Mittwoch, 26. Mai 1915

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 26. Mai 1915Ihre Königliche Hoheit Frau Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe hat Pfingsten ihre Schwester, die Prinzessin Friedrich Karl von Hessen, auf Schloß Friedrichshof im Taunus besucht. Die Frau Prinzessin wird voraussichtlich heute abend wieder in Bonn eintreffen.

Vorsicht beim Verkauf von Ansichtskarten deutscher Städte. Auf dem Umweg über das neutrale Ausland ist von feindlicher Seite wiederholt der Versuch gemacht worden, Ansichten deutscher Städte, namentlich Süd- und Westdeutschlands durch Buchhändler usw. aufzukaufen. Gewünscht werden besonders solche Bilder (Ansichtskarten), die für die Stadt und deren Umgebung durch besonders auffallendes Gepräge kennzeichnend sind, wie Kirchen, Burgen. Ruinen und andere in die Augen fallenden Bauwerke. Offenbar sind die Bilder dazu bestimmt, feindlichen Fliegern die Orientierung zu erleichtern. Es muß daher dringend davor gewarnt werden, diesen Ansuchen Folge zu geben, Auch wird es sich empfehlen, bei der Versendung von Ansichtskarten nach dem Ausland entsprechende Vorsicht zu beobachten.

Zwei neue Ansichtskarten aus Bonn sind im Verlage der Kunsthandlung M. Plaß erschienen. Die eine zeigt die Bilder des Alten Zolls und der Infanteriekaserne und dazwischen ein Schattenbild vorgehender Infanterie, die zweite die Rheinbrücke und die König-Wilhelm-Kaserne, dazu ein Bildnis des Kaisers und eine kleine galoppierende Husarenpatruille. Beide Karten sind mit deutschen Fahnen sowie Lorbeer- und Eichenzweigen zeitgemäß geschmückt und im ganzen sauber und geschmackvoll ausgeführt.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Einspruch gegen weitere Massenschlachtungen. Man schreibt uns: Mit Wirkung vom 8. Mai ist bekanntlich die Bundesratsverordnung vom 25. Januar betreffend die Sicherstellung von Fleischvorräten außer Kraft getreten und die Verpflichtung der Gemeinden zur Ansammlung von Fleischdauerwaren wieder aufgehoben worden. Auch ist die Einstellung der für Preußen eingeleiteten Umlegung von Schweinen auf die Kommunalverbände für die Zentral-Einkaufsgenossenschaft angeordnet worden. Der Deutsche Fleischerverband hat deshalb gegen die Absicht der Zentral-Einkaufsgenossenschaft, zur Erledigung bisher nicht erfüllter Gemeindeaufträge noch Massenschlachtungen von Schweinen vorzunehmen, Einspruch beim Reichsamt des Inneren erhoben.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 26. Mai 1915Kriegspokalspiel. Am Pfingstsonntage fand auf dem Sportplatze an der Richard-Wagnerstraße ein Fußballwettspiel zwischen Bonner Fußball-Verein I und Siegburger Sportverein statt. Die Frage war bald gelöst, denn schon nach fünf Minuten Spieldauer führte Bonn mit 2:0 Toren. Bei Halbzeit stand das Spiel 4:1 und zum Schluß 5:2 zu Gunsten Bonns. Das Spiel wurde trotz des warmen Wetters flink und energisch durchgeführt und war auch in Anbetracht der „kriegsstarken“ Mannschaften sehr abwechslungsreich. Sportfreunde hat der Krieg hier in Bonn nur noch wenige hinterlassen.

Beim Spielen fiel gestern ein etwa 4 Jahre alter Knabe in den Rhein. Er wurde von einem vorbeikommenden Manne gerettet.

Der Füllstrich der Biergläser. Der Inhaber einer größeren Gartenwirtschaft erhielt mehrere tausend neuer Biergläser und war in dem guten Glauben vorschriftsmäßiger Lieferung. Indessen fand sich bei der polizeilichen Nachschau eine ganze Anzahl von Gläsern mit falsch angebrachten Füllstrich. Dies hatte nicht nur die polizeiliche Einziehung der betreffenden Gläser, sondern auch eine Bestrafung des Wirtes zur Folge. Er beantragte gerichtliche Entscheidung und behauptete, es sei ihm als Wirt gar nicht möglich, die Richtigkeit des Füllstriches bei mehreren tausend Gläsern nachzuprüfen. Die Verantwortung habe allein der Lieferant zu tragen, dem die Richtigkeit ausdrücklich zur Bedingung gemacht worden sei. Strafkammer und Kammergericht ließen jedoch die Entschuldigung nicht gelten. Die Verantwortung in strafrechtlicher Beziehung trage allein der Wirt,

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Wie kann man noch gegen den Aushungerungsplan der Engländer arbeiten?
Diese Frage kurz beantwortet: man schont die landwirtschaftlichen Erzeugnisse. Dieses wird aber sehr wenig beachtet. Betrachte man sich einmal die Spaziergänger in Gottes freier Natur. Es wird da neben den Wegen hergegangen, sogar in und durch die Felder, ohne dabei zu denken, welcher Schaden angerichtet wird. Gewöhnlich heißt es dann, der Bauer hat doch genug; ein bißchen macht doch nichts aus. Dabei vergißt man, daß jede zertretene Frucht der allgemeinen Volksernährung abgeht. Mit dem Wegwerfen von Streichhölzern sei man ebenfalls vorsichtig, weil im Sommer sich vieles leicht entzündet. Ferner gibt es sogenannte Kornblumentage. Dieses ist an und für sich sehr hübsch. Die Blumen müßten aber künstlich hergestellt werden. Würden die Kornblumen auf den Wegen gepflanzt, so wäre es ja gut, aber dabei bleibt es nicht. Man läuft vielfach in die Getreidefelder hinein. Ganze Familien sind oft in den Feldern vertreten. In der Regel Sonntags in aller Frühe, weil man dann an keinen Flurhüter denkt. Ein Flurhüterkann ja auch nicht Tag und Nacht anwesend sein, dann müßten schon mehrere für den Posten eingestellt werden.
   Was nun für Getreidefelder gilt, kommt auch für andere Felder und Wiesen in Betracht. Da möchte ich auch noch an Fronleichnam und sonstige Feste erinnern. Man erweist dem Herrgott keinen Gefallen damit, wenn man Blumen streut, durch welche andern Schaden zugefügt wurde.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)