Montag, 22. Februar 1915 

 

Kriegslehrgang für Frauen. Heute morgen wurde um 9 Uhr im Saale des Bonner Bürgervereins der dreitägige Kriegslehrgang für Frauen durch Herrn Landrat v. Grote eröffnet. Herr Generalsekretär Oekonomierat Dr. Rheinhardt sprach über „Zweck und Aufgabe des Lehrganges“. Um 10 Uhr begann dann der Kursus mit dem Vortrag von Herrn Oekonomierat Kreuz (Bonn): „Die Volksernährung im Kriege“. Die weiteren Vorträge beginnen Dienstag und Mittwoch um 9 Uhr vormittags.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Populärwissenschaftliche Vorträge. Mit dem heutigen Vortrage des Herrn Dr. Beusch aus München-Gladbach „Was steht im jetzigen Kriege mit England in staatlicher, sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht auf dem Spiele?“ finden die dieswinterlichen Vorträge ihren Abschluß. In ihm wird von berufener Seite noch einmal zusammenfassend gezeigt, was alles durch den Neid des habsüchtigen England an Kulturwerten für unser eigenes Volk, ja z.T. für die ganze Menschheit gefährdet ist. Diese Werte genau kennen, ihre Bedrohung ermessen zu lernen und sich für das opferwillige Einsetzen aller Kräfte anfeuern zu lassen, das ist die verdienstvolle Aufgabe des heutigen Schlußvortrages.

Die zweite Remontierungskommission wird in hiesiger Gegend auf Befehl des Kriegsministeriums volljährige Mobilmachungspferde warm- und kaltblütigen Schlages kaufen. Zu diesem Zweck findet am Samstag, 27. Febr., vormittags 9 Uhr, auf dem Adolfsplatz ein öffentlicher Markt statt. Pferde müssen mindestens fünf Jahre alt sein und nicht unter 1,52 Meter Stockmaß haben.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 22. Februar 1915Gesellschaft für Literatur und Kunst. Geheimrat Paul Clemen über „Die Erhaltung der Denkmäler und der Krieg.“
   Die feinen Ausführungen aus dem berufenen Munde des Kunsthistorikers Paul Clemen standen in wohltuendem Gegensatz zu dem, was in den letzten Monaten in Zeitungen, Zeitschriften und Broschüren über „die Erhaltung der Denkmäler und der Krieg“ ausgeführt wurde. Aber der Gegensatz bestand wohl mehr in der Form, als in dem, was es zu diesem beinahe allzuviel besprochenen Thema an Tatsachen, Schlußfolgerungen und Vorsätzen für die Zukunft vorzubringen gibt. Wenn Klagen zu erheben sind – so sagte Geheimrat Clemen – dann sind wir es, die die Franzosen anklagen, daß sie jene Kunstdenkmäler in den Bereich ihrer militärischen Operationen hineingezogen haben, daß ihre führenden Geister nicht damals (statt heute) protestiert haben, als man Reims in eine Festung verwandelte. Sie – nicht wir – sind es gewesen, die die Kathedralen und die wundervollen gothischen Profanbauten Flanderns und Nordfrankreichs in Gefahr brachten. Man kann keinen friedlichen Krieg führen. Man schießt nicht mit Knallerbsen und faulen Aepfeln. Und die Gegner lassen sich nicht vorschreiben, wo ihre Kugeln treffen dürfen. Ebenso wenig wie wir den Franzosen sagen können, dort vorne in unserem Schützengraben liegt ein junger Goethe, oder ein junger Helmholtz, oder ein junger Beethoven (es könnte ja sein), dorthin schießt nicht; dort liegt die Blüte unserer Jugend, die Hoffnung unserer Zukunft. Die Namen Loewen und Reims haben uns im ganzen Ausland mehr geschadet, als zwei verlorene Schlachten. Darüber sollte man sich auch bei uns so klar sein wie die Gegner, als sie die Fanfare in die Welt bliesen. Aber wie entsetzlich viel Lügen sind mit diesen Namen von unseren Feinden verknüpft worden. Die Substanz der Bauwerke ist überall erhalten. (Clemen hat die Stätten im Auftrag der Regierung besucht.) Nichts ist zerstört und eingeäschert. Das Dach der Kathedrale von Reims ist abgebrannt und die Skulpturen des linken Seitenportals haben arg gelitten, der schmerzliche Verlust in ganz Belgien ist die Universitätsbibliothek von Loewen. Wie viel aber hätte hier und in Reims erhalten bleiben können, wenn eine Feuerwehr zur Stelle gewesen wäre, wenn wenigstens Pioniere das brennende Holz des Reimser Dachstuhls auseinandergerissen hätten, wenn in Loewen ein Professor oder ein Bibliotheksdiener die wertvollen Handschriften geborgen hätte. Nicht die geringste Vorsorge war getroffen. Die deutschen Soldaten kannten nicht den Ort und mußten dem Feuer tatenlos zusehen. Heute ist zwar alles vor weiterer Zerstörung geschützt. Es wurden Notdächer aufgesetzt, die Wände verschalt, Löcher zugemauert, und in allen beschädigten Kirchen wird wieder Gottesdienst abgehalten. Aber trotzdem führen auch wir Klage und trauern auch wir um die Schäden, die der Krieg den Kunstwerken zugefügt hat und die er ferner an Denkmälern anrichten wird, klagen und trauern darum ebensosehr wie die Maurice Maeberlinck, Emile Verhaeren, Romain Rolland, Ferdinand Hodler, Carl Spitteler. Nicht wir sind die Schuldigen, sondern unsere Ankläger selbst und die Grausamkeit der modernen Kriegsführung.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)