Donnerstag, 5. August 1915

   

Der Bonner Wehrbund unternahm am vergangenen Samstag eine Nachtübung. Die eine Partei hatte den Schützenhof am Tannenbusch zu besetzen und in der Richtung auf Bonn zu sichern, die andere die ihr nicht näher bekannte Stellung des Gegners zu erkunden und ihn womöglich zu vertreiben. Die Aufgabe bot ausgiebig Gelegenheit, Melde- und Patruillendienst, Gewandtheit in der Benutzung des Geländes und die Kunst des Anschleichens zu üben. Ihre Durchführung bewies, daß die Jungmannschaft in diesen Fertigkeiten erfreuliche Fortschritte gemacht hat, so viel ihr auch gerade auf diesem für sie besonders wichtigen Gebiete noch zu lernen bleibt.

Ueber 100 Verwundete aus Kölner Lazaretten besuchten gestern Bonn. Sie marschierten unter Vorantritt einer Kapelle nach der Casselsruhe, kehrten gestern abend zur Stadt zurück und fuhren nach einer kurzen Einkehr in der Beethovenhalle nach Köln zurück.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 5. August 1915Höchstpreise für Petroleum. Auf die vielen Anfragen hin, die uns zugehen, weil zwischen Bundesratsverordnung und praktischer Handhabung derselben ein solch großer Gegensatz besteht, können wir unseren Lesern Folgendes mitteilen: Es waren, als vom Bundesrat der Höchstpreis für Petroleum festgesetzt wurde, so große Mengen zu einem viel höheren Preis eingekauft worden, daß der Bundesrat sich auf Ansuchen der Großhändler veranlaßt sah, die Inkrafttretung der Verordnung bis zum 1. September hinauszuschieben. Bis dahin ist also der Verkauf zu höheren Preisen als 34 Pfg. das Liter erlaubt. Mit dem 1. September wird wohl die Beschlagnahme des Petroleums erfolgen und eine Reichsverteilungsstelle eingerichtet werden; d.h. jeder der Petroleum benötigt, bekommt ein gewisses Quantum überwiesen, ähnlich, wie es mit dem Brot bereits gehandhabt wird.

Tödlich verunglückt. An dem Umbau der Märtyrer-Kapelle am Kloster der Ewigen Anbetung am Fuße des Kreuzberges in Endenich fiel gestern nachmittag das innere Gerüst des Turmes plötzlich herunter. Zwei auf dem Gerüst beschäftigte Arbeiter stürzten mit ab. Einer von ihnen, der Maurer Peter Schiffer aus Endenich, wurde von dem abgestürzten Gerüst vollständig bedeckt und war sofort tot. Der andere kam mit kleineren Verletzungen davon. Die Leiche des Verunglückten wurde in das Leichenhaus auf dem Endenicher Friedhof übergeführt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 5. August 1915Der Vaterländische Abend, der zu Erinnerung an den Jahrestag der Mobilmachung gestern abend im großen Festsaal des Bonner Bürger-Vereins stattfand, hatte eine überaus große Anzahl von Damen und Herren als Besucher. Die Ehrenplätze hatten die Spitzen der Behörden eingenommen. (...)
   Dann hielt der Rektor der Universität, Geheimrat Landsberg die Festrede, der wir folgende Gedanken entnehmen: (...) Vor einem Jahre habe England uns den Krieg erklärt, wodurch der Kontinentalkrieg zum Weltkrieg wurde. Jetzt, nach einem Jahre, wolle er versuchen, eine Jahresschlußrechnung aufzustellen. Was in militärischer Beziehung geleistet worden sei, stehe jedem lebendig vor der Seele: die eherne Defensive nach der Eroberung von Belgien und eines großen und wichtigen Stückes von Frankreich, die zerschmetternde Offensive gegen Rußland, die Abwehr aller Angriffe gegen die Dardanellen durch unsere türkischen Verbündeten und die Erfolge gegen Italien, das sich die mit dem Makel des Verrats behaftete Stirn umsonst am Grenzwalle der österreichisch-ungarischen Monarchie blutig renne. Daß der Krieg für uns gut steht, darüber ist wohl heute alle Welt einig. Was an edelster Volkskraft in diesem Jahre hingeopfert werden mußte, das muß für das Ganze sowohl wie jeder einzelne Verlust für jede einzelne Familie hingenommen werden. Die wirtschaftlichen Ergebnisse des Krieges seien gerade in Bonn durch Vorträge aller Art schon eingehend gewürdigt worden. Gewiß werde die Lebensführung den Wenigerbemittelten nicht leicht, von einer Hungersnot oder einer sonstigen verzweifelten Not könne aber keine Rede sein. Und das allein sei ein gewaltiger Erfolg, erkämpft von unserer Verwaltung, von unserer Organisation und von unseren Hausfrauen. (...)
   Endlich ist auch die Einsicht aller Stände und Berufsarten anders geworden gegenüber der Sozialdemokratie, die sich zu einer staatserhaltenden Partei größten Stils umzugestalten im Begriff steht. Daß man mit Bestimmtheit dieser Bewegung von staatlicher und bürgerlicher Seite entgegenzukommen sich anschickt, das dürfte auf diesem Gebiet die größte und wertvollste Kriegserrungenschaft sein.
   Die feste Siegeszuversicht und die feste Zuversicht in die segensreiche Gestaltung der Dinge nach dem Siege gehören unlösbar zusammen. Wir glauben alle gegenseitig wieder aneinander. Wir glauben an die Widerstandskraft und an die unerschöpfliche Fortentwicklungsfähigkeit unseres Vaterlandes, und darum erschrecken wir nicht vor einer Welt von Feinden. Ehrfurcht vor allem Großen, Hohen und Schönen, aber keine bloße Furcht vor allen äußeren Gefahren. (...)
   Der Redner forderte die Versammlung auf, das feierliche Gelöbnis der Treue zu Kaiser und Reich in einem dreifachen Hoch auf den Kaiser zu erneuern, in das die Anwesenden begeistert einstimmten.
   Nicht endenwollender Beifall zeigte dem Redner, wie sehr er aus aller Herzen gesprochen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)