Dienstag, 21. März 1916

   

Klagen über Brotmangel sind in letzter Zeit laut geworden. Es wird erneut darauf hingewiesen, daß sich Franziskanerstraße 8a eine städtische Brotabgabestelle befindet, in welcher vormittags von 9 bis 12 und nachmittags von 3 bis 6 Uhr Brot verkauft wird. Neuerdings ist angeordnet worden, daß auch sonntags von 11½ bis 1 Uhr Brot abgegeben wird.

Sanitätshundmeldestelle. Dem Sanitätshundeführer Unteroffizier Petry, Kulturtechniker aus Bonn, wurde das Friedrich-August-Kreuz zweiter Klasse verliehen. Der Führer Robert Flaccus, Stadtlandmesser aus Bonn, ist zum Gefreiten ernannt worden.

Das Offiziers-Seitengewehr. Wie das Armeeverordnungsblatt mitteilt, wird der Degen (Säbel, Palasch) künftig von den Offizieren, Sanitätsoffizieren, Veterinäroffizieren und Beamten der Heeresverwaltung außerhalb des feldgrauen Mantels getragen werden. Hierzu wird je nach der Körperform entweder oben im hinteren Teil der linken Tasche des Mantels ein wagerechter oder hinter der Tasche ein senkrechter, etwa 8 Zentimeter langer Schlitz angebracht, der das Durchziehen des Koppeltrageriemens ermöglicht. Diese Bestimmung findet auf ehemalige Unteroffiziere mit der Erlaubnis zum Tragen der Uniform und die mit einem kurzen Seitengewehr ausgestatteten Unterbeamten sinngemäß Anwendung.

Der Frühling, der sich schon seit einer Reihe von Tagen in wohltuender Weise bemerkbar macht, hat gestern auch kalendermäßig seinen Einzug gehalten.
  
Der erste Frühlingstag brachte am Abend ein Gewitter mit starken Entladungen und durchdringendem Regen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Anzeige im General-Anzeiger vom 21. März 1916Masuren und die Schlacht bei Tannenberg. Ein Ostpreuße sprach gestern abend für sein Heimatland. Liebliche Bilder warf er in Fülle auf die Leinwand, eines schöner und freundlicher wie das andere und begeisterte Worte machten die Bilder wahr. Ja, Masuren ist ein einzigartiges, ein schönes Stückchen Erde, das verstand gestern abend Maler Haß wahr zu machen. Das Land liegt da in unberührter Schönheit, ein Land der Seen, ein Land der Wälder, ein Land der reinsten Gothik, in seinen stattlichen Kirchen, seinen monumentalen Burgen und Schlössern. Reich an Geschichte, reich an Naturschönheiten ist Masuren. Besonders der östliche Teil. Sand bedeckt das westliche Masuren, öde, heideartiger wird die Natur, Sümpfe legen sich neben die Seen, um sie; sie werden zu Bruch und Moor, wo das Wort galt und gilt: „Geh nicht über eine Wiese.“ Menschen versinken hier auf Nimmerwiedersehen. Hier schlug Hindenburg in den letzten Tagen des August 1914 die Russen in der Schlacht bei Tannenberg. Und hier wurde der ostpreußische Maler zum gewaltigen Schlachtenschilderer.
  
Die russische Narew-Armee kam aus Posen und bedrohte Königsberg. Bei Wehlau im Osten standen sie 40 Kilometer vor der alten Königsstadt; im Süden zerstörten sie 12 Kilometer vor der Stadt noch Dörfer. Königsberg war auf das äußerste bedroht. Da zog der Feldmarschall in Nordwest einen Riegel durch Landwehr-Truppen. Gewaltige Märsche führten Truppen über Allenstein nach Osten und Südosten in die Flanke der Russen. Der Süd- und Südwestflügel aber wurden von Truppen gebildet, die 200 Kilom. weit aus der Gegend von Wehlau kamen. 125 Züge wurden in Zehnminutenfolge mit 60 Kilometer Geschwindigkeit, jeder Zug belastet mit 55 Wagen, in einem Tage und einer Nacht herangebracht. Diese Truppen schlossen im Süden die Zange und die Russen waren eingekesselt. Tausende kamen in den Sümpfen um; schrecklich waren die Angstrufe der langsam und rettungslos im Moor absinkenden Russen. Der geniale Heerführer hatte im Bunde mit den Sümpfen die Feinde geschlagen. Einige Wochen später vernichtete er sie gänzlich in der Schlacht an den masurischen Seen und warf die aus Ostpreußen.

Das Bonner Pfadfinder-Korps konnte am Sonntag nach Jahresfrist seinen Gau- und stellevertretenden Landesfeldmeister, Herrn Oberstabsarzt Dr. Brunzlow, der zur Zeit seinen Urlaub hier verbringt, in seiner Mitte begrüßen. Es fand ein Geländespiel in der Gegend von Geislar statt, das sehr gut verlief. In Vilich wurde ein Unterführer der Radfahrer von einem jungen Menschen mit einem Stein dermaßen an den Hinterkopf geworfen, daß er fast besinnungslos vom Rade stürzte. Der Oberfeldmeister stellte den Täter und die Zeugen fest und meldete die Angelegenheit der Polizei.

