Dienstag, 29. Mai 1917

      

Anzeige im General-Anzeiger vom 29. Mai 1917Kriegspfingsten am Rhein. Es war äußerlich ein Bild des Friedens, dieses dritte Kriegspfingsten am Rhein. Wer nicht in den Herzen las, wer nur das Bild in sich aufnahm, wie es unsere Gartenstadt in ihrer bezwingenden Maienschönheit mit den Promenadekonzerten in der Poppelsdorfer Allee darbot – belebt von festlich gekleideten Menschen, erfüllt von der frühlingsfrohen Jugend in hellen Gewändern, der konnte für kurze Stunden vergessen, daß nur die treue, todesmutige Wacht unserer Lieben in Feldgrau und unserer Tapferen zur See es uns daheim ermöglichten, den Geist des Festes in unseren von fruchtbringendem Boden gesegneten Rheinlanden friedlich in uns aufzunehmen. Aber wer schon schärfer die festesfrohen Menschen beobachtete, der sah, daß nicht allzu selten die farbenfroh schimmernden Gewänder der Frauen, Mädchen und Kinder dem ernsten Schwarz des Trauerkleides Raum geben mußten. Und wer gar eingedenk blieb, daß unsere Rhein- und weinfrohe Gartenstadt, die um Pfingsten auch heuer Eingangs- und Ausgangspforte tausender lenzesfreudiger Menschenkinder aus der weiteren Umgebung und vom Niederrhein ward, die zu Schiff die Herrlichkeiten unserer Rheinlandschaft zu genießen strebten, jetzt auch als Lazarettstadt Verwundete und Kranke aus dem Felde in großer Zahl beherbergt, dem lachte die Pfingstsonne trotz ihres gütigen heiteren Antlitzes nicht ungetrübt. Tröstlich war uns dieses dritte Pfingsten im Kriege insofern, als es uns beim Wandern durch Fluren und Felder zeigte, daß der Geist des Festes auch draußen in der Natur lebendig ist, daß er das Hoffen unserer Feinde auf Ernährungsschwierigkeiten zunichte machen wird. Und die Stimmung der Menschen, die sich in der blühenden sprossenden Natur ergingen, sie war nicht niedergebeugt. Wohl zeigte sich mancher nicht mehr so wohlbeleibt wie in der Zeit der Nahrungsfülle des Friedens. Aber auch jetzt, wo nach Auffassung unserer Feinde die Schwierigkeiten in der Ernährung vor der neuen Ernte ihren Höhepunkt erreichen sollen, ist nichts zu bemerken von ernster Besorgnis. Von den unzähligen Pfingstausflüglern, die an den Festtagen zu Fuß, mit der „Elektrischen“ oder zu Schiff die alten lieben Rheinorte, insbesondere unser Siebengebirge aufsuchten, war wohl keiner, der die Einwirkung der Nahrungsrationierung nicht an sich verspürte. Aber trotzdem war die Wanderlust so rege wie zu Friedenszeiten. Hätten doch unsere angelsächsischen Vettern, die früher so gern an den Rhein kamen, dieses Pfingsten 1917 bei uns einmal beobachten können; sie würden an dem Bilde, das sich ihnen ungeschminkt darbot, erkennen können, da wir an Zähigkeit und vaterländischem Zielbewußtsein ihnen über sind. Auch dieses Pfingsten am Rhein hätte ihnen gesagt, diese Deutschen und insbesondere diese Rheinländer sind nicht unterzukriegen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

      

Ehre, Hochachtung und Dank schulden wir alle denen, die mitgeholfen haben, den Feind von unseren Grenzen fern zu halten: In erster Linie unseren braven Truppen draußen im Felde, dann aber auch all denen, die zu Hause mitgewirkt haben, unsere Erfolge auf dem Schlachtfeld möglich zu machen. Unter ihnen gibt es eine Klasse von Personen, die ganz besonders einmal der allgemeinen Wertschätzung empfohlen werden soll und zwar deshalb, weil gerade sie in der Tat sehr oft das Gegenteil dessen von ihren Mitmenschen erfährt, was sie verdient. Es sind jene Arbeiter und Arbeiterinnen, die durch ihre Arbeit mit Pikrinsäure in den Pulverfabriken eine unschöne Hauptfärbung erdulden müssen. Sind sie doch in gewissem Sinne unseren verwundeten Helden gleich zu achten. Auch sie bringen einen Teil ihrer Persönlichkeit dem Vaterland zum Opfer und müssen von uns als Muster echter Selbstverleugnung geachtet werden. Ihr Aeußeres muß uns als ein Ehrenzeichen für wertvolle Kriegsarbeit gelten. Schimpf und Schande daher über die, welche darin Anlaß finden zu kränkenden Bemerkungen! Suchen wir vielmehr diesen Personen durch kleine Aufmerksamkeiten im Verkehr, auf der Straße, in den Bahnen oder sonst, wo wir mit ihnen zusammentreffen – es gibt der Gelegenheiten für dankbare Menschen genug – zu beweisen, daß wir Verständnis haben für ihren vaterländischen Opfergeist.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Mein lieber Junge!
Bravo! Der Fremde, der nach Bonn kommt und die Benagelung der Arndt-Eiche, wie sie sich bis jetzt darstellt, sieht, muß einen nicht gerade erfreulichen Eindruck von der Opferwilligkeit der Bonner Bevölkerung erhalten. Noch keine 100.000 Mark in eine Stadt mit so leistungsfähigen Steuerzahlern, einer Stadt, die zu den „reichen“ Städten Deutschlands gerechnet wird! Der sel. Ernst Moritz Arndt, wenn er in der Walpurgisnacht von seinem Sockel hinuntergestiegen wäre und in seinem lieben Bonn Umschau gehalten hätte, hätte sicher ein ungehaltenes Gesicht gemacht, und ein kräftiges Wörtlein losgelassen, eines von denen, die man nicht hinter den Spiegel steckt. Von den 184 Adlerfedern sind noch etwa 110, weit über die Hälfte, nicht verkauft, ganze zwei der Schuppen tragen erst Namen, usw. usw., überall, wo man hinblickt, Lücken, mehr Lücken als Füllung. Also ans Werk. Ich möchte Dir und Deinen Kameraden Folgendes vorschlagen: Teilt Euch die Stadt nach Straßen ein und sucht für jede Straße oder auch mehrere kleine Straßen zusammen einen Betrag zusammenzubringen, der für die Stiftung einer Adlerfeder oder Schuppe oder eines Eichenblattes, oder einer Reihe von Nägeln mit Buchstaben, die aneinander gereiht den Namen der Straße ergeben, ausreicht. Damit wäre die Beteiligung der gesamten Bürgerschaft zum sichtbaren Ausdruck gebracht. Der Bonner Straßennamen sind genug, um eine Anzahl leerer Schilder auszufüllen. Also ans Werk! Ein alter Junge.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)