Mittwoch, 27. Oktober 1915

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 27. Oktober 1915Die Benagelung des Eisernen Kreuzes in der Wirtschaft Hombach, Roonstraße 22, hat weitere 99,55 Mark eingebracht, die an den Hilfsausschuß für Truppen abgeführt worden sind. Im ganzen hat die Benagelung bisher 189 Mark ergeben.

Volkshochschulkurse. Herr Professor Dr. Becker, der bekannte Islamforscher, wird Donnerstag abend 9 Uhr in der Aula des Städtischen Gymnasiums seine fünfstündige Vorlesungsreihe über „Die Religion des Islam“ eröffnen. Herr Professor Becker wird u. a. über Mohammed und den Koran, über das islamische Recht, über Mystik und Zauberwesen sprechen und zum Schluß den Islam als Gegenwartsproblem erörtern. Bei der engen Verbindung, in welche wir durch den Weltkrieg neuerdings zur Türkei getreten sind und die voraussichtlich im Frieden noch weit enger sich gestalten wird, dürfte eine eingehende Kenntnis dieses Themas, wie sie Herr Professor Becker uns vermitteln wird, sicherlich jedermann willkommen sein. (...)
  Anzeige im General-Anzeiger vom 27. Oktober 1915 Die Darbietungen des Ausschusses für Volkshochschulkurse wurden am Montag den 25. Oktober in der Aula des Städtischen Gymnasiums eröffnet. Herr Privatdozent Dr. Walter Bombe von der hiesigen Universität sprach über die Kunstschätze Belgiens und gab an Hand vieler prächtiger Lichtbilder zunächst einen Ueberblick über die Monumentalbauten der flandrischen Provinzen. Von dem Kunstsinn, der Prachtliebe und dem Reichtum der alten Handelsstätten des Landes zeugen die monumentalen Kirchen und Rathäuser mit ihren Türmen, die Hallen, die Belfriede, die Paläste der Zünfte und zahlreiche Bürgerhäuser. Wenn auch in der Zeit der großen Revolution von den Franzosen unendlich viel Kunstgut aus reiner Zerstörungslust vernichtet worden ist und vorher die Bilderstürmer und spanische Soldaten namentlich in den Kirchen übel gehaust haben, so hat doch vieles den Stürmen der Zeit getrotzt und bildet den köstlichsten Kunstgenuß für den Besucher der reichgesegneten Länder. Die Kunstdenkmäler von Lüttich, Löwen, Brügge, Gent, Brüssel, Antwerpen und Ypern wurden in ihrer Eigenart gewürdigt und in fesselnder Weise geschildert. Dabei gedachte der Redner auch der Vorwürfe, die gegen unsere Kriegführung in Belgien und Nordfrankreich erhoben wurden, und wies sie zurück. Unsere Heeresleitung ist, wie die amtlichen Feststellungen ergeben haben, immer darauf bedacht gewesen, überflüssige Zerstörungen zu vermeiden. Leichtfertig und ohne schwerwiegende militärische Gründe ist noch kein Kunstwerk von deutschen Soldaten vernichtet worden. (...)

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 27. Oktober 1915Dreierlei Kartoffelpreise in einer Straße. Aus unserem Leserkreise erhalten wir folgende Mitteilung: „Ein Kartoffelbauer aus Endenich verkaufte gestern in einer Straße nahe dem Hauptbahnhof sogenannte Industriekartoffeln zu folgenden Preisen: Eine Familie erhielt auf eine frühere Bestellung hin die Kartoffeln zu 3,50 Mk. den Zentner, andere Anwohner zu 4 Mk. und die restierenden acht Zentner, die die Frau noch auf dem Wagen hatte, bot sie gleichfalls in der Straße zu 4,00 Mk. an. Letzterer Kauf kam aber nicht zustande, da sich inzwischen andere Kauflustige eingefunden hatten, die 4,50 Mk. boten und so den Zuschlag erhielten. Wenn die Bonner Bürgerschaft sich selbst gegenseitig im Preise überbietet, kann man es den Landwirten wirklich nicht verübeln, wenn sie nur zum „Höchstpreise“ verkaufen. Nicht nur die Verkäufer sind also schuld an den Preisen, sondern auch die Konsumenten, die den Kartoffelbauern die großen Rosinen in den Kopf setzen.“

