Montag, 29. Mai 1916

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 29. Mai 1916Der Anbau von Sonnenblumen und Mohn. Der Kriegsausschuß für Oele und Fette macht darauf aufmerksam, daß die Aussaatzeit für Sonnenblumen und Mohn bereits verstrichen ist. Weitere Bestellungen auf Saatgut sind deshalb zwecklos. Dank dem lebhaften Widerhall, den der Aufruf des Kriegsausschusses im ganzen deutschen Volke gefunden hat, sind die Bestellungen von Saatgut aus allen deutschen Gauen so zahlreich eingelaufen, daß bereits zu Beginn dieses Monats über das gesamte Sonnenblumensaatgut verfügt worden war. Die Ablieferung der Sonnenblumenernte regelt sich in einfacher und zweckmäßiger Weise wie folgt: Jede Station aller deutschen Eisenbahnverwaltungen nimmt Sonnenblumensamen gegen ein Entgelt von 40 Pfg. für das Kilogramm entgegen. Möge dem aufgewandten Eifer im Herbst durch eine reiche Ernte ein schöner Erfolg beschieden sein.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

       

Massenspeisung. Man schreibt uns: Gegen die Einführung der Massenspeisung erheben sich mancherlei Vorurteile. Die Vorteile der Massenspeisung sind so bedeutende, daß ihre Einführung, wie auch in einem Erlaß des Preußischen Ministeriums des Inneren betont wird, weiteste Verbreitung, besonders durch die Gemeinden, finden sollte. Der für Massenspeisung notwendige zentralisierte Einkauf gestaltet sich billiger und leichter. Er ist frei von dem Warten und Stehen vor den Läden, wird nur von Wenigen für Viele ausgeübt und erübrigt daher Kräfte für andere Verwendung. Er wirkt also kräftesparend und verbilligend. Die Ausnutzung der Nahrungsstoffe für die Ernährung ist bei der Herstellung im Großen viel ergiebiger, als bei der Einzelherstellung. Es kann gehaltreicher gekocht werden. Die Ernährungsweise wird besser, Unterernährung wird sicherer verhindert als in manchen Einzelhaushalten, in denen hierfür Anpassungsfähigkeit der Frau an bestehende Verhältnisse, weitgehende Kochkenntnisse und schließlich auch die geldlichen Vorbedingungen und die für das Kochen zur Verfügung stehende Zeit mitsprechend bleiben. Durch Massenspeisung allein ist es möglich, besonders den Minderbemittelten und den Aermeren die Wohltat behördlicher Unterstützung zuteil werden zu lassen. In dieser Möglichkeit, - vor dem Kriege Anzeige im General-Anzeiger vom 29. Mai 1916diente die Massenspeisung fast ausschließlich diesem Zweck – liegt auch in der Hauptsache das Vorurteil, das gegen ihre allgemeine Einführung geltend gemacht wird. Es fällt unter dem Zwang der Verhältnisse weg, denn die Notwendigkeit der sparsamen Verwendung von Nahrungsstoffen und der ökonomischen Einteilung und Verwendung der Arbeitskräfte ist so dringend, daß ihr gegenüber Bedenken solcher Art fallen müssen. Kleinlich wirkt demgegenüber das Hervorkehren eines Vorurteils, kleinlich die Annahme, das Familienleben könne leiden, und kleinlich das versteckte Gefühlsmoment gegen diese Einrichtung.

Ein großes Schaufenster wurde gestern abend an einem Herrenbekleidungsgeschäft Ecke Wenzelgasse und Brückstraße zertrümmert. Die Auslage mußte vollständig ausgeräumt werden. Der Vorfall hatte eine große Menschenmenge zur Folge.

Sonderzüge für Obst und Gemüse. Um eine schnelle und sichere Obst- und Gemüsebeförderung zu erzielen, sind auch in diesem Jahre mehrere Sonderzüge vorgesehen, die nur für diese Art der Beförderung bestimmt sind. Die Obstzüge, die eine besonders schnelle Fahrgeschwindigkeit besitzen, verkehren sowohl auf der linken als auch auf der rechten Rheinseite.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)