Donnerstag , 29. Juli 1915

    

Auf dem Markte mußten gestern zum erstenmal die vom Guvernör der Festung Köln vorgeschriebenen Preisverzeichnisse auf den Verkaufsständen aufliegen oder angebracht sein. Die Verkäufer und besonders die Verkäuferinnen kamen der neuen Vorschrift teilweise nur unwillig nach, dann nahmen sie die Sache aber humoristisch und belachten gegenseitig ihre „Preisverzeichnisse“, die das verschiedenartigste Aussehen hatten. Man sah Schiefertafeln, gerade oder auch schief geschnittene Pappstücke, oft auch nur ein Notizbuchblatt, und in den Aufschriften waren Verstöße gegen die Rechtschreibung nicht gerade selten. Die angegebenen Preise sind natürlich Höchstpreise, „gehandelt“ wird nach wie vor, das bisher vielfach übliche Verfahren, von scheinbar „besseren“ Kauflustigen höhere als die üblichen Preise zu fordern, wird durch die Preisverzeichnisse aber sehr eingeschränkt. Auch an und in den Ladengeschäften, in denen Fleisch- und Fettwaren, Eier, Gemüse, Obst und Kartoffeln verkauft werden, müssen seit gestern Preisverzeichnisse angebracht sein, ebenso müssen die Straßenhändler mit Gemüse, Obst usw. solche Verzeichnisse führen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 29. Juli 1915Reiche Frühkartoffelernte. Aus Beuel wird uns geschrieben: Gestern habe ich einen Strauch Frühkartoffeln ausgehackt, woran sich stark fünf Pfund Kartoffeln befanden. Die meisten Sträucher haben bis 4 ½ Pfund. Ich pflanze jetzt schon im 30. Jahr Kartoffeln, aber bis jetzt habe ich eine solche Ernte von Frühkartoffeln noch nicht gehabt. Dabei sind sie gesund und wohlschmeckend. (Wir wünschen allen Kartoffelbauern ein solches Ergebnis und den Verbrauchern einen dieser Ernte entsprechenden Kartoffelpreis. Red.)

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Neuer Katholischer Studentinnen-Verein. An der Universität Bonn hat sich aus den Reihen des katholischen Studentinnenvereins „Hrotsvit“ ein neuer, selbständiger, katholischer, deutscher Studentinnenverein gebildet. Die Gründung eines neuen Vereins war bei der großen Mitgliederzahl der „Hrotsvit“ (über 60) ein dringendes Bedürfnis. Der neue Verein führt den Namen „Hochwart“ und den Wahlspruch „Wahrheit, Deutschtum, Freude.“ Er erstrebt bei seinen Mitgliedern religiöse Vertiefung und wissenschaftliche Förderung und eine innige Verbindung von Wissenschaft und Leben. Zu diesem Zwecke finden alle 14 Tage Vorträge mit anschließender Besprechung statt, hauptsächlich über Themen mit philosophisch, ethischem Inhalt. (...) Staatsbürgerliche und soziale Schulung der Mitglieder soll durch Vorträge aus diesem Gebiet und rege Beteiligung an sozialen Bestrebungen erreicht werden. Wahl und Maß dieser Beteiligung bleibt den einzelnen überlassen. – Wahre Freude und edle Geselligkeit suchen wir zu pflegen durch Wanderungen in die Natur und durch Kunstabende, die jede zweite Woche stattfinden und unter einheitlichem Gesichtspunkt mit Zuhilfenahme von Instrumental- und Vokalmusik, Vorlesen, Vortrag, Betrachten von Bildern usw. zu einem einheitlichen Ganzen gestaltet werden. Durch Teilnahme an sozialen Bestrebungen und dadurch, daß an den Vortrags- und Kunstabenden auf die Auswirkungen deutscher Wissenschaft und Kunst besonderes Gewicht gelegt wird, glauben wir, daß das Wort Deutschtum, das wir in unsern Wahlspruch aufgenommen haben, uns nicht ein bloßes Wort sein wird.

Unfall. In der Sternstraße fiel gestern vormittag beim Fensterputzen ein junger Mann in eine Spiegelscheibe, welche entzwei ging. Der junge Mann wurde nicht unerheblich verletzt und mußte ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)