Mittwoch, 6. November 1918

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 6. November 1918Kein Grund zur Beunruhigung. Aus dem Zentralbureau des Oberpräsidiums der Rheinprovinz wird uns geschrieben: Der Generalquartiermeister weist in einem Schreiben an den Oberpräsidenten der Rheinprovinz darauf hin, daß die augenblickliche Kriegslage keinen Grund zur Beunruhigung für die Bevölkerung der Rheinprovinz bietet. Die von militärischer Seite eingeleiteten Erkundungen bezweckten lediglich, die Möglichkeit der Unterbringung militärischer Einrichtungen für den Fall zu prüfen, daß es zu einem Waffenstillstande und zur Räumung der besetzten Gebiete im Westen kommen sollte, wodurch naturgemäß wenigstens eine vorübergehende stärkere Belegung der westlichen Grenzgebiete bedingt werden würde.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Fliegeralarm. Gestern mittag erfolgte um 1 Uhr wegen Luftgefahr Fliegeralarm, der etwa eine halbe Stunde andauerte. Soweit wir in Erfahrung bringen konnten, ist im Bereich unserer Stadt ein Angriff nicht erfolgt. Die wahrgenommenen Explosionen rührten von Signalbomben und Abwehrgeschossen her.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Trauerfeier für die Opfer des Fliegerangriffes. Die innige Anteilnahme der gesamten Bevölkerung an dem Leide, das durch den feindlichen Fliegerangriff am 31. Oktober vielen Einwohnern unserer Stadt und der Umgegend bereitet worden ist, zeigte sich bei der heutigen Trauerfeier für die Opfer des Fliegerangriffes.
   Um 9 Uhr vormittags wurde in der Münsterkirche ein Seelenamt gelesen, das Dechant Böhmer zelebrierte. Wohl selten vereinigte die Münsterkirche eine so gewaltige Trauergemeinde in sich, wie heute morgen. Die Stadt Bonn war vertreten durch Oberbürgermeister Spiritus, Beigeordneter Bottler und Beigeordneter Baurat Piehl. Auch mehrere Stadtverordneten wohnten dem Trauergottesdienste bei. […]
   Auf dem Nordfriedhof fand um 10¾ Uhr die Beerdigungsfeier statt. In einem quadratischen Grabe des Ehrenfriedhofes für unsere gefallenen Helden standen 11 Särge mit 6 Verstorbenen aus Bonn und 5 aus der Umgegend von Bonn. Die Grabwände und Grabränder zierten Pflanzengrün und Blumenschmuck. Die Angehörigen der Verstorbenen umstanden in großer Zahl das Ehrengrab. An sie schlossen sich an die Vertreter der Behörden, unter ihnen Oberbürgermeister Spiritus, das Beigeordneten- und Stadtverordnetenkollegium, eine Abordnung der Studentenschaft, die Militärvereine, Gesangvereine u. Innungen. Eine schier unübersehbare Menschenmenge umsäumte den Ehrenfriedhof. […]
Oberbürgermeister Spiritus führte aus: In tiefer Trauer steht die Bonner Bürgerschaft mit den Hinterbliebenen an dieser offenen Gruft. Auf diesem großen weiten Friedhofe wohnen tausende und abertausende Bonner Bürger und Bürgerinnen. Aber an keinen von ihnen ist der Allbezwinger Tod so unerwartet, so grausam herangetreten, als wie an die Opfer dieses ruchlosen feindlichen Angriffes. Friedliche Männer, harmlose Frauen und unschuldige Kinder sind dahingerafft. Viele liegen in den Hospitälern und Lazaretten der Stadt Bonn und sehen einer ungewissen Zukunft entgegen. Großes Leid ist über die Angehörigen und Hinterbliebenen hereingebrochen. Hier Trost zu spenden, ist Menschenwort und Menschenkraft nicht möglich. Trost kann nur spenden der allmächtige Gott im Himmel. Seine Gnade wollen wir auf die Gebliebenen und Hinterbliebenen herniederflehen. Wir, die Bürgerschaft der Stadt Bonn, und weite Kreise darüber hinaus können nur unserem tiefen Leide und unserer aufrichtigen Klage Ausdruck geben über das entsetzliche Unglück, das über uns gekommen ist.
   Wir wollen nie vergessen, was an diesem Tage geschehen ist. In den Büchern der Stadt Bonn wird der 31. Oktober 1918 als ein Tag des Entsetzens verzeichnet stehen. Die Erinnerung aber an die Opfer jener ruchlosen Tat soll bei uns in Ehren gehalten werden für uns und für kommende Geschlechter. Dessen zur Bekundung lege ich diesen Kranz der Stadt Bonn an der Gruft dieser Toten nieder.
   Unter den überaus zahlreichen Kranzspenden befand sich auch einer der Frau Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe. […]

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)