Donnerstag, 27. Juni 1918

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 27. Juni 1918Der Verein zur Bekämpfung der Tuberkulose hielt gestern nachmittag seine Hauptversammlung ab. Der Vorsitzende, Geheimrat Professor Krause, der seit Kriegsbeginn im Heeresdienste steht und zurzeit einen kurzen Urlaub in Bonn verlebt, gedachte mit herzlichen Worten des verstorbenen stellvertretenden Vorsitzenden Geheimrats Doutrelepont. […] Auch bei uns habe die Tuberkulose während des Krieges zweifellos zugenommen, ihre Bekämpfung sei durch den Krieg um viele Jahre zurückgeworfen worden. Geheimrat Krause empfahl, die Fürsorge des Vereins ganz besonders auch den wegen Tuberkulose aus dem Heeresdienst entlassenen Krieger und ihren Familien zuzuwenden und in der Tageserholungsstätte in Grau-Rheindorf ein Licht- und Luftbad einzurichten, weil mit der Licht- und Luftbehandlung ganz vorzügliche Heilerfolge zu erzielen seien. Der Schriftführer, Beigeordneter Dr. von Gartzen, bestätigte, daß die Tuberkulosesterblichkeit auch in Bonn zugenommen habe, vorwiegend unter den Kindern sowie den Frauen im Alter von 25 bis 30 Jahren. Die städtische Verwaltung habe in ihrem Pflegehause eine Infektionsabteilung und eine innere Station zur Unterbringung Tuberkulöser eingerichtet und zur Fürsorge für die Hauskranken noch mehrere Rote Kreuz-Schwestern angestellt. Auch aus Mitteln der Kriegswohlfahrtspflege sowie aus städtischen Mitteln würden die Kranken vorzugsweise mit Stärkungsmitteln, vor allem Milch, unterstützt. Die Tageserholungsstätte in Grau-Rheindorf werde am 1. Juli mit 32 Kranken wieder eröffnet, die Kranken würden ohne Anrechnung auf ihre Lebensmittelkarten den ganzen Tag gut und reichlich verpflegt werden. […] Geheimrat Krause regte an, die Fürsorgetätigkeit des Vereins auch auf den Mittelstand, der jetzt in weiten Kreisen große Not leide, auszudehnen. Die Versammlung war damit einverstanden. […]

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 27. Juni 1918Ueber die Erzversorgung Deutschlands sprach gestern abend im großen Hörsaale der Universität der Generaldirektor der Dillinger Werke in Lothringen, Herr Otto Weinling. […] Die Erfolge unserer Waffen hätten uns nun die reichen Erzgebiete von französisch Lothringen in die Hand gegeben und da lenkten sich die Blicke weitschauender Industrieller auf die Erzvorkommen von Briey und Longwy. Hier berge die Erde, was der deutschen Eisenindustrie nottue, vorzügliche Erze in unerschöpflicher Menge. Diese müßten Deutschland erschlossen werden und zwar durch Eingliederung von französisch Lothringen im kommenden Frieden an Deutschland. Nur so lasse sich die Weiterentwicklung unserer deutschen Eisen- und Stahlerzeugung für die Zukunft sichern. Da hiervon das Wohl und Wehe des Vaterlandes abhänge, dürfe es in dieser Frage keine Bedenken geben. Auf papierne Verträge sei kein Verlaß; nur der sichere Besitz der Eisenerzgebiete sie unsere Rettung. Redner, der im Auftrage der örtlichen Leitung der Deutschen Vaterlandspartei sprach, belegt seinen interessanten Vortrag durch zahlreiche Lichtbilder mit genauen statistischen Angaben.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  

Höchstpreis. An die Hausfrau, die sich nicht scheut! Es zeugt von Unkenntnis der Verhältnisse, wenn die Hausfrau für die Höchstpreis-Ueberschreitungen die hiesigen Händler verantwortlich machen will. Der Händler ist genötigt, wenn er sein Geschäft und seiner Familie Existenz nicht vernichten will, über Höchstpreis einzukaufen und zu verkaufen. Nicht der hiesige Händler treibt die Preise, sondern die Privat-Aufkäufer. Die Hausfrau gehe doch mal mit offenen Augen über Land, die Herrschaften mit ihren Dienstboten überlaufen die Dörfer, bieten und bezahlen auch dem Erzeuger Phantasiepreise, bringen Zucker, Tabak, Petroleum und sonstige Sachen mit. Auswärtige Händler kaufen auch zu sehr hohen Preisen ein, sodaß der Bonner Händler, wenn er etwas haben will, gezwungen ist, auch höhere Preise zu zahlen. Würde der Bonner dieses nicht tun, so würde nach Bonn überhaupt nichts kommen, sondern alles nach Auswärts abgeführt werden. Die Höchstpreise sind da und durchschnittlich reichlich hoch; das Obst aber fehlt. Die Obsternte ist durchweg schlecht, besonders aber in Kirschen, und ist dafür der Erzeugerpreis, wie man selbst von Nichtzüchtern, aber Fachleuten hört, zu niedrig und deckt kaum die Kosten des Pflückens. Es war früher, vor dem Kriege, üblich, daß die Preise durch Angebot und Nachfrage reguliert wurden. Wären keine Höchstpreise, so käme mehr Ware zu billigerem Preis, da dann die Konkurrenz eintritt und jeder Händler billig einkaufen will, um wieder billig zu verkaufen. Zum Schluß will ich noch bemerken, daß, wenn der Händler seine Waren vom Erzeuger zum Höchstpreise erhält, er auch zum Höchstpreise verkaufen kann und sich gut dabei steht. Haben doch die hiesigen Händler vor einiger Zeit selbst den Antrag gestellt, die Stadt möge alles erfassen und an die Kleinhändler zum Großhandelspreise zum weiteren Verkauf an die Verbraucher abgeben.
   Also liebe Hausfrau, nicht den Händlern, sondern den Erzeugern am Kittel kommen. Mehrere Händler.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

  

Sammler-Versicherung. Fast an allen Schulen wird jetzt Laubheu für das Heer gesammelt. Als die Schulkinder aus einem benachbarten Orte auch zu diesem Zwecke in den Kottenforst gezogen waren, hatten zwei Knapben, ehe es der die Aufsicht führende Lehrer hindern konnte, in fröhlichem Uebermute schnell einen Baum erklettert; aber bald fielen beide herunter, und einer brach bei dem Falle das Schlüsselbein. In Godesberg erhielt der Verletzte einen Notverband, und dann fand er gleich Aufnahme in einem Bonner Krankenhause, weil er als versichert galt. Es ist also gewiß gut, daß die Königl. Regierung für solche Fälle die Einrichtung getroffen hat, daß bei allen Kriegs-Sammlungen Kinder und aufsichtsführende Beamte gegen Unfall versichert sind.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)