Die Gemeinnützige Schreibstube für stellenlose Kaufleute ist durch den Krieg gleichfalls in Mitleidenschaft gezogen worden. Sie kann Stellenlose künftig nur beschäftigen, wenn Kaufleute und Private sich ihrer auch bedienen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 21. März 1916Die Sicherheit der deutschen Kriegsanleihen. Aengstlichen Gemütern kann man nicht oft genug erklären, daß in die unbedingte Sicherheit des in Kriegsanleihe angelegten Geldes nicht der kleinste Zweifel zu setzen ist. Aber wie es immer noch Leute gibt, die sich keinen rechten Begriff von der Bedeutung unserer militärischen Erfolge machen können, so werden auch die anderen nicht alle, die immer wieder wissen wollen, ob es denn tatsächlich ganz unmöglich ist, daß den Reichsanleihen etwas passieren kann. Ja, es ist tatsächlich ganz unmöglich. Und die Sicherheit ist um so größer, je bestimmter der Wille zum Sieg ausgedrückt wird. Daraus kann man ersehen, wie wichtig es ist, daß das Volk in seiner finanziellen Abwehr nicht erlahmt. Je bereitwilliger die Kriegskosten aufgebracht werden, desto sicherer ist der Sieg und die Zukunft des deutschen Vermögens. Mit Hilfe der ersten drei Kriegsanleihen hat sich das deutsche Volk die Gewißheit erkämpft, daß es nicht mehr besiegt werden kann. Nun muß als weiterer Kampfpreis der endgültige Sieg über den Feind errungen werden. Das ist ein Ziel, welches die Kosten lohnt, und zur Erreichung dieses Zieles trägt jeder Zeichner der vierten Kriegsanleihe das Seine bei. Man darf also sagen, daß die Sicherheit der deutschen Kriegsanleihen mit der Bereitschaft des Volkes zur Erfüllung der Zahlpflicht wächst. Sie ist ferner in dem Reichtum Deutschlands begründet. Der Wert des deutschen Volksvermögens ist auf 350.000 Millionen Mark berechnet worden; und das jährliche Gesamteinkommen beträgt etwa 40.000 Millionen. Die drei ersten Kriegsanleihen machen also mit ihren 25.000 Millionen erst den vierzehnten Teil des Volksvermögens, und der jährliche Zinsaufwand von 1250 Millionen macht erst den zweiunddreißigsten Teil des Gesamteinkommens aus. Ohne Zweifel stellt der Krieg Geldansprüche von einer Größe, wie sie nie zuvor erlebt wurde; aber er hat zugleich den Beweis erbracht, daß das Deutsche Reich imstande ist, diese außergewöhnlichen Bedingungen zu erfüllen. Es sind Opfer, die sich bezahlt machen; denn das deutsche Wirtschaftsleben besitzt, wie aus der Rentabilität des gewerblichen Kapitals zu ersehen ist, die Fähigkeit, aus jeder Lebensbedingung Kapital zu schlagen. Das Deutsche Reich aber wird die Zinsen seiner Anleihen auch unter den ungünstigsten Bedingungen zahlen. Diese Verpflichtung ist das erste Gebot, das beachtet werden muß, da von seiner Wahrung die Möglichkeit abhängt, an der Weltwirtschaft teilzunehmen. Und kein vernünftiger Mensch zweifelt wohl daran, daß Deutschland nach dem Kriege seine Stellung im Welthandel und Weltverkehr wieder einnehmen wird. Es gibt Dinge, die undenkbar sind; und dazu gehört die Vorstellung, daß eine Schuldverschreibung des Deutschen Reiches je in Not geraten könnte. Das Deutsche Reich ist in der Aufbringung des Geldes für die Kriegsführung nicht vom Ausland abhängig. Seine Anleihen werden zwar im neutralen Ausland gerne gekauft, weil sie eine hervorragend gute und hoch rentierende Kapitalanlage sind; die Beteiligung des Auslandes ist aber durchaus nicht nötig. Sie ist eine Zugabe, die man gern mitnimmt, auf die die Reichsfinanzverwaltung jedoch ebenso gut verzichten könnte. Wenn die Neutralen deutsche Reichsschuldverschreibungen kaufen, so tun sie dies lediglich um ihres eigenen Vorteils willen. Natürlich suchen sie dabei auch die für sie günstige Lage des Marktkurses auszunutzen. Daß die gegenwärtige Gestaltung der Geldkurse auf Zufallsursachen beruht und nicht das Mindeste mit der Frage der Sicherheit der deutschen Reichsanleihe zu tun hat, ist feststehend und bekannt. Man lasse sich deshalb nicht durch die absichtliche Entstellung des wahren Sachverhalts, wie sie von den Feinden geübt wird, um die deutschen Finanzkraft in Mißkredit zu bringen, in die Irre treiben. Die wirksamste Verteidigung der Reichsmark gegen die Lügen der Feinde wird ein möglichst großer Erfolg der vierten Kriegsanleihe bilden. Denke jeder daran, daß er den Engländern und Franzosen auf ihre Verleumdung der deutschen Geldbereitschaft die gebührende Antwort erteilen kann, indem er einen recht hohen Beitrag Kriegsanleihe zeichnet.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)