Samstag, 16. Februar 1918

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 16. Februar 1918Deutsche Vaterlandspartei, Ortsgruppe Bonn und Umgebung. Der Vorstand lädt die Mitglieder und Freunde der Partei zu einem am Donnerstag, 21. Febr., 8 Uhr im großen Lesesaal stattfindenden Vortrag des Fliegerleutnants Herb. Lippe, in dem dieser über seine Erlebnisse in französischer Kriegsgefangenschaft sprechen wird. Leutnant Lippe, 1915 bei Verdun abgeschossen, hat, schwer verwundet, elf Monate in französischer Gefangenschaft, ohne daß man ihm ärztliche Behandlung zu Teil werden ließ, eine Leidenszeit schlimmster Art durchgemacht. Ueberall, wo Leutnant Lippe bislang gesprochen hat, haben seine erschütternden Darstellungen auf alle Hörer den tiefsten Eindruck gemacht.

Strafkammer. Am 31. Mai v. J. waren auf dem Bahnhof Duisdorf Kartoffeln ausgegeben worden. Der Eisenbahnwagen war jedoch nicht nur für die Bürgermeisterei Duisdorf, sondern auch für die Bürgermeisterei Oedekoven bestimmt. Als nun die für Duisdorf berechnete Menge ausverkauft und der Wagen geschlossen und plombiert war, hatten gegen hundert wartende Frauen noch keine Kartoffeln erhalten. Sie drängte sich an den Eisenbahnwagen heran. Die Plombe wurde entfernt, angeblich von einem unbekannten Kinde. Die Frauen öffneten den Wagen und füllten ihre mitgebrachten Taschen und Körbe mit den Kartoffeln. Acht Frauen, die an diesem Vorfall beteiligt waren, hatten sich gestern vor der Strafkammer zu verantworten. Sie gaben die Tat zu, entschuldigten sich aber mit der großen Not, die damals bestanden habe, und daß sie alle für mehr oder weniger große Familien zu sorgen gehabt hätten. Der Staatsanwalt hielt schweren Diebstahl für vorliegend und beantragte gegen alle acht Frauen die Geringststrafe von drei Monaten, gab aber anheim, die Frauen zur Begnadigung zu empfehlen. Das Gericht nahm, den Ausführungen des Verteidigers entsprechend, Mundraub an und stellte, weil das Vergehen verjährt ist, das Verfahren ein. Der Vorsitzende hob aber hervor, daß sämtliche Angeklagten sich strafbar gemacht hätten. Nur dem Umstande, daß mehr als drei Monate ohne gerichtliche Handlung vergangen seien. Hätten sie es zu verdanken, daß sie straffrei blieben.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

    

Die Sommerzeit 1918. In diesem Jahr beginnt die Sommerzeit am 1. April und endet am 14. Oktober. Die Erfahrungen, die man während des Krieges mit der Sommerzeit gemacht hat, sind überwiegend gut. Ihre Vorteile, vor allem die bedeutende Lichtersparnis, sind so unzweifelhaft, daß man über einige kleine Unbequemlichkeiten, die sich hier und da gezeigt haben, gern hinwegsehen kann. Vielleicht wird aus dieser „Kriegserrungenschaft“ eine dauernde Friedenseinrichtung.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Das Abspringen von der fahrenden Elektrischen und auch das Absteigen während der Fahrt wird in der letzten Zeit immer mehr üblich. Der Grund liegt klar zu Tage: die Einziehung so vieler Haltestellen. Es ist hohe Zeit, gegen diese Unsitte einzuschreiten, bevor schwere Unfälle vorkommen. Das Ein- und Absteigen ist bekanntlich nur beim Halten erlaubt.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)