Freitag, 18. Juni 1915

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 18. Juni 1915Der Guvernör der Festung Köln erläßt folgende Bekanntmachung: „Es ist vorgekommen, daß Herren in Privatkreisen und in nichtöffentlichen Versammlungen Vorträge über militärische Angelegenheiten gehalten haben, deren Bekanntwerden in der Oeffentlichkeit unverwünscht erscheint. Mit Rücksicht darauf, daß diese privaten Mitteilungen durch die Zuhörer in weiteren Kreisen und durch diese im Auslande bekannt werden können, ordne ich hiermit an, daß auch nichtöffentliche Vorträge militärischen Inhalts mir vorher entweder im Wortlaute oder dem Inhalte nach zur Genehmigung vorzulegen sind. Zuwiderhandlungen gefährden nicht nur die Sicherheit des Vaterlandes, sondern ziehen auch die gesetzlichen Strafen nach sich.“

Kriegskochausstellung. Der Ausschuß für hauswirtschaftliche Kriegshilfe und der Interkonfessionelle Hausfrauenbund veranstalten am 25. Juni eine Ausstellung von kriegsgemäßen Speisen und Ersatznahrungsmitteln. Vor allem sollen außer Kriegsbackwerk und fleischloser Kost Gelatinespeisen gezeigt werden, da die Verwendung von Gelatine als Nahrungsmittel hier im Rheinland noch wenig bekannt ist. Fisch-, Gemüse- und Fleischsülzen sollen neben einer großen Anzahl von süßen Speisen zeigen, wie groß die Verwendungsmöglichkeit der Gelatine im Haushalt ist. In Deutschland sind bedeutende Mediziner und Nahrungsmittel-Chemiker für die Verwendung der Gelatine als Nahrungsmittel eingetreten. Aber nur in Norddeutschland ist der Gebrauch wirklich eingebürgert. Die Ausstellung wird hoffentlich die Frauen überzeugen, daß sie eine neue, billige und nahrhafte Ergänzung in den Gelatinespeisen finden können, die in der jetzigen Zeit gewiß nicht zu unterschätzen ist. Herr Dr. Albrecht (Düsseldorf) wird einen kurzen Vortrag halten über „Die Stellung der Hausfrau in der deutschen Volkswirtschaft“.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 18. Juni 1915Der Bonner Lazarettzug K 1 hat seine elfte Fahrt ungewöhnlich schnell ausgeführt. Er fuhr am Dienstag abend vom Bonner Güterbahnhof ab, lud am Mittwoch nachmittag in Chauny 240 Verwundete aus den Kämpfen bei Moulin-sous-Touvent und brachte diese am Donnerstag nach Frankfurt am Main. Von dort wird er sofort über Bonn nach Chauny zurückfahren.
   An Liebesgaben sind sehr dringend erwünscht: Zigarren, Zigaretten, Rotwein, Karotten, Möhrchen, Erbsen, dicke Bohnen, Blumenkohl, Spitzkohl, Wirsing, Zitronen, Dauerwurst, Marmelade, (wenn möglich in Blechbüchsen).
   Den Bonner Marktfrauen gebührt besonderen Dank für die reichlichen Gaben an frischen Gemüsen, die Dienstag morgen in Empfang genommen und schon Mittwoch und Donnerstag den Verwundeten verabfolgt werden konnten. Außerdem wurden 6 große Körbe den Lazaretten in Chauny geschenkt.
   Alle Liebesgaben wolle man bis Freitag abend Bahnhofstraße Nr. 40 abliefern, damit sie von dem wahrscheinlich am Samstag vormittag durchfahrenden Zuge in Empfang genommen werden können.

Das Außerordentliche Kriegsgericht verhandelte gestern unter dem Vorsitz des Herrn Geheimrats Dourqué $ gegen einen Buchhändler aus Godesberg, wegen Uebertretung eines Verbots des kommandierenden Generals, daß auf Grund des Gesetzes über den Belagerungszustand erlassen ist und den Aushang von Zeitungen feindlicher Staaten verbietet. Er war der Tat geständig, behauptete jedoch, von dem Verbot nichts gewußt zu haben. Das Kriegsgericht verurteilte ihn zu der geringsten gesetzlich zulässigen Strafe von einem Tag Gefängnis. Der Vorsitzende legte dem Verurteilten nahe, ein Gnadengesuch einzureichen. (...)

Die Beschädigung unsre Getreidefelder läßt trotz aller Ermahnungen in der Presse nicht nach. Alt und Jung durchstöbert in geradezu schändlicher Weise die Felder auf der Suche nach Kornblumen und Klatschrosen. In einem Roggenfelde unterhalb Bonns trieben sich vorgestern eine ältere Dame und sechs oder sieben Kinder herum. Ein Eisenbahnbeamter ging hin, die Dame in anständiger Weise zur Rede zu stellen und auf das Verderbliche ihres Treibens aufmerksam zu machen. „Was geht das Sie an, Sie Bauernlümmel,“ antwortete die Dame. „Schade, daß ich eine Dame vor mir habe,“ sagte der Eisenbahnbeamte.

Eßt Kartoffeln, spart Brot! Es ist bekannt, daß wir glücklicherweise noch reichlich Kartoffeln haben. Es ist aber jetzt die Zeit, wo sie durch Auskeimen schwinden und durch Fäulnis verderben. Zwar werden mit allen verfügbaren Vorrichtungen Dauervorräte hergestellt; aber das genügt nicht; um nicht kostbare Nährwerte vergehen zu lassen, müssen jetzt viele Kartoffeln frisch verzehrt werden. Wenn wir zum Abendessen Kartoffeln kochen, sparen wir an Brot, also an Getreide; dieses aber ist haltbar und wird eine wertvolle Reserve für den Winter.
   Kocht viel Kartoffeln und ein wenig fettes Fleisch mit jungen Gemüsen (z.B. Spinat, Kohlrabi, Wirsingkohl, Möhren, Gurken) zusammen, die dadurch großen Nährwert erlangen, kocht Kartoffeln mit frischem Seefisch, Klippfisch, Salzfisch oder Salzhering. Eßt Kartoffelklöße mit Fruchtbeiguß (Pflaumenmus, Rhabarber, Stachelbeeren) oder kalt in Buttermilch, bereitet Kartoffelsalat, saure Kartoffeln mit brauner Tunke, mit Senf-, Meerettich-, Dill- oder anderen Kräutertunken.
   Man kann Kartoffeln zu sehr vielen schmackhaften, nahrhaften und billigen Gerichten verwenden, auch wenn man an Fleisch und Fett spart. Sie brauchen also nicht zu verderben.

Hohe Schweinepreise. Auf dem gestrigen Schlachtviehmarkt wurden die Schweine mit 130 – 160 Mark für 100 Pfund Schlachtgewicht bezahlt, ein Preis, der bisher noch nicht dagewesen ist.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  
Die Lokalabteilung Bonn des Landwirtschaftlichen Vereins für Rheinpreußen
hielt am Mittwoch im Gasthof zum Goldenen Stern eine Versammlung ab, in der die Besucher einen Vortrag des Winterschuldirektors Dr. Ulrich über „Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des landwirtschaftlichen Betriebes in der Kriegszeit“ entgegennahmen. Den Frauen und Männern vom Lande, die bei dem herrschenden Arbeitermangel tüchtig eingreifen mußten, gebühre Anerkennung. Im Verlaufe seiner Ausführungen gab der Vortragende den anwesenden Landwirten manche praktische Winke zum Ersatz des Ausfalles an Düng- und Futtermitteln.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)