Pfund Soda auf und gießt, nachdem das Wasser vom Feuer genommen worden ist, ein Viertelliter Petroleum hinzu. Diese Mischung läßt man erkalten, und das billige Petroleum ist fertig. Unser Gewährsmann versichert nun, daß er seit einigen Tagen sein Zimmer, den Hausflur und das Treppenhaus mit dieser Petroleummischung beleuchtet. Die Flüssigkeit ist wegen des Sodazusatzes nicht so klar wie reines Petroleum und die Lampe verliert ein ganz klein wenig an Leuchtkraft. Aber diese unbedeutenden Nachteile sind eigentlich nicht vorhanden, wenn man an die riesigen Vorteile denkt, die dieses billige Petroleum in der jetzigen Zeit der Petroleumnot dem Publikum, besonders dem „kleinen Manne“ bietet. Man mache einmal den Versuch.
Die Kriegshilfstage haben in Bonn ein höchst erfreuliches Ergebnis gehabt. Wie viel die jungen Damen gestern und vorgestern in unermüdlichem Eifer sammelten, läßt sich natürlich noch nicht angeben, nicht einmal schätzungsweise. Aber das eine kann schon jetzt gesagt werden. Die Freigebigkeit der Bonner Bürgerschaft für die Kriegshilfe, die sich in den letzten Monaten mehr als einmal in überaus glänzender Weise bewährte, hat nicht nachgelassen. Das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Sie wächst mit der Größe der Aufgaben, vor die unsere tapferen Krieger gestellt sind.
Kauft dunkle Brötchen! Der Vorstand de Bonner Bäcker-Innung bittet uns, das Publikum zu ermahnen, nur bei solchen Bäckern zu kaufen, die dunkelbraun gebackene Brötchen abgeben. Die helle Farbe ist ein Beweis dafür, daß der Bäcker das Mehl nicht vorschriftsmäßig gemischt hat.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 30. Januar 1915
Freiwillige Krankenpflege. Auf Anordnung des Hrn. Territorialdelegierten für freiwillige Krankenpflege in der Rheinprovinz entsandte der Vaterländische Frauen-Verein Stadtkreis Bonn wiederum 6 Schwestern in das Etappengebiet, zum ersten Male nach dem Osten. Die Schwestern traten gestern von Koblenz aus die Reise nach Lodz an.
Ein allgemeiner Appell aller Abteilungen des Bonner Wehrbundes findet am Sonntag nachmittag statt. Die Abteilungen vereinen sich dazu um 3 Uhr auf dem Arndtplatz, von wo aus sie geschlossen zur Auguststraße am Hofgarten marschieren. Dort findet eine Aufstellung zur Besichtigung seitens der Behörden statt, die um 4 Uhr erwartet wird. Nach der Besichtigung findet am Kaiser-Wilhelm-Denkmal auf dem Kaiserplatz ein Vorbeimarsch statt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Kriegsgedichte. Wir bitten unsere Leser dringend, die Einsendung von Kriegsgedichten möglichst zu beschränken, da durch die Prüfung der meist nicht druckreifen Reime der Redaktionsdienst zu stark belastet wird.
Das Stadtverordneten-Kollegium, das gestern tagte, hat eines seiner tüchtigsten Mitglieder durch den Tod verloren. Gestern nacht starb nämlich nach langer Erkrankung Konsul Louis Wessel. Oberbürgermeister Spiritus widmete dem verstorbenen Stadtverordneten einen herzlichen Nachruf, den wir in seinem Wortlaut an anderer Stelle zum Abdruck bringen. Der städtische Kriegshilfetag hat – trotzdem die Sammlung noch nicht ganz abgeschlossen ist – laut Mitteilung des Herrn Oberbürgermeisters im Kollegium – bis jetzt eine Reineinnahme von 18.000 Mark ergeben. Der Vorsitzende verlas ein Schreiben des Generalfeldmarschalls von Hindenburg, in dem dieser der Stadt Bonn für die Beihilfe zur Hindenburg-Spende seinen besten Dank ausspricht.
Die Pflasterung eines Kohlelagerplatzes auf dem Schlachthofgelände wurde genehmigt, ebenso die Bewilligung eines weiteren Kredits von 100.000 Mark für die Errichtung eines Gasautomaten. Mit der Uebernahme eines Fehlbetrags von 4423,39 auf den städtischen Haushalt, mit welchem Betrag die Rechnung des Städt. Gesangvereins für 1913/14 abschließt, erklärte sich die Versammlung einverstanden. Gegen die Verpachtung einiger Grundstücke war nichts zu erinnern. Es wurden einige Wahlen, insbesondere Kommissionswahlen, vorgenommen.
