Sonntag, 24. Januar 1915  

 Anzeige in der Reichs-Zeitung vom 24. Januar 1915

Vaterländische Feier.
Zu einer dem Ernst der Zeit angemessenen, würdigen Ehrung unseres Kaisers und Königs, auch an diesem 27. Januar, haben sich, von demselben, patriotischen Empfinden geleitet, der Alldeutsche Verband, der Männer-Gesangverein Concordia, der Flottenverein, die Deutsche Kolonialgesellschaft, der Deutsche Sprachverein, der Deutsche Wehrverein und die vereinigten evangelischen Bürgervereine Bonns zusammengefunden. Die Feier findet Mittwoch abends 8 Uhr in den oberen Festsälen der Lese- und Erholungsgesellschaft statt. Den Kaiserspruch wird Herr Pastor Kremers sprechen, die Festrede, unter dem Thema: „Der Krieg und der deutsche Kaisergedanke“ wird Herr Dr. Rosenmund halten. Der Männer-Gesangverein Concordia wird unter der Leitung des Herrn Prof. Grüters die Feier durch Gesangvorträge verschönen.

Im Viktoria-Theater, in dem verwundete Krieger jeden Montag von 4-7 Uhr freien Eintritt haben, wird heute und morgen ein besonders hervorragendes Programm gegeben, u.a. der fesselnde Wildwest-Film In der elften Stunde.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 24. Januar 1915Ausstellung von Aquarellen, Zeichnungen und Radierungen rheinischer Künstler im Obernier-Museum. Die Bemerkung, daß es sich rheinische Künstler handelt, ist, was den Umfang und die Beteiligung an der Ausstellung anlangt, zum mindesten gewagt. – Das Tasten, Suchen nach neuer Ausdrucksform und neuen Ausdrucksmöglichkeiten ist typisch in unserem heutigen Kunstleben. Auch in dieser kleinen, wenn auch wahllos zusammengestellten Ausstellung spürt man den Gärungsprozeß nach Wahrheit, wenn auch naturgemäß die Ausdrucksmittel der Schwarz-weißkunst verschieden behandelt werden. In der Technik am reifsten erscheint P. Prött, der Kölner Ansichten bringt, die sich zum Teil zu monumentalem Stil erheben. Das gilt vor allem von der Ansicht des Vorplatzes des Domes mit dem Straßenverkehr und der gewaltigen Masse des Domes als Abschluß. Isselmann fällt durch eine Ansicht von Rees angenehm auf, die bei sparsamem Strich ausgezeichnet in Fläche und Perspektive wirkt. Die Kriegsbilder Grünefelds sind nicht besser und schlechter, als man sie sonst zu schauen bekommt. Man sieht, wie schwer es ist, die Schrecknisse des Krieges nicht nur illustrationsmäßig darzustellen. Nauen erfreut durch den Rhythmus der Bewegung. Das Streben von Seehaus nach Verinnerlichung und Klarheit wird (namentlich wenn man seine letzten Arbeiten betrachtet) immer mehr ersichtlich. Daraufhin schaue man den „Laubengang“ und den „Ausschnitt eines Cafés“ an. Anzeige im General-Anzeiger vom 24. Januar 1915Menses Holzschnitte sind technisch hervorragend, von der Zeichnung kann man das nicht immer sagen.

Eine alte Taschendiebin stand am Samstag vor der Strafkammer. Es handelte sich um eine 40jährige Frau, die sich von ihren Mädchenjahren an als Taschendiebin „bewährt“ hat und trotz Strafe auf Strafe (über achtmal ist sie im Zuchthaus gewesen) nicht zu bessern ist. Kürzlich wurde sie wiederum wegen Taschendiebstahls mit einer Zuchthausstrafe bedacht. Sie trat die Strafe an, wurde aber beurlaubt, weil ihr Mann ins Feld mußte. Kaum frei, übte sie wieder ihr altes Gewerbe aus und zwar erleichterte sie einige Frauen auf dem hiesigen Wochenmarkt um ihre Geldbörse. Das Gericht hielt die Angeklagte trotz ihres Leugnens für überführt und erkannte auf eine Zuchthausstrafe von zwei Jahren und fünf Jahren Ehrverlust. Bei der Urteilsbegründung simulierte die Angeklagte einen epileptischen Anfall, der sich aber bald legte.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 Anzeige in der Reichs-Zeitung vom 24. Januar 1915

Ein Rekrut vom Ers.-Bat. Nr. 69 war am 10. November zum Zwecke einer Eheschließung (Kriegstrauung) für zwei Tage nach Bonn beurlaubt worden. Statt nach abgelaufenem Urlaub sofort zu seiner Truppe zurückzukehren, trieb er sich noch annähernd vier Wochen am Rheine herum. Schließlich wurde er von der Polizei aufgegriffen und nach Trier gebracht. Das Urteil des Trierer Kriegsgerichts lautete auf eine Gefängnisstrafe von zwei Monaten unter Anrechnung der erlittenen Untersuchungshaft. Das Gericht nahm zugunsten des Angeklagten an, ihm sei damals nicht bewußt gewesen, daß die Rheinprovinz sich im Kriegszustand befindet. Andernfalls wäre Gefängnisstrafe nicht unter 6 Monaten erkannt worden.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)