Samstag, 24. Juni 1916

    

In der gestrigen Stadtverordnetenversammlung gab Oberbürgermeister Spiritus einen ausführlichen Bericht über den gegenwärtigen Stand der Lebensmittelversorgung und über die Maßnahmen zur Ueberwindung der Schwierigkeiten vor allem in der Kartoffelversorgung. Eine dieser Maßnahmen ist auch die Einrichtung von Kriegsküchen, die von der Versammlung einstimmig beschlossen wurde. Die erste Küche soll nächsten Montag im Fuhrpark an der Ellerstraße eröffnet werden, weitere Küchen werden in der nächsten Zeit an der Sandkaule und in Poppelsdorf eröffnet, daneben bleiben die bisherigen Suppenküchen an der Maargasse und an der Engeltalstraße bestehen. Zwei fahrbare Küchen sollen die entfernteren Vororte versorgen. Es sollen Eintopfgerichte gekocht und das Liter zu 30 Pfg., das halbe Liter zu 15 Pfg. abgegeben werden. [...]

Der Mehlverkauf wird durch eine neue Bekanntmachung des Oberbürgermeisters verboten. Die allgemeine Brotzulage wird auf ¼ Brot festgesetzt.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Ein ehemaliger Feldgrauer, der vom Militär entlassen worden war, hatte sich einer Frau in Godesberg gegenüber erboten, ihrem im Felde befindlichen Mann, den er gut kenne, ein Paket mitzunehmen. Er erhielt ein Päckchen mit 18 Eiern, 3 Büchsen Sardinen und ein Messer. Wegen ähnlicher Schwindeleien war er schon früher bestraft worden. Er befindet sich augenblicklich zur Verbüßung einer Strafe von einem Jahr im Gefängnis. Die Strafkammer setzte gestern eine Zusatzstrafe von einem Jahr gegen den Schwindler fest.

Die Vaterländischen Wettkämpfe und Wettspiele, die in den Jahren vor dem Krieg und auch im vorigen Jahr noch abgehalten wurden, sollen diesmal in der durch den Ernst der Zeit gebotenen Form am 23. Juli, und zwar, da die Gronauwiese nicht frei ist, auf dem städtischen Spielplatz in der Cölnstraße stattfinden. In ihnen werden sich in erster Linie die verschiedenen Abteilungen des Bonner Wehrbundes beteiligen, dessen neue Fahne auch in Verbindung mit der Preisverleihung geweiht werden soll; wollen noch andere sportliche Vereine an ihnen teilnehmen, so haben sie sich baldigst bei Herrn Turninspektor Schröder, Coblenzerstr. 79 zu melden. Die Bedingungen für die Wettkämpfe sind mit Rücksicht auf die besonderen Zeitumstände vom Kriegsministerium vorgeschrieben worden; außerdem sollen Wettspiele wie Fuß- und Handball stattfinden. Die Uebungen beginnen um 9 Uhr morgens und werden um 4 Uhr nachmittags fortgesetzt. Alle Freunde der Ertüchtigung unserer Jugend werden schon jetzt zu ihrer Besichtigung eingeladen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Zum Wetter. In der Nacht vom 21. auf den 22. Juni war Sommeranfang. Programmmäßig hat sich dann auch die Witterung am 22. zum besseren gewendet und das kühle unwirsche Wetter einer ansehnlichen sommerlichen Hitze Platz gemacht. Ist dieselbe nun von Bestand, so gehen wir einem Erntejahr von solchem Reichtum an Frucht und Kartoffel, den uns am notwendigsten Lebensmitteln, entgegen, wie wir es wohl seit Menschengedenken nicht gehabt; denn im Felde steht Körnerfrucht und Kartoffeln in einer Ueppigkeit und Fülle, daß jedem Beschauer das Herz vor Freude lacht. Der 100jährige Kalender, dessen Wetterprognosen meistens eintreffen, sagt für den Juli große Hitze, abwechselnd mit Gewitter voraus, was sehr günstig für Feld und Flur wäre.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)