Samstag, 2. Oktober 1915

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 2. Oktober 1915Fettgewinnung aus Spülwasser. Der dem Reichskanzler unterstellte Kriegsausschuß für pflanzliche und tierische Oele und Fette empfiehlt, zur Wiedergewinnung der Fette aus den fetthaltigen Abwässern in Gastwirtschaften, Schlächtereien, Krankenhäusern, größeren Privatküchen einen geeigneten und bereits praktisch erprobten Fettabscheider aufzustellen. Der Ausschuß, der keine Erwerbsgesellschaft ist, vermittelt den Bezug der Apparate im Interesse der Fettgewinnung. An den Bezug der Fettabscheider durch den Kriegsausschuß ist für die Gastwirte nur die Bedingung geknüpft, daß das gesamte mit diesem Apparat gewonnene Fett während der Kriegsdauer an seine Gesellschaft geliefert wird. Der Kriegsausschuß sorgt für das Abholen des gewonnenen Fettes; er und die ihm angegliederte Kriegsabrechnungsstelle der Seifen- und Stearinfabriken zahlen für das gewonnene Fett die nach der Marktlage möglichen Preise. Dadurch werden Anschaffungskosten sehr schnell abgetragen werden. Im Interesse der Sache ist schnelles Handeln geboten, daher sollten Gastwirte und Schlächtermeister den Anfang machen und unverzüglich Fettabscheider aufstellen. Nähere Auskunft über den durch Vermittlung des Kriegsausschusses zu beziehenden Fettabscheider gegen die Ortsvereine des deutschen Gastwirteverbandes, die Metzerinnungen, die Organisationen der deutschen Hotelbesitzer sowie der Kriegsausschuß für pflanzliche und tierische Oele und Fette, Berlin W. 8, Kanonierstraße 29/30.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 2. Oktober 1915Frau Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe nimmt morgen an der ersten Nagelung des „Eisernen Siegfried von Königswinter“ teil. Freiherr v. Mirbach wird im Auftrag der Kaiserin einen goldenen Nagel anheften.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 2. Oktober 1915Lebensmittelpreise.
„Die Stadt verkauft bis auf weiteres (...)
Vorderschinken das Pfd. zu 1,40 M.,
Schmalz das Pfd. zu 1,30 M.,
(...)
Kornkaffee das Pfd. zu 0,30 M.
Graupen das Pfd. zu 0,40 M.
(...)“
Unsern Hausfrauen hier trauen wohl ihren Augen nicht. Leider sind diese Preise auch nicht hier, sondern in dem nicht einmal gar so fernen Coblenz festgesetzt worden. In Bonn herrscht nach Ansicht gewisser Kreise noch, wie uns versichert wird, eine gewissen Wohlhabenheit, wir müssen also, wenigstens „bis auf weiteres“, noch andere Preise zahlen. Unsere Hausfrauen aber, die von unserer größern Wohlhabenheit keine Ahnung haben, fragen sich verwundert, warum unsere Stadtverwaltung höhere Preise fordert. Der Preisunterschied ist ihnen einfach unverständlich. Sie meinen, was der Stadtverwaltung in Coblenz möglich, könne auch hier erreicht werden. Die Erklärungsversuche der einzelnen müssen wir aus besonderen Gründen unterdrücken. Einige haben auch herausgefunden, von den Rathausparteien suche das Zentrum zu sparen und es immer so einzurichten, daß dem Stadtsäckel durch die Lebensmittelverteuerung keine Ausgaben blieben die keine Deckung fänden; die Liberalen hätten überhaupt kein Herz und Verständnis für das Volk. Die allgemeine Stimmung ist sehr erbittert. Wer daran zweifelt, unterrichte sich nur in den mittleren und besonders in den untern Volksschichten. Es muß viel mehr geschehen, wie bisher, die Stadt muß in viel größerem Umfang eingreifen, wenn der Unmut, der ganz besonders in Hausfrauenkreisen herrscht, auch nur einigermaßen beschwichtigt werden soll. Ist es ein Verbrechen, wenn die Stadt Tausende hingibt, der Not zu steuern? Andere Städte opfern Hunderttausende. Nur Bonn hält sich ängstlich zurück. Das muß anders werden. Die Preise für die unentbehrlichsten Lebensmittel müssen auch für die minderbemittelte Bevölkerung erschwinglich bleiben, dürfen hier jedenfalls nicht höher sein, als anderswo. Die hier angeblich herrschende größere Wohlhabenheit ist eine Täuschung, die maßgebende Stellen nicht aufrecht erhalten sollten. Die minderbemittelte und ganz besonders die ärmere Bevölkerung empfindet die Not der Zeit hier selbstverständlich ärger, als an den Plätzen, wo die Preise niedriger sind. Die höheren Lebensmittelpreise hätten hier nur Sinn, wenn das Durchschnittseinkommen höher wäre, als anderswo. Aber hier ist es wieder bei der mittleren und ärmeren Bevölkerung meist geringer, was durch Nachfrage jederzeit festgestellt werden kann. Es muß also unbedingt etwas geschehen, um besonders jetzt, vor dem Winter, Notstände zu verhüten, die nachgerade mehr wie bedenklich werden könnten. Urban.

(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)