Freitag, 26. April 1918

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 26. April 1918Die Kartoffeln für die nächsten vier Wochen können in der nächsten Woche auf einmal abgenommen werden. Wer sie auf einmal abnimmt, kann auf Warenmarke 54 noch weitere sieben Pfund Kartoffeln bekommen.

Sterilisierte Milch in 3/8-Liter-Flaschen wird zu 1,55 M. die Flasche wieder verkauft.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

    

Die Brikettbeförderung von Brühl nach Bonn mit Fuhrwerken, wofür amtliche Anweisungen nicht erforderlich sind, hat bereits eingesetzt. Für Fuhrwerksbesitzer beginnt damit eine gute Geschäftsgelegenheit. Wir hatten bei der Veröffentlichung der hierüber handelnden Mitteilungen der Ortskohlenstelle vorgeschlagen, man möchte den Fuhrpreis amtlich begrenzen, um eine Preistreiberei unter den Verbrauchern zu verhüten. Diese Festsetzung müßte natürlich sowohl für die Fuhrwerksbesitzer des Stadtkreises Bonn, wie der Landkreise Bonn und Köln Geltung erhalten, wenn die Fuhrlohnvorschriften nicht umgangen werden sollen.

Anzeige im General-Anzeiger vom 26. April 1918Fein in Kleidung. Wer auf der Straße seine Mitmenschen beobachtet, dem wird es auffallen, daß so viele Bürger, gleichviel ob Mann ob Frau, trotz aller Kleidernot noch so gut angezogen daherkommen. Nicht nur die Anzüge und Kleider der Damen sind in bester Verfassung, sondern auch das Schuhwerk ist meist noch elegant und läßt nichts von der jämmerlichen Lederknappheit merken, die uns demnächst alle zwingen soll, auf Holzsohlen zu laufen. Wohl ist unter diesen Gutgekleideten mancher, der seine Sachen in guter Ordnung zu halten weiß oder alte Stücke „wie neu ausgebessert“ trägt, in den meisten Fällen handelt es sich jedoch um jene Eigensüchtigen, die an sich selbst immer zuerst denken und die sich rechtzeitig versorgt haben. Wie es mit dieser „Versorgung“ getrieben worden ist, geht aus Mitteilungen hervor, die am letzten Dienstag in einer Kölner Schneiderinnenversammlung gemacht wurden. Es wurde berichtet, daß sich mancher Kriegsgewinnler zehn Anzüge machen ließ. Ein Schneidermeister führte aus, daß ihm kürzlich von einem Elternpaar elf Posten Stoffe vorgelegt wurden, um einen passenden Stoff für einen Anzug für den Sohn auszusuchen. Das sei aber kein Ausnahmefall, im Privatbesitz befänden sich große Läger Stoffe. Vor dem Bezugsscheinzwang kaufte sich eine hiesige Dame bei einer bekannten Firma von hier auf einmal nicht weniger als 15 Kostüme. Das sind die Leute, die immer noch tipp topp daherkommen, wenn andere ihre alten, verschlissenen Lumpen auftragen müssen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Universität. Bei der 1. Immatrikulation dieses Sommerhalbjahres begrüßte der Rektor, Geheimrat Marx, die erschienenen Studentinnen und Studenten mit einer Ansprache, in der er u. a. sagte: In der Friedenszeit pflegte der Rektor die Kommilitonen, im letzten Jahrzehnt auch die Kommilitoninnen zu ernster Arbeit zu ermahnen und vor Verstößen gegen die akademische Zucht zu warnen. Beides sei in dieser ernsten und großen Zeit nicht nötig. Die große Zeit spreche mit eherner Zunge, die Studierenden selbst wüßten diese Sprache dahin zu deuten, daß sie eifrig lernen müßten, um späteren Geschlechtern die Lehren der heutigen Zeit übermitteln zu können, einer Zeit von so weltgeschichtlicher Bedeutung, wie sie seit dem Verfall des Römerreiches und seit der Völkerwanderung nicht mehr dagewesen sei. Der Rektor mahnte die Studentinnen, an ihrem Teil dazu beizutragen, daß die Frau, wie jetzt überall im Wirtschafts- und Verkehrsleben, auch in der Wissenschaft jetzt „ihren Mann“ stehe. Er begrüßte vor allem die aus dem Feld zurückgekehrten Kommilitonen; sie, die unser Vaterland, vor allem unsere schöne Rheinprovinz und auch unsere Universität beschützt hätten, zu den akademischen Bürgern zu zählen, sei für Rektor und Senat eine ganz besondere Ehre.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)