Freitag, 8. Januar 1915

 

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 8. Januar 1915Wehrbund. Am kommenden Sonntag findt keine Uebung des Wehrbundes statt, dafür treten sämtliche Abteilungen des Wehrbundes am Samstag abend um 8 Uhr am Sportplatze zu einer gemeinsamen Geländeübung an, um die Mannschaften an die Beobachtung im Dunkeln zu gewöhnen. Angenommen wird, daß eine geschlagene Truppe am südöstlichen Eingang von Endenich (Mordkapelle) Stellung genommen hat. Die verfolgende Truppe marschiert von Kasselsruhe über Ippendorf und sucht die feindliche Stellung zu nehmen. Die Dauer der Uebung wird auf etwa 2 Stunden bemessen. Die Werbestelle des Wehrbundes (Thomastraße 1) bleibt Samstag abend geschlossen, sie wird von Sonntag ab zur Mützenausgabe und Aufnahme neuer Mitglieder im Alter von 16 bis 45 Jahren wieder regelmäßig mittags von 12–1 Uhr und abends von 7–8 Uhr geöffnet sein.

Sanitätshunde. Bei der hiesigen Meldestelle des Deutschen Vereins für Sanitätshunde hat am 4. d. M. wieder ein neuer Ausbildungskursus begonnen. Hierzu wurden 12 Führer und 12 Hunde eingestellt. Letztere wurden von den Besitzern wieder in dankenswerter Weise, unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Weitere Führer und Hunde können vorläufig nicht mehr eingestellt werden. Die vor einigen Tagen nach München abgegangenen Führer mit ihren Hunden sind jetzt nach dem westlichen Kriegsschauplatz beordert worden. Von der Bonner Verbandshalle „Prinzessin Viktoria“ in Lille ist die Mitteilung hier eingetroffen, daß die Führer mit ihren Hunden dort wohlbehalten eingetroffen und bereits wieder weitergefahren sind. Einzelnen Sanitätskompagnien sind jetzt statt vier, acht Sanitätshunde zugeteilt worden.

Besuche bei Verwundeten in Belgien gestattet. Durch „W.-T.-B.“ wird amtlich mitgeteilt: Dem Besuche Verwundeter und kranker Krieger in den Lazaretten Belgiens stehen im allgemeinen Bedenken nicht mehr entgegen. Auch ist die Weiterfahrt mit der Eisenbahn über die Grenze für Besucher von Lazaretten in Belgien möglich. Die Weiterfahrt wird jedoch nur gestattet, wenn der Reisende im Besitz eines vom Stellvertretenden Generalkommando vorschriftmäßig ausgefertigten Ausweises ist. Weiblichen Angehörigen wird der Aufenthalt in Belgien nur ausnahmsweise erlaubt. Besuche in Frankreich können zurzeit noch nicht gestattet werden.

Gastspiel der Berliner Urania. Die bekannte Berliner Urania veranstaltet am Montag, 18. Januar, im Bürgervereinssaal ein einmaliges Gastspiel, das einen Lichtbildervortrag: „Auf den Schlachtfeldern in Ostpreußen“ bringen wird. Direktor Frank Goerke von der Urania, der, als geborener Ostpreuße, das Land genau kennt, hat gleich nach der Schlacht bei Tannenberg im Kraftwagen die Gegenden der Russenverwüstungen und der Kämpfe besucht und so das Material zu seinem Vortrage gewonnen. – Eintrittskarten sind in der Musikalienhandlung Sulzbach zu haben.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 8. Januar 1915Kriegsbackware. Die neue Verordnung des Bundesrats über die Herstellung von Kriegsbackware wird tiefer in die häuslichen Gewohnheiten eingreifen als die früheren diesbezüglichen Erlasse. Vor allen Dingen wird die Bestimmung, daß alle Arbeiten, die zur Bereitung von Backware dienen, in Bäckereien und Konditoreien, auch wenn diese nur einen Nebenbetrieb in Hotels usw. darstellen, in der Zeit zwischen 7 Uhr abends und 7 Uhr morgens verboten sind, zunächst etwas unangenehm empfunden werden. Aber wird nicht jeder diese kleine Neuerung mit Gleichmut gern ertragen gegenüber den Strapazen und Entbehrungen, die unsere braven Truppen seit Monaten draußen in der Front zu erdulden haben! Andererseits ist man sich allgemein klar darüber, daß auch in dieser neuen Verordnung lediglich ein weises Vorbeugungsmittel gegen gewisse Absichten unsrer Feinde zu sehen ist. Wer leben noch lange nicht in einer Notlage, wir wollen einer solchen nur für alle Fälle haushälterisch entgegentreten. Unsere Bäcker werden sich die Kontrolle der Polizei und der beauftragten Sachverständigen gern gefallen lassen und die Beschränkung ihrer Betriebe mehr als „Urlaub“ auffassen denn als Anzeige im General-Anzeiger vom 8. Januar 1915Notstand. Die strengen Strafen, bis 1500 Mark Geldstrafe oder drei Monate Gefängnis, werden in der Praxis kaum angewandt werden. Das Publikum wird seinen lieben Magen auch bald nach der Bestimmung eingerichtet haben, wann es frische Backware gibt; die meisten haben bisher ja noch gar nicht gewußt, daß sie Kriegsbrot essen, so gering war die veränderte Zusammensetzung der Stoffe. Und wie man sich morgens ein Weißbrot vom Abend zuvor wieder frisch macht, indem man nämlich die „Knüppel“ oder „Schrippen“ mit ein wenig Wasser besprengt und sie dann einige Minuten auf die heiße Herdplatte legt, dieses Verfahren ist längst den sparsamen Hausfrauen bekannt. Ob nun das neuverwandte Mehl anders ausgemahlen ist und dementsprechend nicht mehr ganz weiß, darüber wird sich kaum jemand Sorgen mache.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Godesberg, 7. Jan. Die Gemeindeverwaltung beabsichtigt, alle unbenutzten oder brachliegenden Grundstücke von den Besitzern für dieses Jahr unentgeltlich zur Bewirtschaftung zu erwerben, natürlich unter dem Zugeständnis der jederzeitigen Freigabe im Falle eines Verkaufes. Es sollen diese Felder mit geeigneten Feldfrüchten bestellt und somit der Vermehrung der Lebensmittel dienstbar gemacht werden.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und fern“)

