Montag, 12. Februar 1917

      

Zur Kartoffelversorgung. In der laufenden Woche werden wieder 3 Pfund Kartoffeln an jede bezugsberechtigte Person abgegeben, Schwerarbeiter erhalten 7 Pfund.

Das Treibeis auf dem Rhein zieht dem Wasser gleich in ununterbrochenem Strome an unserer Stadt vorbei. Dabei ist die Masse des Eises und die Beschaffenheit der Schollen vielfach wechselnd; heute treiben mächtige Eisfelder dahin, die kaum noch die weiten Oeffnungen zwischen den Pfeilern der Brücke nehmen können, an anderen Tagen sind es wieder die kleinen Schollen, die durch das fortwährende Kreisen und die Reibung unter sich fast kreisrund geworden sind und die alle aus Mahleis einen Rand, gleich den Blättern der Viktoria regia in den Gewächshäusern des botanischen Gartens, tragen. Jetzt sammelt sich der Eisstrom am linken, dann am rechten Ufer; bald sind die Schollen gleichmäßig über die ganze Breite des Flusses verteilt. Einige Schollen sind erdschmutzig; sie verraten dadurch die Herkunft fast aller anderen. Es ist aufgetriebenes Grundeis, das einen Teil des Bodens mitgerissen hat. Eigentliches festes Scholleneis treibt noch gar nicht auf dem Strome; das kommt erst, wenn warmer Tauwind aus Süd die Nebenflüsse des Rheines und seine Nebenarme vom Eise befreit.
   Das treibende Eis hat uns interessante Bilder aus der Vogelwelt beschert. Die Enten sind wie zu Hause, auf und neben den Eisschollen zwischen hier und Beuel. Zu hunderten lassen sie sich zu Tal vom Eise tragen, aber nur bis zur Brücke, dann streichen sie ab, heben sich wenig über den Fluß, schießen mit weit vorgestrecktem Halse stromauf und fallen dort wieder auf das Wasser. Das treibt und fliegt und taucht in einem fort. Auch eine Anzahl Wasserhühnchen haben ihr Jagdgebiet jetzt in das Weichbild unserer Stadt verlegt. Kohlschwarz liegen sie hier, dort drüben zwischen dem weißen Eis auf dem Wasser; noch sah man deutlich die schwarzen Punkte; dann ist auf einmal das erste, zweite, dritte, sind alle verschwunden, wie weggeblasen. Dann taucht das erste, zweite – dritte zwischen den Schollen wieder auf, um bald wieder verschwunden zu sein. Selbst die Krähen verschmähen nicht eine Fahrt auf dem Eise; ernsthaft sitzen sie hier und da auf einer Scholle und lassen sich treiben. Der Möwen sind mehr innerhalb der Stadt geworden; in reizvollem Spiel gehen sie ihrer Nahrung an den Ausgangsstellen der Kanäle nach, deren Wasser und Abfallstoffe sich in schmutzigen Wolken zwischen die klare Flut mengen.
   Ein gefahrvolles Spiel treibt unsere Jugend auf dem Saumeis der Ufer, hier sowohl wie in Beuel. Gar zu leicht ist der brüchige Rand des Eises im Bahnschlagen erreicht und dann sitzt der junge Körper im kalten Strom zwischen den unbarmherzigen Eisschollen, aus denen in den seltensten Fällen eine Rettung noch möglich ist.

Die strenge Kälte, die seit nunmehr drei Wochen ununterbrochen geherrscht hat, scheint nun endlich einer wärmeren Witterung Platz machen zu wollen. Während wir noch in der vergangenen Woche bei schönstem Sonnenschein mehrfach als höchste Temperatur 3 Grad Kälte hatten, stieg die Temperatur am gestrigen Sonntag im Stadtgebiet auf 3 Grad Wärme. Auch die Nachttemperaturen sind erheblich gestiegen. Heute früh 6 Uhr hatten wir im Innern der Stadt „nur“ noch 5 Grad Kälte, während wir in der vergangenen Woche bekanntlich Nachttemperaturen von 10 bis 14 Grad unter Null verzeichnen konnten. Hoffen wir, daß der Kriegswinter 1916/17, der uns noch lange im Gedächtnis bleiben wird, nun endgültig seine Herrschaft verloren hat.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

       

Ein Rohrbruch ungewöhnlicher Art entstand Sonntag nachmittag am Kaiserplatz vor dem Bahnübergang. Das Wasser sprudelte mächtig in 2-3 Meter Breite am Bordstein hervor, während die Zementplatten des Schrittweges von dem Druck des Wassers gehoben wurden. Da die Kellerlöcher an diesen Häusern dicht an der Erde liegen, so ergoß sich das Wasser in Strömen in die Keller der beiden Häuser, so daß die Feuerwehr zur Hülfeleistung herbeigerufen werden mußte.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)