Samstag, 7. Juli 1917

     

In der gestrigen Stadtverordnetenversammlung wurde von mehreren Zentrumsstadtverordneten wieder gefordert, die Fortbildungsschule zu schließen, damit ihre Räume für Zwecke der Lebensmittelversorgung benutzt werden könnten. Oberbürgermeister Spiritus stellte bei dieser Gelegenheit fest, daß die Verwaltung die Lebensmittel auf jeden Fall so unterbringe, daß sie vor Verderben möglichst geschützt seien. […] Wie Beigeordneter Bottler mitteilte, hat die vor drei Monaten beschlossene Gaspreiserhöhung die erhoffte Wirkung nicht gehabt: der Gasverbrauch ist nicht geringer geworden, sondern gestiegen, im Juni um fast den vierten Teil des vorjährigen Monatsverbrauchs. Der Gaspreis, der nur für drei Monate auf 18 Pfg. festgesetzt worden war, beträgt jetzt nur noch 15 Pfg., es muß aber nun durch andere Maßregeln für eine Einschränkung des Verbrauchs gesorgt werden. […]

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

       

Anzeige im General-Anzeiger vom 7. Juli 1917Verordnungen des Gouvernements Köln. […] Zu gleicher Zeit ist auch eine Bekanntmachung erlassen worden, die zur Verhütung der Treibriemendiebstähle den Schuhmachern verbietet, von Privatpersonen, die ihnen nicht bekannt sind, Leder, das von Treibriemen herrühren könnte, zur Verarbeitung anzunehmen. Wird das Treibriemenleder von einer bekannten oder behördlich sich ausweisenden Person zur Verarbeitung verkauft so sind die Schuhmacher gehalten, binnen 24 Stunden Name und Wohnung der verkaufenden Person bei der Polizeibehörde schriftlich anzumelden.

Der Bonner Wochenmarkt war gestern nicht so gut beschickt wie anfangs der Woche. Der Verkauf war durchweg flott. […] Grüne Bohnen, grüne Erbsen, dicke Bohnen und Obst, wie Kirschen, Johannisbeeren usw. waren auf dem ganzen Markt fast nicht zu haben, außer beim städtischen Verkauf. […]
    Auch auf dem Großmarkt auf dem Stiftsplatz waren die Zufuhren in fast allen Marktprodukten verhältnismäßig klein. Der Verkauf war auch hier sehr flott. Vorwiegend war Wirsing, Schneidgemüse, Knollengemüse und Spitzkappus sowie etwas grüne Bohnen und grüne Erbsen usw. vorhanden. Obst überhaupt nicht.
     Der städtische Verkauf auf dem Wochenmarkt erfreute sich eines sehr regen Zuspruchs, besonders in Fischen und Obst. […]

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

„Auslandsware“. Seit schon längerer Zeit erscheinen auf dem hiesigen Markte nur noch Landesprodukte, die alle als Auslandsware bezeichnet sind. Wächst denn in Deutschland kein Obst und Gemüse mehr? Armes Deutschland! Sogar die Polizeibeamten machen die Verkäufer darauf aufmerksam, daß nur für Auslandsware höhere Preise gefordert werden dürfen, und schon taucht an jedem Stand das unvergeßliche Schild „Auslandsware“ auf. Wo bleibt denn die Kontrolle darüber, daß es Auslandware ist? In allen hiesigen Geschäften, sogar Lebensmittelgeschäften, werden jetzt Kirschen zu M. 1,20 per Pfund verkauft. Wenn man nun bemerkt, die sind teuer, so erhält man die Antwort, daß sind helle Kirschen, hierfür besteht kein Höchstpreis. Werden denn alle Höchstpreise ohne Kopf und Fuß gemacht? Ist denn behördlicherseits keine Kontrolle zu üben und durch Vertrauenspersonen feststellen zu lassen, daß die Höchstpreise auch gehalten werden? Bohnen kosten per Pfund M. 1,00, sogar die städt. Verkaufsstelle fordert höhere Preise. Der Höchstpreis steht doch nur auf 80 PFg. Auf dem Markte selbst erscheint überhaupt kaum Gemüse und Obst. Jeder, der etwas haben will, der ist gezwungen, nach dem Lande herauszuwandern. Neuerdings werden auch die Preise für Briketts und Kohlen wieder erhöht, was seitens der Preisprüfungsstelle ebenfalls einer gründlichen Nachrechnung bedarf. X.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)