Dienstag, 30. November 1915

   

Arndt-Eiche in Eisen“. Zur Besprechung des geplanten Bonner Kriegsmals „Arndt-Eiche in Eisen“ hatte sich gestern abend eine größere Anzahl von Bürgerinnen und Bürgern im Bonner Bürgerverein versammelt. Herr Oberbürgermeister Spiritus, der die Versammlung leitete, begrüßte die Erschienenen mit herzlichen Worten. Auch Bonn solle ein Kriegswahr­zeichen erhalten als eine Ehrenchronik für spätere Zeiten, daß in dem gegenwärtigen großen Ringen auch die Bürgerschaft daheim nicht zurückgestanden sei, wo es dem Vaterl­and zu dienen galt. Die Bonner Bürgerschaft habe bisher nicht versagt, wo es galt, die Lei­den des Krieges lindern zu helfen, sie habe im Gegenteil in allen ihren Schichten größ­te Opferfreudigkeit bekundet. So werde auch die Bitte, das zu errichtende Kriegswahrzei­chen fleißig zu nageln und dadurch neue Mittel für die Kriegswohlfahrtspflege, besonders auch für die Witwen und Waisen gefallener Krieger aufzubringen, hoffentlich nicht vergeb­lich sein.
   Darauf nahm Herr Rechtsanwalt Dr. Schumacher das Wort, um die Bedeutung und den Zweck der Kriegswahrzeichen, besonders auch des Bonner Kriegsmals, darzulegen. Sie sollen Erinnerungszeichen an die große Zeit und an die gefallenen Krieger sein, sollen aber auch auf eigenartige Weise weitere Mittel für vaterländische Wohlfahrtszwecke be­schaffen. Der Gedanke stammt aus Wien, dessen altes Wahrzeichen, der „Stock von Ei­sen“ durch Einschlagen unzähliger Nägel in einen Baumstamm schließlich zu einer „eiser­nen“ Säule wurde. Zahlreich sind die zu Benagelung aufgestellten Gegenstände, verschie­den an Be­deutung und künstlerischer Gestaltung. Als Mittelpunkt des Bonner Wahrzei­chens hat man eine Persönlichkeit zum Mittelpunkt nehmen wollen, die sowohl ortsge­schichtlichen Wert, als auch über Bonn hinaus einen guten Klang und insbesondere in der jetzigen großen Zeit ein weitgehendes Interesse beanspruchen darf. Als geeignetste Per­sönlichkeit erschien Ernst Moritz Arndt, dessen Bedeutung für unser deutsches Volksleben und im besonderen für Bonn der Redner ausführlicher darlegte. Dem Stifter des Wahrzei­chens, Herr Kommerzi­enrat Soennecken, müsse man für den Gedanken der Arndt-Eiche, dem Künstler, Herrn Bildhauer Karl Menser, für die kunstvolle Ausgestaltung des Gedan­kens dankbaren Beifall zollen. (Eine Beschreibung des geplanten Kriegsmals, die der Red­ner dann gab, haben wir schon gebracht.) Durch Einschlagen von Nägeln, deren Köpfe mit Buchstaben versehen sind, und durch Zusammenstellen dieser Buchstaben zu Namen können der eigene Name oder die Namen gefallener Freunde und Vereinsmitglieder für alle Zeit eingegraben werden. Die Nagelung selbst, deren geringster Betrag 1 M., für Kin­der 50 Pfg. beträgt, soll nach ei­nem bestimmten Plan erfolgen. Bei der Zahlung wird eine künstlerisch ausgeführte Erinne­rungsurkunde übergeben werden, auf deren abtrennbaren Abschnitt der Name des Nageln­den zur Eintragung in das „Eiserne Kriegsbuch“ der Stadt Bonn vermerkt und den Auf­sichtspersonen übergeben wird. Auch das Sammeln von Gold­münzen wird voraussichtlich durch besondere Erinnerungszeichen gefördert werden. An­sichtskarten mit der Abbildung des Kriegsmals und einem Gedicht Rudolf Herzogs sol­len die die Kunde von unserer Arndt-Eiche auch außerhalb Bonns verbreiten. So soll das Bonner Kriegswahrzeichen der Kriegswohlfahrtspflege und auch der Fürsorge für die Wit­wen und Waisen von Bonner Krie­gern dienen und dazu beitragen, daß die Bonner Bürger­schaft auch auf diese Weise die Dankesschuld mit abträgt, die ganz Deutschland seinen tapferen Kriegern schuldet. Der Schwur: „Sie sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein“ soll an der Bonner Arndt-Eiche durch Hand- und Hammerschlag bekräf­tigt werden. Der Redner schloß: Wie sich die Bonner Bürgerschaft früher bei fröhlichen An­lässen, z.B. bei der Rheinischen Kirmes und bei den Rheinischen Historischen Festspie­len, in friedli­chem Wettbewerb zu vaterstädti­schem Tun vereinte, so werde sie sich auch jetzt zu den höheren und hehreren Zwecken des vaterländischen Opfersinns und der Nächstenliebe einmütig um die Arndt-Eiche in Ei­sen scharen.
   Die Versammlung bekundete ihr Einverständnis mit den Ausführungen des Redners durch lebhaften Beifall. Da sich niemand mehr zum Wort meldete, schloß Oberbürgermeister Spi­ritus die Versammlung mit der Bitte an alle Bürger und Bürgerinnen, dafür zu sorgen, daß das geplante vaterländische Werk reichen Erfolg haben werde.