Eine Anfrage von Dr. Krantz und seiner Freunde wegen der Lebensmittel- und Fleischversorgung der Stadt wurde eingehend beantwortet. In den Unterstützungsausschuß wurden die noch abkömmlichen Mitglieder des Teuerungsausschusses, Feldmann und Kaiser, und außerdem die Herren Kalt und Gentrup gewählt. Auf eine Anfrage wegen der Metallsammlung teilte Abgeordneter Piehl mit, daß es sich empfehle, so lange mit der Hergabe von Metall zu warten, bis die Vaterländischen Vereine die Angelegenheit in die Hand genommen hätten. Aus diesem Grunde sei auch die bereits in den Schulen begonnene Metallsammlung vorerst eingestellt. (...)
Zur Kriegshilfe. Der Bonner Männer-Gesang-Verein „Apollo“, der seit Beginn des Krieges sich in den Dienst der Wohltätigkeit stellt, wird morgen Sonntag ein Konzert mit Kaisergeburtstagsfeier auf Kasselsruhe geben. Herr Kessel hat sein Lokal unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Der Ertrag ist für das Rote Kreuz bestimmt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zur Nachahmung empfohlen. Eine hiesige Firma am Markt sandte aus Anlaß des Kaisergeburtstages an eine große Anzahl im Felde stehende arme Soldaten Paketchen mit Unterzeug, Kopfschützern und sonstigen praktischen Sachen. Jeder Sendung waren folgende Verse beigefügt:
„Es wird es muß bald tagen,“ – Dies Raunen geht durch’s Land, - Die treu den Feind geschlagen, - Dir Held reich ich die Hand. – Als Dank am hehren Kaiser-Tag – Bring ich Dir diese Gabe dar, - Nichts mög auch mehr gefährden! – Der Friede muß auf Erden.
Zur Erflehung des Friedens finden auf Anordnung des Papstes am 7. Februar in allen Pfarr- und Klosterkirchen Europas besondere kirchliche Feiern statt. Das Allerheiligste bleibt den ganzen Tag über zur öffentlichen Anbetung ausgesetzt. Abends soll die Feier mit dem sakramentalen Segen geschlossen werden. Der Papst hat ein Gebet zur Erflehung des Friedens verfasst, das an dem Abend nach dem Rosenkranz verrichtet wird. Zugleich ermahnt der Papst die Gläubigen, an diesem Tage die hl. Eucharistie zu empfangen. – In den außereuropäischen Diözesen findet die kirchliche Feier am 21. März statt.
Die Bonner Landstürmer in Libramont haben den Geburtstag des Kaisers, wie uns aus Librament geschrieben wird, schlicht aber herzlich und – trotz der Kriegszeit – gemütlich gefeiert. Morgens um 10 Uhr versammelten sie sich ohne Unterschied der Konfession zum katholischen Gottesdienst zusammen. Ein deutscher Pater aus dem belgischen Kloster Chanty zelebrierte die hl. Messe und hielt eine Ansprache, die von großer Begeisterung des Deutsch-Belgiers für den deutschen Kaiser zeugte. (Der Pater ist schon 22 Jahre in Belgien.) Nachdem zog die Kompanie mit klingendem Spiel zum Kompaniesammelplatz. Es war das erstemal, daß die Spielleute aus der Kompanie marschierten, ein schönes Bild für unsere neuen belgischen Landsleute. Dann folgte eine kurze Ansprache des stellvertretenden Kompanieführers, danach Parademarsch, welcher trotz unserer 40 – 45 Jahre großartig klappte. Abends war gemütlicher Bierabend bei Münchener Bier. Natürlich haben wir auch einen Gesangverein, welcher unter Leitung seines Dirigenten, Herrn Lehrer Diedrichs, geradezu Großartiges leistete. Es war ein schöner Abend, den jeder Landsturmmann nie vergessen wird. G.K.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 31. Januar 1915
Getreide- und Mehlvorräte am 1. Februar 1915. Wer in der Nacht vom 31. Januar zum 1. Februar 1915 Vorräte von Weizen (auch Dinkel und Spelz), Roggen, allein oder mit anderer Frucht gemischt, und Hafer, sämtlich auch ungedroschen, Weizen-, Roggen-, Hafer- und Gerstenmehl in seinem Gewahrsam hat, ist verpflichtet, diese Vorräte in das von Zählern übergebene Anzeigeformular einzutragen. Von der Anmeldung sind befreit:
a) Vorräte an gedroschenem Getreide oder an Mehl, die zwei Zentner insgesamt nicht übersteigen. Wer weniger als diese Menge in Gewahrsam hat, hat die am Schlusse der Anzeige vorgesehene Erklärung zu unterschreiben.
b) Vorräte, die sich im Eigentume der Kriegs-Getreide-Gesellschaft m.b.H. und der Zentraleinkaufsgesellschaft m.b.H. befinden.
