Mittwoch, 10. Juli 1918

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 10. Juli 1918Ernährung und Versorgung.
Durch die kalte Witterung der letzten Zeit hat sich die Frühkartoffelernte um fast 14 Tage verschoben. Dadurch treten gewisse Schwierigkeiten in der Kartoffelversorgung ein, weil um die jetzige Zeit noch immer auf die Versorgung aus alten Beständen zurückgegriffen werden muß. Infolgedessen können für die nächste Woche nur vier Pfund alte Kartoffeln abgegeben werden. Nebenher werden jedoch zwei Pfund Frühkartoffeln zum Preise von 20 Pfg. für das Pfund auf dem Markt verkauft, und zwar bereits von Mittwoch dieser Woche ab für die nächste Woche. Es wird daher geraten, mit den Kartoffelvorräten äußerst sparsam umzugehen. Die Verkaufsmenge auf dem Markte kann nur immer beschränkt je nach dem Anfallen der Zufuhren sein. Es ist jedoch Vorsorge getroffen, daß diese zwei Pfund an alle Bezugsberechtigte unter allen Umständen für die nächste Woche ausgegeben werden. Es ist gänzlich überflüssig, die Verkaufsstellen zu bestürmen. Für die Vorortbewohner wird auch eine Verkaufsstelle am städtischen Sportplatz Reuterstraße eingerichtet, so daß sie nicht bis zum Markt für ihre Kartoffelversorgung zu kommen brauchen. Der Marktverkauf an sich wird sofort eingestellt, wenn die Zufuhren in größerem Umfange einsetzen, dann werden wieder die städtischen Kartoffelkleinverkaufsstellen beliefert. […]
   Ebenso wird mit Rücksicht auf die verkürzte Brotmenge in den nächsten beiden Wochen je ein Viertelpfund Bohnen (Hülsenfrüchte) auf den Kopf der Bevölkerung abgegeben werden.
   Die Knappheit in der Mehlversorgung hat sich noch weiter verschärft. Doch dürfte sie bald überwunden sein, da der Frühdrusch in einige Bezirken bereits lebhaft eingesetzt hat und damit neue Getreidemengen der Mehlversorgung zugeführt werden. Immerhin mahnt die Knappheit, die uns gewissermaßen ein Leben aus der Hand in den Mund aufzwingt, dazu, mit unserer städtischen Brotwirtschaft äußerst vorsichtig umzugehen. […]
   Die Fleischversorgung ist nach wie vor recht schlecht. Es wäre aber unverantwortlich für die jetzt bereits sehr unzureichende Fettversorgung, wenn noch mehr Milchvieh abgeschlachtet würde. Aus diesem Grunde werden auch voraussichtlich von Ende September an fleischlose Wochen eingeschaltet werden, derart, daß abwechselnd in einer Woche Fleisch und dann wieder kein Fleisch gegeben wird. […]

Vaterländische Vereinigung deutscher Kriegsbeschädigter und Kriegsteilnehmer. Die unter diesem Namen mit dem Sitz in Bonn neu gegründete Vereinigung hat sich in den knapp zwei Monaten ihres Bestehens schon recht erfreulich entwickelt. Die junge Vereinigung, die parteipolitisch und religiös streng neutral ist, hat bereits eine stattliche Anzahl Mitglieder und kann auch angesehene Bürger Bonns als ihre Ehrenmitglieder nennen. Die Vereinigung ist wirklich bestrebt, ihren Kameraden mit Rat und Tat beizustehen. Sie hat bereits eine Rechtsauskunftsstelle, in der besonders den Kriegsbeschädigten in Rentensachen usw. kostenlos Rat erteilt wird, sie hat ferner eine Arbeitsnachweisstelle errichtet, um es den Kameraden zu erleichtern, eine Stelle nach Art ihrer Beschädigung zu erhalten. Im Laufe dieses Monats findet im Bonner Bürger-Verein eine große öffentliche Versammlung statt. Näheres wird noch durch die Zeitung bekannt gegeben. Aufnahme neuer Mitglieder können jederzeit im Vereinsraume „Düsseldorfer Hof“, Hundsgasse 1, entgegengenommen werden.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 10. Juli 1918Abfallstoffe. Im Anzeigenteil wird wiederholt darauf hingewiesen, daß die Sammelstelle für Sammel- und Helferdienst, Am Hof 1, Abfallstoffe, Metalle, Möbelstücke usw. sowohl gegen Bezahlung als auch unentgeltlich entgegennimmt und auf Wunsch in der Wohnung abholt.
   Aber trotz der vielfach ergangenen Aufrufe befinden sich in den meisten Haushaltungen noch unbeachtete, für die Kriegswirtschaft aber wertvolle Vorräte aller Art. Niemand darf glauben, daß es auf seinen kleinen Bestand nicht ankomme. Auch der kleinste Vorrat muß abgeliefert werden, denn viele Wenig geben ein Viel.
   Vaterländische Pflicht eines jeden ist es auch, den eigenen Haushalt erneut zu prüfen, dauernd zu sammeln und es dem Vaterland zu geben.
   Jedem, der bei der Sammelstelle Am Hof 1 abliefert, erwachsen neben der Bezahlung weitere Vorteile durch die von der Sammelstelle ausgegebenen Sammelbücher, die jedem ein Anrecht auf Zuteilung von gewissen Lebensmitteln verschaffen. […]

