Mittwoch, 26. Juli 1916

      

Anzeige in derDeutschen Reichs-Zeitung vom 26. Juli 1916Das Schwein des kleinen Mannes ist nicht gefährdet, es unterliegt nicht der Beschlagnahme, wie ungeachtet aller Versicherungen von zuständiger Stelle in den Kreisen der Kleinviehhalter noch immer befürchtet wird. Daß dem Züchter das für seine Eigenversorgung bestimmte Schwein belassen wird, haben erst vor kurzem noch der preußische Minister des Inneren und die Minister für Handel und Gewerbe sowie für Landwirtschaft angeordnet. Es ist ausdrücklich bestimmt worden, daß die zur notwendigen Versorgung der Haushaltsangehörigen bestimmten Tiere dem Viehhalter zu belassen sind, daß sie ihm auch dann nicht zu nehmen sind, wenn es sich darum handelt, den Bedarf des Heeres, der Marine oder der Zivilbevölkerung zu decken. Die erwähnte Bestimmung des Erlasses lautet wörtlich, „daß im Falle der Enteignung der unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Versorgungsverhältnisse zur Erhaltung der Haushaltsangehörigen notwendige Bestand an Schweinen jedem Viehhalter zu belassen ist. Bei Bemessung der hiernach dem einzelnen Viehhalter zu belassenen Schweine wird davon auszugehen sein, daß dem Selbstversorger für jeden Wirtschaftsangehörigen eine Fleischmenge von bis zu 500 Gr. die Woche zugestanden werden müsse.“

Das Metropol-Theater bringt diese Woche die Filmtragödie in vier Abteilungen „Du sollst nicht richten“, das dreiaktige Drama „Der Peitschenhieb“ sowie die Lustspiele „Eine uhr-komische Geschichte“ und „Wie man seinen Mann kuriert“.

In den Bonner Lichtspielen wird in diesen Tagen als Stuart Webbs letztes Abenteuer das Detektivschauspiel „Der Amateur“ aufgeführt. Der Spielplan kündigt weiter an das dreiaktige Drama „Der dritte Akt“, das Lustspiel in drei Akten „Die sieben Frechdachse“ und andere kleine Filme.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Ein Schaffell, frisch abgezogen, wurde gestern morgen von einem Feldhüter auf einem Fruchtfeld unterhalb der Gronau gefunden. Der dazugehörige Hammel fehlte natürlich. Er scheint wohl in den falschen Kochtopf geraten zu sein. Der Eigentümer des Hammels konnte bisher nicht ermittelt werden; auch von dem Spitzbuben hat man noch keine Spur.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Die Lindensamen reifen bald heran, und das gibt uns Anlaß, darauf hinzuweisen, daß sie 58 Prozent fettes, feines Oel enthalten, also mehr als alle anderen deutschen Oelsamen. Es wäre zu wünschen, wenn allerwärts eingesammelt werden würden. Bei dem bedeutenden Anbau des Baumes in Deutschland könnte eine Masse Lindensamen zur Oelgewinnung herangebracht werden.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

    

Das städtische Bekleidungsamt wird in den nächsten Tagen auch in Tätigkeit treten; es ist untergebracht im Gebäude der Universität, deren nördlicher Teil damit vollständig vom städtischen Lebensmittel- und Bekleidungsamt belegt ist. Infolge der Rationierung der Web-, Wirk- und Strickwaren ist der Kauf von Bekleidungsstücken bekanntlich ab 1. August nur noch gegen Bezugsscheine möglich. Diese Bezugsscheine liegen in den betreffenden Geschäften aus, sie müssen vom Käufer entsprechend ausgefüllt werden und vom Bekleidungsamt abgestempelt werden, das über die Bedürfnisfrage vorher entscheidet. Natürlich wird hier keine hochnotpeinliche Untersuchung über das Bedürfnis angestellt, aber durch eine genaue Kartothek wird nach und nach eine sorgfältige Uebersicht über dem Bedarf jedes einzelnen geschaffen. Bekanntlich unterliegen ja auch die teureren Bekleidungstücke nicht dem Bezugschein.
  
Eine Kommission wir in Geschäften die Preise der Web-, Wirk- und Strickwaren daraufhin prüfen, ob diese nicht durch eine unberechtigte Preiserhöhung der Bezugscheinpflicht entzogen werden. [...]

„Der Streik der Bonner Ehrendamen“. Unter dieser Ueberschrift veröffentlicht die Rheinische Zeitung folgendes:
  
Am Samstag hat der Beigeordnete Piehl, der Leiter des städtischen Lebensmittelamtes, die Vertreter der Bonner Presse zu einer Besprechung eingeladen. Er kam auch auf die Kriegsküchen zu sprechen, wozu er unter anderem folgendes ausführte: Die vorgebrachten Klagen über die Art der Tätigkeit und Ungehörigkeiten einzelner ehrenamtlich wirkender Damen soll genau geprüft werden. Sofern die ehrenamtlichen Damen sich nicht bewähren, werden ausschließlich bezahlte Kräfte angestellt werden. Es ist das Bestreben der Stadtverwaltung, die Kriegsküchen mustergültig zu organisieren.“
   Jeder rechtlich denkende Mensch konnte sich über diese Worte, die eine Gewähr dafür geben sollen, daß die Kriegsküchen mustergültig organisiert werden sollten, nur freuen. Anders aber die Ehrendamen in der Kriegsküche in Poppelsdorf. Die Bonner Presse berichtete in den Sonntagsausgaben über die Besprechung und über die eventuelle Absicht der Beseitigung der Ehrendamen durch die Stadtverwaltung. Dieses schlug bei den in der Poppelsdorfer Kriegsküche tätigen Ehrendamen den Boden aus dem Faß. Im größten Andrang verließen sie den Schauplatz ihrer Tätigkeit und stellten mit seltener Einmütigkeit ihre Arbeit ein. Sie kümmerten sich nicht darum, wie der Koch und die Arbeiterfrauen mit der Ausgabe des Essens fertig werden konnten.

(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)