Das Metropoltheater kündigt in dem neuen Spielplan außer den übrigen Neuheiten den Lustspielfilm „Ein brauner Lappen“ an. Bei der Vorführung des Films werden die Hauptdarsteller persönlich anwesend sein.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Glatteis! Glatteis im wahren Sinne des Wortes „regnete“ es gestern. Ein, zwei Frostnächte, dazwischen ein eisiger Wintertag, mit Temperaturen von 10 Grad unter Null, sie hatten den Boden, die Häuser, Bäume, kurz alles was draußen ist, mit in die Tiefe der Kälte gezogen. Nun ein Wetterumschlag von unerhörter Plötzlichkeit. Kaum daß der Tauwind aus Süden zu wehen begonnen, setzte auch schon Regen ein. Das war gestern mittag. Die Wirkung war verblüffend. Im Augenblick waren alle Bürgersteige, die Straßen, die Zweige an den Bäumen, die Leitungsdrähte, kurz alles, was mit den tiefen Temperaturen gegangen, mit einer Eisdecke überzogen. Die Folgen waren toll. Die Straßen waren kaum zu begehen und zu befahren. Die Menschen führten die neuesten Eiertänze auf ihren Wegen auf und stürzten trotzdem. Die Zugtiere tasteten sich unbeholfen weiter; trotz aller Mühe ihrer Lenker stürzten viele. Die Radfahrer traten wie toll und mußten trotzdem sehen, daß die Hinterräder nicht mehr die nötige Reibung auf der glatten Eisfläche hatten. Sie lachten, als das Ding stehen blieb; aber sie stürzten trotzdem. Hunde, die sich auf das Glatteis gewagt, torkelten hin und her, glotzten dumm um sich und wälzten sich am Boden. Unsere braven Straßenbahnen wollten nicht vom Fleck, alle Kraft und Mühe waren umsonst; diesem Glatteis waren auch sie nicht recht gewachsen. Alle Anerkennung; unter ungeheuren Schwierigkeiten brachten sie die Wagen fort. Wo nur die Straßenzüge geringe Steigung hatten, auf unserer Rheinbrücke, auf der Viktoriabrücke lag bald jeder Verkehr still, bis Sand und Asche die Glätte gemildert.
   Dabei richteten Sand und Asche noch nicht einmal viel aus. Immer wieder deckten sie sich mit gleitendem Eis; aller Regen, der den ganzen Nachmittag sanft hernieder rieselte, verwandelte sich, auf der Erde angekommen, sofort in Eis. Der Verkehr ging noch da am besten, wo starker Verkehr fortwährend die Eisschichten brach und so ein rauhes Eisgeschräppel schuf.
   Bäume und Häuser und Drähte hatten sich mit Eiskrusten überzogen. Das glänzte alles wie der schönste Weihnachtsbaum und von unten spiegelten sich die Straßen im blankesten Eisspiegel bis tief in die Nacht. Dabei klirrten und sangen die eisgepanzerten Zweige, wenn der Wind oder zeitweise der Sturm durch sie fuhr, in seltsamer Musik.
   Die Nacht ging der Regen und das laue Tauwetter weiter und heute morgen ist der Frost so weit aus der Erde gezogen, daß die fortwährende Eisbildung etwas nachgelassen hat.

Liebesgaben. Bürgermeister Breuer aus Beuel veröffentlicht in der heutigen Nummer unseres Blattes einen Aufruf an alle Einwohner der Bürgermeisterei Vilich. Es wird beabsichtigt, zu Weihnachten etwa 2000 Pakete mit Liebesgaben an jeden Soldaten aus der Gemeinde Vilich ins Feld zu senden. Um die nötigen Mittel zu beschaffen, soll in den nächsten Tagen eine Geldsammlung durch Damen aus der Bürgermeisterei veranstaltet werden.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Lichtbilder-Vortrag. Die hiesige Ortsgruppe des Westerwaldklubs veranstaltete am Freitag abend einen Lichtbilder-Abend, der sich großen Besuchs zu erfreuen hatte. Herr Schröder schilderte in wohlgelungener Weise die heißumstrittenen Stätten des österreichisch-italienischen Kriegsschauplatzes, führte in prächtigen Lichtbildern das Kampfgebiet vor Augen und wies auf dessen landschaftliche Schönheiten hin. Die vorgeführten Bilder zeichneten sich durch besondere Klarheit aus und fanden allseitiges Interesse. Reicher Beifall lohnte daher den Vortragenden. Es wäre zu begrüßen, wenn dieser sehr zeitgemäße Lichtbildervortrag einmal öffentlich einem größeren Kreise zugängig gemacht würde. Anschließend an diesen ersten Vortrag führte Landschaftsphotograph Groß die aufmerksamen Hörer zu einigen der schönsten Plätze im Westerwald. Nur einige Naturaufnahmen zeigte Herr Groß auf der Leinwand, darunter befanden sich eine Anzahl Gruppenaufnahmen, die gelegentlich früherer Wanderungen angefertigt wurden. Manchen der Anwesenden, die sich hier auf der Platte sahen, war dies eine angenehme Erinnerung von im Westewald erlebter fröhlicher Stunden.

Aschestreuen! Bei dem herrschenden Glatteis seien die Hauseigentümer oder die im Erdgeschoss wohnenden Anmieter an ihre Pflicht Asche zu streuen erinnert.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)