 

Auskunft und Hilfe jeder Art während der Kriegszeit wird in dem Städtischen Verwaltungsgebäude Franziskanerstraße 9 I. Zimmer 23, erteilt. Sprechstunden an allen Wochentagen von 9 bis 12 Uhr vormittags.
   Es sei besonders darauf hingewiesen, daß die Auskunftsstelle sich auch um die Ermittelung Vermißter und Kriegsgefangener bemüht.

Feldpostbriefe nach dem Feldheer im Gewicht über 250 Gramm bis 500 Gramm werden vom 11. bis einschließlich 17. Januar von neuem zugelassen. Die Gebühr beträgt 20 Pfg.

Anzeige im General-Anzeiger vom 8. Januar 1915Zu dem Lichtbildervortrag „Unsere deutsche Flotte im Weltkrieg“, den Korvettenkapitän von Holleben in der Bonner Ortsgruppe des „Deutschen Wehrvereins“ hielt, wurde den Zuhörern die Tätigkeit unserer jungen Flotte in den fünf Kriegsmonaten vorgeführt. Man lernte die verschiedenen Arten der deutschen Kriegsschiffe kennen, (besonders interessant waren die Ausführungen über unsere tapferen U-Boote) und freute sich an den Schilderungen der großen Erfolge, die unsere Marine, vor allem die „Emden“, U.9, 21, 24 und 26 gegenüber der englischen davongetragen hat. Der Vortrag schloß mit einem Hoch auf den Kaiser.

Heraus mit dem Golde! Ueber 2 Milliarden Mark in Gold sind bis jetzt in Deutschland gesammelt worden. Eine gewaltige Summe und doch nur ein Teilbetrag der in Deutschland vorhandenen Goldmünzen. Mehr als 5 Milliarden Mark Gold sind zu deutschen Münzen ausgeprägt worden. Ungeheuer groß ist daher die Summe gemünzten Goldes, die in der Gegenwart noch überflüssigerweise von Hand zu Hand läuft oder unnütz im Kasten ruht. Du, Leser, bist der Mann, mitzuhelfen, daß sich die deutsche wirtschaftliche Rüstung immer mächtiger gestalte. Welchem Stande Du auch angehören mögest, erkenne, daß es eine fürwahr heilige Pflicht ist, in dieser zeit der Anpassung aller Kräfte das Gold zu sammeln, um es der Reichsbank zu bringen, wo allein es nutzbringend wirkt und dem Vaterland dienstbar gemacht wird. Darum: Heraus mit dem Golde! Tragt es zur nächsten Postanstalt, die es der Reichsbank weitergibt!

Anzeige im General-Anzeiger vom 8. Januar 1915Brotvergeudung durch Kinder in der Schule. Der Brotverbrauch beim Frühstück der Kinder in der Schule hat nach den Beobachtungen der Beamten der Schulaufsicht schon immer Bedenken erregt. Die Kinder bringen zu viel mit und lassen dann einen großen Teil halbverzehrt im Klassenzimmer zurück oder werfen es gar draußen fort. Der Krieg hat es jetzt zu einer vaterländischen Pflicht gemacht, Sparsamkeit im Verbrauch von Brot und Brotgetreide zu üben. Es ist nun Pflicht eines Jeden, durch Aufklärung der Eltern sowie Belehrung und Zucht bei den Schulkindern diesem Unfug mit aller Kraft entgegen zu wirken. Im Unterricht sollen auch bei den schriftlichen Arbeiten Gedanken verwendet werden, die einer solchen Aufklärung dienlich sind. Ferner kann im Rechnen den Kindern begreiflich gemacht werden, wie viel durch besonnene Ersparnis für den einzelnen Haushalt und die Volksernährung gewonnen werden kann. Es handelt sich in jedem einzelnen Schulbezirk um eine Ersparnis von vielen Zentnern im Monat.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)