Freitag, 27. Juli 1917

     

Familienunterstützung unehelicher Kinder. Uneheliche Kinder von Kriegsteilnehmern haben bekanntlich Anspruch auf Familienunterstützung, wenn die Unterhaltspflicht des zum Kriegsdienst eingezogenen Vaters festgestellt ist. Bisher war zweifelhaft, ob dieser Anspruch auch dann geltend gemacht werden könnte, wenn sich der Vater durch eine vom Vormundschaftsgericht genehmigte Abfindung (§ 1714 B.G.B.) von der laufenden Unterhaltspflicht befreit hatte. Nunmehr hat sich der Reichskanzler (Reichsamt des Inneren) damit einverstanden erklärt, daß den unehelichen Kindern Familienunterstützung auch in solchen Fällen gewährt werden kann, sofern nach Lage der Verhältnisse die Bedürftigkeit anzuerkennen ist.
   
Auch für die Kriegerwitwen, die einen Sohn im Heere haben, soll besser gesorgt werden. Die Reichsfinanzverwaltung hat sich in Anbetracht der herrschenden ungewöhnlichen Teuerung damit einverstanden erklärt, daß Kriegerwitwen neben der Hinterbliebenenrente Familienunterstützung für einen noch im Felde stehenden Sohn erhalten können, wenn der Sohn die Mutter bereits vor seinem Eintritt in den Heeresdienst unterstützt hat, und wenn diese durch den Fortfall der Unterstützung des Sohnes nach seiner Einziehung in eine Notlage geraten ist. [...]

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

     

Godesberg, 26. Juli. Umfangreiche Obst- und Gemüsediebstähle aller Art sind in den letzten Tagen hier verübt worden, namentlich wurde in den eingefriedeten Gartenanlagen des Professors Dr. Wendelstadt auf der Viktorshöhe, des Königlichen Kammerherrn von Tiedemann-Brandis an der Drachenfelsstraße, des Bankiers Karl von der Heydt an der Elisabethstraße großzügig geräubert, auch einem Postschaffner sein Gemüsebeet ausgeplündert. Als Täter sind nunmehr von der Polizei drei hiesige Burschen im Alter von 17 Jahren ermittelt worden, die morgens vor Tagesanbruch ihr lichtscheues Gewerbe ausübten, die Beute dann tagsüber unverfroren an Privatleute in den Villenvierteln als ihr eigenes Erzeugnis aus elterlichen Gärten für hohe Preise verkauften, auch an Obst- und Gemüsegeschäfte absetzten und mit dem recht erheblichen Erlös sich gute Tage machten im Genuß von Zigaretten, Bier und dergl.- Im benachbarten Mehlem wurden in der Nacht vom letzten Samstag auf Sonntag in einer Fabrik ganz erhebliche Treibriemendiebstähle verübt.

Godesberg, 26. Juli. Aus Anlaß der gestrigen Siegesnachrichten aus dem Osten veranstaltete unsere „Godesberger Garnison“ (Jugendwehr) am Abend unter den Klängen zweier Musikkapellen einen Umzug durch den Ort.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und fern“)

        

Lane und Ney in der Stadthalle-Gronau. Gesund gelacht! Ueber die wunderbare Heilung eines deutschen Soldaten weiß die Berliner Presse zu berichten: Ein Soldat, der bei einem Angriff im Osten infolge eines Nervenschocks blind, taub und stumm geworden war, erlangte in einem Berliner Lazarett Gesicht und Gehör bald wieder, blieb aber trotz aller Bemühungen der Aerzte unheilbar stumm. Der Patient kam in eine antispiritistische Vorstellung, welche das bekannte Hofkünstlerpaar Richard und Ida Lane-Ney für 1000 Verwundete gab. Hier wurde der Soldat bei einer besonders spiritistischen komischen „Nummer“ von einem derartigen Lachanfall ergriffen, daß seine Zunge sich löste und ein Strom von Worten von seinen Lippen brach. Zwei Tage später wurde er als geheilt aus dem Lazarett entlassen. – Lane-Ney sind bereits mehrfach an die Höfe deutscher und ausländischer Herrscher, auch von Ihren Majestäten König und Königin von Bayern, berufen worden, ihre überaus interessante wissenschaftliche Vorstellung auszuführen. Unter Mitwirkung der Kapelle des 1. Ersatz-Bataillons des Infanterie-Regiments Nr. 16 findet eine Festvorstellung am Sonntag den 29. Juli, 4 Uhr nachmittags, in der Stadthalle der Gronau statt.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)