Donnerstag, 23. Dezember 1915

    

An der Arndt-Eiche trug gestern nachmittag der Gesangchor der städtischen Realschule eine Reihe vaterländischer und Volkslieder frisch und begeistert vor, u. a. auch die von dem Leiter des Chors, Herrn Lehrer Rech vertonten Widmungsverse Rudolf Herzogs „Zu Bonn am Rhein“. Die Vorträge fanden bei den vielen Zuhörern, die sich, je länger je mehr eingefunden hatten, lebhaften Beifall. Rechtsanwalt Dr. Schumacher dankte im Namen des Arbeitsausschusses mit herzlichen Worten den jugendlichen Sängern und ihrem Leiter und brachte ein Kaiserhoch aus. Ein Quartaner trug sodann folgendes selbstverfaßtes Gedicht vor:

Zwei deutsche Worte,
Deutschlands Feinde seid gewarnt,
Noch lebt der Geist vom alten Arndt.
Er besang die Freiheit, treu und wahr,
Sein Sang tön’ fort noch manches Jahr!
Er wirkte und war an Geisteschätzen reich
O, lebte noch einer, der ihm gleich!
Der Deutsche schwört auf die Fahne Schwarz-Weiß-Rot
Ihr bleibt er treu bis in den Tod!
Und kehrt er heim im Siegesglanz,
So schmückt seinen Helm der Eichenkranz!
Fügt man zusammen die beiden Wort
„Arndt Eiche“ sei der Deutschen Hort!
Drum treib ich flugs den Nagel ein
Ihr andern – alle hinterdrein
Es soll ein eisern Kriegsmal sein!
W. Sprung.

Die ganze Sängerschar schlug Nägel in das Kriegsmal ein und regte mit ihrem guten Beispiel viele der Zuhörer und Zuschauer gleichfalls zum Nageln an.

Die Weihnachtsferien der Schulen beginnen am heutigen 23. Der Unterricht wird am 11. Januar wieder aufgenommen werden.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Anzeige im General-Anzeiger vom 23. Dezember 1915Zwei Frauenspersonen hatten einen Mann an das untere Rheinwerft unterhalb des Schänzchens gelockt und ihm dort seine Barschaft, etwas 20 Mark, gestohlen. Die Strafkammer verurteilte die beiden Frauenspersonen gestern zu erheblichen Gefängnisstrafen. Die eine, die schon einmal vorbestraft war, erhielt vier Monate, die andere drei Monate Gefängnis.

Wegen Vergehens gegen die Bundesrats-Verordnung über das Bäckereiwesen hatte sich ein Bäcker aus Bonn gestern vor der Strafkammer zu verantworten. Er hatte Kuchen gebacken und auf dem Markt verkauft, der mehr als 10 vom Hundert an Mehl enthielt. Das Urteil lautete gegen ihn, dem Antrage der Staatsanwaltschaft entsprechend, auf 30 Mark Geldstrafe.

Keine Neujahrsbriefe ins Feld senden. Zur glatten Abwicklung des wichtigen Nachrichtenverkehrs nach dem Felde während der Neujahrszeit ist es unbedingt erforderlich, daß der Austausch von Neujahrsglückwünschen zwischen Heimat und Heer mit der Feldpost unterbleibt. Das Publikum wird daher dringend gebeten, zum bevorstehenden Jahreswechsel von der Versendung solcher Glückwünsche an Angehörige, gute Freunde und Bekannte im Felde Abstand zu nehmen.

Der städtische Speckverkauf findet anstatt Samstag bereits morgen Freitag im Geschäftslokal Rathausgasse 27 statt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Zu einer stimmungsvollen Weihnachtsfeier hatte am Dienstag das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder, das zugleich eine Nebenstelle des Reserve-Lazaretts IV Bonn bildet, seine verwundeten Soldaten, viele befreundete Aerzte und Ehrengäste eingeladen. Damen des Heyermannschen Lehrerinnen-Seminars sangen unter der bewährten Leitung des Kgl. Musikdirektors Herrn Felix Krakamp allerliebste Weihnachtsliedchen. (...) Ein mächtiger Weihnachtsbaum erstrahlte im hellsten Licht der vielen kleinen Glühkerzen und dann kam ein ergreifendes inniges „Gebet der Kinder am Kripplein“, das in seiner Naivität ungemein echt klang. Die Schlußworte des Herrn Geheimrat Prof. Dr. Rumpf, des verdienstvollen Leiters des Krankenhauses, kamen aus dem tiefsten Herzen eines deutschen Mannes und verfehlten ihren Eindruck nicht. Während noch die ernsten Worte des Herrn Prof. Rumpfs schwer und sinnend in den Herzen nachklangen, ging wie ein versöhnendes Gebet das „Stille Nacht, heilige Nacht“ durch den Saal. – Das Christkindlein war unterdessen durch das Haus gegangen und hatte jedem Verwundeten seine Weihnachtsgabe auf das Bett gelegt: Süßigkeiten, ein gutes Buch und einen praktischen Gebrauchsgegenstand. Von jedem Kopfende aber winkten grüne, duftende Tannenzweige: Weihnacht in einem deutschen Lazarett!

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)