Ein falsches Gerücht. Gegenüber umlaufenden Gerüchten, als sei beabsichtigt, das wehrpflichtige Alter auf 50 Jahre heraufzusetzen, kann auf Grund amtlicher Mitteilungen versichert werden, daß daran kein wahres Wort ist.

Bohnen gegen Warenmarken. Das städt. Lebensmittelamt schreibt uns: In letzter Zeit werden vielfach Wünsche laut, die sogenannten hochwertigen Gemüse, wie Erbsen, Bohnen usw. zu rationieren, d. h. sie auf Warenmarken an die Bevölkerung abzugeben. Das ist ungemein schwierig durchzuführen, einmal aus dem Grunde, weil die Zufuhren an Gemüse hinsichtlich ihrer Menge nicht übersehen werden können, und dann vor allen Dingen, weil es im Stadtkreise Bonn eine große Menge von Erzeugern dieser Gemüsearten gib t, die dann von der Rationierung ausgeschaltet werden müßten. Andererseits läßt es sich doch nicht verkennen, daß die Wünsche nach einer Rationierung durchaus berechtigt sind. Das städtische Lebensmittelamt wird daher den ersten Versuch mit einer Rationierung von Buschbohnen in nächster Woche machen und zwar derart, daß auf eine durch Bekanntmachung noch zu bestimmende Warenmarke zwei Pfund Bohnen in den städtischen Verkaufsstellen verabfolgt werden. Diese Warenmarke wird vierzehn Tage für den Verkauf gültig bleiben, so daß einmal während dieser vierzehn Tage jede Familie unbedingt ihre Bohnenmenge bekommen kann, den größeren Familien aber auch Gelegenheit geboten ist, die Bohnen nach und nach zu holen und sie in frischem Zustande zu verbrauchen. Eine Familie von fünf Köpfen kann z. B. während der vierzehn Tage zweimal je vier Pfund und einmal zwei Pfund abholen und im Haushalt zubereiten.

Wegen Höchstpreisüberschreitung hatte sich eine Ackerin aus Kessenich vor der Strafkammer zu verantworten. Sie hatte von einem Einwohner von Bonn für grüne Bohnen 80 Pfg. das Pfund genommen. Ihre Behauptung, sie habe den bezahlten Preis nicht verlangt, wurde durch einen Zeugen bestätigt, konnte die Angeklagte aber nicht straffrei machen. Sie wurde zu 1000 Mk. Geldstrafe verurteilt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Der Probe-Fliegeralarm am gestrigen Abend wickelte sich glatt ab. Die von der Hauptwache aus bedienten Alarmvorrichtungen, sowie das von dort aus bewirkte Abstellen des Stromes der elektrischen Straßenbahnen ging richtig, pünktlich und sachgemäß von statten. Herr Beigeordneter Piehl und mehrere Stadtverordneten besichtigten bei dieser Gelegenheit die neue Anlage.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)

  

Unfug. Die Dampfpfeifen der Fabriken dürfen nach den bestehenden Bestimmungen nur vier bis fünf Sekunden lang pfeifen. Das genügt auch vollständig, der dumpfschrille Ton dringt überallhin. Neuerdings wird die zugestandene Frist aber vielfach weit überschritten. Besonders Bewohner des westlichen und nordwestlichen Stadtteils klagen über den Unfug der Fabriksirenen. Es dürfte besonders jetzt darauf zu achten sein, daß die Frist nicht überschritten wird. Die Bevölkerung ist augenblicklich durch wiederholten Fliegeralarm ohnehin erregt genug, es ist nicht nötig, daß die Dampfpfeifen in den Fabriken die Unruhe noch steigern. Es dürfte angebracht sein, die bestehenden Bestimmungen zur genauesten Beachtung einzuschärfen.

(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)