Montag, 27. Dezember 1915

    

Die beiden Weihnachtsfeiertage waren in der Hauptsache der Ruhe und Erholung gewidmet. Größere Spaziergänge konnten allerdings nicht unternommen werden, da nur der zweite Feiertag einigermaßen vom Wetter begünstigt war. Von auswärts war zu den Feiertagen viel Besuch gekommen. Eine große Anzahl von Urlaubern weilte in ihren Familien, und auch unseren Feldgrauen in den Lazaretten wurde durch Besuch aus der Heimat manche Weihnachtsfreude zuteil. In den Lazaretten selbst fanden am heiligen Abend, zum Teil auch am ersten Feiertag stimmungsvolle Weihnachtsfeiern statt, die mit ihrem Lichterglanz, ihren Bescherungen und ihren Weihnachtsliedern unseren verwundeten Feldgrauen so gut als es nur angehen konnte die heimatliche Weihnachtsfeier ersetzen sollten. Das Theater, in dem am ersten Feiertage Halbes Strom aufgeführt wurde, war stark besucht. Auch die Kinos waren, vor allem in den Abendstunden, überfüllt. Die Wirtschaften und Kaffeehäuser der Stadt waren nachmittags und abends ebenfalls gut besetzt.

Weihnachtsfeiern. Der Verein ehemaliger Ulanen für Bonn und Umgebung veranstaltete im Gasthof zur Post am ersten Weihnachtstage für seine Mitglieder und ihre Familien, besonders auch für die Familien der im Felde stehenden Mitglieder, eine Weihnachtsfeier, die bei Musikvorträgen, den gemeinsam gesungenen Weihnachtsliedern und Gedichtvorträgen der Kinder sehr schön verlief. Trotz seiner großen Ausgaben für Unterstützungen und Liebesgaben konnte der Verein auch diese Kriegsweihnachten noch die Kinder mit je einer Düte erfreuen. Der Vorsitzende, Herr Fink, eröffnete die Feier mit einem Kaiserhoch. Er betonte, daß auch am Ende des Jahres 1915 und zu Beginn des Jahres 1916 „Durchhalten“ noch immer unter allen Umständen die Losung sein müsse.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Das Weihnachtsfest war in diesem Jahre noch mehr als sonst eine Feier, die im engen Kreise der Familie begangen wurde. Noch enger als sonst schlossen sich am Feste der Menschenliebe die Herzen aneinander, und die lichterflammende grüne Waldestanne galt auch als das Sinnbild dafür, daß alles, was deutsch fühlt und deutsch denkt in unerschütterlicher, tief im Herzen wurzelnder Vaterlandsliebe in Not und Tod weiterhin zusammenhalten will, zusammenhalten will in Liebe und Treue für die große heilige Sache der deutschen Heimaterde, deutscher Gesittung und Kultur. Wer einen Blick warf in die Lazarette, in welchen die Verwundeten der Schlachtfelder ihrer Genesung entgegensehen, wo ärztliche Kunst und schwesterliche Pflege wirksam sind, dem wurde es warm ums Herz angesichts der gehobenen Stimmung, die selbst unter den Schwerstverwundeten lebendig ist. Auch draußen auf dem Soldatenfriedhof im Norden der Stadt, wo die Liebe auch um Weihnachten der Gräber der dort ruhenden heimgegangenen Krieger gedachte, pflanzte der weihnachtliche Glaube die unerschütterliche Hoffnung auf, daß das Band der Liebe, das unser gesamtes deutsches Volk umschließt, unseren Feinden ein Wall bleiben wird, den sie nicht zu durchdringen vermögen.
   Selbst an den friedvollen Tagen des Weihnachtsfestes hatten wir in unserem von dem geschäftlichen Treiben der Industrie weniger berührten Bonn im kleinen Ausschnitt ein Bild davon, daß es unseren Feinden nicht gelungen ist, unser deutsches Wirtschaftsleben zu zertrümmern. Draußen am Rhein lag eine mächtige Flottille von großen Schleppkähnen und Schleppern, die am ersten Festtage bestimmungsgemäß ihre Fahrt rheinaufwärts unterbrochen hatte, um hier zur Festrast vor Anker zu gehen. Lustig flatterte der Wimpel in den deutschen und Bundesfarben von den Masten dieser gewaltigen Transportschiffe, die vom Niederrhein aus ihren Weg rheinauf genommen hatten, um rheinauf genommen hatten, die vom Eisen- und Kohlengebiet kamen, um rheinaufwärts gelegene industrielle Unternehmungen mit Heizmaterial und Rohstoffen zu versorgen. Wer diese Bild blühenden Wirtschaftslebens bei einem stillen Spaziergang auf unserer schönen Rheinpromenade beobachtete, der wurde versöhnt mit dem furchtbaren Ernst der Zeit, und die Gedanken flogen hin zur West- und Ostfront, an unsere Küsten und nachdem Balkan, wo unser Volk in Waffen sein Leben in die Schanze schlägt für die Wohlfahrt unseres Vaterlandes, und allen Lieben da draußen, die das Weihnachtsfest im Schützengraben, im Unterstand oder auf hoher See begingen, ihnen galt am Feste der Liebe unser besonderes Gedenken.
   Wie stark das Gefühl der Dankbarkeit für alles das ist, was die Kämpfer da draußen für uns und unsere Sache erstritten haben, das zeigten die feierlichen Veranstaltungen, die in unseren Lazaretten und Krankenhäusern zur Ehre und Freude der Verwundeten abgehalten wurden.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Weihnachten. Die beiden Weihnachtsfeiertage wurden, da Weihnachten eben das Fest der Familien ist, in den einzelnen Familien in stiller Erbauung gefeiert, während man im äußeren Leben wenig davon merkte. Immerhin wurde das Fest des Friedens in Lazaretten und Vereinen auch durch besondere Feiern ausgezeichnet, worüber im einzelnen folgende Berichte vorliegen:
   Der Katholische Kinderhortverband Bonn veranstaltete im Vereinshause in der Josefstraße seine diesjährige Weihnachtsfeier. (...) Die Weihnachtsfeier für die Verwundeten des jetzt als Garnisonslazarett eingerichteten früheren Friedrich-Wilhelm-Stiftes fand am Mittwoch abend unter Beteiligung von zahlreichen Gästen statt. (...) Der Bonner Kriegerverein beging am 25. d. M. nachmittags 4 ½ Uhr seine Weihnachtsfeier im Vereinslokale. (...)
   Im Mutterhaus vom Roten Kreuz fand am Mittwoch den 22. Dezember die übliche Kinderbescherung statt. 18 Kriegerkindern beider Konfessionen aus dem Stadt und Landkreise Bonn wurde eine Weihnachtsfreude bereitet. (...)
  In der Beethovenhalle hatten die Schwestern für die Verwundeten zwei große Weihnachtsbäume geschmückt und ihnen mit Hilfe anderer Wohltäter einen Gabentisch gedeckt, der den ganzen Mittelgang der Halle einnahm und in geschmackvoller Anordnung für jeden einzelnen ein Festgeschenk aus Gebrauchsgegenständen, Obst, Süßigkeiten usw. aufwies. Nach einem Orgelvortrag und dem von den Schülerinnen des Klostermannschen Lyzeums gesungenen Liede Stille Macht nahm der Chefarzt, Herr Professor Schmidt, das Wort zu einer kurzen aber herzlichen Ansprache. Im weiteren Verlauf der stimmungsvollen Feier wechselten die von dem Schülerinnenchor gesungenen Weihnachtslieder mit Gedichtsvorträgen einzelner Schülerinnen ab, auch ein Violinensolo wurde sehr wirkungsvoll gespielt. Am Schluß wurden die Verwundeten von den Schwestern ihre Weihnachtsgeschenke überreicht.

