Samstag, 2. Juni 1917

     

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 2. Juni 1917U-Boot-Spende 1917
Durch Sturm und Wetter, Kampf und Tod,
Führt ihr zum Sieg das stolze Boot!
Zu lindern Tränen, Sorg’ und Leid,
Sind dankbar wir daheim bereit.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

    

Der Milchpreis.
Am 20. Dezember v. J. hatte die Landesfettstelle in Berlin eine Bekanntmachung erlassen, wonach der am 15. Dezember gezahlte Milchpreis sowohl bei dem Erzeuger wie beim Händler als Höchstpreis zu gelten habe. Diese Verordnung war erlassen worden, um endlich der teilweise unberechtigten Preistreiberei auf dem Milchmarkt entgegenzutreten; war doch der Preis, der zwischen 40 und 50 Pfennigen für das Liter schwankte, derart hoch, daß die Ernährung der Säuglinge in Frage gestellt war. Namentlich die vielen Kriegerfrauen mit ihren mäßigen Bezügen und die große Zahl der Festbesoldeten war nicht mehr in der Lage, den hohen Preis zu zahlen. Diese Zustände waren um so verhängnisvoller, weil neben den Arbeiterfamilien gerade in jenen Kreisen die meisten Kinder in dem als bezugsberechtigt anerkannten Alter stehen, und man daher befürchten mußte, daß die Säuglinglingssterblichkeit in erheblichem Umfange zunehmen würde. Die Verordnung hatte zur Folge, daß wenigstens den Winter über ein im Verhältnis zu anderen Nahrungsmitteln erträglicher Preis für Milch bestehen blieb.
   In den letzten Tagen ist nun die erwähnte Verordnung der Landesfettstelle wieder aufgehoben worden; damit ist der Preistreiberei wieder Tür und Tor geöffnet. Als Grund für diesen Schritt war ausschlaggebend die Voraussetzung, daß mit der nunmehr reichlichen Zufuhr von Milch in die großen Verbrauchszentren der Milchpreis sinken würde. Gewiß, die Absicht war löblich, aber der Zweck der Maßnahme war vollständig verfehlt; denn bereits heute ist eine nicht unerhebliche Erhöhung des Milchpreises eingetreten. Die Händler begründen die Erhöhung damit, daß seitens der milchliefernden Landwirtschaft entsprechende Preisaufschläge gefordert würden, wobei sie ausdrücklich darauf aufmerksam machen, daß damit die Preisgrenze nach oben noch nicht abgeschlossen sei. […]

Bauarbeiten jeglicher Art dürfen laut einer Verordnung des Stellvertretenen Generalkommandos des 8. Armeekorps vom 15. Juni d. J. ab nur mehr mit Genehmigung der zuständigen Kriegsamtsstelle begonnen und fortgeführt werden. Zur Anmeldung ist der Bauherr, und, wenn dieser verhindert ist, die den Bau ausführende Firma verpflichtet. Näheres über Ausnahmen usw. ist aus der Verordnung ersichtlich, die in der gestrigen Nummer unseres Blattes veröffentlicht wurde.

Eifelverein. Die hiesige Ortsgruppe des Eifelvereins gibt bekannt, daß die Wanderungen, soweit zu ihrer Ausführung die Staatsbahn benutzt werden muß, vorläufig ausfallen. Ersatzwanderungen werden im Einzelfalle bekanntgegeben werden.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

      

