Donnerstag, 20. Juni 1918

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 20. Juni 1918Keine Bezugsscheine für Bettwäsche. Die Reichsbekleidungsstelle gibt bekannt, daß künftig Bezugsscheine für Bettwäsche nur für Kranke, Wöchnerinnen und Säuglinge gegen Bescheinigung des Arztes beziehungsweise der Hebamme erteilt werden. Sonstige Antragsteller sind auf bezugsscheinfreie Papiergarnerzeugnisse zu verweisen.

Zum Verkauf von Schuhwerk. Seitens der Reichsschuhstelle ist eine wichtige Anordnung ergangen, auf die auch an dieser Stelle besonders hingewiesen sei. Vor Ueberlassung bedarfsscheinpflichtigen Schuhwerks hat von jetzt ab der Schuhwarenhändler von dem Empfänger die Vorlage eines Ausweises über seine Person zu verlangen und zu prüfen, ob der Ausweisinhaber mit dem auf Grund des Schuhbedarfsscheines zum Bezuge Berechtigten übereinstimmt. Die Anordnung stellt also eine erhebliche Verschärfung gegenüber dem bisherigen Zustande insofern dar, als bisher die Verabfolgung von Schuhwaren an den Bezugsschein-Inhaber ohne weiteres erfolgte. Als Ausweise über die Person, die künftig stets vorzulegen sind, dienen Personenstandsurkunden wie Geburtsschein usw., Militärpässe, Reiseausweise und Heimatscheine. Wer nicht für den eigenen Bedarf Schuhwaren in Empfang nimmt, hat einen schriftlichen Auftrag des aufgrund des Schuhbedarfsscheines zum Bezug Berechtigten und einen Ausweis über dessen Person vorzulegen. [...]

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 20. Juni 1918Das Bonner außerordentliche Kriegsgericht verhandelte am Mittwoch nachmittag in Blankenberg an der Sieg gegen den 43 Jahre alten Elektromonteur Bayer aus Haiger bei Dillenburg wegen der Anklage des Mordes. Der Angeklagte hat ein sehr bewegtes Leben hinter sich und ist bereits sehr oft vorbestraft. Von den 43 Jahren seines Lebens hat er etwa 23 Jahre im Gefängnis und im Zuchthaus gesessen. Der Anklage liegt folgende Begebenheit zugrunde: Der Angeklagte für End Mai mit einem Bekannten von Köln nach der Sieg mit der ausgesprochenen Absicht, dort ein Stück Großvieh von einer Weide in Stein zu entwenden. Der Bekannte war mit den dortigen Verhältnissen vertraut. Sie stiegen an verschiedenen Stationen aus und trafen sich abends in Merten. Von dort zogen sie mit einer Schiebkarre nach der Wiese der Mühle in Stein. Dort suchten sie sich ein junges Stierchen aus und hatten es auch schon angeseilt, als das übrige Vieh auf der Weide unruhig und der Besitzer der Mühle, Pütz, auf den Vorgang aufmerksam wurde. Da in letzter Zeit in der dortigen Gegend wiederholt Vieh gestohlen worden war, vermutete Pütz sofort, daß sich Diebe auf der Weide befänden. Er nahm seinen Bruder Albert Pütz mit und beging mit ihm das Grundstück. Als die Diebe Gefahr bemerkten, suchten sie das Grundstück zu verlassen. Dem einen gelang dies leicht. Dem Angeklagten dagegen bot die Umzäunung ein Hindernis. Er hörte die Verfolger hinter sich, nahm eine Pistole aus der Tasche und gab damit auf seine Verfolger drei Schüsse ab. Der dritte Schuß traf den Bruder des Besitzers, Albert Pütz, der sofort getötet wurde. Der Angeklagte ist geständig. Ein Zeuge bekundete, der Angeklagte habe sich unter einen Baum gestellt, auf den Albert Pütz gezielt und geschossen.
    Das Gericht hielt des Angeklagten für schuldig und verurteilte ihn zum Tode.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

    

Ueber Brennesselverwertung wird Professor Dr. Küster nächsten Montag in der Lese einen Lichtbildervortrag halten. Bei der großen Wichtigkeit, die die Nessel als Faserpflanze für unsere Bekleidung hat, sei auf diesen beachtenswerten Vortrag ganz besonders aufmerksam gemacht. Die Anregung zu der Veranstaltung hat der hiesige örtliche Kriegsausschuß für Sammel- und Helferdienst (Vorsitzender Dr. Krantz) gegeben.

Konzerte. Im Gangolfhaus finden heute, Samstag und Sonntag Konzerte statt.

Die Lichtspiele im Stern haben sich entschlossen, die Spielzeit des „Henny-Porten“-Films „Agnes Arnau und ihre drei Freier“, Lustspiel in 4 Akten, wegen des durchschlagenden Erfolges zu verlängern. Die Spielfolge weist ferner das Schauspiel „Die goldene Brücke“ mit Magda Madeleine, sowie das Lustspiel „Luchens Ehefreuden“ auf.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)