Montag, 18. Januar 1915

 

Stadttheater. Man schreibt uns: Die Erstaufführung „Wie einst im Mai“ erfolgte gestern bei ausverkauftem Hause. Viele konnten an der Abendkasse Billets nicht mehr erlangen. Die morgige Wiederholung beginnt schon um 6 ½ Uhr und endet kurz nach 9 Uhr, sodaß die Fahrgelegenheiten der Straßenbahn und der Vorortbahnen zu gelegener Stunde genutzt werden können.

Einem Herzschlage erlag gestern Nachmittag der 6jährige Sohn des Inhabers des Instituts „Blitz“ auf einem Spaziergange am Rhein.

Ein Zusammenstoß fand gestern zwischen einem Kraftwagen und einem Wagen der elektrischen Straßenbahn an der Ecke Bonngasse und Friedrichstraße statt. Der Kraftwagen wurde leicht beschädigt.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 18. Januar 1915Lichtbilder-Vortragsreihe der Ortsgruppe Bonn des Deutschen Wehrvereins (Siebter Vortrag). Oberbibliothekar Dr. Hirsch: „Ostpreußen (Bilder aus meiner Heimat in Kriegs- und Friedenszeiten)“. Das traurige Bild der einmonatigen Russenherrschaft in Ostpreußen, das auch hier schon in Vorträgen geschildert worden ist, gewann am Samstag abend eine neue Beleuchtung. In wirkungsvollem Gegensatz gab der Redner Bilder und Skizzen seiner schönen Ostpreußenheimat mit ihren blauen Seen, grünen Feldern in weiter Ebene und mit dem Meeresstrand als gewaltigen Abschluß. An dieser Heimat hängt der Ostpreuße mit heißer Liebe. Redner schilderte dann die Schreckens- und Leidenszeit. Russische Kosakenheere überfluteten das stille Land, raubten, sengten und plünderten. Mit welcher Gründlichkeit das geschehen ist, bewiesen mit deutlicher Sprache die vielen Lichtbilder. Ganze Dörfer und Städte sind von den fliehenden Russenheeren absichtlich in den Grund geschossen und niedergebrannt worden. Manche Schädigungen hätten nach Ansicht des Redners vermieden werden können, wenn die Bewohner ihr Hab und Gut nicht in wilder Flucht verlassen hätten. (Hier scheint uns der Redner etwas graue Theorie zu geben, Red) Viele Ortschaften, aus denen die nicht geflüchteten Einwohner den Wünschen der Russen nachkamen, seien zum größten Teil verschont geblieben. Der Hauptschaden liege nicht in den verwüsteten Ortschaften oder in dem zerstörten Eigentum, sondern darin, daß die Haupterwerbsquelle der ostpreußischen Bewohner, Viehzucht und Landwirtschaft, auf lange Jahre unterbunden worden ist. Es wird viele Jahre anstrengender Arbeit und Mühe kosten, ehe die Folgen der einmonatigen Russenherrschaft wettgemacht ist. – Der Vortragende fand vielen Beifall. Der Rednerertrag ist für die Geschädigten in Ostpreußen bestimmt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 18. Januar 1915Die alte Geschichte. An der Rheinbrücke wollte ein junger Mann auf einen Wagen der elektrischen Straßenbahn springen, der sich in voller Fahrt befand. Er sprang aber neben das Trittbrett, stürzte und wurde, da er sich an dem Wagen festhielt, eine Strecke mitgeschleift. Mit einigen Hautabschürfungen und einem total beschmutzten Anzug kam der Unvorsichtige dieses Mal davon. Der Unfall hätte sehr leicht schlimme Folgen haben können. Er mag darum anderen zur Mahnung dienen.

Verein Beethovenhaus. In der Generalversammlung, die unter dem Vorsitz des Herrn Geheimrats Zittelmann stattfand, erstattete Prof. Dr. Knickenberg den Bericht für das Vereinsjahr 1913/14. Besonders die zweite Hälfte des Jahres 1914 sei infolge des Krieges sehr ruhig verlaufen. In den letzten Wochen wurde das Beethovenhaus infolge des Todes des Ehepaares Loyal, des Hausmeisters, für den Fremdenbesuch völlig geschlossen. Der Besuch war auch nicht so stark, wie in sonstigen Jahren, doch hatten 1913: 7067 zahlende Personen das Haus besucht, dazu kommen eine große Zahl von Schulen, sodaß man rund 7500 Besucher zählen kann. Im Jahre 1914 dagegen betrug die Besucherziffer nur 3110 (zahlende Personen), mit den Schulen zusammen 3300. Auch die Einnahmen durch den Verkauf von Büchern, Photographien und Ansichtskarten zeigt in den beiden Berichtsjahren einen großen Unterschied. 1913 wurden hierdurch eingelöst: 2753,55 Mark, 1914 aber nur 1128,50 Mark. Auch die Erwerbungen sind zurückgegangen, teils, weil immer mehr Stücke in Anzeige im General-Anzeiger vom 18. Januar 1915feste Hände kommen, dann auch weil unerschwingliche Preise gefordert werden. (...) - Herr Professor F. A. Schmidt berichtete, daß die Sammlung von Bildnissen und Reliquien des Beethovenhauses sich in den beiden letzten Jahren um 53 Katalognummern mit 150 Blättern vermehrt habe. Besonders zu erwähnen ist eine Beethovenmaske in Bronze, genau nach der bekannten Maske von 1812, aber mit geöffneten Augen. (...)

Es grünt und sprosst, aus allen Sträuchern gucken winzig kleine grüne Blättchen hervor, Rosen und Hortensien machen neue Triebe, an allen Zweigen schwellen neue Knospen. Erfreulich ist diese, durch das ungemein milde Wetter hervorgerufene Erscheinung nicht; denn es besteht die Gefahr, daß die Februar- und Märzfröste alles Keimen und Sprießen zerstören werden. Der unausgesetzte Regen der letzten vierzehn Tage düngt den Boden in vorläufig unerwünschtem Maße. Trotz der milden Temperatur sehen wir also das Wetter keineswegs mit freundlichen Augen an, umsomehr noch, als Nässe und immer wieder Nässe seine tägliche Begleiterscheinung sind.

 (Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)