Montag, 26. Juni 1916

     

Der Kriegsausschuß für Konsumenten-Interessen hat gestern abend eine Sitzung abgehalten. Der Vorsitzende, Herr Falkenroth, teilte u. a. mit, daß das Generalkommando die Eingabe des Ausschusses gegen das Zurückhalten von Gemüse an den Gouverneur der Festung Köln zur weiteren Verfolgung weitergegeben hat. Bei der Besprechung der Milchversorgung wurde erwähnt, daß die Milchhändler demnächst den Preis weiter erhöhen wollten, obwohl in Bonn der Preis schon viel höher als in den meisten Großstädten sei. Professor Kamp wies Vorwürfe gegen die Deutsche Gesellschaft für gemeinnützigen Milchausschank zurück. Die Gesellschaft müsse selbst 34 Pfennig für das Liter bezahlen, sie benutze keineswegs die jetzigen hohen Preise, um Fehlbeträge früherer Jahre zu decken. Es wurde gewünscht, daß an gesunde Erwachsene keine Milch mehr abgegeben werden sollte, damit die Milch in erster Linie den kinderreichen Familien zugute kommen könnte. Der Arbeitsausschuß soll die Milchfrage weiter beraten und geeignete Anträge an die Stadtverwaltung richten. Bei der Besprechung der Gemüsefrage wurde mitgeteilt, daß in Alfter ein Händler Christian Weber aus Essen nicht nur große Mengen Gemüse und Obst aufkaufe, sondern auch schon Verträge auf Spätgemüse, Bohnen, Gurken usw. abschließe. Bemerkt wurde, daß die Kölner Gemüsemärkte infolge des Einschreitens des Gouverneurs wieder gut beschickt würden. Bei der Besprechung der Kartoffelversorgung nahm ein Herr aus Beuel die Verwaltungen in Schutz. Es fehle den Verwaltungen an nötiger Unterstützung durch freiwillige Helfer, trotzdem sei aber in Beuel alles geschehen, um die Kartoffelknappheit zu lindern. Haushaltungen mit größeren Kartoffelvorräten sollten andere Familien mit durchhelfen. Den Flaumachern, die das Volk nur aufhetzen, müßte kräftig entgegengetreten werden. Die Einführung der Massenspeisung in Bonn wurde vom Vorsitzenden als erfreuliche Tatsache begrüßt. Herr Falkenroth hob besonders hervor, daß sich eine Anzahl Frauen zur Mithilfe in den Kriegsküchen zur Verfügung gestellt haben. Stadtverordneter Görgen bat gegenüber einem Redner, der verschiedene Einzelheiten zur Kriegsküche tadelte, man möge der Stadtverwaltung das soziale Empfinden nicht absprechen und durch unberechtigte Klagen die Zahl der ehrenamtlichen Mitarbeiter nicht noch verringern. Ein Arbeitervertreter bemerkte, es habe in Arbeiterkreisen verschnupft, daß die Stadtverwaltung so lange die angebotene Mitarbeit der Arbeiter in maßgebenden Ausschüssen abgelehnt habe.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Vom Gemüse. Man schreibt uns: Die ungewöhnliche Höhe der Gemüsepreise und die dabei zutage tretende Knappheit an frischem Gemüse auf den Märkten unserer Stadt haben nicht geringe Erregung in der Bürgerschaft hervorgerufen. In der Hauptsache handelt es sich bis jetzt um Grüngemüse, und zwar um Savoien und Spitzkohl, um Wintergemüse, das im vorigen Herbst eng in die Felder ausgepflanzt wurde. Aus den bei dem milden Winter kräftig in die Blätter geschossenen Pflanzen wurden im Frühjahr schon große Mengen an Schnittgemüse verkauft, weil sehr hohe Preise bezahlt wurden. Der Rest wuchs zu geschlossenen Köpfen heran und diese, mehr oder weniger fest, kommen nun auf den Markt. Sie kommen seit Wochen schon auf den Markt, obschon von halbwegs festen Köpfen nicht die Rede sein konnte. Dies hatte dieselbe Wirkung auf den Gemüsestand und lebenden Vorrat, wie das vorzeitige Abschlachten der Schweine im ersten Kriegsjahr. Wie Fleischmangel – so nun auch Gemüsemangel. Von den losen Gemüseplauschköpfen braucht die Hausfrau zu einer Mahlzeit zwei Stück; ein fester Kopf genügt für zwei Mahlzeiten.
  
Das Verhalten des noch unentwickelten Gemüses auf den Feldern wäre demnach nur zu begrüßen; aber da kommt die Ausfuhr, zahlt Preise wie nie, auch für die halben Köpfe und der Züchter verkauft. In dieser Richtung hin konnten auch die Höchstpreise Segen stiften.
   Die Ausfuhrhändler zahlen die Richtpreise auch auf den Feldern und am Erzeugungsorte und nehmen dem Züchter die Mühen und Kosten des zum Markt fahren ab. Da braucht man sich nicht zu wundern, daß er ihnen sein Gemüse überlässt und daß unsere Märkte leer sind. [...]
   Hier wäre nun vielleicht in Zukunft ein Weg zu gehen, um zu erschwinglichen Preisen an Gemüse zu kommen. Unsere Hausfrauen müssen die Gemüsezüchter auf ihren Feldern aufsuchen und dort aus erster Hand zu kaufen versuchen. Dazu ist es ja noch ein schöner Spaziergang bis Endenich oder Grau-Rheindorf und manche nützliche Lehre brächte man obendrein mit heim. [...]
   Der Stand unserer Sommergewächse und Gemüse ist schön, wirklich schön: besonders der frühen Kartoffeln. Sie versprechen viel. Bitten wir noch um anhaltendes sommerliches Wachstum und Ausreife förderndes Wetter, und unsere Märkte werden sich wohl wieder füllen und mit der Fülle auch vielleicht erträglichere Preise bringen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Hilfsstelle zur Ermittlung von deutschen Kriegsgefangenen. Die nächste Aussprache von Angehörigen Gefangener und Vermisster findet Montag, den, 26. d. M., abends 8 Uhr, im Kronprinzenhof statt.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)