Mittwoch, 7. April 1915

  

Solingen. Das Generalkommando des 7. Armeekorps hat das Erscheinen der Bergischen Arbeiterstimme in Solingen, der Remscheider Arbeiterzeitung in Remscheid und der Arbeiterzeitung in Essen für drei Tage verboten. Die Veranlassung dieses Verbots ist der Abdruck eines Bernsteinschen Artikels aus der Leipziger Volkszeitung, der die Abstimmung im Reichstag betraf.

 (Bonner Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz“)

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 7. April 1915Einschulung der Schulneulinge. Mit Rücksicht auf die vielen durch den Krieg eingezogenen Lehrer und der dadurch hervorgerufene starke Lehrermangel hat die Königl. Regierung zu Köln unterm 20. März die Genehmigung dazu erteilt, daß auf begründeten Antrag die Einschulung der Schulneulinge in diesem Jahre bis auf weiteres hinausgeschoben werde. Wie bereits von uns mitgeteilt, hatte die städtische Schuldeputation beschlossen, die Genehmigung zur Aufnahme eines Teiles unserer Schulneulinge zu Beginn des neuen Schuljahres nachzusuchen, nämlich der Knaben und Mädchen, welche vor dem 1. April d. Js. das sechste Lebensjahr vollenden. In unsrer Nachbarstadt Köln ist der Lehrermangel entsprechend der Größe der Stadt noch weit bedeutender, indem von den rund 860 dort amtierenden Lehrern 350 bereits zu den Fahnen einberufen sind und 100 die Einberufung noch zu erwarten haben. Infolgedessen mußte dort der Unterricht erheblichen Veränderungen unterworfen und der Antrag erwogen werden, von einer Einschulung zurzeit überhaupt völlig abzusehen. Die Königl. Regierung sieht entsprechenden baldigen Anträgen der Schuldeputationen und Schulvorstände entgegen, um dadurch die Entscheidung der einzelnen Fälle über die diesjährige Einschulung der Schulneulinge zu treffen.

Zur Frühjahrsbestellung mit Rücksicht auf die Nahrungs- und Futterversorgung macht der Minister für Landwirtschaft, Freiherr von Schorlemer, darauf aufmerksam, daß der Vorrat an Kartoffeln für die Saat und die Ernährung ausreiche, wenn jeder einzelne Verbraucher die äußerste Sparsamkeit walten lasse. Sparen könne man in erster Linie bei der Saat. Namentlich das Auslegen von Kartoffeln auf gänzlich unfruchtbare, ungedüngte und verqueckte Böden müsse unter den heutigen Zeitverhältnissen als Verschwendung schlimmster Art gekennzeichnet werden und sollte unterbleiben. Park- und Rasenflächen könne man als Gemüseland benutzen und auf ihnen Kohlrüben und Möhren ziehen. Saatkartoffeln könnten ferner noch gespart werden in den Brennereiwirtschaften. Unter keinen Umständen dürften mehr Kartoffeln ausgesät werden als zu Erzielung einer befriedigenden Ernte unbedingt erforderlich seien. (...)

Anzeige im General-Anzeiger vom 7. April 1915Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 7. April 1915Im Hausgarten haben die warmen Regentage Wundergewirkt. Bei dem kalten Ostwinde wagten sich nur zögernd in geschützten Lagen einzelne Aprikosen- und Pfirsichblüten zu öffnen. Jetzt sind die lange auf Feuchtigkeit wartenden Sämereien gerettet. Auch für alle die teuren Frühkartoffeln, die in der letzten Zeit dem Schoße der Erde anvertraut wurden, war der Regen wichtig. Die Wiesen zeigen an sonnigen Stellungen ihr saftiges Grün, das bald neues Futter verspricht u. Milch u. Butter vermehrt. Im Walde haben Birke u. Lerche mit frischem Grün den Anfang gemacht. Der plötzl. Einzug des Frühlings zeigt sich im Walde am wirkungsvollsten. Spötter- und Drosselarten feiern seinen Einzug durch ihren fleißigen weithinschallenden Gesang. Von der Spitze der Fichte oder Kiefer gibt die Schwarzdrossel dem Frühlingsabend eine besondere Note.