Alle Angaben haben in Zentnern zu erfolgen. Jede andere Gewichtsangabe ist verboten.
Ungedroschenes Getreide ist nach dem zu schätzenden Körnerertrag anzugeben.
Als Mehl ist auch das zur menschlichen Ernährung dienende Schrot und Schrotmehl anzugeben.
Es sind nur die im eigenen Gewahrsam befindlichen Vorräte anzugeben, aber auch dann, wenn sie anderen Eigentümern gehören, ausgenommen sind die oben unter b) erwähnten.
Gehören die Vorräte nicht dem Anzeigenden, sondern einem anderen, so ist der Eigentümer mit Namen und Wohnort, außerdem Gewicht und Art des ihm gehörenden Getreides und Mehles anzugeben.
Die vorhandenen Vorräte sind vollständig anzugeben. Es ist unzulässig, irgendwelche Abzüge für den Bedarf des Haushalts, des gewerblichen oder landwirtschaftlichen Betriebs zu machen.
Landwirte sollen die Menge des zur Frühjahrsbestellung nötigen Saatgutes nach gewissenhafter Berechnung und ferner die Zahl der zu ihrer Hauswirtschaft gehörigen Personen angeben. Hierher gehören Familienmitglieder, Gesinde, Pensionäre, Arbeiter einschließlich ihrer Angehörigen, Deputanten, Altenteiler, Anstaltsinsassen, soweit sie in dem landwirtschaftlichen Betriebe regelmäßig Beköstigung erhalten oder durch fortlaufende Lieferung von Brotgetreide oder Mehl zu ernähren sind.
Bäcker und Konditoren haben außer der Vorratsanzeige die in der Zeit vom 1. bis einschließlich 15. Januar 1915 verbackene Mehlmenge anzugeben.
Händler haben außer der Vorratsanzeige die in der Zeit vom 1. bis einschließlich 15. Januar 1915 verkaufte Mehlmenge anzugeben.
Die zuständige Behörde ist berechtigt, zur Nachprüfung der Angaben die Vorrats- und Betriebsräume des Anzeigepflichtigen zu untersuchen und seine Bücher prüfen zu lassen.
Die Anzeige ist in der Zeit vom 1. bis einschließlich 5. Februar 1915 unter der Versicherung abzugeben, daß die Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht sind. Anzeigen ohne Unterschrift gelten als nicht abgegeben.
Getreide- und Mehlmengen, die sich mit dem Beginn des 1. Februars 1915 auf dem Transporte befanden, sind unverzüglich nach dem Abladen von dem Empfänger anzuzeigen.
Wer die geforderten Anzeigen nicht in der gesetzten Frist beantwortet, oder wer wissentlich unrichtige oder unvollständige Angaben macht, wird mit Gefängnis bis 6 Monaten oder mit Geldstrafe bis 1500 M. bestraft.
Im Metropoltheater wird eine Geschichte aus dem internationalen Mädchenhandel, betitelt „Leichtsinn“, im Film gezeigt. Die Hauptrolle spielt die bekannte Kopenhagener Künstlerin Gudrun Houlberg. Außerdem weist das Programm noch zwei gute lustige Geschichten auf: „Gute Freunde“ und „Eine Frau auf Pump gesucht“.
Im Viktoria-Theater (Gangolfstr.) wird dem Publikum ein neuer Asta-Nielsen-Film vorgeführt. „Das Feuer“; außerdem ein historischer Einakter aus der zeit Ludwigs XIII.: „Der sprechende Brunnen“ und ein zeitgemäßer Kriegsfilm: „Silvesternacht im Schützengraben“.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Eifelverein. Die hiesige Ortsgruppe ladet die Mitglieder und Freunde ihrer Bestrebungen auf Montag, 1. Februar, abends, zur 29. ordentlichen Jahreshauptversammlung in den oberen Gartensaal im Hähnchen ein. Hieran schließt sich ein Vortrag des Herrn Rektor Zender über die bodenständige Sinnesart des Eifelvolkes im Spiegel alter Volksüberlieferungen und ihren vaterländischen Opfergeist im großen Völkerringen der Gegenwart.
Gedenket der Vögel! Bei den Schneefällen der letzten Tage ist es unserer Vogelwelt fast unmöglich geworden, Nahrung zu finden. Tausende unserer fröhlichen Sänger müssen eingehen, wenn nicht für sie gesorgt wird. Wir alle hoffen auf eine gute Ernte in diesem Jahre. Um diese zu schützen, ist es notwendig, dafür Sorge zu tragen, daß unsere Singvögel den Winter überleben und beim Vertilgen von Raupen, Schnecken und wie das Ungeziefer sonst so heißt, eifrig mithelfen.
