Mittwoch, 22. März 1916

 

Der letzte Zeichnungstag. Die Zeichnungsfrist für die vierte Kriegsanleihe endet heute mittag 1 Uhr. Die Beteiligung an der Kriegsanleihe mit allen verfügbaren Geldmitteln ist für jeden Deutschen eine Ehrenpflicht; denn das Geld soll die Fortführung des Krieges bis zum siegreichen Ende ermöglichen. Wer noch nicht auf die vierte Kriegsanleihe gezeichnet hat der hole das bisher Versäumte unbedingt heute vormittag nach!

Konzert in der Augenklinik. Für die Verwundeten der Augenklinik (Korps-Augenstation) wurde letzten Freitag im Hörsaal der Klinik ein Konzert veranstaltet, an dem mitwirkten Kammersängerin Frau Berta Grimm-Mittelmann aus Köln, Opernsänger Franz Lindlar aus Köln, Frl. Zili Bachem aus Bonn (Klavier) und Herr Ludwig Prinz aus Köln (Gedichtvorträge). Das Programm war reichhaltig und abwechslungsreich. Die wohlgelungene Veranstaltung, an der auch Ihre Königliche Hoheit Frau Prinzessin zu Schaumburg-Lippe, Generalleutnant Exzellenz v. Boetticher und die Aerzte des Reservelazaretts teilnahmen, erfüllte ihren Zweck, die Verwundeten einige Zeit ihre Schmerzen vergessen zu lassen und ihnen die Anteilnahme der Zurückgebliebenen darzutun, in bester Weise.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Zur herrschenden Seifenknappheit. Mit den geringen Vorräten an vorhandenen Seifen sollte in den Haushalten auf das sparsamste gewirtschaftet werden, noch immer wird bei der Wäsche in unverantwortlicher Weise Seife vergeudet, in vielen Fällen wird hochwertige Kernseife oder Schmierseife verwendet, wo der angestrebte Zweck ebenso gut durch Verwendung billigen Waschpulvers erreicht werden kann. Vor allem aber sollte gegenwärtig davon abgesehen werden, Seifen oder Seifenpulver zum Reinigen von Geschirr oder zu Scheuerzwecken zu verwenden. Für diese Zwecke sollte ausschließlich eine warme Sodalösung benutzt werden, die dieselben Dienste leistet, wie die wertvolle Seife.

Der erste Strohhut. Wie das Mädchen aus der Fremde tauchte gestern plötzlich hier der erste „männliche Strohhut“ auf. Stolz schritt der Inhaber um die Mittagsstunde mit seiner Butterblume“ über den Kaiserplatz, unbekümmert um die vielen fragenden und neugierigen Blicke, die ihm folgten. Sogar unsere Damenwelt, die von jeher das Recht für sich in Anspruch nimmt, als erste mit dieser sommerlichen Behauptung auf dem Plan zu erscheinen, schaute dem Bahnbrecher belustigt nach. Hoffentlich zwingt das Wetter des eben erst erwachenden Frühlings den Strohträger nicht, bald wieder zum wärmenden Filzdeckel zu greifen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

       

Der Westerwald-Klub führte am Sonntag bei herrlichem Frühlingswetter seine Mitglieder durch den unteren Hunsrück von Coblenz aus nach der Mosel. Durch die prächtigen Coblenzer Rheinanlagen gings an Bad Laubach vorbei durch den herrlichen wohlgepflegten Coblenzer Wald auf den Rittersturz. Daselbst bot sich den Wanderern ein geradezu überwältigender Blick auf die grünen Fluten des Rheins zwischen rebenbewachsenen Bergen auf und abwärts, die Mündung der Lahn, Braubach und Marksburg. Durch prächtigen Hochwald führte die Wanderung auf den Kühkopf, woselbst der Rundblick denjenigen des Rittersturzes noch übertrifft. Man überschaut ein prächtiges Stück rheinischen Landes, das Neuwieder Becken, die östlichen Ausläufer der Eifel, die Gebirgszüge des Westerwaldes und Hunsrück, sowie die Silberfäden des Rheins und der Mosel. Nach kurzer Rast führte ein reizender Weg durch den prächtigen Hochwald an der ehernen Hand vorbei nach dem Remstecker Forsthaus zur Kaffeepause. Alsdann wurde das Falkental und Condertal mit einer Fülle von wildromantischen Schönheiten mit Hochgebirgscharakter zur Mosel durchwandert, um den vorgesehenen Endpunkt nach Winningen. Das herrliche Wetter und die unvergleichliche Moselstimmung gönnten dem Wanderer aber noch keine Ruhe. Die Wanderung wurde am Ufer der Mosel entlang bis Güls fortgesetzt. Dem Naturfreund wurde hier ein schönes Fleckchen Erde unseres engeren rheinischen Vaterlandes zur bleibenden Erinnerung vor Augen geführt.

Kriegsanleihe und Kriegsdauer. Wahrscheinlich durch Auslandsagenten veranlaßt, sollen in Land und Stadt Gerüchte im Umlauf sein, daß Zeichnungen auf die Kriegsanleihe den Krieg verlängern würden. Das Gegenteil ist wahr! Je allgemeiner und ausgiebiger für diese Anleihe Beiträge gezeichnet werden, umso kräftiger wird unseren Gegner zu Bewusstsein gebracht, daß die Macht und Entschlossenheit des deutschen Volkes, den Sieg zu erringen, auch im Wirtschaftskampfe unüberwindlich ist. Nur dadurch können unsere Feinde überzeugt werden, daß eine Fortführung des Krieges für sie aussichtslos ist.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)