Der Bonner Krieger-Verein beging am 25. d. M. nachmittags 4½ Uhr seine Weihnachtsfeier im Vereinslokale. Der Saal war von den Gästen vollständig gefüllt. Nach der Eröffnungs- und der Festrede wußten die Damen Fräulein Adam, Geschwister Stüßer, Knoschilgen, sowie mehrere Kameraden die Festteilnehmer durch der ansprechende Vorträge zu unterhalten, so daß die Zeit bis zum Schluß der schönen Feier gegen 9 Uhr viel zu schnell verging.

Aus Kunst und Leben. Der „Champagne-Kamerad“ ist eine neue Feldzeitung der 3. Armee betitelt, von der die erste Nummer erschienen ist; die Schriftleitung und Geschäftsstelle ist beim Armee-Oberkommando 3. Die Zeitung enthält eine Reihe guter Aufsätze und Gedichte, hübsche Abbildungen u. a. ein Bild des Generalobersten von Einem. Schilderungen kleiner und großer Erlebnisse aus dem Armeebereich und mancherlei Schnurren. Das dem Wohle des Soldaten gewidmete Unternehmen, von Soldaten geschrieben und herausgegeben, wird in den Schützengräben und auf den Etappenstationen freudige Aufnahme finden. Nicht minder auch für die Heimat, wo sich viele für diese eigene Soldatenpresse interessieren und sie gern unterstützen. Z.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)