Einschränkung des Brotverbrauchs in den Wirtschaften. Der Oberbürgermeister ersucht uns, nochmals auf den Erlaß des Ministers für Handel und Gewerbe und des Ministers des Inneren vom 4. November 1914 aufmerksam zu machen, der sich gegen den verschwenderischen und gedankenlosen Verbrauch des Brotes richtet. Heute noch werde in vielen Gast- und Speisewirtschaften den Gästen Brot und anderes Gebäck zum beliebigen Genuß und ohne Sondervergütung zur Verfügung gestellt. Wird für das genossene Brot besondere Bezahlung verlangt, so wird ein solcher überflüssiger Verbrauch des Brotes alsbald eingeschränkt werden. Dies mag in der Menge wenig ausmachen; es handelt sich jetzt aber darum, das Gebot, eine verständige Sparsamkeit mit dem Brote walten zu lassen, täglich möglichst weiten Kreisen der Bevölkerung in Erinnerung zu bringen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Populärwissenschaftlicher Vortrag. Prof. O.Francke – Hamburg über „Deutschland und China vor und nach dem Kriege“: Eins der größten Hemmnisse für die Entwicklung unserer Außenpolitik erblickt Professor Francke in der deutschen Angst vor der „Gelben Gefahr“. In deutschen Zeitungen habe man in diesen Kriegsmonaten oft von dem „Eindringen schlitzäugiger Mongolen in europäische Kultur“ gelesen. Machen wir uns einmal von den Gefühlen des gerechten Zornes frei – sagte Prof. Francke – und denken wir über die Dinge ruhig und objektiv nach, dann finden wir in der Beteiligung Japans in dem Krieg gegen uns durchaus nichts Mongolisches, nichts Schlitzäugiges, sondern etwas Westeuropäisches, die Ergebnisse der englischen Schule. Wie England im Verein mit Frankreich im Osten eine Atmosphäre des Mißtrauens und Abneigung gegen das Deutschtum zu erzeugen versuchte und in Japan mit Erfolg (das englisch-japanische Bündnis im Jahre 1902) erzeugt hat, wie die Engländer sich 1904 durch den Krieg Japans gegen Rußland Genugtuung verschafften und wie sie durch die Maschinerie ihrer skrupellosen, von geradezu teuflischer Infamie geleiteten Politik gegen Deutschland dirigierten unter immer wiederholten Freundschaftsversicherungen an die ostasiatischen Völker, das zeigte der erfahrene Orientkenner und kluge Politiker in einem glänzenden Vortrag. Er vergaß dabei auch nicht die Fehler und Ungeschicklichkeiten unserer
politischen Lehrlingszeit im Osten. China machte sich über die Freundschaftsversicherungen und die Bürgschaftsverträge seiner ungewählten Beschützer schließlich seine eigenen Gedanken und vertraute nur noch Amerika und Deutschland, die sich beide in dem Gewirre von Abmachungen und Verträgen freigehalten hatten. So gewann sich Deutschland in China im Laufe der Jahre eine Vertrauensstellung. Und eben diese Vertrauensstellung machte es uns möglich, deutsche Kultur und Arbeitsart in China zu verbreiten. Ungemein segensreich wirkte vor allem unser Tsingtau, dessen heldenmütige Verteidigung (...) die chinesischen Sympathien für Deutschland noch wesentlich steigerte. Mit Tsingtau wollten wir Deutsche nicht in die politischen Interessen der Chinesen eingreifen, es war uns vielmehr um einen Stützpunkt für den friedlichen Handel und eine freundschaftliche Annäherung an das chinesische Volk zu tun. Nun aber liegt es, eine Beute gierigen Neides, in Trümmern. Ob wir Tsingtau wiedergewinnen oder nicht, was an uns liegt, wird geschehen, um China zu einem wirtschaftlich und militärisch starken, unabhängigen Reich zu machen. Unsere Aufgaben werden wir nach dem Kriege (...) mit noch größerem Eifer fortsetzen. Die Türkei und auch China wissen, daß sie den Aufteilungsbemühungen der Ententemächte nur durch ihre Freundschaft mit Deutschland entgehen können. Sie wissen, daß jetzt auf den westeuropäischen Schlachtfeldern auch ihr Schicksal entscheiden wird. Wir aber müssen alle Rassenangst, alle Furcht vor der „Gelben Gefahr“ unter uns bekämpfen. Auf die Hautfarbe kommt es nicht an, sondern auf den inneren Wert und die Kraft eines Volkes. Wenn es aber einmal eine „Gelbe Gefahr“ geben sollte, dann hat Europa es verschuldet. Und es hat sie dann verdient.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)