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 7. April 1915Ferien und Schulurlaub für ältere Schulkinder. Nach einem neuen Erlaß des preußischen Unterrichtsministers vom 5. März d. Js. sind die Königl. Regierungen ermächtigt, durch die ihnen unterstellten Behörden den einzelnen Gemeinden, wo wegen Mangels an Arbeitskräften Schwierigkeiten entstehen, in weitgehender Weise entgegenzukommen. Namentlich soll für die Verteilung der Ferien auf die geeigneten Sommer- und Herbstzeiten hinsichtlich der örtlichen und wirtschaftlichen Bedürfnisse der Bevölkerung sorgsam Rücksicht genommen werden. Auch soll darüber hinaus für die Dauer des Krieges die Königl. Regierung befugt sein, den älteren Schulkindern im Bedürfnisfalle für Gartenbestellung, land- und forstwirtschaftlichen Arbeiten und dgl. Unter entsprechender Anwendung früherer ministerieller Erlasse vom Juli und August 1914 den erforderlichen Urlaub zu gewähren. – durch diese dankenswerten Erlasse ist die ordnungsmäßige und rechtzeitige Durchführung der landwirtschaftlichen Arbeiten in der nun beginnenden Bestellungs- und späteren Ernteperiode der für die Landwirtschaft so ungemein schweren und ernsten Zeit sehr erleichtert.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Godesberg, 6. April. Die Kriegshilfe hat beschlossen, mit Rücksicht auf den Krieg die Suppenküchen in Godesberg, Friesdorf und Mehlem vorläufig weiterzuführen. Von heute ab sind jedoch für die Portion 5 Pfg. zu entrichten. Anmeldungen sind am 16. und 17. April, vormittags und nachmittags bei der Zentralstelle der Kriegshilfe in der Rheinallee zu machen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und fern“)

  

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 7. April 191512 Uhr Polizeistunde. Der Gouverneur der Festung Köln erläßt folgende Bekanntmachung:
„Für den gesamten Befehlsbereich der Festung Köln bestimme ich hiermit, daß in Gast- und Schankwirtschaften der Gewerbebetrieb nur von 6 Uhr morgens bis 12 Uhr nachts ausgeübt werden darf mit der Maßgabe, daß in den Gemeinde, für welche bisher eine frühere Polizeistunde in Kraft war, diese auf 11 Uhr abends beschränkt bleibt.
   Vorstehende Bestimmung findet keine Anwendung auf Gasthofswirte gegenüber ihren Wohngästen und Bahnhofswirte gegenüber den Eisenbahnreisenden.
   Für Speisewirtschaften wird die Polizeistunde allgemein auf 11 Uhr abends festgesetzt.
   Eine Ausdehnung auf Grund besonderer Veranlassung in einzelnen Fällen bedarf meiner Genehmigung. Die Befugnis der Polizeibehörden, eine Herabsetzung der Polizeistunde anzuordnen, bleibt unberührt.
   Im Falle der Zuwiderhandlung wird unabhängig von der gesetzlichen Strafe die Schließung solcher Wirtschaften, deren Inhaber das Verweilen der Gäste über die Polizeistunde geduldet haben, auf Zeit oder für die Dauer des Kriegszustandes verfügt werden.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

  

Im Varietee-Theater „Sonne“ wird zurzeit ein Programm geboten, das sowohl an Reichhaltigkeit wie an Güte manchem Großstadt- Varietee nicht nachsteht. Außer dem bunten Teil, dem der Bonner Universalkünstler Kraus-Segommer das Gepräge gibt, bietet das Programm einen Einakter „Der Brandstifter“, dessen Inhalt ein packendes Verhör vor dem Untersuchungsrichter ausmacht. Die sieben verschiedenen Zeugenrollen werden dargestellt von einem einzigen Schauspieler Herrn Michael Pichon, z.Z. Oberregisseur am Elberfelder Stadttheater. Mit einer Kunst der Gestaltungskraft, die ihresgleichen sucht, weiß Herr Pichon eine jede der sieben Personen lebenswahr zu charakterisieren. Nicht nur in der äußeren Erscheinung, sondern auch in der Sprache , die bald in unheimlichem Flüsterton, bald in gellendem Aufschrei von höchster dramatischer Wucht erklingt. Allein dieser Glanzleistung halber, die eigentlich sieben tüchtige Schauspieler erfordert, verlohnt es sich, eine Vorstellung in der „Sonne“ zu besuchen.

(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)