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 2. Juni 1917Nachrichten des städtischen Lebensmittelamtes.
Fleisch.
Am Sonnabend wird auf die Zusatz-Fleischkarte Rindfleisch, sowie Blut- und Leberwurst zu den bekannten Preisen verkauft. Beim Einkauf der Wurst ist für je 200 Gramm auch eine Warenkarte Nr. 71 abzugeben. Auf jede Reichsfleischkarte wird am Mittwoch nächster Woche Fleisch und Fleischwurst abgegeben; an diesem Tage auch Fleisch und Wurst auf die Zusatz-Karten für die Schwer- und Schwerstarbeiter.
Kartoffeln.
In der Kartoffelversorgung tritt in der kommenden Woche eine Aenderung nicht ein. Die mangelnde Zufuhr an Kartoffeln verlangt jedoch, daß mit den Vorräten sehr sparsam umgegangen wird. Zudem sind die Kartoffeln in der jetzigen Zeit sehr empfindlich und müssen pfleglich behandelt werden. Sie sind, was nochmals betont sei, am Tage vor dem Kochen zu schälen und ins Wasser zu legen, damit schwarze Flecken und sonstige unreine Bestandteile nach Möglichkeit ausziehen.
Kolonialwaren.
In der kommenden Woche gelangen zur Ausgabe auf die Warenkarte Nr. 65 kochfert. Kartoffelsuppe ein Fünftel Pfund, Nr. 66 Grießmehl ein Fünftel Pfund, Nr. 67 Teigwaren ein Viertel Pfund, Nr. 68 Dörrmischgemüse ein Zehntel Pfund, Nr. 69 Marmelade ein Viertel Pfund, außerdem unter Anrechnung auf die Fett- und Warenkarte Nr. 70 Margarine 30 Gramm, ferner für Schwer- und Schwerstarbeiter auf die Warenzusatzkarte Nr. 33 Haferflocken ein halbes Pfund, Nr. 34 Graupen ein halbes Pfund.
   In der letzten Zeit wurden öfters Klagen darüber laut, daß die kochfertigen Suppen zuviel Salz enthalten. Sie werden daher in Zukunft ohne Salzzusatz hergestellt, und es bleibt den Hausfrauen überlassen, die Suppen nach eigenem Gutdünken zu salzen. Das Lebensmittelamt bittet die Hausfrauen in den Fällen, wo sich trotzdem in Zukunft noch ein zu starker Salzzusatz bemerkbar machen wird, um Mitteilung unter Angabe der Geschäfte, in denen die Suppen entnommen worden sind. [...]
Milchversorgung.
Um an warmen Tagen das Sauerwerden der Milch zu verhüten, muß sie nicht nur vom Milcherzeuger und vom Milchhändler, sondern auch im Haushalt sachgemäß behandelt werden. Sie ist sofort abzukochen und an einem kühlen Ort aufzubewahren. Das Abkochen muß auf lebhaftem Feuer erfolgen; ein einmaliges, kurzes Aufwallen, wobei Ueberkochen zu vermeiden ist, genügt vollständig. Auf keinen Fall darf die Milch längere Zeit in der warmen Küche oder auf dem Feuer stehen bleiben. Der größte Wert ist auf peinliche Sauberkeit zu legen. Die beste Milch muß sauer werden, wenn der Topf unsauber ist. Da der Genuß von saurer Milch bei Säuglingen und kleinen Kindern Verdauungsstörungen hervorruft, wird dringend empfohlen, für Säuglinge und Kinder bis zu 18 Monaten die städtische Säuglingsmilch zu beziehen. [...]
Gemüseversorgung.
Der Gemüsemarkt ist in letzter Zeit ausreichend beschickt worden. Die für Gemüse und Obst unter Mitwirkung von Fachleuten festgesetzten Höchstpreise können nur dann den beabsichtigten Zweck erfüllen, wenn sämtliche Hausfrauen an ihrer Durchführung mitarbeiten und jede Ueberschreitung dem Lebensmittelamt mitteilen. [...]

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Verrohung der Jugend. Unter dieser Ueberschrift gehört mit Recht auch eine Unsitte, die sich gegenwärtig wieder in verschiedenen Straßen der Altstadt breit macht, nämlich das Schlagballspiel. Burschen im Alter von 10 bis 16 Jahren haben es sich zur Gewohnheit gemacht, in den Mittagsstunden und abends bis in die Nacht hinein, besondern in den engen Straßen wie Maargasse und Kesselgasse, ihr meist mit lautem Geschrei verbundenes wüstes Spiel zu treiben, das nicht nur die Fensterscheiben der anliegenden Häuser, sondern auch vorübergehende Menschen in Gefahr bringt. Der Ball ist meist fest und schwer und der Knüppel, der zum Schlagen dient, würde einem wilden Wegelagerer alle Ehre machen. Derartige Spiele an solchen menschenbelebten Stellen sind polizeilich verboten, da sie gegen die öffentliche Sicherheit verstoßen. Und es wäre dringend geboten, wenn einmal die mit der Bewachung der öffentlichen Ordnung betraute Behörde einige exemplarische Beispiele von Bestrafungen aufstellte. Ermahnungen und Zurechtweisungen älterer Anwohner finden bei diesen rohen Burschen nur Hohngelächter und Spott. Wenn getobt werden muß, so verweise man diese gefühlslosen Gesellen auf die für solche Spiele eingerichteten Plätze. Wenn sie dann bis in die Nacht hinein nicht zu Hause sind, wissen die unbesorgten Eltern wenigstens, wo sich die unerzogenen Pfleglinge, besser gesagt Flegel, herumtreiben. Dann stören sie auch andere Menschen, die nach schwerer Arbeit Erholung suchen, in ihrem wohlverdienten Schlaf nicht. Athanasius

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)