Braune Sammelfässer. Die von Herrn A. Meininghaus, Kaufmannstraße, ins Werk gesetzte Sammlung erbrachte an Bargeld M. 2416,17, an Zigarren 10.493 Stück, an Zigaretten 11.733 Stück. Gekauft wurden 47.800 Zigarren, 14.400 Zigaretten, so daß zusammen 58.293 Zigarren, 26.133 Zigaretten, über 100 Pfund Tabak, 60 Paar wollene Handschuhe und noch eine Menge notwendiger nützlicher Sachen abgeliefert werden konnten. – Der obige Betrag bestand in der Hauptsache aus Kupfer- und Nickelgeld; Silbergeld war wenig vorhanden. Die höchste Gabe, ein 20 Mark-Schein, wurde im Sammelfaß auf dem Kaiserplatz von einer Dame gestiftet. Es haben sich also die kleineren und kleinsten Leute in der Ueberzahl bei der Sammlung betätigt. Die Sammlung ist nunmehr geschlossen.

Anzeige im General-Anzeiger vom 27. Oktober 1915Wehrbund. Es wird uns geschrieben: Die achte Abteilung des Bonner Wehrbundes, die aus Schülern des Königl. Gymnasiums besteht, zog am vergangenen Samstag hinaus zu einer Geländeübung, bei der es sich um die Erstürmung des Dorf Röttgen handelte. Die Hälfte der Abteilung besetzte das Dorf, sicherte es durch Postenaufstellung und harrte erwartungsvoll auf den Feind, der vergeblich versuchte, die Aufmerksamkeit des Verteidigers durch einen Scheinangriff abzulenken. Unterdessen marschierte die feindliche Hauptabteilung in ständiger Deckung auf einsamen Pfaden durch die herbstlichen Waldungen des Brüserberges bis in die Gegend des Alfterhofes. Nachdem der Angreifer hier eine ungedeckte Strecke in truppenweisem Vorgehen ungesehen überwunden hatte, gelangte er, eine Falte des Geländes benutzend, auf 300 Meter an den Ort Röttgen heran und drang im Sturm mit donnerndem Hurra in das Dorf ein. Ein strammer Marsch führte Freund und Feind einträchtig nach Hause zurück.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 27. Oktober 1915Der Verein Kath. Kaufm. Gehülfinnen und Beamtinnen stattete am vergangenen Sonntag den Verwundeten des Lazaretts in Vilich einen Besuch ab, um den lieben Feldgrauen einige vergnügte Stunden zu bereiten. Unter Leitung des Herrn Dirigenten J. Veith trug der Gesangchor des Vereins mehrere frische Lieder vor, die vom Ruhm des Vaterlandes, von deutscher Treue und deutschem Sein, von unseres lieben Rheinstroms Schönheit, und von froher, rheinischer Art Kunde gaben. Von letzterer durchweht war auch zunächst die vom Präses des Vereins, Herrn Kaplan Leuken, an die Soldaten gerichtete Anrede, so daß derselbe mehrfach die Lacher auf seiner Seite hatte. Jedoch klang auch der Ernst der Zeit durch in den warmen Dankesworten, die Redner den Verwundeten aussprach im Namen aller Vereinsmitglieder, da ja die Frauenwelt insbesondere Schuldner sei den tapfern Kriegern, die Blut und Leben daran setzten, den Ueberfall der feindlichen Horden in unsere friedlichen Gauen zu verhindern. Als einen geringen Beweis ihrer dankbaren Gesinnung verteilten die jungen Mädchen kleine Geschenke an die Soldaten, etwas zum Rauchen und etwas zum Naschen, Blumen, Obst usw., die bei den Feldgrauen freundliche Aufnahme fanden. In herzlichen Worten sprach der Herr Unteroffizier des Lazaretts den Dank der Soldaten aus, denen, da sie etwas abseits der Stadt liegen, nie oder doch sehr selten eine solch freundliche Abwechslung zuteil wird. Auch noch ein frisches Soldatenlied „O Deutschland, hoch in Ehren“, sangen die Soldaten den Spenderinnen zum Lohn, und als man zum Schluß mit einem fröhlichen „Auf Wiedersehen“ sich trennte, war es wohl schwer festzustellen, auf welcher Seite der gemütliche Nachmittag die größere Freude ausgelöst hatte.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)